Leitsatz
[1] a) Eine gemäß dem Mietvertrag geleistete Mietvorauszahlung in einem Einmalbetrag, die nicht auf der Grundlage periodischer Zeitabschnitte (etwa Monate oder Jahre) bemessen ist, ist dem Grundpfandgläubiger gegenüber gemäß § 1124 BGB wirksam, wenn sie vor der Beschlagnahme erfolgt (Fortführung von BGHZ 137, 106). Unerheblich ist, ob die Einmalzahlung vor oder nach der Bestellung des Grundpfandrechts vereinbart und gezahlt wird.
b) Hegt das Berufungsgericht aufgrund konkreter Anhaltspunkte Zweifel an der Glaubwürdigkeit eines in erster Instanz vernommenen Zeugen, den das Gericht des ersten Rechtszuges für glaubwürdig gehalten hat, so ist es an die auf die Aussage des Zeugen gestützte Tatsachenfeststellung der ersten Instanz nicht deshalb gebunden, weil eine abweichende Beurteilung der Glaubwürdigkeit eine eigene, wiederholte Vernehmung des Zeugen durch das Berufungsgericht voraussetzt, wenn diese daran scheitert, dass der Zeuge in zweiter Instanz von einem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht.
Gesetze: BGB § 535; BGB § 1124; ZPO § 286 B; ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
Instanzenzug: AG Berlin-Wedding 16 C 341/02 vom LG Berlin 67 S 316/03 vom
Tatbestand
Der Kläger zu 1 begehrt als ehemaliger Zwangsverwalter von der Beklagten zu 1 Miete bzw. Nutzungsentschädigung für ein in B. , S. straße , gelegenes Einfamilienhaus für die Zeit von Januar 1998 bis Dezember 2003 in Höhe von insgesamt 110.439,36 € (72 Monate zu je 1.533,88 € (3.000 DM)). Die Klägerin zu 2, die das Grundstück in der Zwangsversteigerung erworben hat, verlangt von beiden Beklagten die Räumung des Einfamilienhauses.
Das mit zwei Gebäuden bebaute Anwesen gehörte ursprünglich dem Beklagten zu 2, der es mit notariellem Vertrag vom seinen Söhnen T. und M. S. schenkte. Die Eigentumsumschreibung erfolgte am . Zugunsten der H. in B. AG wurde am zu Lasten des Anwesens eine Grundschuld über 4 Mio. DM zur Sicherung eines dem Beklagten zu 2 gewährten Kredits eingetragen. Mit Beschluss vom ordnete das Amtsgericht Wedding die Zwangsverwaltung des Grundstücks an und bestellte den Kläger zu 1 zum Zwangsverwalter.
Die mittlerweile über 80 Jahre alte Beklagte zu 1, die Mutter des Beklagten zu 2, bewohnte seit mehreren Jahrzehnten das hintere Einfamilienhaus auf dem Anwesen. Der Beklagte zu 2 zog nach dem ebenfalls in das hintere Gebäude ein. Die Beklagten behaupten, die Beklagte zu 1 habe mit den Eigentümern des Grundstücks, ihren Enkeln, am einen schriftlichen Mietvertrag über das hintere Einfamilienhaus abgeschlossen. Die von ihnen vorgelegte Vertragsurkunde enthält unter anderem folgende Bestimmungen:
"§ 2 Mietzeit
1. Der Vertrag wird auf die Lebenszeit des Mieters geschlossen.
...
§ 3 Mietzins und Nebenkosten
1. Der Mieter leistet dem Vermieter als Gesamtmiete eine Einmalzahlung in Höhe von 70.000,00 DM. Dieser Betrag ist die Miete für die gesamte Vertragsdauer, darüber hinaus ist keine weitere Miete und Nebenkosten geschuldet. Die vorgenannte Miete ist sofort bei Vertragsunterzeichnung fällig.
Der Vermieter bestätigt hiermit, bei Vertragsabschluss die vorgenannten 70.000,00 DM in bar erhalten zu haben."
Nach der Darstellung der Beklagten hat die Beklagte zu 1 die 70.000 DM kurz nach Vertragsunterzeichnung an die Eigentümer ausgezahlt.
Die Kläger bestreiten das Vorliegen eines Mietvertrages. Wegen Ausbleibens jeglicher Mietzahlungen kündigte der Kläger zu 1 am einen etwa bestehenden Mietvertrag. Zuvor hatte er mit Schreiben vom und die Beklagte zu 1 aufgefordert, die laufende und eventuell rückständige Miete auf sein Konto zu überweisen.
Der Kläger zu 1 hat vorgetragen, für das streitgegenständliche Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 130 qm, 4 Zimmern, Keller und Terrasse auf großzügigem Grundstück sei eine monatliche Miete bzw. Nutzungsentschädigung von 1.533,88 € netto kalt (3.000 DM) angemessen.
Das Amtsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen, weil es aufgrund der Aussage des Zeugen T. S. davon ausgegangen ist, dass ein Mietvertrag mit einer einmaligen Vorauszahlung der Miete in Höhe von 70.000 DM vereinbart worden sei und die Vorausverfügung gegenüber dem Zwangsverwalter wirksam sei. Das Landgericht hatte durch Teilurteil die Beklagten verurteilt, das hintere Einfamilienhaus zu räumen und an den Kläger zu 1 herauszugeben; die Entscheidung über den Zahlungsantrag hatte es dem Schlussurteil vorbehalten. Auf die Revision der Beklagten ist durch den Bundesgerichtshof das Teilurteil vom aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden (Urteil vom - VIII ZR 378/04, MietPrax-AK § 301 ZPO Nr. 1), weil die Voraussetzungen eines Teilurteils nach § 301 ZPO nicht vorlagen.
Mit Beschluss vom hat das Landgericht die erneute Vernehmung des Zeugen T. S. angeordnet. Dazu ist es nicht gekommen, weil sich der Zeuge T. S. schriftlich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht als Verwandter der Beklagten berufen hat.
Das Landgericht hat unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen die Beklagten verurteilt, das hintere Einfamilienhaus zu räumen und an die Klägerin zu 2 herauszugeben, sowie die Beklagte zu 1 darüber hinaus, 79.185,60 € nebst Zinsen an den Kläger zu 1 zu zahlen. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten weiter die Abweisung der Klage insgesamt.
Gründe
Die Revision der Beklagten hat Erfolg und führt zur Zurückweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Über das Rechtsmittel ist hinsichtlich des Klägers zu 1 antragsgemäß durch Teilversäumnisurteil zu entscheiden, da der Kläger zu 1 in der mündlichen Revisionsverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht anwaltlich vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil indessen auch insoweit nicht auf der Säumnis des Klägers zu 1, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 81 f.).
I.
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin zu 2 habe gegen die Beklagten einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe des Grundstücks gemäß § 546 Abs. 1 und Abs. 2 BGB. Zwar sei davon auszugehen, dass die Grundstückseigentümer M. und T. S. am mit der Beklagten zu 1 einen Mietvertrag über das hintere Einfamilienhaus des Inhalts geschlossen hätten, dass die Beklagte zu 1 auf Lebenszeit das Haus bewohnen und an Dritte untervermieten dürfe, und dass die Beklagte zu 1 hierfür eine Einmalzahlung von 70.000 DM als Miete geleistet habe.
Wegen der Zeugnisverweigerung des Zeugen T. S. in der zweiten Instanz sehe sich die Kammer daran gehindert, die Aussage des Zeugen vor dem Amtsgericht zum Vorliegen eines Mietvertrags und zur Zahlung der 70.000 DM hinsichtlich ihrer Glaubhaftigkeit anders zu werten, als dies das Amtsgericht getan habe, obwohl die Kammer aufgrund des amtsgerichtlichen Protokolls Zweifel an den Angaben des Zeugen hege. Eine abweichende Bewertung sei nur aufgrund einer erneuten Einvernahme zulässig. Diese sei rechtlich nicht möglich, weil der Zeuge berechtigt sei, das Zeugnis gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zu verweigern.
Der Mietvertrag wirke gemäß § 152 Abs. 2 ZVG auch gegenüber dem Kläger zu 1 als Zwangsverwalter. Dieser habe den Mietvertrag aber wirksam gekündigt. Aus § 152 Abs. 1 ZVG habe er das Recht, eine Kündigung des Mietvertrags auszusprechen, wenn dies wegen der wirtschaftlichen Verwertung notwendig sei. Dies sei hier der Fall, da wegen Ausbleibens der Miete eine Befriedigung der Grundpfandrechtsgläubiger erheblich gefährdet sei. Es liege der Kündigungsgrund des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a BGB aF in Verbindung mit § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB aF vor, da keinerlei Mietzahlungen an den Kläger zu 1 erfolgt seien. Der Kündigung stehe nicht entgegen, dass eine konkrete Monatsmiete nicht vereinbart gewesen sei. In dem Zeitraum von Januar 1998 bis zum April 2002 seien jedenfalls mehr als zwei Monatsbeträge - egal welcher Höhe - offen geblieben, da in diesem Zeitraum überhaupt keine Zahlungen erfolgt seien. Der Kläger zu 1 habe unstreitig unter dem und zur Mietzahlung erfolglos aufgefordert. Den Beklagten sei auch die Möglichkeit der Zahlung in der Schonfrist gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB aF nicht genommen gewesen, denn sie hätten die vom Kläger zu 1 dargelegte monatliche Miete von 1.533,88 € (3.000 DM) zahlen können. Auch wenn die Kammer die Annahme des Amtsgerichts über die Zahlung der 70.000 DM aufgrund der Angaben des Zeugen T. S. zugrunde lege, entfalle der Kündigungsgrund dadurch nicht. Die Zahlung der 70.000 DM sei gegenüber dem Zwangsverwalter als Vorausverfügung gemäß § 1192 Abs. 1, § 1124 Abs. 2 BGB unwirksam.
