Ertragsteuerrechtliche Beurteilung der Einkünfte von Venture Capital und Private Equity Fonds
1. Einkünfte der Gesellschaft
Mit hat die Verwaltung zur Abgrenzung der privaten Vermögensverwaltung vom Gewerbebetrieb bei Venture Capital und Private Equity Fonds Stellung genommen.
Venture Capital Fonds und Private Equity Fonds investieren i. d. R. in Eigenkapital und eigenkapitalähnliche Beteiligungen an den Portfoliogesellschaften. Nach Erreichen des durch die Finanzierung beabsichtigten Ziels, nämlich der Wertsteigerung der Beteiligungen, werden die Anteile an den Gesellschaften veräußert.
Soweit die Tätigkeit dieser Fonds nach dem o. g. BMF-Schreiben als private Vermögensverwaltung anzusehen ist, erzielen die Fonds auf der Ebene der Gesellschaft Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG (Dividenden, Gewinnausschüttungen), ggf. ausnahmsweise nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG (stille Beteiligung) oder § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG (Zinserträge aus vorübergehenden Festgeldanlagen, Darlehen an Portfoliogesellschaften).
Die Veräußerung der Beteiligungen ist auf Ebene der Gesellschaft außerhalb der Frist nach § 23 EStG nicht steuerbar.
2. Gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte
Auf Ebene der Gesellschaft sind die erzielten Einkünfte aus Kapitalvermögen nach Maßgabe des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten zu ermitteln und einheitlich und gesondert festzustellen. Sofern ausnahmsweise private Veräußerungsgeschäfte innerhalb der einjährigen Behaltefrist des § 23 EStG in gesamthänderischer Verbundenheit erzielt werden, sind diese in das Feststellungsverfahren einzubeziehen.
Die Einkünfte sind unabhängig davon, ob die Gesellschafter die Beteiligung an der Fondsgesellschaft im Betriebs- oder Privatvermögen halten, den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzurechnen. Eine Umqualifizierung der Einkunftsteile in betriebliche Einkünfte ist erst auf der Ebene des Gesellschafters im Folgebescheid vorzunehmen (vgl. BStBl 1994 I S. 282 und , BStBl 2005 II S. 679).
3. Rechtliche Einordnung der vom Fonds aufgewendeten Kosten
Die von der Fondsgesellschaft geleisteten Zahlungen für Gründungskosten, Haftungsvergütungen an Komplementäre, Management- und Treuhandgebühren, Prospekterstellung usw. sind in einem ersten Schritt darauf zu untersuchen, ob es sich hierbei um Anschaffungskosten der erworbenen Wirtschaftgüter, das sind in der Regel Beteiligungen, oder um laufende Aufwendungen handelt.
a) Zuordnung von Kosten zu den Anschaffungskosten
Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder vertreten hierzu die Auffassung, dass die Zuordnung dieser Aufwendungen auch bei vermögensverwaltenden Venture Capital und Private Equity Fonds nach den Grundsätzen des BStBl 2003 I S. 456 vorzunehmen ist.
Danach gehören zu den Anschaffungskosten grundsätzlich alle Aufwendungen, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Abwicklung des Projekts, d. h. der einzelnen Beteiligung, in der Investitionsphase anfallen, wie insbesondere die sogenannten Managementgebühren für die geschäftsführenden Gesellschafter, Haftungs- und Geschäftsführervergütungen für Komplementäre, Geschäftsführervergütungen bei schuldrechtlichem Leistungsaustausch und Vergütungen für Treuhandkommanditisten.
Soweit es sich bei den Aufwendungen nicht um Anschaffungskosten der Portfoliogesellschaften handelt (übrige Kosten), stellt sich die Frage, inwieweit diese in Fällen von Dividenden- und Zinserträgen oder steuerpflichtigen Veräußerungsgewinnen nach § 23 EStG als Werbungskosten bzw. bei Fondsbeteiligungen im Betriebsvermögen als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind.
b) Übrige Kosten
Nach einem Beschluss der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder sind die Aufwendungen von vermögensverwaltenden Venture Capital und Private Equity Fonds, die nicht den Anschaffungskosten zuzurechnen sind, regelmäßig nicht als Werbungskosten abzugsfähig, weil bei diesen Fonds die Absicht zur Erzielung von Wertsteigerungen im Vordergrund steht.
Werbungskosten sind nach der Rechtsprechung des BFH alle Aufwendungen, die durch Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Das bedeutet hinsichtlich der Erzielung von Kapitaleinkünften, dass die Absicht der Erzielung eines Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten bei der Kapitalanlage im Vordergrund stehen muss (vgl. BStBl 1982 II S. 37). Was der Steuerpflichtige im Einzelfall beabsichtigt, ist im Rahmen der gebotenen Tatsachenwürdigung aus äußeren Umständen zu erschließen. Ein Beweisanzeichen für das Vorliegen der Überschusserzielungsabsicht kann sein, ob bei objektiver Beurteilung ein solcher Überschuss erwartet werden kann.
Bei Venture Capital und Private Equity Fonds, die als vermögensverwaltende Fonds konzipiert sind, kann von der vorrangigen Absicht, Wertsteigerungen zu erzielen, ausgegangen werden. Dies ergibt sich in der Regel bereits aus dem Verkaufsprospekt. Einer Totalüberschussprognose hinsichtlich der Einkünfte nach § 20 EStG bedarf es dann nicht mehr (vgl. BFH/NV 1988 S. 2; BStBl 2003 II S. 937).
Eine Aufteilung der übrigen Kosten in Aufwendungen, die bei den Einkünften nach § 20 EStG als Werbungskosten zu berücksichtigen sind, und solche, die der nichtsteuerbaren Vermögensebene zuzuordnen sind, scheidet nach der BFH-Rechtsprechung aus.
Der BFH lehnt eine Aufteilung der Kosten strikt ab, weil es an einem Aufteilungsmaßstab mangelt, und hält deshalb die ausschließliche Zuordnung „gemischter” Aufwendungen entweder zu den Einkünften nach § 20 EStG oder zur nichtsteuerbaren Vermögensebene für zutreffend (vgl. BStBl 2003 II S. 937; BStBl 1982 II S. 37).
4. Ertragsteuerliche Auswirkungen für die einzelnen Gesellschafter
Im Rahmen des Feststellungsverfahrens sind in der Regel lediglich Einkünfte nach § 20 EStG, ggf. ausnahmsweise solche nach § 23 EStG festzustellen (s. Tz. 2). Auf der Ebene der Gesellschafter können sich, je nach Zugehörigkeit zur jeweiligen Anlegergruppe – verkürzt dargestellt – folgende Auswirkungen ergeben (vgl. hierzu auch Randnummern 21 – 23 des BStBl 2004 I S. 40):
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Einnahmen/ Ausgaben | Privatanleger (Fondsbeteiligung gehört zum PV) | Einzelunternehmen/ Personengesellschaft (Beteiligung gehört zum BV) | Kapitalgesellschaft |
Dividenden- erträge | steuerpflichtige
Einnah- men i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, davon 50 % steuerfrei nach § 3 Nr. 40 EStG | ||
Aufwendungen
im Zusammenhang mit Dividendener- trägen | in voller Höhe
ab- zugs-fähige Be- triebsausgabe | ||
Zinserträge | |||
Aufwendungen
im Zusammenhang mit Zinserträgen | abzugsfähige Werbungs- kosten nach § 9 EStG | ||
Erträge
aus stillen Beteiligungen | |||
Gewinne
aus der Veräußerung von Anteilen an Kapi- talgesellschaften | |||
Verluste aus
der Veräußerung von Anteilen an Kapi- talgesellschaften | nicht abzugsfähig
nach § 8b Abs. 3 S. 3 KStG | ||
laufende Aufwen- dungen während der Haltezeit der Beteiligungen | nicht abzugsfähig
wegen Zuordnung zum nichtsteu- erbaren Bereich; keine Berücksichtigung im Rahmen der §§ 17 und 23 EStG, da es sich nicht um Veräußerungskosten i. S. d. § 17 Abs. 2 EStG bzw. Werbungskosten i. S. d. § 23 Abs. 3 EStG handelt | in voller Höhe
abzugs- fähige Betriebsausga- ben | |
Aufwendungen
im Zusammenhang mit der Veräuße- rung von Anteilen an Kapitalgesell- schaften | nur abzugsfähig im
Rah- men der §§ 17 und 23 EStG, außerhalb dieser Vorschriften keine Ab- zugsfähigkeit wegen Zu- ordnung zum nichtsteuer- baren Bereich |
Hinsichtlich der Besteuerung des den mittelbar oder unmittelbar an der Fondgesellschaft beteiligten Initiatoren gewährten erhöhten Gewinnanteils, des sogenannten „carried interest”, gelten die unter Randnummern 24 und 25 des BStBl 2004 I S. 40 dargelegten Grundsätze.
Die Frage, ob Privatanleger bei Veräußerung der Portfoliogesellschaften den Tatbestand des § 17 EStG erfüllen, ist für den jeweils Beteiligten zu prüfen. Dabei ist nicht auf den Anteil der Fondsgesellschaft an der Portfoliogesellschaft, sondern auf den Bruchteilsanteil des einzelnen Beteiligten des Fonds an der Portfoliogesellschaft abzustellen (vgl. Randnummer 21 des a. a. O.)
OFD Frankfurt/M. v. - S 2241 A - 67 - St
210
Fundstelle(n):
UAAAC-58431
1Die Veräußerungskosten sind im Rahmen der Ermittlung des Veräußerungsgewinns zunächst in voller Höhe abzugsfähig. Rechnerisch betrachtet werden sie jedoch nur zu 95 % berücksichtigt, da der Veräußerungsgewinn, dessen Bestandteil die Veräußerungskosten sind, lediglich zu 95 % steuerfrei bleibt, vgl. Spalte „Kapitalgesellschaft”. Zeile „Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften”.