Vorliegen einer Überraschungsentscheidung
Gesetze: FGO § 96, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat in seiner Beschwerdebegründung nicht in schlüssiger Weise einen Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dargelegt.
1. Macht der Beschwerdeführer —wie im Streitfall— Verstöße gegen die Sachaufklärungspflicht (vgl. § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) mit der Begründung geltend, das Finanzgericht (FG) habe auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufklären müssen, so sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) u.a. substantiierte Ausführungen zu folgenden Punkten erforderlich:
- aus welchen genau bezeichneten Gründen sich dem FG die Not-wendigkeit einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts oder einer Beweiserhebung auch ohne einen entsprechenden Antrag hätte aufdrängen müssen;
- warum der Beschwerdeführer —jedenfalls wenn er durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten war— nicht von sich aus entsprechende Beweisanträge gestellt hat;
- welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung oder Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten und
- inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 50 i.V.m. § 120 Rz 70).
2. Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung des Klägers nicht gerecht. So fehlen namentlich jegliche Ausführungen darüber, warum er nicht von sich aus diejenigen Beweiserhebungen beantragt hat, deren Unterlassung durch das FG er nun mit seiner Beschwerde rügt. Zu einem solchen Vorgehen hätte vor allem deshalb Anlass bestanden, weil der Kläger die streitigen Aufwendungen für die im Schriftsatz vom genannten Maschinen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt wissen wollte, im Einspruchsverfahren dann vorgetragen hat, die Aufwendungen würden seinen gewerblichen Gewinn mindern und im finanzgerichtlichen Verfahren wiederum beantragt hat, sie als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anzusetzen. Angesichts dieser Geschehnisse hätte der Kläger, den insoweit die Feststellungslast trifft, das FG durch einen entsprechenden Beweisantritt davon überzeugen müssen, dass die Anschaffungen in Zusammenhang mit steuerpflichtigen Einkünften und nicht aus steuerlich irrelevanten Gründen getätigt wurden.
3. Der Kläger trägt vor, das FG habe in der mündlichen Verhandlung erklärt, die Aufwendungen für die Maschinen könnten als Werbungskosten berücksichtigt werden. Hätte sich das Gericht anders geäußert, hätte er die Klage insoweit zurückgenommen. Dieses Vorbringen könnte als Rüge, das Urteil stelle eine unzulässige Überraschungsentscheidung dar, verstanden werden.
a) Das Recht auf Gehör umfasst ein Verbot von Überraschungsentscheidungen. Dieses beinhaltet zum einen, dass das FG sein Urteil nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützen darf, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten (§ 96 Abs. 2 FGO). Zum anderen haben die Verfahrensbeteiligten Anspruch darauf, dass das Gericht sie auch in rechtlicher Hinsicht auf entscheidungserhebliche Erwägungen und Gesichtspunkte hinweist, mit denen sie erkennbar nicht gerechnet haben und auch nicht rechnen mussten. Das FG verstößt deshalb gegen das Recht eines Beteiligten auf Gehör, wenn es sein Urteil auf einen rechtlichen Gesichtspunkt stützt, der weder im Besteuerungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren zur Sprache gekommen war und dessen Heranziehung auch nicht aus sonstigen Gründen nahe lag. Eine Verletzung des so beschriebenen Rechts auf Gehör ist ein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO (vgl. , BFH/NV 2005, 1586).
b) Der Umstand, dass das FG mit seiner Entscheidung von einer Aussage während der mündlichen Verhandlung abgewichen ist, bewirkt —die Richtigkeit dieses Vorbringens in der Beschwerdebegründung unterstellt— nicht eine Überraschungsentscheidung. Ungeachtet der Meinungsäußerung sind alle rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte erörtert worden, zu denen sich die Beteiligten auch äußern konnten und geäußert haben. Die endgültige Entscheidung muss nicht mit dem Inhalt eines Ausspruchs während der mündlichen Verhandlung übereinstimmen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1586, unter II. 2. c) zur Unverbindlichkeit eines Vergleichsvorschlags).
Fundstelle(n):
TAAAC-51976