Auflösung einer Ansparrücklage im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe
Leitsatz
Eine Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG kann nicht mehr gebildet werden, wenn die Vornahme der vom Steuerpflichtigen am Bilanzstichtag bzw. am Ende des betreffenden Wirtschaftsjahrs (vorgeblich) geplanten Investitionen im Zeitpunkt der Erstellung des entsprechenden Jahresabschlusses und dessen Einreichung beim Finanzamt wegen zwischenzeitlicher Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs nicht mehr realisiert werden konnte oder wenn der Steuerpflichtige seinen Betrieb im maßgebenden Zeitpunkt der Einreichung des Jahresabschlusses beim Finanzamt zwar noch nicht veräußert oder aufgegeben, jedoch bereits einen dahingehenden Entschluss gefasst hatte. Der Ertrag aus der im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Betriebsveräußerung vollzogenen Auflösung einer Ansparrücklage erhöht grundsätzlich den (begünstigten) Betriebsveräußerungsgewinn und nicht den laufenden Gewinn des letzten (Rumpf-)Wirtschaftsjahrs.
Gesetze: EStG § 7g; EStG § 16; EStG § 34
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 1998 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger betrieb bis zum eine Imbissstube in X. Seinen Gewinn ermittelte er durch Betriebsvermögensvergleich.
In seinem Jahresabschluss zum bildete der Kläger für die geplante Anschaffung mehrerer Wirtschaftsgüter zu voraussichtlichen Anschaffungskosten in Höhe von 46 500 DM Ansparrücklagen nach § 7g Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1996 in Höhe von insgesamt 23 250 DM.
Mit Vertrag vom veräußerte er seinen Imbissbetrieb zum Kaufpreis von 70 000 DM mit Wirkung zum . Er erklärte in seinem Jahresabschluss zum für das (Rumpf-)Wirtschaftsjahr 1998 einen laufenden Gewinn in Höhe von 25 183 DM und einen Betriebsveräußerungsgewinn in Höhe von 82 185 DM. Die zum gebildeten Ansparrücklagen zzgl. eines Gewinnzuschlages in Höhe von (12 v.H. von 23 250 DM =) 2 790 DM hatte er unter Erhöhung des Veräußerungsgewinns aufgelöst.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) vertrat im Anschluss an eine Außenprüfung —dem Prüfer folgend— die Auffassung, dass die Auflösung der in Rede stehenden Ansparrücklagen zzgl. des Gewinnzuschlages den (letzten) laufenden Gewinn erhöhe, und setzte in dem, gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Bescheid vom die Einkommensteuer entsprechend fest.
Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage statt (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2006, 1733).
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen (sinngemäß), die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision des FA ist begründet. Die Vorentscheidung wird aufgehoben. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
1. Nach § 7g Abs. 3 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsguts im Sinne des Absatzes 1 eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden (sog. Ansparabschreibung). Die Rücklage darf 50 v.H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts nicht überschreiten, das der Steuerpflichtige voraussichtlich bis zum Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres anschaffen oder herstellen wird. Eine Rücklage darf nur gebildet werden, wenn die Bildung und Auflösung der Rücklage „in der Buchführung verfolgt werden können” (§ 7g Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 EStG). Eine Rücklage kann auch gebildet werden, wenn dadurch ein Verlust entsteht oder sich erhöht. Die am Bilanzstichtag insgesamt gebildeten Rücklagen dürfen je Betrieb des Steuerpflichtigen den Betrag von 300 000 DM nicht übersteigen (§ 7g Abs. 3 Sätze 4 und 5 EStG). § 7g Abs. 4 EStG bestimmt:
„(4) Sobald für das begünstigte Wirtschaftsgut Abschreibungen vorgenommen werden dürfen, ist die Rücklage in Höhe von 50 vom Hundert der Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnerhöhend aufzulösen. Ist eine Rücklage am Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden, so ist sie zu diesem Zeitpunkt gewinnerhöhend aufzulösen”
Der in § 7g Abs. 5 EStG vorgesehene Gewinnzuschlag ist ein pauschalierter Gewinn aus der Kapitalnutzung (vgl. —zu § 6b Abs. 7 EStG— Urteil des Bundesfinanzhofs —BFH#mdash; vom I R 17/99, BFHE 192, 353, BStBl II 2001, 251).
2. Im Grundsatz zutreffend ist das FG in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung der Beteiligten davon ausgegangen, dass die erstmals in der Bilanz des Klägers zum gebildeten Ansparrücklagen zum (= Ende des Rumpfwirtschaftsjahres 1998) im Hinblick auf die mit Wirkung zu diesem Zeitpunkt stattgefundene Veräußerung des Betriebes gewinnerhöhend aufzulösen waren (vgl. auch , BFH/NV 2005, 845, unter II. vor 1., betreffend Betriebsveräußerung; vom XI R 69/03, BFHE 208, 190, BStBl II 2005, 596, unter II.1., betreffend den der Betriebsveräußerung vergleichbaren Fall der Einbringung eines Betriebes in eine Kapitalgesellschaft i.S. von § 20 des Umwandlungsteuergesetzes —UmwStG— 1995 zu Teilwerten). Dies folgt daraus, dass die Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 ff. EStG auf den (konkreten) Betrieb bezogen ist und die geplante Investition, deretwegen die Ansparrücklage gebildet wurde, infolge der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebes nicht durchgeführt worden ist. Die Ansparrücklage kann folglich abweichend zur Reinvestitionsrücklage nach § 6b EStG nicht zurückbehalten und auf einen anderen Betrieb des Steuerpflichtigen übertragen werden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 208, 190, BStBl II 2005, 596).
3. Der erkennende Senat folgt dem FG entgegen der Ansicht des FA darin, dass der Ertrag aus der im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Betriebsveräußerung vollzogenen Auflösung einer Ansparrücklage grundsätzlich den (begünstigten) Betriebsveräußerungsgewinn und nicht den laufenden Gewinn des letzten (Rumpf-)Wirtschaftsjahres erhöht. Der Senat führt insoweit die bisherige Rechtsprechung des BFH fort (vgl. BFH-Urteile in BFHE 208, 190, BStBl II 2005, 596; in BFH/NV 2005, 845; vom X R 31/03, BFH/NV 2007, 824, Deutsches Steuerrecht —DStR#mdash; 2007, 430, und X R 42/04, BFH/NV 2007, 883) und schließt sich der im Schrifttum nahezu einhellig vertretenen Auffassung an (vgl. z.B. Schmidt/Wacker, EStG, 26. Aufl., § 16 Rz 318; vgl. im Übrigen die zahlreichen Nachweise im Senatsurteil in BFH/NV 2007, 824, DStR 2007, 430, unter II.3. der Gründe).
4. Die dagegen vom FA sowie in Teilen der Rechtsprechung der FG und vereinzelt in der Literatur geübte Kritik vermag nicht zu überzeugen.
a) Dies gilt zunächst hinsichtlich der These, die Ansparrücklage sei bereits in der anlässlich der Betriebsveräußerung (Betriebsaufgabe) gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 EStG zu erstellenden letzten ordentlichen Schlussbilanz mit der Folge aufzulösen, dass der dadurch verursachte Ertrag noch den letzten laufenden Gewinn des (Rumpf-)Wirtschaftsjahres vor der Betriebsver#auml;ußerung (Betriebsaufgabe) erhöhe. Dieser Ansicht liegt die schon früher bemühte und in der neueren Rechtsprechung des BFH verworfene Vorstellung zugrunde, dass der Entschluss des Steuerpflichtigen, der seinen Betrieb veräußere oder aufgebe, „die Voraussetzungen der steuerfreien Rücklage nicht mehr zu erfüllen, der Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe in der Regel vorausgehe” (so noch , BFHE 80, 83, BStBl III 1964, 504). Dem hat der (BFHE 116, 532, BStBl II 1975, 848, 850, rechte Spalte), das die aus Anlass der Betriebsveräußerung gebotene Auflösung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung betraf, mit der zutreffenden Erwägung widersprochen, „dass die Absicht der Ersatzbeschaffung in ihrem Fortbestehen regelmäßig von der grundsätzlichen unternehmerischen Entscheidung über Fortführung oder Veräußerung bzw. Aufgabe des Betriebes abhängt, also endgültig erst aufgegeben wird, wenn feststeht, dass der Steuerpflichtige den Betrieb nicht fortführt”. Die Auflösung der Ersatzbeschaffungsrücklage ist deshalb nur dann nicht dem tarifbegünstigten Aufgabegewinn (Betriebsveräußerungsgewinn) hinzuzurechnen, wenn die Ersatzbeschaffungsabsicht unabhängig von der Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe, insbesondere wesentlich vor diesen Vorgängen, nach außen erkennbar aufgegeben wird.
Entsprechende Grundsätze gelten auch für die Ansparrücklage. Dieser und der Rücklage für Ersatzbeschaffung ist gemeinsam, dass sie betriebs- und investitionsgutbezogen sind, so dass sie im Falle der Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe infolge des Unmöglichwerdens der zuvor geplanten Ersatzinvestition (bei der Rücklage für Ersatzbeschaffung) bzw. Investition (bei der Ansparrücklage) aufgelöst werden müssen. Dementsprechend sind der XI. und der erkennende Senat im Grundsatz davon ausgegangen, dass die Ansparrücklage zwar mit Ablauf des letzten (Rumpf-)Wirtschaftsjahres des werbenden Betriebes aufzulösen ist, der dadurch entstehende Ertrag jedoch den steuerbegünstigten Betriebsveräußerungsgewinn erhöht. Denn die Auflösung der Rücklage stellt wirtschaftlich betrachtet die Folge der Betriebsveräußerung und nicht des Ablaufs des letzten (Rumpf-) Wirtschaftsjahres dar, dessen Bildung ihrerseits allein darauf beruht, dass der Steuerpflichtige seinen Betrieb vor Ablauf des (zwölf Monate umfassenden) Regelwirtschaftsjahres veräußert hat (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 845, unter II. vor 1.).
b) Auch aus § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG ergibt sich nichts Abweichendes. Danach ist zwar die Ansparrücklage gewinnerhöhend aufzulösen, wenn sie am Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden ist; auch kann nach § 8b der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) ein Wirtschafsjahr einen Zeitraum von weniger als zwölf Monaten umfassen (Rumpfwirtschaftsjahr). Dies ändert aber nichts daran, dass die Auflösung der Rücklage während des laufenden Kalenderjahres ausschließlich durch die Veräußerung (Betriebsaufgabe), nicht aber aus Gründen des § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG veranlasst ist. Damit besteht aber ein unmittelbarer zeitlicher und sachlicher Zusammenhang der Auflösung der Rücklage mit der Betriebsveräußerung (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 208, 190, BStBl II 2005, 596, unter II.2.c).
c) Für nicht durchgreifend erachtet der Senat das Argument des FA, dass eine ermäßigte Besteuerung des Ertrages aus der anlässlich einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe vollzogenen Auflösung der Ansparrücklage deswegen nicht sachgerecht sei, weil die Bildung dieser Rücklage zu Lasten des laufenden Gewinns erfolgt sei. Dieser Effekt tritt ebenso hinsichtlich aller stillen Reserven und der übrigen steuerfreien Rücklagen ein. Sachliche Gründe, welche es rechtfertigen könnten, die im Zuge der Betriebsveräußerung oder -aufgabe gebotene Auflösung der Ansparr#uuml;cklage anders als die Auflösung stiller Reserven und der übrigen steuerfreien Rücklagen, namentlich insbesondere der Reinvestitionsrücklage nach § 6b EStG oder der Rücklage f#uuml;r Ersatzbeschaffung, zu behandeln, sind entgegen der Auffassung des FA nicht erkennbar. Es mag zwar sein, dass sich stille Reserven in aktiven Wirtschaftsgütern, insbesondere Immobilien, nicht selten über einen längeren Zeitraum gebildet haben. Voraussetzung für die Gewährung der Steuervergünstigungen der §§ 16, 34 EStG ist das aber nicht. So werden namentlich auch diejenigen im Rahmen einer Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe realisierten stillen Reserven als Bestandteile des begünstigten Betriebsveräußerungs- oder Betriebsaufgabegewinns erfasst, welche #mdash;z.B. infolge der Vornahme von Sonderabschreibungen und/oder erhöhten Absetzungen für Abnutzung (AfA)— innerhalb kurzer Zeit vor der Betriebsveräußerung oder -aufgabe gelegt wurden. H#auml;tte der Kläger etwa die von ihm am geplanten Investitionen noch eine kurze Zeit vor der Betriebsveräußerung vorgenommen und sodann zwar die Ansparrücklagen in Höhe von 23 250 DM aufgelöst, zugleich aber ebenfalls zu Lasten des laufenden Gewinns die in derselben Gesamthöhe möglichen Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 1 EStG (20 v.H.) und degressiven AfA (30 v.H.) in Anspruch genommen, so hätte die Realisierung der dadurch gebildeten stillen Reserven im Zuge der Betriebsveräußerung zu einer Erhöhung des steuerbeg#uuml;nstigten Betriebsveräußerungsgewinns geführt. Warum dies bei einer durch die Veräußerung veranlassten Auflösung der Ansparrücklagen anders sein soll, leuchtet nicht ein (vgl. auch B. Meyer in Herrmann/Heuer/Raupach, § 7g EStG Rz 119; Meyer/ Ball, Finanz-Rundschau —FR— 2004, 984, 992).
Eine i.S. der §§ 16 und 34 EStG steuerbegünstigte Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe setzt lediglich die zügige Abwicklung sämtlichen Betriebsvermögens, zumindest der wesentlichen Grundlagen des Betriebes, voraus. Sie verlangt mithin nur mehr die zusammengeballte Aufdeckung der stillen Reserven in gegenständlicher Hinsicht, nicht hingegen, dass diese stillen Reserven über einen längeren Zeitraum entstanden sind (Senatsurteil in BFH/NV 2007, 824, DStR 2007, 430, unter II.4.c, letzter Absatz).
d) Gegen die hier vertretene Auffassung kann schließlich nicht mit Erfolg eingewendet werden, sie biete dem bereits zur Veräußerung oder Aufgabe seines Betriebes entschlossenen Steuerpflichtigen den Raum zu einer (missbräuchlichen) Umgruppierung von Teilen des laufenden Gewinns in einen steuerbegünstigten Betriebsveräußerungs- oder Betriebsaufgabegewinn.
In seinem Urteil vom X R 51/00 (BFHE 200, 343, BStBl II 2004, 184, unter II.4.) hat der erkennende Senat ausgeführt, dass das Gesetz zwar nicht den Nachweis einer Investitionsabsicht verlangt. Jedoch setzt § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG voraus, dass ein Wirtschaftsgut in einem nachfolgenden Wirtschaftsjahr „voraussichtlich” angeschafft oder hergestellt werden wird. Das Tatbestandsmerkmal „voraussichtlich” erfordert eine Prognoseentscheidung über das künftige Investitionsverhalten des Steuerpflichtigen (näher dazu Senatsurteil in BFHE 200, 343, BStBl II 2004, 184, unter II.4.a und b). Des Weiteren hat der erkennende Senat in seinem Urteil in BFHE 200, 343, BStBl II 2004, 184 (unter II.4.d) hervorgehoben, dass die von ihm in dieser Weise befürwortete Auslegung des § 7g Abs. 3 EStG verfassungsrechtlich unter dem Gesichtspunkt geboten ist, dass es anderenfalls möglich wäre, die Ansparrücklage „ins Blaue hinein” ohne Konkretisierung —möglicherweise— mit der Wirkung in Anspruch zu nehmen, dass diese zur Erhöhung eines tarifbegünstigten Veräußerungs- oder Aufgabegewinns führen würde. Eine durch objektivierte wirtschaftliche Gegebenheiten, an welche eine Prognose anknüpfen könnte, nicht gedeckte Minderung des steuerlichen Ergebnisses wäre unvereinbar mit der generell an steuerliche Tatbestände zu stellenden Anforderung, dass der Gesetzgeber Belastungsgründe „möglichst unausweichlich” normieren muss (, BVerfGE 96, 1, BStBl II 1997, 518; vom 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297, BStBl II 2000, 162). Das Erfordernis der Unausweichlichkeit ist vor allem Inhalt des Gleichheitssatzes, der die Belastungsgleichheit „nach den wirtschaftlich vorgefundenen Tatbeständen, die eine Steuerbelastung in ihren Unterschieden rechtfertigt”, bemisst (P. Kirchhof, Steuer und Wirtschaft 2002, 1, 5). Entsprechendes gilt auch für die Regelung von Entlastungsgründen. Zwar hat der Gesetzgeber „Mitnahmeeffekten” durch die Regelung des Gewinnzuschlages nach § 7g Abs. 5 EStG entgegenwirken wollen. Die Wirkungsweise des von ihm installierten „sich selbst steuernden Regelkreises” würde indes versagen, wenn der Steuerpflichtige bei einer Rücklagenbildung in zeitlicher Nähe zur Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe im Umfang dieses Bilanzansatzes de facto für eine Tarifvergünstigung optieren könnte.
Damit übereinstimmend hat der BFH in seinen Urteilen vom IV R 11/02 (BFH/NV 2004, 1400) und vom X R 41/03 (BFH/NV 2005, 848) betont, dass der Steuerpflichtige eine Ansparrücklage nicht mehr bilden kann, wenn die Vornahme der vom Steuerpflichtigen am Bilanzstichtag bzw. am Ende des betreffenden Wirtschaftsjahres (vorgeblich) geplanten Investitionen im Zeitpunkt der Erstellung des entsprechenden Jahresabschlusses und dessen Einreichung beim FA wegen zwischenzeitlicher Veräußerung oder Aufgabe des Betriebes nicht mehr realisiert werden konnte. Die Frage nach der Auflösung der Ansparrücklage stellt sich also in derartigen Fällen von vorneherein nicht.
Entsprechendes muss darüber hinaus aber auch dann gelten, wenn der Steuerpflichtige seinen Betrieb im maßgebenden Zeitpunkt der Einreichung des Jahresabschlusses beim FA zwar noch nicht veräußert oder aufgegeben, jedoch bereits einen dahingehenden Entschluss gefasst hatte. Ob Letzteres zutraf, ist Tatfrage, deren Aufklärung und Beurteilung dem FG als Tatsacheninstanz obliegt. Der Entschluss des Steuerpflichtigen, seinen Betrieb veräußern oder aufgeben zu wollen, stellt eine innere Tatsache dar, die wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge nur anhand äußerlicher Merkmale beurteilt werden kann. Aus objektiven Umständen muss auf das Vorliegen oder Fehlen der entsprechenden Absicht geschlossen werden, wobei einzelne Umstände einen Anscheinsbeweis liefern können (vgl. Beschluss des Großen Senats des , BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C.IV.3.c bb). Entscheidend ist insoweit die Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles. Hier kommt vor allem dem zeitlichen Zusammenhang zwischen der Einreichung des Jahresabschlusses, in welchem die Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG erstmals ausgewiesen wurde, und der anschließenden Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe eine maßgebende Bedeutung zu. Je enger der dahingehende zeitliche Zusammenhang ist, desto eher und mehr spricht dies als Beweisanzeichen dafür, dass der Steuerpflichtige den Entschluss zur Betriebsveräußerung bzw. Betriebsaufgabe bereits im Zeitpunkt der Einreichung des Jahresabschlusses beim FA gefasst hatte.
5. Diesen Maßstäben wird die angefochtene FG-Entscheidung nicht gerecht; sie muss deshalb aufgehoben werden. Die Sache ist nicht spruchreif. Der Senat vermag auf der Grundlage der bisher vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen die Begründetheit des klägerischen Begehrens nicht abschließend zu beurteilen.
Das FG wird unter Beachtung der unter II.4.d dargelegten Grundsätze zunächst ermitteln müssen, ob der Kläger die hier in Rede stehenden, zu Lasten des laufenden Gewinns gebildeten Ansparrücklagen überhaupt bilden durfte. Dagegen könnte —zumindest prima facie— ein relativ kurzer zeitlicher Abstand zwischen der Abgabe der Einkommensteuererklärung 1996 und des Jahresabschlusses zum beim FA, mit denen die streitigen Ansparrücklagen offensichtlich erstmals geltend gemacht wurden, und dem Vertrag über die Betriebsveräußerung vom sprechen. Zur Beantwortung der nach Maßgabe der Ausführungen zu II.4.d entscheidenden Frage, ob der Kläger den Entschluss zur Veräußerung seines Betriebes bereits im Zeitpunkt der Einreichung des Jahresabschlusses zum beim FA gefasst hatte, können u.a. die bislang nicht (näher) festgestellten Umstände bedeutsam sein,
wann der Kläger den Jahresabschluss zum beim FA eingereicht hat,
wann die auf die Veräußerung des Betriebes gerichteten Vertragsverhandlungen mit dem Erwerber oder anderen Interessenten sowie Beratungen mit fachkundigen Personen (z.B. Steuerberater) begonnen haben sowie
wann der Kläger seinen Verkaufsentschluss generell erstmals nach außen hin dokumentiert hat.
Erfahrungsgemäß kann davon ausgegangen werden, dass eine Betriebsveräußerung im Hinblick auf ihre Tragweite sowie ihre komplexen und einschneidenden Wirkungen und Rechtsfolgen (nicht nur steuerrechtlicher Art) von längerer Hand geplant sowie sorgfältig beraten und vorbereitet wird.
b) Sollte das FG hierbei zu dem Ergebnis kommen, dass der Kläger die streitigen, erstmals mit Wirkung zum gebildeten Ansparrücklagen von vorneherein nicht bilden durfte, so wird es des Weiteren untersuchen müssen, ob der dann zu bejahende Bilanzierungsfehler nach den vom BFH in ständiger Rechtsprechung befürworteten Grundsätzen des formellen Bilanzenzusammenhangs (vgl. hierzu die zahlreichen Nachweise aus der Rechtsprechung bei Blümich/Wied, § 4 EStG Rz 948) durch eine Berichtigung an der Fehlerquelle beseitigt werden kann. Dies setzt allerdings voraus, dass die Steuerfestsetzung für 1996 noch geändert werden kann. Sollte dies zu verneinen sein und darüber hinaus —mangels Änderbarkeit der Steuerfestsetzung für 1997— auch keine Fehlerkorrektur für den Veranlagungszeitraum 1997 in Betracht kommen, so ist der Bilanzierungsfehler durch eine Auflösung der streitigen Ansparrücklagen zu Gunsten des laufenden Gewinns in der letzten Bilanz des (Rumpf-)Wirtschaftsjahres 1998 zu beheben. In diesem Fall wird die Klage abzuweisen sein.
c) Sollte das FG im zweiten Rechtsgang hingegen zu dem Ergebnis gelangen, dass der Kläger die streitigen Ansparrücklagen im Jahr 1996 zu Recht gebildet hat, so sind sie nach den unter II.3. und 4.a bis c dargelegten Grundsätzen im Streitjahr 1998 zu Gunsten des Betriebsveräußerungsgewinns aufzulösen. Entsprechendes gilt dann auch für den auf diese Rücklagen entfallenden Gewinnzuschlag nach § 7g Abs. 5 EStG (vgl. BFH-Urteile in BFHE 208, 190, BStBl II 2005, 596, unter II.2.c, und in BFH/NV 2007, 883, unter II.5.c, m.w.N.).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1862 Nr. 10
EStB 2007 S. 369 Nr. 10
EStB 2007 S. 369 Nr. 10
HFR 2007 S. 1187 Nr. 12
NWB-Eilnachricht Nr. 44/2007 S. 10
StuB-Bilanzreport Nr. 2/2008 S. 72
NAAAC-53196