BGH Beschluss v. - VII ZR 210/06

Leitsatz

[1] Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers, die einen Einbehalt zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche vorsieht, der durch Bürgschaft auf erstes Anfordern abgelöst werden kann, ist auch dann unwirksam, wenn dem Auftragnehmer die Befugnis eingeräumt wird, die Hinterlegung des Sicherheitseinbehalts zu verlangen.

Gesetze: AGBG § 9 Abs. 1 Bf; AGBG § 9 Abs. 1 Cf

Instanzenzug: LG München I 24 O 8547/05 vom OLG München 9 U 1946/06 vom

Gründe

I.

Die Klägerinnen haben die Beklagte aus insgesamt siebzehn Gewährleistungsbürgschaften auf erstes Anfordern auf Zahlung von 108.922,66 € in Anspruch genommen. Diese Bürgschaften hat die Beklagte für Auftragnehmer der Klägerin zu 1 gestellt. In den Werkverträgen zwischen der Klägerin zu 1 und ihren Auftragnehmern war eine von der Klägerin zu 1 vorgegebene Klausel enthalten, nach der eine Sicherheit für die Gewährleistung in Höhe 5 v.H. der Abrechnungssumme mit der Schlussrechnung in Ansatz gebracht wird und diese durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern abgelöst werden kann. Dem Auftragnehmer sollte das Wahlrecht nach § 17 Nr. 3 VOB/B zustehen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen habe beide Klägerinnen Beschwerde eingelegt. Die Klägerin zu 2 hat die Beschwerde zurückgenommen.

II.

Die Beschwerde der Klägerin zu 1 hat keinen Erfolg. Ein die Zulassung der Revision erfordernder Grund, § 543 Abs. 2 ZPO, liegt nicht vor.

1. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die in den Verträgen zwischen der Klägerin zu 1 und ihren Auftragnehmern verwendete Sicherungsklausel sei wegen unangemessener Benachteiligung der Auftragnehmer unwirksam. Das folge aus der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (, BauR 2004, 1143 = NZBau 2004, 322 = ZfBR 2004, 550; Urteil vom - VII ZR 265/03, BauR 2005, 539 = NZBau 2005, 219 = ZfBR 2005, 255). Davon abweichende Entscheidungen des Kammergerichts und des Oberlandesgerichts Hamm seien durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs überholt. Die Zulassung der Revision sei deshalb nicht veranlasst.

2. Dagegen wendet sich die Beschwerde ohne Erfolg. Zutreffend ist das Berufungsgericht der Auffassung, dass die von ihm zu beurteilende Rechtsfrage durch die Entscheidungen des Senats geklärt ist.

Eine in einem Bauvertrag enthaltene Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Auftraggebers, wonach dieser für die Dauer der Gewährleistungsfrist einen Einbehalt zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche vornehmen darf, benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen, wenn ihm kein angemessener Ausgleich dafür zugestanden wird, dass er den Werklohn nicht sofort ausgezahlt bekommt, das Bonitätsrisiko für die Dauer der Gewährleistungsfrist tragen muss und ihm die Liquidität sowie die Verzinsung des Werklohns vorenthalten werden (, BGHZ 136, 27; Urteil vom - VII ZR 475/98, BauR 2000, 1052 = NZBau 2000, 285 = ZfBR 2000, 332; Urteil vom - VII ZR 208/00, BauR 2002, 463 = NZBau 2002, 151 = ZfBR 2002, 249; Urteil vom - VII ZR 494/00, BauR 2002, 1392 = NZBau 2002, 493 = ZfBR 2002, 677; Urteil vom - VII ZR 57/02, BGHZ 157, 29; Urteil vom - VII ZR 265/03, BauR 2005, 539 = NZBau 2005, 219 = ZfBR 2005, 255; Urteil vom - VII ZR 56/04, BauR 2005, 1154 = NZBau 2005, 460 = ZfBR 2005, 557; Urteil vom - VII ZR 153/04, BauR 2006, 374 = NZBau 2006, 107 = ZfBR 2006, 145).

Ein angemessener Ausgleich wird dem Auftragnehmer nicht gewährt, wenn er die Liquidität nur dadurch erlangen kann, dass er den Sicherheitseinbehalt durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern ablöst. Denn diese Bürgschaft kann ohne weiteres in Anspruch genommen und dadurch dem Auftragnehmer die Liquidität auch dann wieder für längere Zeit entzogen werden, wenn sich herausstellt, dass ein Sicherungsfall nicht vorliegt (, aaO; Urteil vom - VII ZR 265/03, aaO.). An dieser Beurteilung ändert sich nichts, wenn der Sicherheitseinbehalt auf ein Verwahrgeldkonto des öffentlichen Auftraggebers genommen wird (, aaO). Daraus folgt ohne weiteres, dass ein angemessener Ausgleich auch nicht dadurch geschaffen werden kann, dass dem Auftragnehmer die Möglichkeit eröffnet wird, die Hinterlegung des Sicherheitseinbehalts zu verlangen. Denn dadurch erhält er nicht die Möglichkeit, den ihm nach der Gesetzeslage zustehenden Werklohn dauerhaft liquide an sich zu ziehen.

Den von der Beschwerde vorgebrachten Gesichtspunkten, der hinterlegte Sicherheitseinbehalt werde verzinst und der private Auftraggeber könne im Gegensatz zum öffentlichen Auftraggeber im Rückforderungsprozess nicht gerichtskostenfrei auftreten, kommt bei der Interessenabwägung kein entscheidendes Gewicht zu.

Zutreffend weist das Berufungsgericht darauf hin, dass die Entscheidungen des Kammergerichts (BauR 2004, 1016) und des Oberlandesgerichts Hamm (BauR 1998, 135) durch die neueren Entscheidungen des Bundesgerichtshofes überholt sind. Eine weitere Klärung durch den Senat ist nicht veranlasst.

Fundstelle(n):
NJW-RR 2007 S. 1319 Nr. 19
WM 2007 S. 1625 Nr. 34
QAAAC-50055

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja