Mit dem Betrieb von Krankenhäusern und ähnlichen Einrichtungen eng verbundene Umsätze
Nach dem Ergebnis der Erörterungen der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder gilt zur Frage Anwendung der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 16 UStG ergänzend zu Abschn. 100 UStR Folgendes.
Nach § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG mit dem Krankenhausbetrieb eng verbundene und damit umsatzsteuerfreie Umsätze nur anzunehmen sind, wenn sie für die Ausübung der Tätigkeiten, für die die Steuerbefreiung gewährt wird, typisch und unerlässlich sind, regelmäßig und allgemein beim laufenden Betrieb vorkommen und damit unmittelbar oder mittelbar zusammenhängen.
Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn die Umsätze im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb zu steuerpflichtigen Umsätzen anderer Unternehmer stehen (vgl. Abschn. 100 Abs. 1 UStR). Wenn die Grundvoraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 UStG erfüllt sind, sind die anschließend aufgeführten Umsätze wie folgt zu beurteilen:
1. Verkauf von Anlagevermögen
Die Veräußerung von Anlagevermögen ist nach § 4 Nr. 16 UStG steuerfrei (ggf. auch nach § 4 Nr. 28 UStG).
2. Lieferung von Medikamenten der Krankenhausapotheke
Die Lieferung zur Behandlung erforderlicher Medikamente an stationär oder teilstationär aufgenommene Krankenhauspatienten ist nach § 4 Nr. 16 UStG steuerfrei (vgl. auch Abschn. 100 Abs. 2 Nr. 1 UStR).
Die Abgabe von Medikamenten an Patienten während der ambulanten Behandlung im Krankenhaus bzw. an ambulant behandelte Patienten des Chefarztes im Rahmen seiner Chefarzttätigkeit stellt keinen mit dem Betrieb eines Krankenhauses eng verbundenen Umsatz dar, da die Krankenhausapotheken insoweit in Konkurrenz zu öffentlichen Apotheken treten. Die Leistung fällt somit nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 16 UStG (vgl. Abschn. 100 Abs. 3 Nr. 4 UStR).
Ebenso stellt die Lieferung von Arzneimitteln an Krankenhäuser anderer Träger, an das Personal oder andere Personen (Besucher, ehemals stationäre Patienten) keinen mit dem Krankenhaus eng verbundenen Umsatz dar (vgl. Abschn. 100 Abs. 3 Nr. 2 und 3 UStR und , BStBl 1991 II S. 268).
3. Auftragsforschung
Umsätze aus Auftragsforschung fallen nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 16 UStG.
4. Automatenumsätze
Umsätze aus dem Betrieb krankenhauseigener Automaten (Blumen, Getränke, Zigaretten) fallen nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 16 UStG.
Die Überlassung von Flächen im Krankenhaus an Dritte zum Aufstellen von Automaten stellt keine steuerfreie Leistung des Krankenhauses nach § 4 Nr. 12 UStG dar. Es handelt sich hierbei um einen Vertrag besonderer Art, bei dem die Gebrauchsüberlassung des Grundstücks gegenüber der Duldung der Automaten im Krankenhaus zurücktritt.
5. Blutalkoholuntersuchungen
Die Durchführung einer Blutalkoholuntersuchung stellt keinen mit dem Betrieb eines Krankenhauses eng verbundenen Umsatz dar. Derartige Leistungen fallen somit nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 16 UStG.
6. Betrieb einer Cafeteria
Der Betrieb einer Cafeteria, unabhängig davon, ob diese nur für Patienten und Personal oder auch für Besucher zugänglich ist, stellt keinen mit dem Betrieb eines Krankenhauses eng verbundenen Umsatz dar und fällt somit nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 16 UStG.
Nur die Lieferung der in der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG genannten Gegenstände unterliegt dem ermäßigten Steuersatz. Die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle unterliegt als sonstige Leistung (§ 3 Abs. 9 Satz 4 und 5 UStG) jedoch dem allgemeinen Steuersatz.
7. Überlassung von Fernsehgeräten
Der , UR 2066, 171 entschieden, dass u.a. die Vermietung von Fernsehgeräten an Krankenhauspatienten in der Regel keinen mit der Krankenhausbehandlung und der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundenen Umsatz im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL (= gemeinschaftsrechtliche Grundlagen des § 4 Nr. 16 UStG) darstellt. Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn diese Leistung zur Erreichung der mit der Krankenhausbehandlung und der ärztlichen Heilbehandlung verfolgten Ziele unerlässlich ist und nicht im Wesentlichen dazu bestimmt ist, ihrem Erbringer zusätzliche Einnahmen durch die Erzielung von Umsätzen zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Umsätzen der Mehrwertsteuer unterliegender gewerblicher Unternehmer getätigt werden.
Die Überlassung von Fernsehgeräten an Krankenhauspatienten ist für den therapeutischen Erfolg der Heilbehandlung regelmäßig nicht unerlässlich. Zudem steht die Vermietungsleistung in Deutschland im Wettbewerb zu Angeboten gewerblicher Unternehmer.
Somit stellen sowohl die Überlassung von Fernsehgeräten durch das Krankenhaus an Patienten – unabhängig davon, ob diese Leistung als Teil der Wahl einer besonderen Unterkunft erbracht wird, oder ob sie vom Patienten individuell gewählt wird – sowie die Einräumung dieses Rechts an Dritte keine unselbständigen Nebenleistungen zu den Krankenhausleistungen und keine mit dem Betrieb eines Krankenhauses eng verbundenen Umsätze im Sinne des § 4 Nr. 16 UStG dar.
8. Vermietung von Gästezimmern
Nach dem o.a. stellt auch die Unterbringung von Begleitpersonen von Patienten durch ein Krankenhaus in der Regel keinen mit der Krankenhausbehandlung und der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundenen Umsatz i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL dar. Etwas anderes gilt nur dann, wenn diese Leistung zur Erreichung der mit der Krankenhausbehandlung und der ärztlichen Heilbehandlung verfolgten therapeutischen Ziele unerlässlich ist. In diesem Fall ist die Leistung nach § 4 Nr. 16 UStG steuerfrei.
Unterbringungsleistungen, denen kein unerlässlicher therapeutischer Zweck zugrunde liegt, sind keine unselbständigen Nebenleistungen zu den Krankenhausleistungen und auch nicht nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfrei, da es sich hierbei nur um eine kurzfristige Vermietung von Wohn- und Schlafräumen handelt.
Das Gleiche gilt für die Beurteilung der Vermietungsleistung des Krankenhauses an das Personal. Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 UStG gilt nur für die Vermietungsumsätze, bei denen das Krankenhaus dem Personal Zimmer zur langfristigen Nutzung überlässt.
9. Erstellung von Gutachten für andere Einrichtungen oder Ärzte
Die Erstellung von Gutachten für andere Einrichtungen oder Ärzte ist nach § 4 Nr. 16 UStG steuerfrei, wenn ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht (vgl. BStBl 2001 I S. 826).
10. Betrieb eines Kiosks
Der Betrieb eines krankenhauseigenen Kiosks sowie die Verpachtung eines Kiosks fällt nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 16 UStG. Nur die Lieferung der in der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG genannten Gegenstände unterliegt dem ermäßigten Steuersatz.
Demgegenüber ist die Vermietung von Kioskräumen nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfrei; das gilt allerdings nicht für die Vermietung von Betriebsvorrichtungen.
11. Beförderungsleistungen
Krankentransporte sind nach § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG steuerfrei. Krankenfahrten fallen nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 16 bzw. 17 Buchst. b UStG und sind deshalb steuerpflichtig.
12. Leistungen der Küche
Die Verpflegung der Patienten des Krankenhauses durch die Krankenhausküche stellt einen mit dem Betrieb eines Krankenhauses eng verbundenen Umsatz dar und fällt somit unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 16 UStG.
Die Abgabe von Speisen und Getränken an Dritte (z.B. andere Krankenhäuser und Betriebe oder Privatpersonen) ist hingegen nicht nach § 4 Nr. 16 UStG steuerfrei, da das Krankenhaus damit keine therapeutischen Ziele verfolgt. Zudem stehen diese Umsätze des Krankenhauses in unmittelbarem Wettbewerb zu steuerpflichtigen Umsätze anderer Unternehmer. Sofern die Abgabe von Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle erfolgt, ist die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausgeschlossen.
13. Betrieb einer Krankenpflegeschule
Die Leistungen einer Krankenpflegeschule sind bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 22 UStG steuerfrei. Insbesondere müssen die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden. Aber auch § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG kann in diesen Fällen einschlägig sein.
14. Laborleistungen
Laborleistungen sind nach § 4 Nr. 16 UStG steuerfrei, wenn sie von einer Einrichtung ärztlicher Heilbehandlung. Diagnostik oder Befunderhebung unter ärztlicher Aufsicht erbracht werden und somit ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht.
15. Bereitstellung von Notärzten für den Rettungsdienst
Die Bereitstellung von Notärzten für den Rettungsdienst ist nach § 4 Nr. 16 UStG steuerfrei.
16. Entgeltliche Bereitstellung von Parkplätzen/Parkhäusern
Die entgeltliche Bereitstellung von Parkplätzen sowohl für Besucher als auch für Mitarbeiter stellt keinen eng mit dem Betrieb eines Krankenhauses verbundenen Umsatz im Sinne des § 4 Nr. 16 UStG dar und ist somit steuerpflichtig.
17. Personalgestellung
Die Gestellung von Ärzten und von medizinischem Hilfspersonal durch Krankenhäuser an andere Einrichtungen dieser Art gehört zu den eng verbundenen Umsätzen eines Krankenhauses und ist somit nach § 4 Nr. 16 UStG steuerfrei (vgl. Abschn. 100 Abs. 2 Nr. 9 UStR).
Die Umsätze aus der Gestellung von Verwaltungspersonal, Raumpflegekräften und Küchenhilfen an eine Servicegesellschaft fallen hingegen nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 16 UStG.
Nach Abschn. 100 Abs. 2 Nr. 4 UStR gehört die Überlassung von Einrichtungen, z.B. Röntgenanlagen, und die Gestellung von medizinischem Hilfspersonal an angestellte Ärzte für deren selbständige Tätigkeit zu den eng verbundenen Umsätzen eines Krankenhauses. Hierunter fällt auch die entgeltliche Personal- und Sachmittelgestellung von Krankenhäusern an angestellte Chefärzte für das Betreiben einer eigenen Praxis im Krankenhaus (vgl. BStBl 2006 I S. 405).
Entsprechend gehört auch die Gestellung von medizinischem Hilfspersonal und Sachmitteln, z.B. OP-Saal an niedergelassene Ärzte für ambulante Operationen ggf. mit kurzzeitiger operativer Nachsorge im überwachten Bett, zu den eng verbundenen Umsätzen eines Krankenhauses (vgl. o. a. .
18. Überlassung von Sachmitteln
Eine über die oben beschriebene steuerfreie kurzfristige Vermietung von medizinischen Geräten, Fahrzeugen, Computern hinausgehende Sachmittelgestellung eines Krankenhauses an Dritte gehört grundsätzlich nicht zu dessen eng verbundenen Umsätzen.
Nach Abschn. 100 Abs. 2 Nr. 5 UStR gehören die Überlassung von medizinisch-technischen Großgeräten und damit verbundene Gestellungen von medizinischem Hilfspersonal, z.B. Computer-Tomograph, an angestellte Ärzte für deren selbständige Tätigkeit, an Krankenhäuser und an niedergelassene Ärzte zur Mitbenutzung zu den eng verbundenen Umsätzen eines Krankenhauses. Diese Umsätze sind somit nach § 4 Nr. 16 UStG steuerfrei.
19. Schönheitsoperationen
Ästhetisch-plastische Leistungen eines Krankenhauses sind nach § 4 Nr. 16 UStG steuerfrei, soweit ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht.
20. Überlassung von Telefongeräten an Patienten
Die Überlassung von Telefongeräten an Patienten stellt keine Nebenleistung zu einer Krankenhausbehandlung oder ärztlichen Heilbehandlung dar, unabhängig davon, ob diese Leistung als Teil der Wahl der besonderen Unterkunft erbracht wird oder individuell gewählt wird und gehört somit nicht zu den eng verbundenen Umsätzen eines Krankenhauses nach § 4 Nr. 16 UStG (vgl. o.a. ). Die in Abschn. 100 Abs. 2 Nr. 6 UStR 2000 enthaltene abweichende Bewertung wurde in die UStR 2005 nicht mehr übernommen.
21. Vermietung von Sauna, Solarium, Bad
Diese Leistungen gehören nicht zu den eng verbundenen Umsätzen eines Krankenhauses und sind somit nicht nach § 4 Nr. 16 UStG steuerfrei.
Auch die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 UStG kommt bei der entgeltlichen Gestattung der Benutzung einer Sauna, eines Solariums oder eines Schwimmbads nicht in Betracht, da es sich hierbei um einen Vertrag besonderer Art handelt.
22. Verwaltungsdienstleistungen an Dritte (z.B. Buchführung, Gehaltsabrechnung)
Diese Leistungen gehören nicht zu den eng verbundenen Umsätzen eines Krankenhauses und sind somit nicht nach § 4 Nr. 16 UStG steuerfrei.
23. Leistungen der Wäscherei für andere Krankenhäuser/Einrichtungen
Nach Abschn. 100 Abs. 3 Nr. 5 UStR gehören diese Leistungen nicht zu den eng verbundenen Umsätzen eines Krankenhauses und sind damit nicht nach § 4 Nr. 16 UStG steuerfrei.
24. Liquidationsrecht für wahlärztliche Leistungen
Auch wahlärztliche Leistungen (z.B. Chefarztbehandlung), mit denen ein therapeutisches Ziel verfolgt wird, sind nach § 4 Nr. 16 UStG steuerfrei.
25. Warenverkäufe
Die Lieferungen von Körperersatzstücken und orthopädischen Hilfsmitteln gehören zu den eng verbundenen Umsätzen eines Krankenhauses und sind somit nach § 4 Nr. 16 UStG steuerfrei, soweit sie unmittelbar mit einer Heilbehandlung durch das Krankenhaus im Zusammenhang stehen (vgl. Abschn. 100 Abs. 2 Nr. 3 UStR).
Ferner gehören die Lieferungen von Gegenständen, die im Wege der Arbeitstherapie hergestellt worden sind, zu den eng verbundenen Umsätzen eines Krankenhauses, sofern kein nennenswerter Wettbewerb zu den entsprechenden Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft besteht (vgl. Abschn. 100 Abs. 2 Nr. 7 UStR).
Oberfinanzdirektion
Karlsruhe v. - S 7172
Fundstelle(n):
DStR 2007 S. 1771 Nr. 40
UVR 2008 S. 165 Nr. 6
DAAAC-54167