Leitsatz
[1] Im Fall des § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB ist neben der Fristsetzung die Androhung der außerordentlichen fristlosen Kündigung nicht erforderlich.
Zur Frage, ob dann, wenn mit der Fristsetzung eine andere Maßnahme als die außerordentliche fristlose Kündigung, etwa eine Ersatzvornahme oder eine Mangelbeseitigungsklage, angedroht wird, die Kündigung wegen eines darin liegenden widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) nicht bereits nach erfolglosem Ablauf der gesetzten Abhilfefrist wirksam erklärt werden kann, sondern erst nach erfolglosem Ablauf einer neuen Frist.
Gesetze: BGB § 242 Cd; BGB § 543 Abs. 3
Instanzenzug: AG Hamburg-St. Georg 921 C 297/05 vom LG Hamburg 311 S 135/05 vom
Tatbestand
Die Klägerin und ihr Ehemann waren Mieter einer Wohnung der Beklagten in H. , H. strasse . Mit Schreiben vom beanstandeten sie, dass sich in der Küche, dem Badezimmer und dem verglasten "Balkonzimmer" Schimmel gebildet habe, und baten um Abhilfe. Nach weiteren Schreiben forderten die Klägerin und ihr Ehemann die Beklagten durch Anwaltsschreiben vom auf, den Schimmel im "Wintergarten" und einen Feuchtigkeitsfleck im Badezimmer bis zum zu beseitigen. Im Anschluss daran heißt es in dem Schreiben der Anwälte:
"Sollte eine Mangelbeseitigung nicht innerhalb der genannten Frist erfolgen, sind wir beauftragt, ohne weitere Vorankündigung Klage auf Mangelbeseitigung zu erheben."
Weiter verlangten die Kläger von den Beklagten, bis zum Schönheitsreparaturen im Flur sowie in zwei Wohnräumen durchzuführen. Diesen Forderungen kamen die Beklagten nicht nach. Mit Schreiben vom kündigten die Klägerin und ihr Ehemann das Mietverhältnis außerordentlich mit Wirkung zum . Zur Begründung führten sie an, dass die Beklagten den Schimmel im "Wintergarten" und den Feuchtigkeitsfleck im Badezimmer nicht beseitigt hätten.
In dem vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin, der ihr Ehemann alle diesbezüglichen Ansprüche abgetreten hat, die Beklagten auf Rückzahlung der seit Mai 2004 wegen Mietminderung nur unter Vorbehalt geleisteten Miete in Höhe von 1.166,30 €, auf Zahlung von Schadensersatz für die nach ihrer Behauptung durch die außerordentliche Beendigung des Mietverhältnisses entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt weiteren 16.323,68 € (zusammen 17.489,98 €) sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 409,83 €, jeweils nebst Zinsen, in Anspruch genommen. Die Beklagten haben die von der Klägerin behaupteten Mängel bestritten und im Übrigen ihre Pflicht zur Mängelbeseitigung in Abrede gestellt.
Das Amtsgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 121,09 € (Mietminderung) sowie weitere 26,39 € (vorgerichtliche Kosten), jeweils nebst Zinsen, zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt, mit der sie abändernd die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 17.489,98 € nebst Zinsen beantragt hat. Das Landgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Landgericht zugelassene Revision der Klägerin, mit der diese nach teilweiser Rücknahme des Rechtsmittels ihren Schadensersatzanspruch in Höhe von 16.323,68 € nebst Zinsen weiterverfolgt.
Gründe
Die Revision ist in dem verbliebenen Umfang begründet.
I.
Das Berufungsgericht hat, soweit dies in der Revisionsinstanz noch von Interesse ist, ausgeführt:
Die fristlose Kündigung vom habe das Mietverhältnis nicht beendet. Die Folge sei, dass die Beklagten mangels verschuldeter Vertragsauflösung die der Klägerin und ihrem Ehemann entstandenen Kosten für die Anmietung einer neuen Wohnung und den Umzug nicht zu ersetzen hätten. Das mieterseitige Androhen einer ganz konkreten Rechtsfolge für den Fall nicht fristgemäßer Mängelbeseitigung schaffe einen Vertrauenstatbestand zugunsten des Vermieters, der grundsätzlich das Ausüben anderer als der angedrohten Mieterrechte ohne vorherige erneute Fristsetzung ausschließe. Ohne Erfolg stelle sich die Klägerin auf den Standpunkt, die Ausführungen ihres Prozessbevollmächtigten im Schreiben vom hätten keinen objektiven Vertrauenstatbestand hervorgerufen. Es sei nicht zu erkennen, dass vermieterseits trotz des eindeutigen Wortlauts der ausdrücklich angedrohten Klage allein auf Mangelbeseitigung auch mit der Vertragskündigung habe gerechnet werden müssen.
Die rechtsdogmatische Begründung für den Kündigungsausschluss ohne vorherige erneute Fristsetzung zur Mangelbeseitigung sei nicht in der aus § 242 BGB hergeleiteten Rechtsfigur des unzulässigen widersprüchlichen Verhaltens zu sehen. Dafür sei ein schützenswertes Vertrauen erforderlich, um die Verhaltensänderung als unzulässige Rechtsausübung einzustufen. Ein entsprechendes Vertrauen dürfte nach derzeitigem Sachstand auf Seiten der Beklagten wohl nicht vorgelegen haben, wenngleich eine endgültige Wertung erst nach Einräumung rechtlichen Gehörs zu diesem bislang nicht für relevant gehaltenen Gesichtspunkt zulässig sei. Vorliegend gehe es hingegen darum, dass die Klägerin und ihr Ehemann sich von Vornherein auf eines der ihnen für den Fall fruchtlos ablaufender Beseitigungsfrist zur Verfügung stehenden Rechte (fristlose Kündigung, Ersatzvornahme, Instandsetzungsklage) beschränkt hätten, nämlich die Instandsetzungsklage. Zwar hätten sie dadurch die anderen Rechte nicht auf Dauer verloren. Der Fall sei allerdings vergleichbar mit dem der Ausübung eines Wahlrechts, welches den - allerdings dauerhaften - Verlust der übrigen nicht gewählten Rechte zur Folge habe. Das Zurückgreifen auf andere als die angedrohten Rechte wäre daher jedenfalls vor Setzen einer neuen Mangelbeseitigungsfrist eine besondere Form unzulässiger Rechtsausübung, ohne dass es auf ein Vertrauen auf Seiten des Erklärungsgegners ankomme.
II.
Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsfehlern. Zu Recht beanstandet die Revision, dass das Berufungsgericht wie schon das Amtsgericht den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB auf Ersatz des nach ihrer Behauptung entstandenen Kündigungsschadens in Höhe von 16.323,68 € verneint hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Mietvertragspartei, die durch eine von ihr zu vertretende Vertragsverletzung die andere Partei zu einer wirksamen außerordentlichen Kündigung des Mietvertrages veranlasst hat, dieser Partei zum Ersatz des hierdurch verursachten Schadens verpflichtet (Senatsurteil vom - VIII ZR 313/82, WM 1984, 933 = NJW 1984, 2687, unter I 4; Urteil vom - XII ZR 81/97, WM 2000, 1017 = NJW 2000, 2342, unter 2; ferner Palandt/Weidenkaff, BGB, 66. Aufl., § 543 Rdnr. 61; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl., Rdnr. 1075, jew. m.w.N.). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die außerordentliche Kündigung des Mietvertrages der Parteien, die die Klägerin und ihr Ehemann mit Schreiben vom ausgesprochen haben, nicht wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) unwirksam, weil die Klägerin nach erfolglosem Ablauf der in dem vorausgegangenen Anwaltsschreiben vom gesetzten Abhilfefrist angesichts der für diesen Fall angedrohten Klage auf Mangelbeseitigung keine neue Abhilfefrist gesetzt hat.
1. Nach § 543 Abs. 1 Satz 1 BGB kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB unter anderem dann vor, wenn dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird. Letzteres kommt gerade auch beim Auftreten eines Mangels in Betracht (Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 9. Aufl., § 543 Rdnr. 24), wie er hier von der Klägerin mit dem Schimmel im verglasten "Balkonzimmer" und dem Wasserfleck im Badezimmer behauptet wird. Besteht der wichtige Grund wie bei dem von der Klägerin behaupteten Auftreten eines Mangels in der - objektiven (Palandt/Weidenkaff, aaO, § 543 Rdnr. 46) - Verletzung einer Pflicht des Vermieters aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung gemäß § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist zulässig. Eine solche Frist haben die Klägerin und ihr Ehemann den Beklagten mit Anwaltsschreiben vom gesetzt.
2. Neben der Fristsetzung ist zwar die Androhung der Kündigung nicht erforderlich, wie sich schon aus dem Gesetzeswortlaut ergibt (Schmidt-Futterer/Blank, aaO, § 543 BGB Rdnr. 30; Staudinger/Emmerich, BGB (2006), § 543 Rdnr. 74; Palandt/Weidenkaff, aaO, § 543 Rdnr. 47; so schon OLG Hamm, NJW-RR 1991, 1035, 1036 zu § 542 Abs. 1 Satz 2 BGB aF, allg. Meinung). Wird jedoch mit der Fristsetzung eine andere Maßnahme als die Kündigung, etwa eine Ersatzvornahme oder - wie hier - eine Mangelbeseitigungsklage, angedroht, kann die Kündigung nach einer verbreiteten Auffassung wegen des darin liegenden widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) nicht bereits nach erfolglosem Ablauf der gesetzten Abhilfefrist wirksam erklärt werden, sondern erst nach erfolglosem Ablauf einer neuen Frist (OLG Hamm, aaO; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., IV Rdnr. 463 Fn. 35 unter Hinweis auf ein unveröffentlichtes ; ebenso Franke in Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht, Band 5 BGB - Mietrecht, Stand 2006, § 543 Anm. 28.1 Nr. 3; Grapentin in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., IV Rdnr. 149; Kinne in Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, 4. Aufl., § 543 BGB Rdnr. 37; Lammel, Wohnraummietrecht, 3. Aufl., § 543 Rdnr. 142; Palandt/Weidenkaff, aaO, § 543 Rdnr. 44; Wolf/Eckert/Ball, aaO, Rdnr. 895; ferner Schmidt-Futterer/Blank, aaO).
Ob dem zu folgen ist, kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn das der Fall sein sollte, war hier das Setzen einer weiteren Abhilfefrist ausnahmsweise in entsprechender Anwendung von § 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BGB entbehrlich. Die Beklagten haben die behaupteten Mängel von Anfang an bis zuletzt, von der ersten Besichtigung durch den Beklagten zu 1 am bis in die Berufungsinstanz des vorliegenden Rechtsstreits durchgehend bestritten und im Übrigen ihre Pflicht zur Mängelbeseitigung in Abrede gestellt. Angesichts dessen wäre jedenfalls das Setzen einer neuen Frist eine sinnlose Förmelei gewesen, weil es offensichtlich keinen Erfolg versprach.
III.
Nach alledem kann das Berufungsurteil insoweit, als das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin wegen des von ihr geltend gemachten Schadensersatzanspruchs in Höhe von 16.323,68 € nebst Zinsen zurückgewiesen hat, keinen Bestand haben. In diesem Umfang sind das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Rechtsstreit ist insoweit nicht zur Endentscheidung reif, da es noch weiterer tatsächlicher Feststellungen zu Grund und Höhe des Schadensersatzanspruchs bedarf.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW 2007 S. 2474 Nr. 34
RAAAC-49616
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja