Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: GG Art. 3 Abs. 1; GG Art. 9 Abs. 3; BGB § 366; BGB § 367; TVG § 5 Abs. 4; AVE-Bekanntmachung vom (BAnz. Nr. 20 vom S. 1385) Erster Teil, Einschränkung der Allgemeinverbindlicherklärung auf Antrag, Abschn. I und II; AVE-Bekanntmachung vom (BAnz. Nr. 71 vom S. 2729) Erster Teil, Einschränkung der Allgemeinverbindlicherklärung auf Antrag, Abschn. II; TV über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom (VTV) in den jeweils gültigen Fassungen § 1 Abs. 1; TV über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom (VTV) in den jeweils gültigen Fassungen § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13; TV über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom (VTV) in den jeweils gültigen Fassungen § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. Nr. 37; TV über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom (VTV) in den jeweils gültigen Fassungen § 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 11; TV über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom (VTV) in den jeweils gültigen Fassungen § 18 Abs. 1 Satz 1; TV über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom (VTV) in den jeweils gültigen Fassungen § 18 Abs. 5 Satz 1; TV über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom (VTV) in den jeweils gültigen Fassungen § 18 Abs. 5 Satz 3; TV über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom (VTV) in den jeweils gültigen Fassungen § 22 Abs. 1 Satz 1
Instanzenzug: ArbG Wiesbaden 7 Ca 957/03 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte einen von den für allgemeinverbindlich erklärten Sozialkassentarifen des Baugewerbes erfassten Betrieb unterhalten und deshalb für die Monate Juli bis November 2002 Sozialkassenbeiträge zu leisten hat.
Die Klägerin ist die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG (ZVK).
Sie ist als eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes. Den Beitragseinzug regelte im Anspruchszeitraum der für allgemeinverbindlich erklärte Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom in den jeweiligen Fassungen. Im VTV heißt es:
"§ 1 Geltungsbereich
(1) Räumlicher Geltungsbereich:
Das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.
(2) Betrieblicher Geltungsbereich:
Betriebe des Baugewerbes. Das sind alle Betriebe, die unter einen der nachfolgenden Abschnitte I bis IV fallen.
Abschnitt I
Betriebe, die nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich Bauten aller Art erstellen.
Abschnitt II
Betriebe, die, soweit nicht bereits unter Abschnitt I erfaßt, nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich bauliche Leistungen erbringen, die - mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen - der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.
...
Abschnitt V
Zu den in den Abschnitten I bis III genannten Betrieben gehören z. B. diejenigen, in denen Arbeiten der nachstehend aufgeführten Art ausgeführt werden:
...
13. Fertigbauarbeiten: Einbauen oder Zusammenfügen von Fertigbauteilen zur Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung oder Änderung von Bauwerken; ferner das Herstellen von Fertigbauteilen, wenn diese zum überwiegenden Teil durch den Betrieb, einen anderen Betrieb desselben Unternehmens oder innerhalb von Unternehmenszusammenschlüssen - unbeschadet der gewählten Rechtsform - durch den Betrieb mindestens eines beteiligten Gesellschafters zusammengefügt oder eingebaut werden;
...
37. Trocken- und Montagebauarbeiten (z. B. Wand- und Deckeneinbau bzw. -verkleidungen), einschließlich des Anbringens von Unterkonstruktionen und Putzträgern;
..."
Die für den streitigen Zeitraum einschlägigen Bestimmungen über die Allgemeinverbindlicherklärung des VTV verweisen hinsichtlich ihrer Reichweite auf die Einschränkungen gemäß dem Ersten Teil der Maßgaben in der Bekanntmachung über die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifwerken für das Baugewerbe (AVE-Bekanntmachung) vom (BAnz. Nr. 20 vom S. 1385), die in der Folgezeit keine inhaltliche Änderung mehr erfahren haben. Diese Maßgaben (Einschränkungsklauseln) bestimmen zur Einschränkung der Allgemeinverbindlichkeit ua.:
"Erster Teil Einschränkungen der Allgemeinverbindlicherklärung auf Antrag
I.
1. Die Allgemeinverbindlicherklärung erstreckt sich nicht auf Betriebe und selbständige Betriebsabteilungen von Arbeitgebern mit Sitz im Inland oder Ausland, die unter einen der im Anhang abgedruckten fachlichen Geltungsbereiche der am (Stichtag) geltenden Tarifverträge der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie, der Sägeindustrie und übriger Holzbearbeitung, der Steine- und Erden-Industrie, der Mörtelindustrie, der Transportbetonindustrie, der chemischen oder kunststoffverarbeitenden Industrie oder der Metall- und Elektroindustrie fallen.
2. Für Betriebe und selbständige Betriebsabteilungen von Arbeitgebern mit Sitz im Inland gilt Abs. 1 nur dann, wenn sie
a) bereits am Stichtag unmittelbar oder mittelbar ordentliches Mitglied des Hauptverbandes der Holz und Kunststoffe verarbeitenden Industrie und verwandter Industriezweige e. V., der Vereinigung Deutscher Sägewerksverbände e. V., der Sozialpolitischen Arbeitsgemeinschaft Steine und Erden e. V., des Bundesverbandes der Deutschen Mörtelindustrie e. V., des Bundesverbandes der Deutschen Transportbetonindustrie e. V., des Bundesarbeitgeberverbandes Chemie e. V., der Verbände der kunststoffverarbeitenden Industrie oder eines Arbeitgeberverbandes im Gesamtverband der metallindustriellen Arbeitgeberverbände (Gesamtmetall) waren. In diesem Fall wird unwiderlegbar vermutet, dass die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllt sind.
b) nachweislich als Niederlassung eines Betriebes nach Abs. 1 (Stammbetrieb), der bereits vor dem Stichtag unmittelbar oder mittelbar ordentliches Mitglied eines der in Buchst. a) genannten Verbände war, nachgegründet worden sind, überwiegend solche Tätigkeiten ausführen, die zum fachlichen Geltungsbereich der in Abs. 1 genannten Tarifverträge gehören und die ordentliche Mitgliedschaft in einem der in Buchst. a) genannten Verbände erworben haben. Wenn diese Betriebe nachweislich zu drei Viertel ihrer betrieblichen Arbeitszeit für den Stammbetrieb tätig sind, wird unwiderlegbar vermutet, dass sie unter einen der fachlichen Geltungsbereiche der in Abs. 1 genannten Tarifverträge fallen.
c) ohne selbst Mitglied in einem der Verbände nach Buchst. a) zu sein, nachweislich als Niederlassung eines Stammbetriebes nach Abs. 1, der bereits vor dem Stichtag unmittelbar oder mittelbar ordentliches Mitglied eines der in Buchst. a) genannten Verbände war, nachgegründet worden sind, unter einen der fachlichen Geltungsbereiche der in Abs. 1 genannten Tarifverträge fallen und zumindest zu drei Viertel der betrieblichen Arbeitszeit für ihren Stammbetrieb tätig sind.
II.
Für Betriebe und selbständige Betriebsabteilungen von Arbeitgebern mit Sitz im Inland, die bereits seit einem Jahr Fertigbauarbeiten ausführen, gilt die Ausnahme gemäß Abschnitt I Abs. 1, wenn sie unmittelbar oder mittelbar Mitglied eines der in Abschnitt I Abs. 2 Buchst. a) genannten Verbände geworden sind.
..."
Der Beklagte ist in Jugoslawien zum Schreiner ausgebildet worden. Seit März 2001 ist er Inhaber eines Betriebs, der Innenausbauarbeiten durchführt. Die Arbeitnehmer des Beklagten bringen ausschließlich an Wänden und Decken Holzverkleidungen an. Seit dem gehört der Beklagte dem Verband der Holzindustrie und Kunststoffverarbeitung Bayern-Thüringen e.V. an.
Die ZVK hat die Auffassung vertreten, der Betrieb des Beklagten unterfalle dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV. Die Arbeitnehmer des Beklagten hätten Trocken- und Montagebauarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 VTV ausgeführt. Auf Grund der Rückausnahmeregelung in § 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 11 VTV sei der Betrieb des Beklagten nicht als Betrieb des Schreinerhandwerks vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV ausgenommen. Da keine der in den Einschränkungsklauseln genannten Voraussetzungen für eine Ausnahme erfüllt sei, erstrecke sich die Allgemeinverbindlicherklärung des VTV auf den Betrieb des Beklagten. Ausgehend von den vom Beklagten selbst gemeldeten Beiträgen ergebe sich bei Berücksichtigung der seinem Beitragskonto gutgeschriebenen Erstattungsleistungen der Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft (ULAK) für die Monate Juli bis November 2002 eine ausstehende Beitragsforderung von insgesamt 9.535,55 Euro.
