Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör; Anforderungen an die Darlegung der Divergenz bei ausgelaufenem Recht
Gesetze: FGO § 96 Abs. 2, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, EStG § 10e, EiGZulG § 9, EStG § 34f
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebotenen Weise dargelegt.
1. Es kann dahingestellt bleiben, ob das angefochtene Urteil des Finanzgerichts (FG) an dem von den Klägern behaupteten Mangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO leidet, ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO) durch eine Überraschungsentscheidung verletzt zu haben. Eine solche Rüge ist nur dann ordnungsgemäß vorgebracht, wenn der Beschwerdeführer darlegt, was er vorgetragen hätte, wenn sein Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verletzt worden wäre und dass bei Berücksichtigung dieses zusätzlichen Vortrages eine andere Entscheidung des FG in der Sache möglich gewesen wäre (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 119 Rz 14, m.w.N. aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs —BFH—). Daran haben es die Kläger fehlen lassen.
2. Dem von den Klägern geltend gemachten Zulassungsgrund der Erforderlichkeit einer BFH-Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO), weil das angefochtene Urteil von einer Entscheidung des BFH abweiche, steht entgegen, dass die zu klärenden Fragen der Auslegung des § 10e i.V.m. § 34f des Einkommensteuergesetzes (EStG) ausgelaufenes Recht betreffen und die Kläger einen dennoch bestehenden Bedarf, die im Streitfall zu beurteilenden Fragen zu klären, nicht dargelegt haben (vgl. zu diesem Erfordernis: Senatsbeschluss vom X B 58/02, BFH/NV 2003, 622). Dies gilt auch, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde auf eine Divergenz gestützt wird, weil es sich bei diesem Zulassungsgrund um einen Unterfall des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache handelt (Senatsbeschluss vom X B 174/03, juris), für den der Gesichtspunkt des ausgelaufenen Rechts seit langem von Bedeutung ist (s. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 35).
Zwar ist das Erfordernis einer Entscheidung des BFH regelmäßig gegeben, wenn das angefochtene FG-Urteil von der Entscheidung eines anderen Gerichts (insbesondere des BFH) abweicht. Ein Allgemeininteresse an einer Entscheidung des Revisionsgerichts wird aber nicht kraft Gesetzes unwiderlegbar vermutet; eine Ausnahme kommt in Betracht, wenn die entschiedene Rechtsfrage nur noch für sehr wenige Fälle von Bedeutung ist, weil sie ausgelaufenes Recht betrifft (vgl. , BFH/NV 2006, 1692; vgl. ferner auch Senatsbeschlüsse X B 174/03, und vom X B 74/05, juris).
a) Die Wohneigentumsförderung nach § 10e EStG ist bereits im Jahre 1996 durch das Eigenheimzulagengesetz (EigZulG) abgelöst worden. Der Abzugsbetrag nach § 10e EStG und der in § 34f EStG geregelte Steuerermäßigungsbetrag sind durch einen Fördergrundbetrag und die Kinderzulage (§ 9 Abs. 1 EigZulG) in einer Weise ersetzt worden, dass sich die durch den Streitfall aufgeworfene Frage nicht mehr stellen kann.
b) In einem solchen Fall ist in der Regel das allgemeine Interesse an der einheitlichen Handhabung und Entwicklung des Rechts nicht berührt und aus diesem Grund kein höchstrichterlicher Klärungsbedarf gegeben (vgl. Senatsbeschluss X B 174/03).
Klärungsbedarf kann nur dann gegeben sein, wenn sich die betreffende Rechtsfrage (zumindest) noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in Zukunft weiterhin stellen könnte, wie dies bei Fragen aus fortgeltendem Recht regelmäßig der Fall ist (, BFH/NV 2000, 748). Nur unter dieser Voraussetzung ist die Befassung des BFH mit altem Recht im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung von Verwaltung und Gerichten in einer nicht völlig unerheblichen Anzahl von Fällen geboten.
c) Dies ist gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO darzulegen (BFH-Beschlüsse vom VIII B 12/96, BFH/NV 1997, 347; vom V B 47/99, BFH/NV 2000, 327; vom XI B 35/00, BFH/NV 2001, 1595; vom VII B 7/03, BFH/NV 2004, 79; vom X B 125/03, BFH/NV 2004, 195, und vom VI B 119/01, BFH/NV 2004, 639).
Dafür genügt es nicht —wie die Kläger— auf einen „sich über Jahre hinziehenden Verfahrensgang” zu verweisen und nur zu behaupten, es sei davon auszugehen, dass ihr Verfahren nicht das Einzige sei, das sich inhaltlich mit den steuerlichen Folgen der §§ 10e und 34f EStG beschäftige. Diese Behauptung ist angesichts ihres Hinweises auf die Verfahrensdauer auch nicht schlüssig. Denn wenn, wie sie meinen, Finanzamt und FG hätten das Verfahren hingezogen, gibt es umso mehr zu denken, dass in der Zwischenzeit keine weiteren Fälle bekannt geworden sind, in denen die von den Klägern aufgeworfenen Fragen zu beurteilen wären.
d) Mit ihren Überlegungen haben die Kläger nicht vorgetragen, dass die von ihnen aufgeworfene Rechtsfrage für die Anwendung des Rechts in der Zukunft richtungweisend sein könnte und noch für eine Vielzahl von Fällen aus der Vergangenheit entscheidungserheblich wäre. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Regelungen in § 34f Abs. 3 Sätze 3 bis 5 EStG, in denen das Problem nicht zur Wirkung gekommener Ermäßigungsbeträge aufgegriffen ist. Diese Bestimmungen enthalten nach allgemeiner Auffassung eine abschließende Regelung in dem Sinn, dass danach nicht zur Wirkung gekommene Steuerermäßigungsbeträge endgültig verloren sind (Blümich/Erhard, § 34f EStG Rz 108; Schmidt/Drenseck, EStG, 21. Aufl., 2002, § 34f Rz 20; Jachmann in Kirchhof, EStG, 4. Aufl., § 34f Rz 11; im Ergebnis wohl ebenso —Begünstigungszeitraum begrenzt auf 12 Jahre—: Stephan in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 34f Rz 42d; Stuhrmann in Bordewin/Brandt, § 34f EStG Rz 41b). Darauf hätten die Kläger in ihrer Beschwerdebegründung zur Darlegung des Klärungsbedarfs der von ihnen aufgeworfenen Frage der Nachholung fiktiv errechneter Abzugsbeträge nach § 10e EStG eingehen müssen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1895 Nr. 10
QAAAC-54115