BGH Beschluss v. - IX ZR 210/04

Leitsatz

[1] Zum Umfang der Darlegungslast des Insolvenzverwalters im Anfechtungsrechtsstreit hinsichtlich der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zu einem bestimmten Zeitpunkt.

Gesetze: InsO § 17; InsO § 131 Abs. 1 Nr. 2

Instanzenzug: LG Aachen 10 O 254/03 vom OLG Köln 2 U 1/04 vom

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und zulässig (§ 26 Nr. 8 EGZPO; § 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO). Sie hat jedoch keinen Erfolg. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).

1. Der Umstand, dass das Berufungsgericht die Voraussetzungen der § 131 Abs. 1 Nr. 3, § 133 InsO nicht geprüft hat, steht nicht in Divergenz zu Entscheidungen des Bundesgerichtshofs; es hat keine Rechtsfrage anders beantwortet als eine Vergleichsentscheidung.

Im Übrigen hat der Kläger die Voraussetzungen dieser Vorschriften nicht ausreichend dargelegt, insbesondere nicht vorgetragen, dass für die Beklagte Anlass bestand, an der Liquidität der Schuldnerin zu zweifeln (vgl. BGHZ 157, 242, 251; , ZIP 1999, 406, 407).

2. Die Anforderungen des Berufungsgerichts an den Vortrag des Klägers zur Substantiierung die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin weichen zwar von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab und sind überzogen. Darauf beruht das Berufungsurteil aber nicht, weil der Sachvortrag des Klägers nicht einmal die Mindestanforderungen erfüllte:

a) Es war Sache des Klägers, den Bestand und die Fälligkeit der Verbindlichkeiten der Schuldnerin ausreichend vorzutragen und unter Beweis zu stellen. Bei der Frage, welche Anforderungen dabei an die Darlegungslast zu stellen sind, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob sich die vorzutragenden Geschehnisse im Wahrnehmungsbereich einer Partei abgespielt haben. Dem Insolvenzverwalter stehen häufig zur Begründung einer Anfechtungsklage über die aufgefundenen schriftlichen Unterlagen hinaus nur geringe Erkenntnismöglichkeiten zur Verfügung. Zu hohe Anforderungen an die Substantiierungslast würden daher häufig die Erfolgsaussichten einer Anfechtungsklage von vornherein vereiteln. Deshalb reicht ein Vortrag aus, der zwar in bestimmten Punkten lückenhaft ist, eine Ergänzung fehlender Tatsachen aber auf der Grundlage allgemeiner Erfahrungen und Gebräuche im Geschäftsverkehr zulässt (, ZIP 1998, 2008, 2010). Deshalb kann die Vorlage von Listen über die Verbindlichkeiten der Schuldnerin in Verbindung mit ergänzenden Anlagen, insbesondere den Rechnungen der Gläubiger, zur Substantiierung genügen, wenn sich hieraus die notwendigen Informationen über den jeweiligen Anspruch und seine Fälligkeit entnehmen lassen.

b) Die vom Kläger zunächst vorgelegte Aufstellung der Verbindlichkeiten in Anlage K 8 genügte den Anforderungen nicht, weil dort nicht einmal der Rechtsgrund der einzelnen Forderungen angegeben war. Nachdem die Beklagte den Bestand und die Fälligkeit der Forderungen bestritten hatte, hat der Kläger ohne Sachvortrag zu den einzelnen Forderungen eine neue Liste zu denselben Stichtagen vorgelegt (Anlage K 21 mit 104 Forderungen), die allerdings nunmehr zu teilweise weit abweichenden Zahlen gelangte, ohne dass dies erläutert worden wäre. Zudem hat er ein Konvolut von 214 Anlagen beigefügt, die die zugrunde liegenden Rechnungen darstellen sollten (Anlage K 22). Eine Zuordnung der Rechnungen zu den Nummern der Liste ist jedoch nicht erfolgt. Zwar kann anhand der Belegnummern (Rechnungsnummern), die in der Liste aufgeführt sind, nach passenden Rechnungen in dem Anlagenkonvolut gesucht werden. Diese sind teilweise (Firma M. , Nrn. 8-65) in niederländisch verfasst. In dem Konvolut sind aber auch zahlreiche Rechnungen enthalten, die in der Liste nicht aufgeführt sind, etwa weitere Rechnungen derselben Gläubiger, Rechnungen anderer Gläubiger (z.B. von Rechtsanwälten) oder auch Gutschriften wegen defekter Ware etc. Der Kläger hat damit dem Gericht ein Konvolut von Belegen eingereicht, aus denen sich dieses sodann die passenden Unterlagen selbst zusammensuchen sollte. Dabei blieb unklar, wie die übrigen Unterlagen in dem in Bezug genommenen Konvolut zur berücksichtigen sein sollten.

Die auf der Liste angegebenen Fälligkeiten sind den Rechnungen zudem zumindest teilweise nicht zu entnehmen; außerdem weichen die Fälligkeitsangaben in der Liste von den Angaben in den Rechnungen ab. Teilweise wurde in der Liste für die Fälligkeit der Tag einen Monat nach Rechnungsdatum angesetzt, selbst wenn die Rechnung andere Daten angibt. Liste und Rechnungen stimmen nicht überein.

Unter diesen Umständen sind die vom Kläger vorgelegten Unterlagen für eine Substantiierung unzureichend. Die in Bezug genommenen Anlagen hätten zumindest geordnet, den Positionen in der Liste leicht und klar zuzuordnen und mit der Liste stimmig sein müssen. Dies war nicht der Fall.

Das Grundrecht des Klägers auf rechtliches Gehör, das Willkürverbot und das Recht auf ein faires Verfahren wurden durch das Berufungsgericht nicht verletzt.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO).

Fundstelle(n):
DB 2007 S. 2365 Nr. 43
WM 2007 S. 1886 Nr. 40
RAAAC-59751

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: nein