Die ZVK hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 9.535,55 Euro zu zahlen.
Der Beklagte hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, sein Betrieb sei im Klagezeitraum vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV nicht erfasst worden. Der Vortrag der ZVK sei unschlüssig. Er lasse nicht erkennen, ob seine Arbeitnehmer Trocken- und Montage- oder Fertigbauarbeiten ausgeführt hätten. Im letzteren Fall seien aber die Voraussetzungen des Abschn. II der Einschränkungsklauseln erfüllt. Nachdem er begonnen habe, Fertigbauarbeiten auszuführen, sei er innerhalb eines Jahres Mitglied im Verband der Holzindustrie und Kunststoffverarbeitung Bayern-Thüringen e.V. geworden. Zuvor hätten seine Arbeitnehmer zu 70 vH der gesamten Arbeitszeit Trocken- und Montagebauarbeiten und zu 19 vH der Gesamtarbeitszeit Malerarbeiten ausgeführt. Auf Schreinerarbeiten seien 11 vH der betrieblichen Arbeitszeit entfallen. Jedenfalls sei sein Betrieb nach § 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 11 VTV als Betrieb des Schreinerhandwerks aus dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV ausgenommen. Er sei Fachmann im Schreinerhandwerk und überwache die Tätigkeiten seiner Arbeitnehmer. Die Klageforderung sei auch der Höhe nach nicht berechtigt. So habe ua. die im Januar 2003 gebuchte Erstattungsleistung der ULAK mit der Beitragsforderung für November 2002 verrechnet werden müssen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Die ZVK beantragt, die Revision des Beklagten zurückzuweisen.
Gründe
Die Revision des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.
I. Das Landesarbeitsgericht hat - kurz zusammengefasst - angenommen, der ZVK stünden die beanspruchten Beiträge zu. Der Betrieb des Beklagten sei dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV unterfallen. Er sei nicht nach § 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 11 VTV als Betrieb des Schreinerhandwerks aus dem Geltungsbereich dieses Tarifvertrags ausgenommen gewesen. Die Arbeitnehmer des Beklagten hätten arbeitszeitlich überwiegend Trocken- und Montagebauarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 VTV ausgeführt. Der Rückausnahmetatbestand in § 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 11 VTV sei damit erfüllt. Die Allgemeinverbindlicherklärung des VTV habe sich auf den Betrieb des Beklagten erstreckt. Weder die Voraussetzungen des Abschnitts I noch die des Abschnitts II der Einschränkungsklauseln seien erfüllt. Der Beklagte sei erst nach dem Stichtag Mitglied im Verband der Holzindustrie und Kunststoffverarbeitung Bayern-Thüringen e.V. geworden. Seine Arbeitnehmer hätten auch keine Fertigbauarbeiten iSv. Abschn. II der Einschränkungsklauseln ausgeführt. Da das Beitragskonto des Beklagten nicht ausgeglichen gewesen sei, habe es der ZVK freigestanden, wie sie die Erstattungsleistungen der ULAK verrechnete.
II. Diese rechtsfehlerfreien Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten den Angriffen der Revision stand. Der ZVK stehen nach § 18 Abs. 1 Satz 1 VTV iVm. § 22 Abs. 1 Satz 1 VTV für die Monate Juli bis November 2002 restliche Sozialkassenbeiträge iHv. 9.535,55 Euro zu.
1. Ohne Erfolg rügt der Beklagte, sein Betrieb sei nicht vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfasst worden.
