Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: ZPO § 574 Abs. 2 Nr. 2; ZPO § 233; ZPO § 85 Abs. 2
Instanzenzug: LG Hannover 8 O 292/03 vom OLG Celle 5 U 147/06 vom
Gründe
I.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin legte gegen das fristgemäß Berufung beim Oberlandesgericht Celle ein. Ihm wurde vom Berufungsgericht antragsgemäß eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum gewährt. Mit Schriftsatz vom beantragte der Prozessbevollmächtigte eine weitere Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum . Dieser Schriftsatz war an das Landgericht Hannover adressiert, ging dort per Fax am ein und wurde durch Verfügung des Einzelrichters vom an das Oberlandesgericht Celle weitergeleitet.
Das Oberlandesgericht hat den Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.
II.
Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) und hat auch in der Sache Erfolg. Das Berufungsgericht durfte die Berufung der Klägerin nicht wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verwerfen. Denn der Klägerin ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil sie ohne ihr Verschulden verhindert war, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten (§ 233 ZPO). Ein der Klägerin zuzurechnendes Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO) liegt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht vor. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des Prozessbevollmächtigten überspannt.
Nach dem glaubhaft gemachten Vorbringen der Klägerin hatte ihr Prozessbevollmächtigter kurz nach der Unterzeichnung des Fristverlängerungsantrags vom festgestellt, dass dieser fälschlich an das Landgericht Hannover adressiert war, und die Rechtsanwaltsfachangestellte B. daraufhin gebeten, diesen Schriftsatz zu schreddern und einen entsprechenden Verlängerungsantrag an das Oberlandesgericht Celle zu richten. Dem ist die Angestellte insoweit auch nachgekommen, als sie den neuen, an das Oberlandesgericht adressierten Schriftsatz erstellt und dem Rechtsanwalt zur Unterschrift vorgelegt hat. Der Rechtsanwalt brauchte, nachdem er den nunmehr zutreffend adressierten Verlängerungsantrag unterschrieben hatte, nicht damit zu rechnen, dass die bislang zuverlässig arbeitende Mitarbeiterin diesen Schriftsatz nicht an das Berufungsgericht faxen, sondern vernichten würde und stattdessen den an das Landgericht Hannover gerichteten Schriftsatz, den sie hatte vernichten sollen, absenden würde. Die der Angestellten erteilte Weisung, den an das Landgericht adressierten Schriftsatz zu vernichten und den an das Berufungsgericht gerichteten Schriftsatz abzusenden, hatte einfache Aufgaben zum Gegenstand, bei denen der Rechtsanwalt darauf vertrauen darf, dass ein ansonsten zuverlässig arbeitender Angestellter sie richtig erledigt (vgl. Senatsbeschluss vom - VIII ZB 59/81 und VIII ZB 60/81, NJW 1982, 2670, unter II 2 a). Die ordnungsgemäße Ausführung einfacher Aufgaben muss der Rechtsanwalt bei solchen Mitarbeitern nicht persönlich überwachen (vgl. Senatsbeschluss vom - VIII ZR 76/81, NJW 1982, 2670, unter II 2 b cc).
Soweit das Berufungsgericht gemeint hat, der Prozessbevollmächtigte hätte den an das Landgericht adressierten Schriftsatz, nachdem er ihn zunächst unterschrieben hatte, persönlich vernichten müssen oder zumindest im Adressfeld das unzuständige Gericht durchstreichen und das zuständige Gericht kennzeichnen müssen, überspannt es die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des Rechtsanwalts. Dieser durfte mit der Vernichtung des unrichtig adressierten Schriftsatzes auch seine Mitarbeiterin betrauen und sich darauf verlassen, dass sie auch diesen Teil seiner Weisung ausführen würde, nachdem sie ihm den neu erstellten, nunmehr zutreffend adressierten Schriftsatz zur Unterschrift vorgelegt hatte.
Ebenso wenig ist ein der Klägerin zuzurechnendes Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten daraus herzuleiten, dass dieser zunächst den falsch adressierten Schriftsatz unterschrieben hatte. Dieses Versehen ist vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin rechtzeitig bemerkt und dadurch korrigiert worden, dass er einen neuen Schriftsatz an das Berufungsgericht hat erstellen lassen, den er sodann auch unterschrieben und seiner Mitarbeiterin zur Weiterleitung an das Berufungsgericht übergeben hat.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
RAAAC-52149
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein