Leitsatz
a) Erbringt ein Nachunternehmer noch ausstehende Teile seiner dem Hauptunternehmer geschuldeten Leistung aufgrund eines gesondert geschlossenen Vertrages direkt für dessen Auftraggeber, reicht der Eintritt des Leistungserfolgs als solcher nicht aus, um insoweit zugleich eine Bewirkung der Leistung des Nachunternehmers an den Hauptunternehmer anzunehmen.
b) Bei der Ermittlung der dem Nachunternehmer gegen den Hauptunternehmer noch zustehenden Restvergütung ist regelmäßig zu berücksichtigen, ob und inwieweit der Nachunternehmer seinen Anspruch auf die Gegenleistung behalten haben könnte, aber sich den vom Auftraggeber erhaltenen Werklohn anrechnen lassen muss, bzw. ob umgekehrt der Nachunternehmer für dem Hauptunternehmer entgangenen Gewinn und ggfs. für weitere Schäden aufzukommen hat.
Gesetze: BGB § 275; BGB § 280; BGB § 283; BGB § 326 Abs. 2 C; BGB § 362 Abs. 1; BGB § 631 Abs. 1
Instanzenzug: LG Kiel 14 O 142/04 vom OLG Schleswig 14 U 93/05 vom
Tatbestand
Die Beklagte wurde Anfang August 2004 von den H. (H. ) mit Ausbaggerungsarbeiten im K. Hafenbecken und der Entsorgung des Baggerguts beauftragt. Die Beklagte, die nur die Baggerarbeiten selbst ausführen wollte, beauftragte ihrerseits die Klägerin damit, das Baggergut zu entsorgen. In diesem Zusammenhang schrieb die Klägerin der Beklagten unter dem :
"... Aufgrund der Vorgaben des Auftraggebers, der H. K. , werden alle Rechnungen an H. immer im Folgemonat des Rechnungseingangs am 20. des Monats bezahlt.
Dies bedeutet, dass die Leistungen bis bei H. abgerechnet und vorliegen müssen, um am die erste Zahlung zu erhalten. Diese, wie alle weiteren Abrechnungen, werden von Ihnen an die H. erstellt und Sie erhalten die Zahlungen von H. .
Gemeinsam wird hiermit festgelegt, dass Sie die am erfolgenden und entsprechend alle weiteren Zahlungen von H. zur sofortigen Zahlung unserer an Sie gestellten Rechnungen verwenden."
Es fielen 4.445,11 t Baggergut an, die die Klägerin zu ihrer Deponie in G. transportierte. Das Baggergut musste noch mit Massezusätzen aufbereitet werden, weil es ohne diese nicht endlagerungsfähig war. Um die danach zu erwartende Gesamtmenge in G. endlagern zu können, hatte die Klägerin zunächst in Absprache mit der zuständigen Behörde den Ausbau der Deponie geplant.
Die Klägerin stellte der Beklagten für ihre Leistungen drei Teilrechnungen vom 20. August sowie 2. und über insgesamt 357.704,54 €, wobei sich die Rechnung vom im Wesentlichen auf die Entsorgung von 2.400 t Baggergut bezog. Diese Leistung hatte die Beklagte ihrerseits in ihrer ersten H. gestellten Abschlagsrechnung vom mit 184.579,20 € inkl. MwSt. berücksichtigt. Auf diese Abschlagsrechnung, die sich insgesamt auf 300.297,99 € belief, zahlte H. an die Beklagte 267.571,20 €.
Zur ordnungsgemäßen Endlagerung des Baggerguts kam es in der Folge zunächst nicht. Die Klägerin machte die ausbleibende Zahlung des Werklohns seitens der Beklagten dafür verantwortlich, das von ihr mit dem Ausbau der Deponie beauftragte Unternehmen nicht mehr bezahlen zu können, weshalb dieses die Arbeiten einstellte.
Im Juni 2005 lagerte die Klägerin im direkten Auftrag von H. 3.121,30 t des in G. befindlichen, konditionierten Baggerguts um und erhielt von H. dafür 211.393,42 € inkl. MwSt. Die Schlussrechnung der Beklagten erkannte H. nur noch in Höhe eines geringfügigen Restbetrages an.
Bereits im Oktober 2004 hatte die Klägerin Klage auf Zahlung der gesamten Rechnungsbeträge über 357.704,54 € nebst Zinsen erhoben. Das Landgericht hat die Beklagte mit der Begründung zur Zahlung von 184.579,20 € nebst Zinsen verurteilt, der Inhalt des Schreibens der Klägerin vom sei nach den Grundsätzen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens Vertragsinhalt geworden und die Beklagte sei verpflichtet, diesen Betrag aus der von H. erhaltenen Abschlagszahlung an die Klägerin weiterzuleiten. Im Übrigen hat es die Klage mangels Fälligkeit der weiteren Klageforderung abgewiesen. Gegen das Urteil hat die Beklagte Berufung mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung eingelegt und außerdem widerklagend beantragt, die Klägerin zu verurteilen, ihr eine prüfbare Schlussrechnung über die von der Klägerin im Zusammenhang mit dem Verbringen des Baggerguts erbrachten Leistungen zu erteilen. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurück- und die Widerklage abgewiesen. Mit der vom Senat im Umfang der Zurückweisung ihrer Berufung zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Gründe
Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat sich die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils zu eigen gemacht und zur Begründung ergänzend ausgeführt:
Durch die Umlagerung von 3.121,30 t sei die ordnungsgemäße Entsorgung des gesamten Baggerguts bewirkt und die geschuldete Werkleistung damit vollständig fertig gestellt worden.
Dass die Klägerin die geschuldete endgültige Entsorgungsleistung in einem gesonderten Vertragsverhältnis entgeltlich für H. erbracht habe, bedeute nicht, dass ihr deshalb die (vollständige) Erbringung der gegenüber der Beklagten geschuldeten Leistung nachträglich unmöglich und diese von ihrer Pflicht zur Zahlung des Werklohns nach § 326 Abs. 1, § 275 Abs. 1 und 4 BGB frei geworden wäre. Vielmehr habe die Klägerin zugleich den Anspruch der Beklagten auf ordnungsgemäße Entsorgung des Baggerguts gemäß § 362 Abs. 1 BGB erfüllt; unter Leistung im Sinne dieser Vorschrift sei nicht die Leistungshandlung, sondern der Eintritt des Leistungserfolges zu verstehen, der hier darin liege, dass die Beklagte nunmehr ebenso wie H. von einer eventuellen öffentlich-rechtlichen Inanspruchnahme als Abfallerzeuger bzw. -besitzer (§ 11 Abs. 1 KrW-/AbfG) befreit sei.
Die Werklohnforderung der Klägerin sei jedenfalls in Höhe des ausgeurteilten Betrags fällig: Von dem Gesamtrechnungsbetrag von 357.704,54 € sei zunächst ein von H. ausgehandelter Nachlass von 2,75% (9.836,37 €) abzuziehen, den auch die Klägerin zugunsten der Beklagten zu berücksichtigen habe. Selbst wenn mit 77.696,69 € des Weiteren der Betrag abgezogen werde, den die Klägerin selbst infolge der mit H. vereinbarten Umlagerung eines Teils des Entsorgungsguts der Klägerin gutzuschreiben bereit sei (von H. gezahlter Werklohn für die Umlagerung des Baggerguts, soweit es die Menge von 4.445,11 t überstieg) und selbst wenn zugunsten der Klägerin angenommen werde, dass die von H. vorgenommene Kürzung der ersten Abschlagsrechnung der Beklagten über 32.726,79 € in vollem Umfang Rechnungspositionen der Klägerin betroffen habe, verbleibe immer noch ein fälliger Betrag von 237.444,19 €.
Die Beklagte könne sich nicht mit Erfolg auf das Fehlen einer prüffähigen Schlussrechnung berufen, weil ihr mit den drei erteilten Teilrechnungen in einer Weise Aufschluss über die berechneten Leistungen verschafft worden sei, die ihren Informations- und Kontrollbedürfnissen genüge.
II. Die dagegen gerichteten Angriffe der Berufung haben Erfolg. Auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen ist die Verurteilung der Beklagten nicht gerechtfertigt.
1. Soweit das Berufungsgericht im Anschluss an das Landgericht eine "Vorleistungspflicht" der Beklagten aus dem Schreiben der Klägerin vom hergeleitet hat, fehlen Feststellungen dazu, dass die darin ausbedungene Weiterleitung von H. geleisteter Zahlungen Vertragsinhalt geworden ist. Den Feststellungen im Berufungsurteil zufolge hat die Beklagte der Klägerin am den Auftrag zur Entsorgung des Baggerguts einschließlich der erforderlichen Vor- und Nebenleistungen erteilt. Dass dabei bereits über die Weiterleitung der von H. geleisteten Zahlungen in einer Weise verhandelt worden war, dass der Inhalt des Schreibens vom nach den Grundsätzen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens Vertragsinhalt werden konnte (vgl. dazu Baumbach/Hopt, HGB, 32. Aufl., § 346 Rdn. 17 ff.), ist weder dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen landgerichtlichen Urteil zu entnehmen, noch hat es dies selbst festgestellt. Der Wortlaut des für die Modifikation der Zahlungspflicht entscheidenden Passus ("Gemeinsam wird hiermit festgelegt ...") spricht weniger für die Bestätigung eines vorverhandelten Vertragsinhalts, als vielmehr für eine nachgeschobene Klausel.
Selbst auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung hätte das Berufungsgericht der Klägerin im Übrigen nicht mehr zubilligen dürfen, als diese der Beklagten berechnet hatte, nämlich 157.800 € zzgl. MwSt. und nicht mit 159.120 € + MwSt. den Betrag, den die Beklagte H. in Rechnung gestellt hatte.
2. Nicht beigetreten werden kann der Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe den vertraglichen Anspruch der Beklagten auf Entsorgung des Baggerguts im Zuge der Umlagerung der Teilmenge von 3.121,30 t vollständig erfüllt.
a) Nach § 362 BGB erlischt das Schuldverhältnis, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. Unter "Schuldverhältnis" ist dabei die einzelne Leistungspflicht einer Partei zu verstehen (BGHZ 10, 391, 395). Zwar tritt die Erfüllungswirkung regelmäßig als objektive Folge der Leistungsbewirkung ein, ohne dass weitere Umstände hinzutreten müssten, wenn der Schuldner den geschuldeten Leistungserfolg herbeiführt. Voraussetzung ist aber, dass die Leistung einem bestimmten Schuldverhältnis zugeordnet werden kann, was etwa der Fall ist, wenn es sich dabei um die allein geschuldete handelt und keine andere, gleichartige Schuld besteht, auf welche die Leistung daneben oder statt dessen erbracht worden sein könnte und der Schuldner keine Bestimmung trifft (vgl. , NJW 1991, 294 f.; MünchKommBGB/Wenzel, § 362 Rdn. 12; Staudinger/Olzen, Vor §§ 362 ff. Rdn. 14). Unproblematisch lässt sich der Erlöschenstatbestand ferner feststellen, wenn der Schuldner (einem einzigen Gläubiger) aus mehreren Schuldverhältnissen verpflichtet ist und das Geleistete zur Tilgung aller Verbindlichkeiten ausreicht (BGH, aaO). Eine rechtsgeschäftliche Einigung oder einseitige Tilgungsbestimmung des Schuldners ist in solchen Fällen nicht notwendig.
Es ist indes anerkannt, dass es besondere Sachverhaltsgestaltungen geben kann, in denen die bloße Bewirkung der Leistung für deren eindeutige Zuordnung nicht genügt (vgl. Olzen, aaO Rdn. 14 a. E.), etwa, weil die Leistung nicht ausreicht, um alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Verbindlichkeiten abzudecken (Wenzel, aaO), aber auch dann, wenn aufgrund der Interessenlage der Beteiligten Zweifel daran bestehen, dass eine Leistung mehreren Schuldverhältnissen zugeordnet werden kann. Um einen solchen Fall handelt es sich, was das Berufungsgericht nicht hinreichend berücksichtigt hat, hier.
b) Die von der Klägerin für H. erbrachte, abfallrechtskonforme Entsorgung eines Teils des Baggerguts durch Umlagerung auf eine andere Deponie, war nicht die allein geschuldete Leistung, sondern die Klägerin war zugleich weiterhin gegenüber der Beklagten verpflichtet, das gesamte Baggergut ordnungsgemäß endzulagern. Durch die Teilumlagerung ist zwar im Ergebnis das gesamte Baggergut ordnungsgemäß entsorgt worden, weil die Umlagerung ersichtlich so bemessen war, dass der in G. verbliebene Rest die Kapazität der dortigen Deponie nicht mehr überschritt. Das von der Klägerin zusätzlich infolge der Beauftragung durch H. Geleistete hat dementsprechend, äußerlich betrachtet, ausgereicht, um alle Verbindlichkeiten abzudecken. Jedoch bestanden diese nicht, wie in der vom erörterten Fallgestaltung, gegenüber einem einzigen Gläubiger, sondern gegenüber zwei unterschiedlichen. Diese waren zudem in Bezug auf die von der Klägerin für H. geleisteten Arbeiten als Gläubiger und Schuldner vertraglich verbunden, weil die Beklagte mit der Entsorgungsleistung, um deren Erfüllung es hier geht, als Hauptunternehmerin gegenüber H. in der Pflicht stand.
c) Erbringt der Nachunternehmer Teile seiner dem Hauptunternehmer noch geschuldeten Leistung aufgrund eines gesonderten Vertrages direkt für dessen Auftraggeber, kann dies entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht bestimmungsgemäß zugleich dem Nachunternehmer-Vertragsverhältnis zugeordnet werden. Mit der Fälligkeit des Nachunternehmer-Werklohns würde dann grundsätzlich - vorbehaltlich etwaiger Gegenrechte bzw. Schadensersatzansprüche - zugleich die Vergütung des Hauptunternehmers durch seinen Auftraggeber fällig. Diese Rechtsfolge im Vertragsverhältnis zwischen Hauptunternehmer und Auftraggeber wollen Nachunternehmer und Auftraggeber regelmäßig nicht herbeiführen, wenn sie gesondert eine teilweise Leistungserbringung durch den Nachunternehmer vereinbaren. Ein Auftraggeber, der sich veranlasst sieht, zur Herbeiführung des ausstehenden werkvertraglichen Erfolgs einen weiteren Vertrag mit dem Subunternehmer seines eigentlichen Vertragspartners abzuschließen, will naturgemäß vermeiden, für die in der Folge vom Subunternehmer für ihn ausgeführte und diesem vergütete Leistung zugleich dem Hauptunternehmer zur Zahlung verpflichtet zu sein, und zwar auch dann, wenn das Risiko einer weiteren Inanspruchnahme wegen möglicher Gegenrechte oder Schadensersatzansprüche herabgesetzt erscheinen mag. Der Auftraggeber wird insbesondere mit Blick auf die Voraussetzungen für etwaige Schadensersatzansprüche rechtliche Unwägbarkeiten sehen, denen er nach den Regeln wirtschaftlicher Vernunft und unternehmerischer Vorsicht und für seine Vertragspartner erkennbar möglichst vorbeugen will. Mit Blick auf die vergütungsrechtlichen Konsequenzen der Erfüllung der Verpflichtungen des Werkunternehmers entspricht es dem - für die Beteiligten erkennbaren - Willen des Auftraggebers allein, dass der Nachunternehmer der einen Teil der Leistung direkt für ihn ausführt und dafür von ihm vergütet wird, diesen Teil nicht zugleich für den Hauptunternehmer erbringt, um diesem (weiterhin) den Einwand der fehlenden Leistungserbringung entgegenhalten zu können. Aus der maßgeblichen Sicht des Auftraggebers erbringt der Nachunternehmer, zumal, wenn es sich dabei, wie hier, um ein formkaufmännisches Unternehmen (§ 6 Abs. 1 HGB) handelt, die konkret abgesprochene Leistung deshalb stillschweigend nur für ihn und nicht auch für den Hauptunternehmer. Ob etwas anderes gelten kann, wenn der Nachunternehmer Abweichendes gegenüber dem Hauptunternehmer verlautbart, etwa durch eine zusätzliche Tilgungsbestimmung, oder ob eine solche Bestimmung unter dem Gesichtspunkt des widersprüchlichen bzw. treuwidrigen Verhaltens unwirksam wäre, kann dahinstehen, weil die Beklagte im Streitfall erst im Rahmen der mit H. geführten Auseinandersetzung von der Teilumlagerung erfahren hat.
d) Hat der Nachunternehmer nach den vorstehenden Ausführungen teilweise nicht an den Hauptunternehmer geleistet, so folgt daraus nicht, dass ihm gegen den Letzteren überhaupt keine Werklohnansprüche zustehen können. Der im Streitfall geschlossene Werkvertrag hat teilbare Leistungen zum Gegenstand. Der Umstand, dass die Klägerin einen Teil des Leistungsprogramms direkt für den Auftraggeber ihres Vertragspartners erbracht hat, hat, wie bereits ausgeführt, zur Folge, dass im Ergebnis das gesamte Baggergut entsorgt und damit die werkunternehmerischen Pflichten erfüllt sind. Deshalb hat die Klägerin für den Teil, den sie für die Beklagte erbracht hat, entsprechende Werklohnansprüche gegen diese, während ihr die Erfüllung des Teils, den sie direkt für H. erbracht hat, im Verhältnis zur Beklagten unmöglich geworden ist (§ 275 Abs. 1 BGB). Ob sie auch insoweit Werklohnansprüche gegen die Beklagte hat und sich nur ersparte Aufwendungen und die von H. erhaltene Vergütung anrechnen lassen muss, hängt davon ab, ob die Voraussetzungen von § 326 Abs. 2 BGB vorliegen. Zu alledem hat das Berufungsgericht, worauf zurückzukommen sein wird (vgl. nachstehend unter 4.), keine Feststellungen getroffen.
3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts steht der ausgeurteilte Betrag der Klägerin auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Durchgriffsfälligkeit (§ 641 Abs. 2 BGB) zu. Der Rechtsstreit ist auch unter diesem Gesichtspunkt der Höhe nach nicht zur Endentscheidung reif. Die von H. an die Beklagte geleistete Abschlagzahlung bezog sich zwar u. a. auch auf von der Klägerin erbrachte Entsorgungsleistungen. Im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht waren diese auch vollständig erbracht. Jedoch hatte H. die Abschlagrechnung um rd. 11% gekürzt, so dass jedenfalls Feststellungen dazu hätten getroffen werden müssen, ob diese Kürzungen auch die Leistungen der Klägerin betrafen. Im Übrigen kann nach allgemeinen Grundsätzen (§ 242 BGB) einer Partei auch unter dem Gesichtspunkt der Durchgriffsfälligkeit nicht etwas zugesprochen werden, wenn sie es umgehend an die zahlungspflichtige Gegenpartei zurückerstatten muss. Im Streitfall bestand, wie nachstehend dargelegt, Anlass, dies zu prüfen.
4. Der Rechtsstreit muss nach allem an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich des Verfahrens über die Nichtzulassung der Revision zu entscheiden haben wird. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
Ob bzw. in welcher Höhe der Klägerin Werklohn gegen die Beklagte zusteht, hängt zum einen davon ab, welchen Teil des gesamten Leistungsprogramms die Klägerin für H. und welchen sie für die Beklagte erbracht hat und, wie bereits erwähnt (oben II.2.d), zum anderen davon, ob die Beklagte die Verzögerung und die Teilbeauftragung der Klägerin durch H. zu vertreten hat oder umgekehrt.
a) Für die Gewichtung der Teile, die die Klägerin für H. bzw. die Beklagte erbracht hat, liegt es in entsprechender Anwendung von § 441 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs. BGB (vgl. Palandt-Heinrichs, 66. Aufl., § 275 Rdn. 7) nahe, auf das Mengenverhältnis des umgelagerten Teils des Entsorgungsguts zu dem in G. verbliebenen abzustellen. Bemessungsgrundlage für die Ermittlung des verbliebenen und des umgelagerten Teils dürfte nach dem als Vertragsgrundlage eingereichten Telefax (Anlage BK 1, GA Bl. 197 f.) nicht das Nettogewicht des abgebaggerten Guts (4.445,11 t), sondern die Bruttomenge unter Einschluss der zugesetzten Massen sein, weil der Entsorgungspreis pro Tonne Baggergut die Zusätze ersichtlich einbezog.
Ob die Vor- und Nebenleistungen (Baustelleneinrichtung, Einrichtung und Rückbau des Zwischenlagers, wetterfeste Plane, Pumpleistungen) quotal umzulegen oder dem Vertragsverhältnis zur Klägerin bzw. dem zu H. zuzuordnen sind, hängt davon ab, ob diese Leistungen auf das Entsorgungsgut insgesamt zu beziehen sind oder nur auf Teile davon. Dazu werden Feststellungen zu treffen sein.
b) Steht der Teil fest, den die Klägerin für die Beklagte erbracht hat, hängt die tatsächliche Höhe ihres Werklohnanspruchs von Folgendem ab:
Ist die Beklagte zumindest weit überwiegend dafür verantwortlich, dass H. die Klägerin selbst beauftragt hat, dann kann die Klägerin im Ausgangspunkt von der Beklagten den gesamten Werklohn verlangen (§ 326 Abs. 2 Satz 1 BGB). Eine zumindest überwiegende Verantwortung der Beklagten kommt in Betracht, wenn sie vorleistungspflichtig und die Klägerin infolge der Nichterfüllung dieser Pflicht nicht in der Lage war, das Baggergut vertragsgerecht zu entsorgen. Dazu ist der von den Parteien geschlossene Vertrag auszulegen und dabei ist insbesondere zu prüfen, ob das Schreiben der Klägerin vom Vertragsinhalt geworden ist (vgl. oben II.1).
Auch wenn die Beklagte zumindest überwiegend für die Verzögerung verantwortlich ist, muss sich die Klägerin bezüglich des Teils, den sie für H. erbracht hat, den dafür von H. gezahlten Werklohn anrechnen lassen. Außerdem muss sie sich eventuelle ersparte Aufwendungen anrechnen lassen (§ 326 Abs. 2 Satz 2 BGB). Dafür könnten ersparte Kosten für den geplanten Ausbau der Deponie in G. infrage kommen, sofern diese Ersparnis größer ist, als der zusätzliche Aufwand, der ihr dadurch entstanden ist, dass sie einen Teil des Baggerguts umgelagert hat.
c) Ist umgekehrt die Klägerin selbst für die Verzögerung und damit dafür verantwortlich, dass H. sie zum Zwecke der Ersatzvornahme (§ 637 BGB) beauftragt hat, behält die Klägerin zwar im Ausgangspunkt ihren Werklohnanspruch für den Teil, den sie für die Beklagte erbracht hat. Es kommen dann jedoch Schadensersatzansprüche bzw. Gegenrechte der Beklagten gegen die Klägerin in Betracht (§§ 275, 280, 283 ff. BGB). Diese können daraus resultieren, dass der Beklagten Gewinn entgangen ist, nachdem H. ihr über die einmalige Abschlagzahlung von 267.571,20 € hinaus nur noch eine geringfügige Schlusszahlung geleistet hat. Im Übrigen kann die Beklagte sich selbst gegenüber H. durch die Verzögerung schadensersatzpflichtig gemacht und die Klägerin dafür gegenüber der Beklagten einzustehen haben.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW 2007 S. 3488 Nr. 48
WM 2007 S. 2030 Nr. 43
JAAAC-59758