BFH Beschluss v. - I B 33/05

Vorhandensein der vorgetragenen Revisionszulassungsgründe im Zeitpunkt der Entscheidung über die Zulassung

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Beteiligten streiten im Rahmen einer Einkommensteuerveranlagung über den Ansatz einer bei einer sog. Zwischengesellschaft angefallenen verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) und den Ansatz von Beteiligungseinkünften.

Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wurden als Ehegatten zur Einkommensteuer des Streitjahres 1978 zusammen veranlagt. Der Kläger erzielte u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Beteiligung an der X-KG —X— und der Y-KG —Y—). Der Kläger hielt in seinem Privatvermögensbereich auch eine Beteiligung an der in der Schweiz ansässigen Firma Z; diese Firma —an der auch die weiteren Gesellschafter der Y beteiligt waren— war als Zwischengesellschaft i.S. der §§ 7 ff. des Gesetzes über die Besteuerung bei Auslandsbeziehungen (AußensteuergesetzAStG—) anzusehen.

Die Veranlagung erfolgte zunächst entsprechend den Angaben der Steuererklärung. Durch einen Änderungsbescheid vom wurde die Einkommensteuer vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) u.a. unter Auswertung einer Mitteilung des feststellenden Finanzamts zur Beteiligung an der X (Anteil an den laufenden Einkünften: ... DM) und unter Ansatz einer vGA von ... DM (aus der Z) festgesetzt. Dem Ansatz der vGA lag der Verkauf einer Kapitalgesellschafts-Beteiligung durch die Z an die Y zugrunde. Unter Hinweis auf einen unter dem Verkehrswert liegenden Kaufpreis wurde eine vGA angenommen, die dem Kläger als Beteiligtem der Z entsprechend seinem Beteiligungsverhältnis zugerechnet wurde.

Das Einspruchsverfahren, das sich gegen den Ansatz der vGA richtete, wurde antragsgemäß unter Hinweis auf das beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängige Verfahren gegen den Feststellungsbescheid gemäß § 18 AStG (betreffend die Z) „ruhend gestellt”. In 1988 wiesen die Kläger darauf hin, dass eine geänderte Feststellung zu den Beteiligungseinkünften (X) bei der Festsetzung der Einkommensteuer zu berücksichtigen sei. Nach dem Ergehen des Senatsurteils vom I R 32/95 (BFHE 183, 496, BStBl II 1998, 176) erließ das FA einen teilabhelfenden Bescheid, indem es die Höhe des Ansatzes der mitunternehmerischen Beteiligungseinkünfte (X) minderte. Darüber hinaus wurde ein Nachversteuerungsbetrag gemäß § 2 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei Auslandsinvestitionen der deutschen Wirtschaft (AuslandsinvestitionsgesetzAIG—) herabgesetzt, gegenläufig allerdings ein bisher angesetzter ausländischer Verlust (mit Blick auf übersteigende positive Einkünfte aus einer Betriebsstätte desselben Staates) von einer Berücksichtigung ausgeschlossen. Die Kläger hielten ihren Einspruch (zum Ansatz der vGA) aufrecht, beantragten die Rückgängigmachung der Nachversteuerung und verwiesen auf eine Rechtswidrigkeit des Ansatzes der Beteiligungseinkünfte wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung im Augenblick der Änderung des Bescheids.

Das Finanzgericht (FG) Münster hat die Klage gegen die unter dem ergangene Einspruchsentscheidung durch Urteil vom 2 K 4617/99 E (nicht veröffentlicht) abgewiesen.

Die Kläger beantragen unter Hinweis auf § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Zulassung der Revision.

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Die von den Klägern vorgetragenen Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO liegen jedenfalls im Zeitpunkt der Entscheidung über die Zulassung (s. insoweit z.B. , BFHE 175, 97, BStBl II 1994, 900) nicht vor.

1. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache „grundsätzliche Bedeutung” hat. Dazu müsste eine im Streitfall entscheidungserhebliche abstrakte Rechtsfrage im Interesse der Allgemeinheit klärungsbedürftig sein. Am Klärungsbedarf fehlt es allerdings, wenn die Rechtsfrage anhand der gesetzlichen Grundlagen und der bereits vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden kann und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH geboten erscheinen lassen (s. z.B. , BFHE 209, 105, BStBl II 2005, 714).

Dieser Klärungsbedarf fehlt. Die Rechtsfrage, ob sich eine Rechtsfehlerkompensation i.S. des § 177 der Abgabenordnung (AO) auch auf gesondert festgestellte Besteuerungsgrundlagen beziehen kann, die wegen Ablaufs der Frist des § 171 Abs. 10 AO nicht mehr selbständig ausgewertet werden können, hat der BFH beantwortet; der Senat verweist insoweit auf seinen Beschluss vom I R 51/04 (juris; unter III.2. der Gründe, m.w.N. aus der BFH-Rechtsprechung). Die Rechtsfrage, ob eine überlange Dauer des Einspruchsverfahrens die Verwirkung des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis nach sich zieht, wurde vom BFH wiederholt ablehnend beantwortet; der Senat verweist insoweit auf seinen —zwischen den Beteiligten des hiesigen Rechtsstreits ergangenen— Senatsbeschluss vom I B 32/05 (BFH/NV 2006, 1305, unter II.2. der Gründe, m.w.N.).

2. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung notwendig ist. Das ist der Fall, wenn das Urteil des FG von Entscheidungen anderer Gerichte abweicht oder als willkürlich und unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar erscheint (s. z.B. BFH-Beschluss in BFHE 209, 105, BStBl II 2005, 714, m.w.N.).

Die von den Klägern aufgeworfenen Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Erfassung der vGA ohne Durchführung eines Feststellungsverfahrens sind insbesondere aus dem Grund nicht klärungsfähig, als das FG auf der Grundlage einer den BFH bindenden Feststellung (§ 118 Abs. 2 FGO) davon ausgegangen ist, dass sich die Beteiligung an der Z im Privatvermögen des Klägers (und der anderen Beteiligten) befand; im Übrigen verweist der erkennende Senat auf seinen Beschluss in BFH/NV 2006, 1305 (unter II.3. der Gründe). Soweit die Kläger eine nachträgliche Divergenz zu einem Beschluss des Hessischen FG rügen, ist darauf hinzuweisen, dass der Beschluss, soweit er auf der Grundlage der auch von den Klägern vertretenen Rechtsauffassung eine Aussetzung der Vollziehung ausgesprochen hatte, vom erkennenden Senat durch Beschluss vom I B 156/05 (juris) —auf den ebenfalls verwiesen wird— aufgehoben wurde.

Fundstelle(n):
SAAAC-49646