a) Für Frage, ob im Betrieb des Beklagten vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfasste Tätigkeiten verrichtet worden sind, ist auf die arbeitszeitlich überwiegende Tätigkeit der Arbeitnehmer des Beklagten und nicht auf wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und Verdienst, aber auch nicht auf handels- und gewerberechtliche Kriterien abzustellen (st. Rspr. vgl. - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 193 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 79; - 10 AZR 182/03 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 263; - 10 AZR 119/04 -; - 10 AZR 392/05 -; - 10 AZR 576/05 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 287 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 128; - 10 AZR 637/05 - und - 10 AZR 698/05 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 289 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 132). Betriebe, die überwiegend eine oder mehrere der in den Beispielen des § 1 Abs. 2 Abschn. V VTV genannten Tätigkeiten ausführen, fallen unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV, ohne dass die Erfordernisse der allgemeinen Merkmale der Abschn. I bis III geprüft werden müssen (st. Rspr. vgl. - BAGE 45, 11; - 10 AZR 182/03 - aaO; - 10 AZR 488/03 -; - 10 AZR 392/05 -; - 10 AZR 576/05 - aaO; - 10 AZR 637/05 - und - 10 AZR 698/05 - aaO). Erläutern die Tarifvertragsparteien ein solches Tätigkeitsbeispiel in einem Klammerzusatz, bringen sie damit zum Ausdruck, dass die im Klammerzusatz genannten Beispiele das Tätigkeitsbeispiel erfüllen (vgl. -; - 10 AZR 1018/94 -; - 10 AZR 207/92 - BAGE 74, 238).
b) Nach den vom Beklagten nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO) haben die gewerblichen Arbeitnehmer des Beklagten im Klagezeitraum ausschließlich Holzverkleidungen an Wänden und Decken angebracht. Damit verrichteten sie Trocken- und Montagebauarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 VTV (vgl. -; - 10 AZR 270/05 -; - 10 AZR 576/05 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 287 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 128; - 10 AZR 665/05 - AP TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 34 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 131). Die Tarifvertragsparteien haben im Klammerzusatz als Beispiele für Trocken- und Montagebauarbeiten Wand- und Deckenverkleidungen ausdrücklich genannt.
c) Zu Unrecht meint der Beklagte, sein Betrieb sei als Betrieb des Schreinerhandwerks nach § 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 11 VTV vom betrieblichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrags ausgenommen. Die Rückausnahmeregelung in dieser Tarifbestimmung, wonach Betriebe des Schreinerhandwerks vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV nicht erfasst werden, soweit nicht Fertigbau-, Dämm-(Isolier-), Trockenbau- und Montagebauarbeiten oder Zimmerarbeiten ausgeführt werden, bewirkt, dass der ausschließlich Trocken- und Montagebauarbeiten ausführende Betrieb des Beklagten von der Ausnahme nicht erfasst wird. Dabei kommt es nicht darauf an, ob daneben in nicht unerheblichem Umfang ausschließlich dem Schreinerhandwerk als typisch zuzuordnende Tätigkeiten verrichtet wurden oder ob der Beklagte gelernte Schreiner eingesetzt hat oder ob er selbst als Schreiner seine Arbeitnehmer bei der Montage der Wand- und Deckenverkleidungen beaufsichtigt hat (Senat - 10 AZR 665/05 - AP TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 34 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 131; vgl. zur Rückausnahme bei Ausführung von Zimmerarbeiten auch - 10 AZR 321/05 - EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 125 sowie zur Rückausnahme für Betriebe des Maler- oder Lackiererhandwerks bei Ausführung von Wärmedämmverbundsystemarbeiten - 10 AZR 918/98 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 232 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 98).
3. Die Allgemeinverbindlicherklärung des VTV hat sich entgegen der Auffassung des Beklagten im Klagezeitraum auf seinen Betrieb erstreckt. Dieser war nicht auf Grund einer Einschränkungsklausel von der Allgemeinverbindlicherklärung ausgenommen.
a) Die Voraussetzungen des Abschn. II der Einschränkungsklauseln liegen nicht vor.
aa) Die Vorschrift ist so auszulegen, dass Fertigbauarbeiten ausführende Betriebe ein Jahr nach Tätigkeitsaufnahme von der Allgemeinverbindlicherklärung erfasst werden, wenn sie bis dahin keine Mitgliedschaft in einem der in Abschn. I Abs. 2 Buchst. a der Einschränkungsklauseln genannten Verbände erworben haben (Senat - 10 AZR 562/03 -; - 10 AZR 576/05 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 287 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 128). Der Beklagte unterhält seinen Betrieb für Innenausbauarbeiten bereits seit März 2001 und ist erst am mittelbar Mitglied eines solchen Verbandes geworden. In seinem Betrieb werden auch keine Fertigbauarbeiten ausgeführt. Der Begriff der Fertigbauarbeiten in Abschn. II der Einschränkungsklauseln verweist auf die von den Tarifvertragsparteien in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 VTV genannte Beispielstätigkeit "Fertigbauarbeiten" und legt damit deren Merkmale zu Grunde (vgl. Senat - 10 AZR 576/05 - aaO; - 10 AZR 301/06 - EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 130). Ein Betrieb führt Fertigbauarbeiten im Sinne dieser Tarifbestimmung aus, wenn er entweder Bauwerke mit Fertigteilen vollständig in Fertigbauweise errichtet oder Fertigbauteile zur Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung oder Änderung von Bauwerken einbaut oder zusammenfügt und mit dieser Verwendung kompletter Baueinheiten die herkömmliche, konventionelle Arbeitsweise am Bau ersetzt (vgl. Senat - 10 AZR 576/05 - aaO; - 10 AZR 301/06 - aaO). Mit den ausschließlich ausgeführten Wand- und Deckenverkleidungen haben die Arbeitnehmer des Beklagten solche Fertigbauarbeiten nicht verrichtet. Bei der Montage von Decken- und Wandverkleidungen wurden vorgefertigte Bauelemente, insbesondere Platten aus Holz, schon immer oder doch jedenfalls seit langem nach Herkommen und Üblichkeit "fertig" verbaut.
bb) Der Hinweis des Beklagten auf die Definition des Begriffs "Fertigbauarbeiten" in der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales unter der Nr. V 07103/293 in das öffentliche Tarifregister eingetragenen Protokollnotiz vom hilft ihm nicht weiter. Diese Protokollnotiz hat zu keiner inhaltlichen Änderung der Ausnahmeregelung für Fertigbauarbeiten ausführende Betriebe in Abschn. II der Einschränkungsklauseln in der AVE-Bekanntmachung vom (BAnz. Nr. 71 vom S. 2729) geführt. Eine inhaltliche Änderung der Ausnahmeregelung für Fertigbauarbeiten ausführende Betriebe in dieser AVE-Bekanntmachung wäre im Übrigen für den Klagezeitraum ohne Bedeutung.
b) Der Betrieb des Beklagten erfüllt auch nicht die Voraussetzungen, unter denen ein Betrieb nach Abschn. I Abs. 2 Buchst. a iVm. Abs. 1 der Einschränkungsklauseln von der Allgemeinverbindlicherklärung nicht erfasst wird. Der Beklagte war als Arbeitgeber mit Sitz im Inland nicht bereits am Stichtag unmittelbar oder mittelbar ordentliches Mitglied eines der in Abschn. I Abs. 2 Buchst. a der Einschränkungsklauseln genannten Verbände. Er gehört erst seit dem dem Verband der Holzindustrie und Kunststoffverarbeitung Bayern-Thüringen e.V. an.
c) Entgegen der Ansicht des Beklagten ist der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG auf Grund der unterschiedlichen Behandlung nach dem Stichtag neu gegründeter Unternehmen und nachgegründeter Niederlassungen bei der Ausnahme von der Allgemeinverbindlicherklärung nicht verletzt.
aa) Die Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrags ist im Verhältnis zu den ohne sie nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ein Rechtssetzungsakt eigener Art zwischen autonomer Regelung und staatlicher Rechtsetzung, der seine eigenständige Grundlage in Art. 9 Abs. 3 GG findet ( - BVerfGE 44, 322; - 1 BvR 24/74 - und - 1 BvR 439/79 - BVerfGE 55, 7; - AP TVG § 5 Nr. 25 = EzA TVG § 5 Nr. 10). Nach der Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrags gelten dessen Rechtsnormen auch für die nicht organisierten Arbeitgeber und Arbeitnehmer, soweit sie unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen (§ 5 Abs. 4 TVG) und nicht von einer Einschränkungsklausel erfasst werden.
bb) Die Stichtagsregelung und die unterschiedliche Behandlung von nach dem Stichtag neu gegründeten Unternehmen und den von der Ausnahmeregelung erfassten Nachgründungen in Abschn. I Abs. 2 der Einschränkungsklauseln verstoßen nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Der Normgeber der Allgemeinverbindlicherklärung verfügt ebenso wie der Gesetzgeber bei der Wahl eines Stichtags und bei der Auswahl unter den für die Anknüpfung an den Stichtag in Betracht kommenden Faktoren über einen breiten Gestaltungsspielraum (vgl. - ZBR 2003, 247, 248; -ZTR 2004, 353), wenn er Betriebe von der Allgemeinverbindlicherklärung ausnimmt. Die Wahl des Stichtags muss sich allerdings am gegebenen Sachverhalt orientieren ( - BVerfGE 79, 212, 219). Die an ihn anknüpfenden Faktoren müssen sachlich vertretbar sein. Dem genügt die in Abschn. I Abs. 2 der Einschränkungsklauseln getroffene Regelung. Diese will bei Arbeitgebern mit Sitz im Inland Tarifkonkurrenzen zu den unter Buchst. a genannten Tarifverträgen vermeiden oder auflösen ( - EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 130). Wenn der Normgeber mit dem als Stichtag einen vor dem Inkrafttreten der Einschränkungsklauseln liegenden Zeitpunkt bestimmt hat, ist dies sachgerecht. Dadurch wird vermieden, dass die Mitgliedschaft in einem der in Buchst. a genannten Verbände nur deshalb erworben wird, um nicht von den Rechtsnormen der für allgemeinverbindlich erklärten Bautarifverträge erfasst zu werden. Auch die Differenzierung zwischen nach dem Stichtag neu gegründeten Unternehmen und den in der Ausnahmeregelung genannten Nachgründungen ist sachlich vertretbar. Von Bedeutung ist, dass von der Einschränkungsklausel nicht alle Nachgründungen eines Stammbetriebs erfasst werden, sondern nur solche nachgegründeten Niederlassungen eines Stammbetriebs, die überwiegend Tätigkeiten ausführen, die zum fachlichen Geltungsbereich der in Abs. 1 genannten Tarifverträge gehören, und die ordentliche Mitgliedschaft in einem der in Buchst. a genannten Verbände erworben haben (Abschn. I Abs. 2 Buchst. b der Einschränkungsklauseln), oder die unter einen der fachlichen Geltungsbereiche der in Abs. 1 genannten Tarifverträge fallen und zumindest zu drei Viertel der betrieblichen Arbeitszeit für ihren Stammbetrieb tätig sind (Abschn. I Abs. 2 Buchst. c der Einschränkungsklauseln). Bei neu gegründeten Unternehmen fehlt es an der Anbindung an einen Stammbetrieb und an einer organisatorischen und wirtschaftlichen Verbindung, wie sie zwischen einem Stammbetrieb und seiner nachgegründeten Niederlassung typischerweise besteht.
4. Der ZVK stehen die beanspruchten Sozialkassenbeiträge auch der Höhe nach zu. Die Parteien streiten nicht über die Höhe des Gesamtbeitrags für den Klagezeitraum. Streit besteht nur darüber, ob die ZVK die am auf das Beitragskonto des Beklagten gebuchte Erstattungsleistung der ULAK iHv. 3.730,70 Euro entsprechend der Ansicht des Beklagten mit der Beitragsforderung für November 2002 verrechnen musste. Das war nicht der Fall, weil sein bei der ZVK bestehendes Beitragskonto einen Debetsaldo auswies. Gemäß § 18 Abs. 5 Satz 1 VTV kann der Arbeitgeber nur über Erstattungsforderungen verfügen, wenn sein Beitragskonto keinen Debetsaldo ausweist und er seiner Meldepflicht nachgekommen ist. Eine derartige Verfügungsbeschränkung ist nicht zu beanstanden ( -AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 265; - 5 AZR 326/76 - AP TVG § 4 Gemeinsame Einrichtungen Nr. 1). Die ZVK durfte somit die Erstattungsleistung der ULAK mit der nach § 22 Abs. 1 VTV am fälligen Beitragsforderung für Dezember 2002 verrechnen. Sie war nicht verpflichtett, die Erstattungsleistung zunächst auf die älteste Beitragsforderung anzurechnen. Der Auffassung des Beklagten, er hätte bestimmen können, welche Beitragsschuld durch die Erstattungsleistung der ULAK getilgt wird, steht die Regelung in § 18 Abs. 5 Satz 3 VTV entgegen, wonach die §§ 366 und 367 BGB keine Anwendung finden.
Fundstelle(n):
ZAAAC-51332
1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein