Erkrankung des Prozessbevollmächtigten oder urlaubsbedingte Abwesenheit des Klägers als erheblicher Grund für Terminsverlegung
Gesetze: FGO § 96 Abs. 2, FGO § 119 Nr. 3, ZPO § 227
Instanzenzug:
Gründe
Mit ihrer Klage vor dem Finanzgericht (FG) wandten sich die anwaltlich vertretenen Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) dagegen, dass der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) Fahrtkostenersatz, den der Arbeitgeber des Klägers über die abziehbare Entfernungspauschale hinaus geleistet hatte, als steuerpflichtigen Arbeitslohn behandelte. Zunächst fand ein Erörterungstermin vor dem Berichterstatter des FG statt. Gegen einen sodann ergehenden klageabweisenden Gerichtsbescheid beantragten die Kläger mündliche Verhandlung. Den Termin zur mündlichen Verhandlung am beantragte der Prozessbevollmächtigte der Kläger mit Telefax vom aufzuheben und zu verlegen, weil die Kläger urlaubsbedingt abwesend seien. Das FG lehnte den Antrag ab. Mit Telefax vom beantragte der Prozessbevollmächtigte erneut die Verlegung des Termins wegen Urlaubsabwesenheit der Kläger. Am Sitzungstag (19. September) ging ein weiterer Antrag des Prozessbevollmächtigten auf Terminsaufhebung beim FG ein; dieser wurde damit begründet, dass der Prozessbevollmächtigte wegen einer leichten Verletzung der Halswirbelsäule, die er sich am Vortag während eines Volksfestbesuches auf einem Fahrgeschäft zugezogen habe, nicht reisefähig sei.
Das FG führte die mündliche Verhandlung durch und erließ ein klageabweisendes Urteil. In der Sache schloss sich das FG der Einspruchsentscheidung des FA an (§ 105 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision machen die Kläger Verfahrensfehler und grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Kläger rügen, ihnen sei das rechtliche Gehör versagt worden, weil das FG ihre Anträge auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung abgelehnt und aufgrund mündlicher Verhandlung ohne Teilnahme ihres Prozessbevollmächtigten über die Klage entschieden habe. Die Beschwerde ist insoweit unbegründet. Das FG hat den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2, § 119 Nr. 3 FGO) nicht verletzt.
a) Nach § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann das Gericht einen Termin aus „erheblichen Gründen” vor seiner Durchführung aufheben oder (unter Bestimmung eines neuen Termins) verlegen. Sind die geltend gemachten Gründe i.S. des § 227 ZPO erheblich, so verdichtet sich die in dieser Vorschrift eingeräumte Ermessensfreiheit zu einer Rechtspflicht. Welche Gründe als erheblich anzusehen sind, richtet sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls. In der ungerechtfertigten Ablehnung der Aufhebung oder Verlegung eines anberaumten Termins liegt im Allgemeinen die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und damit ein Verfahrensmangel (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 91 Rz 8).
b) Zu Unrecht meinen die Kläger, dass aufgrund der Anträge vom 14. und vom das FG die auf den terminierte mündliche Verhandlung hätte verlegen müssen, weil sie sich zu diesem Zeitpunkt in Urlaub befanden. Unbeschadet ihres Rechts, als Beteiligte an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, waren die Kläger nicht gehalten, zum Termin zu erscheinen, weil sie durch Prozessbevollmächtigte vertreten waren und das FG ihr persönliches Erscheinen nicht angeordnet hatte. Dem Hinweis in dem Antrag vom , dass der Kläger ergänzende Ausführungen zur Behandlung der Wegegelderstattung machen könne, brauchte das FG angesichts der Prozessvertretung nicht zu entnehmen, dass allein der Kläger anstelle des Bevollmächtigten sachdienliche Erklärungen zur Sach- oder Rechtslage würde abgeben können (vgl. , V B 76/05, BFH/NV 2007, 250). Abgesehen davon haben die Kläger nicht dargelegt, dass sie aufgrund konkreter Urlaubsplanungen nicht in der Lage gewesen seien, den Termin zur mündlichen Verhandlung wahrnehmen zu können.
c) Der Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör ist auch nicht dadurch verletzt, dass das FG dem am per Telefax gestellten, mit einer plötzlichen Erkrankung des Prozessbevollmächtigten der Kläger begründeten Antrag auf Verlegung des Termins nicht entsprochen und die mündliche Verhandlung durchgeführt sowie ein Urteil erlassen hat. Zwar ist eine kurzfristige, überraschende Erkrankung eines Prozessbevollmächtigten regelmäßig ein erheblicher Grund für eine Änderung des Termins (z.B. , BFH/NV 2002, 520, m.w.N.). Ferner sind erhebliche Gründe i.S. des § 227 Abs. 1 ZPO nach Abs. 2 der Vorschrift nur „auf Verlangen” des Vorsitzenden glaubhaft zu machen. Wird jedoch —wie im Streitfall am Sitzungstag— der Antrag auf Terminsverlegung in „letzter Minute” gestellt, so dass dem Gericht keine Zeit für ein Nachweisverlangen bleibt, kommt die Aufhebung des Termins nur in Betracht, wenn die Gründe substantiiert dargelegt und zugleich glaubhaft gemacht worden sind, so dass das Gericht die Frage der Verhinderung selbst beurteilen kann (ständige Rechtsprechung, vgl. Gräber/Koch, a.a.O., § 91 Rz 3, m.w.N.). Das trifft hier nicht zu. Der Prozessbevollmächtigte hat kein ärztliches Attest beigefügt und den Vortrag über seine am Morgen des Sitzungstages überraschend aufgetretene Reiseunfähigkeit (wegen verminderter Drehbeweglichkeit und aufsteigenden Kopfschmerzen infolge einer zwei Tage vorher erlittenen leichten Verletzung der Halswirbelsäule) nicht glaubhaft gemacht. Die Schilderung des Geschehensablaufs als solche ist nicht geeignet, die Reiseunfähigkeit schlüssig darzulegen.
Der Verweis des FG auf die Rechtsprechung zum Antrag auf Terminsänderung „in letzter Minute” ist als Begründung für die Ablehnung des Antrags ausreichend. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob —wie es das FG in erster Linie getan hat— ein erheblicher Grund i.S. von § 227 Abs. 1 ZPO deshalb zu verneinen ist, weil der Termin durch ein anderes Mitglied der Rechtsanwaltssozietät hätte wahrgenommen werden können, auf welche die Prozessvollmacht der Kläger ausgestellt ist. Ebenso braucht nicht entschieden zu werden, ob eine Verletzung des rechtlichen Gehörs allein deshalb ausscheidet, weil in dem finanzgerichtlichen Verfahren schon ein Erörterungstermin stattgefunden hatte und ein Gerichtsbescheid ergangen war.
2. Die Kläger haben die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht hinreichend dargelegt. Grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO hat eine Rechtssache dann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von der Beantwortung einer Rechtsfrage abhängt, deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit liegt. Dies ist im Rahmen einer auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO gestützten Nichtzulassungsbeschwerde darzulegen (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Hierzu muss der Beschwerdeführer eine abstrakte Rechtsfrage formulieren und sodann (unter Auseinandersetzung mit den zu der Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen) substantiiert erläutern, inwieweit diese Frage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im konkreten Fall klärungsfähig ist (ständige Rechtsprechung, z.B. , BFH/NV 2005, 1335, m.w.N.). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Kläger haben keine konkrete, im Streitfall entscheidungserhebliche Rechtsfrage herausgestellt, die der Klärung durch den BFH bedarf. Mit dem Hinweis auf das Vorbringen im Klageverfahren, wonach für die Erhöhung des Bruttoarbeitslohnes um den vom Arbeitgeber geleisteten Fahrtkostenersatz keine ausreichende Rechtsgrundlage vorhanden sei, wird lediglich die Entscheidung des FA als unrechtmäßig bezeichnet, ohne dass die Kläger sich mit der Frage der Steuerpflicht derartiger Arbeitgeberleistungen (vgl. z.B. R 70 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 der Lohnsteuer-Richtlinien) auseinander setzen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1701 Nr. 9
CAAAC-51305