Berücksichtigung der Übernahme einer Schuld durch den Anspruchsberechtigten
Gesetze: EigZulG § 8 Satz 1, EigZulG § 9 Abs. 2
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) begehrt Eigenheimzulage für ein Hausgrundstück, das er mit notariellem Vertrag im Juni 2002 von seinem Vater erworben hat. Nach dem Kaufvertrag wurde auf den Kaufpreis von 55 000 € ein Betrag von 42 000 € unter Hinweis auf eine entsprechende Zahlung des Klägers auf Baurechnungen im Zusammenhang mit dem Neubau eines (anderen) Hauses seiner Eltern angerechnet. Den Restbetrag von 13 000 € bezahlte der Kläger bei Fälligkeit.
Der Kläger beantragte für das vom Vater erworbene Hausgrundstück Eigenheimzulage und legte dabei den vereinbarten Kaufpreis von 55 000 € zugrunde. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) ging dagegen für die Gewährung der Eigenheimzulage von einer Bemessungsgrundlage von 13 733 € aus, die sich aus der Restzahlung in Höhe von 13 000 € sowie den Kosten für den Übergabevertrag in Höhe von 733 € ergab und zu einer Festsetzung der Eigenheimzulage auf 344 € führte.
Einspruch und Klage mit dem Begehren, auch die für Bauleistungen an dem Neubau der Eltern geleisteten und im Kaufvertrag angerechneten Zahlungen in die Bemessungsgrundlage für die Eigenheimzulage einzubeziehen, hatten keinen Erfolg. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das finanzgerichtliche Urteil aufzuheben und das FA zu verpflichten, unter Änderung des angefochtenen Bescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung Eigenheimzulage ab dem Jahr 2002 bis zum Jahre 2009 in Höhe von jährlich 1 278 € festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Nach den Grundsätzen des Fremdvergleichs seien die behaupteten Vorauszahlungen nicht als Anschaffungskosten bei der Bemessung der Eigenheimzulage zu berücksichtigen. Denn eine interne Absprache unter Verkäufer und Käufer über Vorausleistungen auf einen noch abzuschließenden Kaufvertrag seien unter fremden Dritten nicht denkbar. Diese wären niemals bereit, einen solchen Betrag ohne notarielle Vereinbarung und Absicherung zu zahlen. Im Übrigen seien nach § 311b des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auch Vereinbarungen über Vorausleistungen grundsätzlich im Zeitpunkt der Zahlung beurkundungspflichtig.
II. Die Revision ist begründet; das angefochtene Urteil ist aufzuheben und das FA zu verpflichten, Eigenheimzulage unter Ansatz eines Kaufpreises von 55 000 € als Bemessungsgrundlage festzusetzen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
1. Nach § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) hat ein Steuerpflichtiger Anspruch auf Eigenheimzulage für die entgeltliche Anschaffung einer Wohnung; diese Anschaffungskosten bilden die Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Eigenheimzulage nach Maßgabe des § 9 Abs. 2 EigZulG i.V.m. § 8 Satz 1 EigzulG.
a) Anschaffungskosten sind nach der —auch im Steuerrecht zu beachtenden— Legaldefinition des § 255 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. In die Bemessungsgrundlage für den Fördergrundbetrag nach § 9 Abs. 2, § 8 Satz 1 EigZulG können mithin nur Aufwendungen des Anspruchsberechtigten eingehen, die sich als Gegenleistung für die Übertragung der Wohnung darstellen (so schon zu § 10e des Einkommensteuergesetzes —EStG— , BFHE 170, 186, BStBl II 1993, 346; vom X R 262/93, BFHE 182, 149, BStBl II 1998, 100). Diese Gegenleistung kann auch in der Übernahme einer Schuld des veräußernden Angehörigen bestehen, die der Erwerber tatsächlich begleicht (vgl. , BFH/NV 2006, 31; vom IX R 40/05, BFH/NV 2006, 2236) und dem Begünstigten nicht lediglich unentgeltlich zuwendet.
b) (Solche) Verträge zwischen nahen Angehörigen sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH der steuerrechtlichen Beurteilung im Übrigen nur dann zugrunde zu legen, wenn sie bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen sind und darüber hinaus sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entspricht.
Maßgebend für die Beurteilung ist die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten; nicht jede Abweichung vom Üblichen schließt deshalb notwendigerweise die steuerrechtliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses aus. Voraussetzung ist aber stets, dass die Hauptpflichten der Vertragsparteien klar und eindeutig vereinbart sowie entsprechend dem Vereinbarten durchgeführt worden sind (vgl. , BFHE 200, 372, BStBl II 2003, 243; in BFH/NV 2006, 2236).
2. Nach diesen Grundsätzen verletzt die angefochtene Entscheidung § 8 Satz 1 EigZulG, soweit sie den vom Kläger getragenen und bei der Kaufpreisbemessung für das erworbene Grundstück verrechneten Finanzierungsaufwand in Höhe von 42 000 € bei der Bemessungsgrundlage für die Eigenheimzulage nicht berücksichtigt hat.
a) Das Finanzgericht (FG) hat für den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO verbindlich festgestellt, dass der Kläger „für seine Eltern einen Teil der Baurechnungen in Höhe von 42 000 € beglichen hat”, der eingetretene „Schwebezustand – zwischen Zahlung der Baurechnungen für den Vater und notariellem Kaufvertrag…auf innerfamiliäres Vertrauen zurückzuführen” ist und die „Abrede, die vom Kläger getragenen Baukosten… als Anzahlung für die Übertragung des Grundstücks anzusehen,…tatsächlich durchgeführt” wurde. Danach geht das FG ebenso wie der Kläger und das FA, das ausdrücklich in der mündlichen Verhandlung „die innere Verknüpfung” der Zahlungen des Klägers mit dem Grundstückserwerb unstreitig gestellt hat, davon aus, dass die Übernahme der Verbindlichkeiten im Hinblick auf den geplanten Erwerb des Elternhauses erfolgte und damit durch diesen Erwerb veranlasst war.
b) Auf der Grundlage dieser bindenden tatsächlichen Feststellungen handelt es sich bei den Aufwendungen für die Neubaumaßnahme des Vaters im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem bereits bei Zahlung geplanten Erwerb des (alten) Elternhauses schon begrifflich um Anschaffungskosten i.S. des § 8 Satz 1 i.V.m. § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB. Der Ansicht des FG, die den Zahlungen des Klägers zugrundeliegende streitige Abrede hielte einem Fremdvergleich nicht stand, kann aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden.
Zum einen stand dem Kläger bereits im Zeitpunkt der Zahlung ein —ggf. aufrechenbarer (§ 387 BGB)— Anspruch auf Erstattung des Aufwands für die Übernahme der Zahlungsverpflichtungen des Vaters zu, für den eine notarielle Beurkundungspflicht ersichtlich nicht gegeben ist und dessen tatsächliche Verrechnung im Rahmen der später durchgeführten Grundstücksveräußerung entsprechend den bürgerlich-rechtlichen Regelungen (vgl. § 311b BGB) notariell beurkundet wurde.
Zum anderen lassen die danach bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossenen Vereinbarungen zwischen dem Kläger und seinem Vater Anhaltspunkte gegen deren —vom FG als Tatsachengericht zu beurteilenden— Fremdüblichkeit nicht erkennen (vgl. zum Prüfungsumfang des BFH als Revisionsgericht: , BFH/NV 2002, 635, m.w.N.). Denn nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG hat sich der Kläger mit seinem Vater darüber geeinigt, dessen Neubauaufwendungen in Höhe von 42 000 € zu bezahlen und den entsprechenden Aufwand im Wege der Aufrechnung mit dem Kaufpreis für den geplanten Erwerb des (alten) Elternhauses durch den Kläger zurückzuerhalten; diese Abrede ist —wie das FG festgestellt hat— auch tatsächlich von den Vertragsbeteiligten umgesetzt worden.
3. Die Sache ist spruchreif. Nach den vorstehenden Ausführungen (unter 2.) ist das FA zu verpflichten, die Eigenheimzulage unter Berücksichtigung der um 42 000 € erhöhten Bemessungsgrundlage in den Grenzen des § 9 Abs. 2 EigZulG neu festzusetzen. Eine Festsetzung durch den Senat nach § 100 Abs. 2 Satz 1 FGO kommt nicht in Betracht, weil diese Vorschrift nur auf reine Anfechtungsbegehren beschränkt ist (, BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler —HHSp—, § 100 FGO Rz 10), die Klage auf Festsetzung von Eigenheimzulage aber als Verpflichtungsklage (vgl. , Entscheidungen der Finanzgerichte 2002, 1361) in den Anwendungsbereich des § 101 Satz 1 FGO fällt, der den Erlass des begehrten Verwaltungsakts durch das Gericht nicht zulässt (vgl. , BFHE 180, 524, BStBl II 1997, 259; Lange in HHSp, § 101 FGO Rz 34, m.w.N.).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 2077 Nr. 11
BFH/NV 2007 S. 2077 Nr. 11
GAAAC-57805