Anschaffungskosten des Erwerbers eines Kommanditanteils bei Übernahme negativer Kapitalkonten von ausgeschiedenen Kommanditisten
Leitsatz
Anschaffungskosten sind die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzten, ferner die Nebenkosten und nachträglichen Anschaffungskosten. Handelt es sich um die Anschaffung des Anteils an einer Kommanditgesellschaft, liegen Anschaffungskosten vor, soweit die Zahlungen des Erwerbers den Buchwert des Kapitalkontos des ausscheidenden Gesellschafters in der Steuerbilanz der Gesellschaft übersteigen. Übernimmt der Erwerber des Gesellschaftsanteils zusätzlich die Verpflichtung, ein negatives Kapitalkonto des ausscheidenden Gesellschafters mit künftigen Gewinnanteilen aufzufüllen, kann er (weitere) Anschaffungskosten erst dann geltend machen, wenn solche zur Verrechnung führenden Gewinnanteile entstehen.
Gesetze: EStG § 7, EStG § 21, HGB § 255
Instanzenzug: ,
Gründe
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine im Jahre 1975 gegründete Kommanditgesellschaft (KG). Ihr Zweck ist die Verwaltung eines Grundstücks, an dem sie seit 1975 ein Erbbaurecht besitzt und auf dem sie im Jahre 1977 sieben dreigeschossige Wohnhäuser sowie 29 Kraftfahrzeug-Stellplätze im öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau errichtete. In den Streitjahren 1990 bis 1993 erzielte die Klägerin aus dem Grundstück —unstreitig— Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 des Einkommensteuergesetzes —EStG—).
Das Kommanditkapital der Klägerin betrug in den Streitjahren 1 500 000 DM und wurde von einer Mehrzahl natürlicher Personen, darunter auch von dem Beigeladenen, als Kommanditisten gehalten.
Die Klägerin ermittelt ihr Ergebnis durch Betriebsvermögensvergleich (Bilanzierung) gemäß § 4 Abs. 1, § 5 EStG; für Zwecke der Besteuerung wird der Jahresüberschuss durch Gegenüberstellung der Einnahmen und Werbungskosten aus der Bilanz/Gewinn- und Verlustrechnung -GuV- abgeleitet. In der Ergänzungsbilanz des Beigeladenen für die Streitjahre setzte die Klägerin u.a. als Anschaffungskosten für dessen (im Jahre 1985 erworbenen) Geschäftsanteil nicht nur den Barkaufpreis von 110 000 DM, sondern auch das von ihm übernommene negative Kapitalkonto in Höhe von 811 707,33 DM unter Berücksichtigung von Absetzungen für Abnutzung (AfA) in Höhe von 18 435 DM (2 v.H.) an; diesen AfA-Betrag machte sie als Sonderwerbungskosten im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung geltend.
Die Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre wurden vom seinerzeit zuständigen Finanzamt zunächst erklärungsgemäß —unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO)— erlassen.
Der nunmehr zuständige Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) führte vom April bis August 1996 eine Außenprüfung bei der Klägerin für die Besteuerungszeiträume 1990 bis 1993 durch und übersandte ihr den Bericht über die Prüfung im Juli 1997 zur Kenntnisnahme, ohne ihn auszuwerten.
Davon abweichend vertrat das FA im Anschluss an einen geänderten Prüfungsbericht vom Juli 1999 unter Bezugnahme auf eine von der Oberfinanzdirektion (OFD) Berlin erlassene Verfügung (vom - St 442 - S 2253 b-1/98, EStG-Kartei Berlin Nr. 1007 zu § 15a EStG) die Ansicht, die Übernahme negativer Kapitalkonten ausscheidender Gesellschafter durch deren Anteile erwerbende Gesellschafter führe nicht zu (abschreibungsfähigen) Anschaffungskosten der Erwerber. Dementsprechend änderte das FA die Feststellungsbescheide für die Streitjahre, indem es als Anschaffungskosten der Erwerber nicht die übernommenen negativen Kapitalkonten, sondern lediglich die tatsächlich als Kaufpreis für die KG-Anteile entrichteten Beträge berücksichtigte.
Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 1512, veröffentlichten Urteil als unbegründet ab.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben sowie die angefochtenen Feststellungsbescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung unter Berücksichtigung der Werbungskostenüberschüsse des Beigeladenen dahingehend zu ändern, dass
ihre Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit . festgestellt werden,
auf den Beteiligten . entfallen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Zu Recht hat es das FG abgelehnt, die Verpflichtung des Beigeladenen, das übernommene negative Kapitalkonto mit künftigen Anteilen an Einnahmeüberschüssen der KG zu verrechnen, ihrem Wert nach den Anschaffungskosten für den Erwerb der Anteile zuzurechnen.
a) Welche Aufwendungen zu den Anschaffungskosten zählen, bestimmt sich für die Gewinneinkünfte wie auch für die Überschusseinkünfte, mithin auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, nach § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches —HGB— (, BFHE 198, 85, BStBl II 2003, 574). Danach sind Anschaffungskosten die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, ferner die Nebenkosten und nachträglichen Anschaffungskosten.
Handelt es sich —wie im Streitfall— um die Anschaffung des Anteils an einer Kommanditgesellschaft, so liegen nach den insoweit maßgebenden bilanzsteuerrechtlichen Grundsätzen (dazu Beschluss des Großen Senats des , BFHE 132, 244, BStBl II 1981, 164) Anschaffungskosten vor, soweit die Zahlungen des Erwerbers dem Buchwert des Kapitalkontos des ausscheidenden Gesellschafters in der Steuerbilanz der Gesellschaft übersteigen. Übernimmt der Erwerber des Gesellschaftsanteils zusätzlich die Verpflichtung, ein negatives Kapitalkonto des ausscheidenden Gesellschafters mit künftigen Gewinnanteilen aufzufüllen, so kann er (weitere) Anschaffungskosten erst dann geltend machen, wenn solche zur Verrechnung führenden Gewinnanteile entstehen. Dies ergibt sich aus dem insoweit bilanzrechtlich bestehenden Passivierungsverbot solcher Verbindlichkeiten, die erst aus künftigen Gewinnen zu tilgen sind (, BFHE 176, 10, BStBl II 1995, 246).
b) Nach diesen Grundsätzen kann bei den streitigen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die Verpflichtung des Beigeladenen gegenüber dem veräußernden Gesellschafter, das negative Kapitalkonto mit künftigen Überschussanteilen aufzufüllen, nicht in Ansatz gebracht werden.
Dies gilt auch, soweit für den Beigeladenen im Streitjahr 1990 —anders als in Veranlagungszeiträumen davor und danach— ein (geringfügiger) Einnahmeüberschuss (in Höhe von 878 DM) aus seiner Beteiligung an der Klägerin ermittelt und dieser mit seinem negativen Kapitalkonto verrechnet wurde. Denn diese Verrechnung ist nicht dem von dem Beigeladenen im Jahre 1985 übernommenen negativen Kapitalkonto, sondern den nach Erwerb des Gesellschaftsanteils entstandenen Anteilen am Verlust der Gesellschaft zuzurechnen, der bereits im Jahr nach Erwerb der Anteile ./. . DM betragen hat (Anteil des Beigeladenen lt. BP-Bericht vom : 26,67 v.H. = . DM). Soweit die Verrechnung von Gewinnanteilen diese vom Erwerber als Mitgesellschafter originär erwirtschafteten Verlustanteile nicht übersteigt, kann sie nicht den Anschaffungskosten in Höhe des übernommenen negativen Kapitalkontos zugerechnet werden.
c) Auf Vertrauensschutz kann sich die Klägerin im Streitfall schon deshalb nicht berufen, weil die angefochtenen Änderungsbescheide nach Maßgabe des § 164 Abs. 2 Satz 1 AO erlassen werden konnten und angesichts des Vorbehalts der Nachprüfung mit einer jederzeitigen Änderung der ursprünglichen Feststellungsbescheide gerechnet werden musste. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Betriebsprüfungsbericht vom , weil dieser ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass er keine Ergebnismitteilung der Prüfung beinhalte.
d) Schließlich kann die Klägerin auch nicht geltend machen, sie sei im Jahre 1986 wegen des Eintritts einer GmbH als Komplementärin (bis zum November des Jahres 1986) zu Unrecht nicht als Gewerbebetrieb behandelt worden, so dass in den jetzt noch offenen Feststellungszeiträumen der bei richtiger Behandlung zu berücksichtigende höhere Teilwert des Grundvermögens bei der Überschussermittlung in den Streitjahren angesetzt werden müsse.
Denn die für die Jahre 1984 bis 1986 auf ihren Antrag gewährte Erlassregelung dahin, dass sie ihre Einkünfte trotz der zwischenzeitlichen Gewerblichkeit weiter (für die Zeit vom bis ) als solche aus Vermietung und Verpachtung erklären konnte, ist jedenfalls nicht nichtig. Sie regelt damit bestandskräftig für die Klägerin und das FA, dass dieser Zeitraum als solcher „gilt”, in dem die Klägerin nicht gewerbliche Einkünfte, sondern Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielte. Diese Bindungswirkung schließt es aus, in künftigen Streitjahren —und sei es auch nur für die Zwecke der AfA— von einer abweichenden Qualifizierung der Einkünfte auszugehen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1845 Nr. 10
HFR 2007 S. 1185 Nr. 12
NWB-Eilnachricht Nr. 44/2007 S. 9
DAAAC-52025