BFH Urteil v. - IV R 2/05 BStBl 2007 II S. 927

(Mit-)Unternehmereigenschaft des Betriebsinhabers bei stiller Beteiligung an seinem Unternehmen in Form einer BGB-Innengesellschaft

Leitsatz

Der Inhaber eines gewerblichen bzw. land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ist regelmäßig schon allein wegen seiner unbeschränkten Außenhaftung und des ihm allein möglichen Auftretens im Rechtsverkehr (Mit-)Unternehmer einer bürgerlich-rechtlichen Innengesellschaft, die zum Zwecke der stillen Beteiligung an seinem Unternehmen gegründet wurde. Dies gilt auch dann, wenn dem Inhaber des Betriebs im Innenverhältnis neben einem festen Vorabgewinn für seine Tätigkeit keine weitere Gewinnbeteiligung zusteht und die Geschäftsführungsbefugnis weitgehend von der Zustimmung des stillen Beteiligten abhängt.

Gesetze: BGB § 705HGB § 230HGB § 170EStG § 13 Abs. 1 Nrn. 1 und 5, Abs. 7 (früher 5)EStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2AO § 179 Abs. 2 Satz 2AO § 180 Abs. 1 Nr. 2a

Instanzenzug: (EFG 2005, 1111), ,

Gründe

I.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war in dem Streitjahr (1992) als technischer Leiter der A. e.G. (Beigeladene) angestellt.

Am pachtete der Kläger ca. 48 ha landwirtschaftliche Fläche.

Mit Vertrag vom (im Weiteren: Vertrag) vereinbarten der Kläger und die Beigeladene die Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft zum . Nach den Vorbemerkungen zum Vertrag sollte sich die Beigeladene als stille Gesellschafterin i.S. der §§ 230 ff. des Handelsgesetzbuchs (HGB) an dem Landwirtschaftsbetrieb des Klägers beteiligen. Der Gegenstand des klägerischen Unternehmens wurde in dem Vertrag als landwirtschaftliche Urproduktion mit Spezialisierung auf dem Gebiet der Rinderhaltung bezeichnet. Die Einlage der Beigeladenen sollte als Sacheinlage in Form von 76 Mutterkühen im Gesamtwert von 136 800 DM erbracht werden. Gemäß § 3 Abs. 1 des Vertrages oblag die Geschäftsführung der Gesellschaft allein dem Kläger. Die Geschäftsführung war jedoch im Innenverhältnis in erheblichem Umfang von der Zustimmung des stillen Gesellschafters abhängig (§ 3 Abs. 2 des Vertrages). Gemäß §§ 4 und 9 des Vertrages war die Beigeladene am Ergebnis, Vermögen und den stillen Reserven entsprechend der Beteiligungsquote, die im Verhältnis der Salden der Kapitalkonten zu ermitteln war, beteiligt. Nach derselben Quote sollte ein etwaiges Auseinandersetzungsguthaben verteilt werden, das sämtliche stillen Reserven einschließlich eines selbstgeschaffenen Firmenwertes umfassen sollte (§ 16 des Vertrages). Das Vermögen sollte ungeachtet der Tatsache, dass kein Gesamthandsvermögen vorlag, im Innenverhältnis wie gemeinschaftliches Vermögen behandelt werden. Dem Kläger stand für die Arbeitsleistung ein Vorabgewinn von 4 000 DM p.a. zu. Verluste wurden der Beigeladenen auch zugerechnet, soweit sie den Betrag der Einlage überstiegen (§ 9 des Vertrages).

Die Informations- und Kontrollrechte der Beigeladenen erstreckten sich neben den Rechten gemäß § 233 HGB auch auf die Rechte gemäß § 716 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und gemäß § 118 HGB. Eine Änderung der Kapitalverhältnisse und die Aufnahme weiterer stiller Gesellschafter waren ausgeschlossen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag vom Bezug genommen.

Am reichte der Kläger für die atypisch stille Gesellschaft eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1992 ein. Die beigefügte Gewinnermittlung für das (Rumpf-)Wirtschaftsjahr vom bis wies einen Gewinn von 2 000 DM aus, der allein dem Kläger zugerechnet werden sollte und in Höhe von 500 DM auf das Streitjahr entfiel. Der Kapitalanteil des Klägers war mit 0 DM ausgewiesen.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) erkannte das Vorliegen einer Mitunternehmerschaft in Form der atypisch stillen Gesellschaft mangels Mitunternehmerinitiative und mangels Mitunternehmerrisiko des Klägers nicht an und erließ einen negativen Feststellungsbescheid. Den Gewinn erfasste das FA im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Klägers als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen erhobene Klage als unbegründet ab.

Eine gesonderte und einheitliche Feststellung sei nicht durchzuführen, da die Einkünfte nicht das Ergebnis einer gemeinschaftlichen mitunternehmerischen land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit gewesen seien. Der Kläger sei kein Mitunternehmer gewesen. Der Kläger habe kein Mitunternehmerrisiko getragen. Er sei weder am Gewinn und Verlust noch an den stillen Reserven beteiligt gewesen. Für seine Tätigkeit habe er als Vorabgewinn eine feste Vergütung erhalten. Die Vereinbarung fester Bezüge stehe der Annahme eines Mitunternehmerrisikos entgegen. Eine andere Beurteilung wäre auch dann nicht angezeigt, wenn die Vertragsklausel dahin auszulegen wäre, dass die Zahlung der Vorabvergütung vom Vorhandensein positiver Gewinne abhänge. Denn das Vergütungsrisiko eines leitenden Angestellten sei mit dem Verlustrisiko eines Mitunternehmers nicht vergleichbar. Die unbeschränkte Außenhaftung des Klägers für Verbindlichkeiten der Gesellschaft begründe ebenfalls kein Mitunternehmerrisiko, da es an der zwingend notwendigen Gewinnbeteiligung fehle. Das nicht vorhandene oder geringfügig bestehende Mitunternehmerrisiko könne auch nicht durch eine stark ausgeprägte Mitunternehmerinitiative kompensiert werden. Von einer solchen könne angesichts der vertraglichen Beschränkungen der Geschäftsführung nicht die Rede sein. Dabei sei insbesondere zu würdigen, dass der Kläger als leitender Angestellter bei der Beigeladenen beschäftigt und er insoweit weisungsabhängig sei. Der Kläger werde daher maßgeblich die Interessen der Beigeladenen vertreten, während seine eigenen wirtschaftlichen Bestrebungen angesichts des maximal erzielbaren Gewinns von 4 000 DM begrenzt seien. Die für den Betrieb erforderlichen Leistungen könne er ebenfalls nur mit Hilfe der Arbeitskräfte und des Maschinenparks der Beigeladenen erbringen. Auch das vom Kläger gepachtete Weideland sei von der Beigeladenen zuvor offensichtlich selbst genutzt worden.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er die Verletzung materiellen und formellen Rechts rügt. Zu Unrecht habe das FG für die Beurteilung des Vorliegens einer Mitunternehmerschaft einen Vergleich zu einem leitenden Angestellten gezogen. Der Kläger sei nach dem Vertrag Gesellschafter gewesen. Die Verwendung des Begriffs „Vorabgewinn” zeige, dass dem Kläger ein Gewinnanteil habe zustehen sollen. Anderenfalls wäre der Begriff „Tätigkeitsvergütung” verwendet worden. Auch eine niedrige Gewinnvergütung belege das Mitunternehmerrisiko. Außerdem hafte der Kläger im Außenverhältnis unbeschränkt für die Verluste der Gesellschaft.

Der Kläger habe auch über eine ausgeprägte Unternehmerinitiative verfügt. Die Einschränkung der Geschäftsführungsbefugnisse nach dem Gesellschaftsvertrag (§ 3 Abs. 2 des Vertrages) stünde dem nicht entgegen. Sie wirke nur im Innenverhältnis, jedoch nicht im Außenverhältnis. Dem einzigen persönlich haftenden Gesellschafter könne zwar die Geschäftsführung, aber nicht die Vertretung entzogen werden. Unerheblich sei, dass der Kläger als leitender Angestellter bei der Beigeladenen beschäftigt sei. Dass er deshalb nur die Interessen der Beigeladenen vertrete, sei eine nicht zutreffende Unterstellung. Die von der Beigeladenen erbrachten Leistungen für das Unternehmen hätte er auch von fremden Dritten in Anspruch nehmen können. Die Unternehmereigenschaft des Klägers folge bereits aus seiner Inhaberschaft eines landwirtschaftlichen (Neben-)Betriebs. Ohne ihn als handelnden Unternehmer wäre eine stille Gesellschaft nicht denkbar. Die geringe Gewinnbeteiligung sei lediglich Ausdruck der vollständigen Finanzierung des Unternehmens durch die Beigeladene.

Zusätzlich werde ein Verfahrensfehler gemäß §§ 76, 77 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gerügt. Das FG habe unterstellt, dass die Beigeladene weisungsbefugt sei und der Kläger nicht seine eigenen Interessen vertrete. Dieser Verfahrensfehler wirke sich auf die Entscheidung aus.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und das FA unter Aufhebung des Bescheides vom in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom zu verpflichten, die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte für 1992 durchzuführen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

II.

A. Der Senat hat den Klageantrag, wie unter I. dargestellt, dahin ausgelegt, dass der Verpflichtungsantrag sich auf die Durchführung der gesonderten und einheitlichen Feststellung für das Jahr 1992 bezieht. Nur die Ablehnung der Gewinnfeststellung für das Jahr 1992 war Gegenstand des Negativbescheides vom und der Einspruchsentscheidung vom . Soweit der Kläger die Durchführung der Gewinnfeststellung für das Wirtschaftsjahr 1992/1993 begehrt hat, handelt es sich offensichtlich um einen Irrtum. Dieser dürfte darauf zurückzuführen sein, dass der Feststellung für das Jahr 1992 die Gewinnermittlung des (Rumpf-)Wirtschaftsjahres 1992/1993 zu Grunde lag. Der Kläger hat daher versehentlich das Wirtschaftsjahr mit dem für die Veranlagung maßgeblichen Kalenderjahr verwechselt.

B. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils und zur Stattgabe der Klage.

Das FA hat zu Unrecht die Vornahme einer gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung abgelehnt. Nach § 179 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO werden die einkommensteuerpflichtigen Einkünfte gesondert und einheitlich festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind und die Einkünfte diesen Personen zuzurechnen sind.

Die Würdigung des FG, die Einkünfte aus der Tierzucht seien allein der Beigeladenen zuzurechnen, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Die Ergebnisse einer land- und forstwirtschaftlichen oder gewerblichen Betätigung werden dem Unternehmer bzw. den Mitunternehmern als den steuerlichen Trägern des Unternehmens zugeordnet (vgl. für die gewerbliche Tätigkeit: Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs —BFH— vom GrS 3/92, BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616, unter C. III. 6. a der Gründe). (Mit-)Unternehmer i.S. der §§ 13 und 15 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist derjenige, der das Unternehmen betreibt, d.h. auf dessen Rechnung und Gefahr der Betrieb geführt wird. Das gilt auch dann, wenn nach außen hin ein anderer als Inhaber des Betriebs in Erscheinung tritt (Senatsurteil vom IV R 119/74, BFHE 116, 359, BStBl II 1975, 770). Für die subjektive Zurechnung der Einkünfte kommt es auf die von den Beteiligten ausdrücklich gewählte Bezeichnung ihrer Rechtsbeziehung nicht an (Senatsbeschluss vom IV B 51/85, BFHE 144, 432, BStBl II 1986, 10).

2. Zu Recht geht das FG, ohne dies in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu erwähnen, davon aus, dass sich der Kläger und die Beigeladene durch Abschluss des Vertrages vom zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks, nämlich zum gemeinsamen Betrieb des vom Kläger nach außen geführten Tierzuchtunternehmens, im Rahmen eines (stillen) Gesellschaftsverhältnisses zusammengeschlossen haben. So hat das FG die Zulassung der Revision ausdrücklich damit begründet, dass im Streitfall die Probleme der Beurteilung der Mitunternehmerschaft nicht beim stillen Gesellschafter, hier der Beigeladenen, sondern beim Kläger liegen. Diese Ausführungen setzen denknotwendig voraus, dass das FG von dem Bestehen einer Gesellschaft ausgegangen ist. An diese Würdigung, die grundsätzlich dem FG als Tatsacheninstanz obliegt, ist der Senat gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO).

Ausgehend davon kann im Streitfall der gesellschaftliche Zusammenschluss nur in der Rechtsform einer BGB-Innengesellschaft gemäß § 705 BGB erfolgt sein. Die Annahme einer (atypisch) stillen Beteiligung i.S. des § 230 HGB scheidet entgegen der Formulierung im Vertrag aus, da vorliegend keine Beteiligung an einem Handelsgewerbe vorlag.

Gemäß § 3 Abs. 1 HGB ist der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft zwar Gewerbe im Sinne des HGB, jedoch kein Handelsgewerbe i.S. des § 1 Abs. 2 HGB, soweit er nicht, wovon im Streitfall nicht auszugehen ist, im Handelsregister eingetragen ist (vgl. § 3 Abs. 2 i.V.m. § 2 HGB). Einkünfte aus der Tierzucht sind jedenfalls dann der Landwirtschaft zuzuordnen, wenn sie in eigener Bodenausnutzung erfolgen (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 32. Aufl., § 3 Rz 4). Davon ist im Streitfall auszugehen, da der Zuchtbetrieb des Klägers in dem Streitjahr (1992) 76 Mutterkühe hielt und als Futtergrundlage Pachtland von 48 ha zur Verfügung stand (zur ausreichenden Futtergrundlage im Rahmen der steuerlichen Zuordnung der Einkünfte siehe die Regelungen in § 13 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 EStG).

Anhaltspunkte dafür, dass die Vertragsbeteiligten entgegen ihrer ausdrücklichen Vereinbarung in dem Vertrag tatsächlich ein anderes Rechtsverhältnis begründeten oder ein solches durch die Vertragsgestaltung verdeckt haben könnten, hat das FG weder festgestellt noch drängt sich eine derartige Vermutung nach dem vom FG festgestellten Vertragsinhalt auf. In diesem Zusammenhang kann es auch nicht darauf ankommen, dass die Beteiligungsquote der Beigeladenen von 100 % abzüglich des dem Kläger zustehenden Vorabgewinns für seine Tätigkeit zumindest ungewöhnlich ist und nicht dem Regelfall einer stillen Beteiligung an einem Unternehmen entsprechen dürfte. Im Streitfall trägt diese hohe Gewinnbeteiligung jedoch insbesondere dem Umstand Rechnung, dass das Unternehmen vollständig durch die Beigeladene finanziert worden ist. Für die Annahme einer Innengesellschaft spricht zudem, dass die Beigeladene eine Einlage (die 76 Mutterkühe) erbracht hat, welche in das Eigentum des Klägers übergegangen ist. Dies folgt aus § 4 Abs. 2 des Vertrages. Danach besteht rechtlich kein Gesamthandsvermögen; das Gesellschaftsvermögen wird nur im Innenverhältnis wie gemeinschaftliches Vermögen behandelt. Auch der Umstand, dass dem Kläger gemäß § 3 Abs. 1 des Vertrages die alleinige Geschäftsführung obliegt und der Kläger nach außen als Geschäftsinhaber aufgetreten ist, spricht für die Annahme einer Innengesellschaft. Dass die Geschäftsführungsbefugnis des Klägers gemäß § 3 Abs. 2 des Vertrages teilweise unter dem Zustimmungsvorbehalt der Beigeladenen steht, steht der Annahme einer Innengesellschaft nicht entgegen. Diese Regelung entspricht vielmehr dem grundsätzlichen Schutzbedürfnis des stillen Gesellschafters, da er die Rechtsstellung des Inhabers des Betriebs nach außen nicht begrenzen kann (vgl. dazu Blaurock, Handbuch der Stillen Gesellschaft, 6. Aufl., Rn. 12.2, 12.6, 12.37 f.).

3. Allerdings ist nicht jeder zivilrechtliche Gesellschafter einer Personengesellschaft auch Mitunternehmer i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Mitunternehmer ist er vielmehr nur dann, wenn er auf Grund seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung Mitunternehmerinitiative ausüben kann und Mitunternehmerrisiko trägt (vgl. Beschluss des Großen Senats des , BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751; , BFHE 213, 358, BStBl II 2006, 595).

a) Mitunternehmerinitiative bedeutet vor allem Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen, wie sie z.B. Gesellschaftern oder diesen vergleichbaren Personen als Geschäftsführern, Prokuristen oder anderen leitenden Angestellten obliegen. Mitunternehmerrisiko trägt, wer (gesellschaftsrechtlich) am Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens teilhat. Dieses Risiko wird regelmäßig durch Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven des Gesellschaftsvermögens einschließlich des Geschäftswerts vermittelt (z.B. BFH-Urteil in BFHE 213, 358, BStBl II 2006, 595, unter II. 1. a und b der Gründe, m.w.N.). Wer nicht am laufenden Gewinn oder am Gesamtgewinn der Gesellschaft beteiligt ist, ist danach regelmäßig nicht Mitunternehmer (, BFH/NV 2006, 1839, unter II. 2. b der Gründe; vom VIII R 66-70/97, BFHE 190, 204, BStBl II 2000, 183, unter II. 1. a der Gründe).

Die Merkmale der Mitunternehmerinitiative und des Mitunternehmerrisikos können im Einzelfall mehr oder weniger ausgeprägt sein (, BFHE 181, 423, BStBl II 1997, 272). Sie müssen jedoch beide vorliegen. Ob dies zutrifft, ist unter Berücksichtigung aller, die rechtliche und wirtschaftliche Stellung einer Person insgesamt bestimmenden Umstände zu würdigen (BFH-Beschluss in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C. V. 3. c cc der Gründe).

b) Hierauf aufbauend ist nach ständiger Rechtsprechung der Umstand, dass ein persönlich haftender Gesellschafter (Komplementär) weder am Gewinn und Verlust noch am Vermögen der Gesellschaft beteiligt ist, nicht geeignet, dessen Mitunternehmerstellung auszuschließen. Zwar sind insoweit die Anforderungen an das Vorliegen eines Mitunternehmerrisikos auch unter Berücksichtigung der regelmäßig vereinbarten festen Haftungsvergütung nicht erfüllt. Die Mängel werden aber durch eine starke Ausprägung der Initiativrechte kompensiert, wenn dem Komplementär entweder das organschaftliche Vertretungsrecht nach § 170 HGB nicht entzogen werden kann, oder ihm auf Grund seiner Geschäftsführungsbefugnis (§§ 164, 161 Abs. 2 i.V.m. § 114 HGB) das Recht zusteht, unternehmerische Entscheidungen zu treffen. Die hierdurch begründete Mitunternehmerstellung des Komplementärs wird grundsätzlich auch durch eine Haftungsfreistellung im Innenverhältnis nicht in Frage gestellt (BFH-Urteil in BFHE 213, 358, BStBl II 2006, 595, unter II. 2. der Gründe). Diese Maßstäbe hat der BFH auch auf den Gesellschafter einer GbR angewandt (BFH-Urteil in BFHE 213, 358, BStBl II 2006, 595, unter II. 3. der Gründe).

c) Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich im Streitfall, dass die Mitunternehmerstellung des Klägers unabhängig davon zu bejahen ist, dass ihm auf Grund der fehlenden Kapitalbeteiligung im Innenverhältnis neben dem festen Vorabgewinn keine weitere Gewinnbeteiligung zusteht. Ebenso wenig wird die Mitunternehmerstellung des Klägers durch die im Innenverhältnis beschränkte Geschäftsführungsbefugnis in Frage gestellt.

aa) Zu Recht geht das FG davon aus, dass nach der im Streitjahr vorliegenden Vertragsgestaltung und Vertragsdurchführung das Mitunternehmerrisiko nicht die oben unter II. B. 3. a dargelegten Regelanforderungen an das Vorliegen eines mitunternehmerischen Risikos erfüllt.

Zwar haftet im Außenverhältnis allein der Kläger für die Schulden der stillen Gesellschaft. Denn der Kläger tritt im Rechtsverkehr als alleiniger Inhaber des Unternehmens auf. Die Rechtsstellung im Außenverhältnis ist die gleiche wie wenn die stille Gesellschaft nicht vorhanden wäre. Da die Gesellschaft als schuldrechtliche Innengesellschaft ohne Gesamthandseigentum im Rechtsverkehr nicht in Erscheinung tritt, scheidet eine Außenhaftung der Gesellschaft ebenso wie der an der Geschäftsführung nicht beteiligten Gesellschafter, hier der Beigeladenen, aus. Nur der Inhaber des Unternehmens, hier der Kläger, wird Vertragspartner bzw. Deliktsschuldner (vgl. MünchKommBGB/Ulmer, 4. Aufl., § 705 Rz 284, 285, § 714 Rz 11, siehe auch die gesetzliche Regelung in § 230 Abs. 2 HGB).

Indes war der Kläger nach § 4 i.V.m. § 9 des Vertrages mangels Kapitalbeteiligung nicht an dem Ergebnis, Vermögen und den stillen Reserven beteiligt. Seine Beteiligung war vielmehr auf den vereinbarten Vorabgewinn in Höhe von 4 000 DM begrenzt.

bb) Das geringe Mitunternehmerrisiko wird jedoch durch die starke Ausprägung des Initiativrechts des Klägers kompensiert. Wie bereits unter II. B. 3. c aa ausgeführt, tritt allein der Kläger im Rechtsverkehr als Unternehmensinhaber auf. Eine Vertretung im rechtstechnischen Sinne gibt es für die Innengesellschaft nicht. Das alleinige Auftreten des Inhabers des Unternehmens im Rechtsverkehr ist vielmehr eine logische Konsequenz der nur auf das Innenverhältnis gerichteten Gesellschaftsform. Dementsprechend kann die allein dem Inhaber des Unternehmens zustehende „Vertretungsmacht” nicht durch Vereinbarungen im Innenverhältnis beschränkt oder entzogen werden (so für die stille Gesellschaft gemäß § 230 HGB: Blaurock, a.a.O., Rn. 12.44).

Wird die starke Ausprägung des Mitunternehmerinitiativrechts des Komplementärs u.a. aus dem ihm zustehenden organschaftlichen Vertretungsrecht gemäß § 170 HGB abgeleitet, muss dies erst Recht für den Kläger gelten, der mangels Außenbeziehung der Innengesellschaft im Rechts- und Geschäftsverkehr als Inhaber des Unternehmens tätig wird.

Die damit begründete starke Ausprägung der Initiativrechte des Klägers wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die ihm nach dem Vertrag allein zustehende Geschäftsführungsbefugnis teilweise unter dem Zustimmungsvorbehalt der stillen Gesellschafterin steht. Denn die dadurch bewirkte Beschränkung wirkt nur im Innenverhältnis und hat auf die Rechtsstellung des Klägers als Inhaber des Unternehmens im Außenverhältnis keinen Einfluss. Auch bei dem einzigen persönlich haftenden Gesellschafter hat die Rechtsprechung zur Bejahung der Mitunternehmerschaft allein auf die nicht entziehbare Außenvertretungsbefugnis abgestellt und deren Einschränkungen im Innenverhältnis keine Bedeutung beigemessen (, BFHE 144, 357, BStBl II 1987, 33).

4. Die Sache ist spruchreif. Wie ausgeführt reichen die Feststellungen des FG aus, um die Mitunternehmerstellung des Klägers zu bejahen.

Die Mitunternehmerstellung der Beigeladenen ist ebenfalls, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist, zu bejahen. Die Beigeladene konnte auf Grund ihrer gesellschaftsrechtlichen Stellung Mitunternehmerinitiative ausüben und trug Mitunternehmerrisiko. Die Beigeladene war auf Grund der Regelungen in §§ 4, 9 und 16 des Vertrages sowohl am Gewinn und Verlust als auch an den stillen Reserven einschließlich des Geschäftswerts beteiligt (= Mitunternehmerrisiko). Auch hatte sie durch den in § 3 Abs. 2 des Vertrages geregelten Zustimmungsvorbehalt einen erheblichen Einfluss auf die Geschäftsführung. Daneben standen ihr gemäß § 5 des Vertrages umfassende Informations- und Kontrollrechte gemäß § 716 BGB und §§ 118, 233 HGB zu (= Mitunternehmerinitiative).

Haben der Kläger und die Beigeladene die Einkünfte aus der Tierzucht damit im Rahmen einer Mitunternehmerschaft bezogen, sind die Einkünfte gemäß § 179 Abs. 2 Satz 2 AO i.V.m. § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO gesondert und einheitlich festzustellen.

Das FA ist daher verpflichtet, die Veranlagung entsprechend durchzuführen.

Im Rahmen der Gewinnfeststellung wird das FA zum einen unter Beachtung der Regelung in § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 5 EStG zu entscheiden haben, welcher Einkunftsart die Einkünfte aus der Tierzucht zuzuordnen sind. Zum anderen wird das FA zu entscheiden haben, ob der an den Kläger gezahlte Vorabgewinn für die Arbeitsleistung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG als Gewinnanteil oder als Tätigkeitsvergütung anzusehen ist.

5. Da die Revision bereits aus den vorgenannten Gründen Erfolg hat, braucht der Senat nicht zu prüfen, ob der von dem Kläger geltend gemachte Verfahrensfehler vorliegt.

Fundstelle(n):
BStBl 2007 II Seite 927
BB 2007 S. 2389 Nr. 44
BB 2007 S. 2389 Nr. 44
BB 2007 S. 2608 Nr. 48
BFH/NV 2007 S. 2394 Nr. 12
BStBl II 2007 S. 927 Nr. 19
DB 2007 S. 2456 Nr. 45
DStR 2007 S. 2002 Nr. 45
DStRE 2007 S. 1465 Nr. 22
DStZ 2007 S. 717 Nr. 22
EStB 2007 S. 394 Nr. 11
FR 2008 S. 226 Nr. 5
HFR 2007 S. 1192 Nr. 12
KÖSDI 2007 S. 15773 Nr. 11
NWB-Eilnachricht Nr. 30/2008 S. 2828
NWB-Eilnachricht Nr. 43/2007 S. 3755
SJ 2007 S. 4 Nr. 23
StB 2007 S. 441 Nr. 12
StBW 2007 S. 2 Nr. 22
StC 2008 S. 33 Nr. 7
StC 2008 S. 8 Nr. 1
StuB-Bilanzreport Nr. 21/2007 S. 828
WPg 2007 S. 1035 Nr. 23
DAAAC-60540