Die behauptete Vorausverfügung über die Miete sei jedenfalls gegenüber dem nach dem behaupteten Abschluss des Mietvertrags eingesetzten Zwangsverwalter unwirksam. Anderenfalls würde der Zugriff des Pfandgläubigers auf die Miet- oder Pachtzinsen durch ein außerhalb des Grundbuchs erfolgendes Geschäft vereitelt. Dies sei mit der grundbuchlich gesicherten Stellung des Grundpfandgläubigers nicht zu vereinbaren. Die Grundpfandrechte würden in ihrem Kern entwertet, wenn sie außerhalb des Grundbuchs durch den Eigentümer des Grundstücks unterlaufen werden könnten. Ein Fall eines sogenannten Baukredits liege hier nicht vor. Anhaltspunkte für eine Investition der 70.000 DM in das Grundstück seien nicht ersichtlich. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 137, 106 ff.), wonach bei einer Einmalzahlung der Miete ohne Bemessung nach periodischen Zeitabschnitten keine Vorausverfügung anzunehmen sei, sei auf den hiesigen Fall nicht übertragbar. Dem Gläubiger eines Realkredits sei die Möglichkeit der Kontrolle wirtschaftlicher Auswirkungen von Mietverträgen für solche Verträge, die - wie hier - nach der Bestellung des Grundpfandrechts geschlossen würden, von vornherein verwehrt. Selbst wenn diese Verträge dem Zwangsverwalter vorgelegt würden, ändere dies an der wirtschaftlichen Entwertung des Realkredits nichts.
Die Klägerin zu 2 könne nach der wirksamen Kündigung durch den Kläger zu 1 die Räumung und Herausgabe an sich verlangen, nachdem sie in der Zwangsversteigerung das Eigentum erlangt habe. Die Beklagte zu 1 sei aus § 546 Abs. 1 BGB verpflichtet, der Beklagte zu 2 aus § 546 Abs. 2 BGB.
Der Kläger zu 1 könne von der Beklagten zu 1 für die Zeit von Januar 1998 bis Dezember 2003 Miete bzw. Nutzungsentschädigung in Höhe von (72 Monate x 1.099,80 €) 79.185,60 € aus § 535 Satz 2 BGB aF, § 535 Abs. 2 BGB nF bzw. aus § 546a Abs. 1 BGB nF verlangen. Der Kläger zu 1 sei als ehemaliger Zwangsverwalter hinsichtlich des Zahlungsanspruchs weiter prozessführungsbefugt und aktivlegitimiert. Aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen sei die Kammer davon überzeugt, dass in der fraglichen Zeit für das Haus eine Miete bzw. Nutzungsentschädigung von 1.099,80 € monatlich netto kalt angemessen sei. Der Zahlungsanspruch sei weder verjährt noch verwirkt.
II.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann weder dem Kläger zu 1 ein Anspruch auf Zahlung von 79.185,60 € zugesprochen werden noch der Kläge-rin zu 2 ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe des unter der Anschrift S. straße , B. , belegenen hinteren Einfamilienhauses zugebilligt werden.
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es darauf an, ob die Einmalzahlung von 70.000 DM wirksam vereinbart und tatsächlich geleistet worden ist. Denn bejahendenfalls wäre die Zahlung der 70.000 DM durch die Beklagte zu 1 gegenüber dem Kläger zu 1 als Zwangsverwalter - anders als das Berufungsgericht meint - nicht als Vorausverfügung gemäß § 1192 Abs. 1, § 1124 Abs. 2 BGB unwirksam.
a) Die Vorschrift § 1124 BGB ist im vorliegenden Fall anwendbar. Wenn - wie hier - ein Grundpfandgläubiger die Zwangsvollstreckung betreibt, richtet sich die Wirksamkeit von Vorausverfügungen des Vollstreckungsschuldners im Rahmen einer Zwangsverwaltung allein nach den Vorschriften der §§ 1124, 1125 BGB. Dies ergibt sich aus § 146 ZVG in Verbindung mit § 20 ZVG (, WM 2003, 2194, unter II 3 b).
Auch ist die Zahlung eines Einmalbetrags als Miete anzuerkennen. Nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit können die Beteiligten nicht nur die Vorauszahlung der Miete vereinbaren, sondern auch deren Entrichtung in einem einmaligen Betrag (BGHZ 137, 106, 110).
Nach § 1124 Abs. 2 BGB ist eine Verfügung dem Grundpfandgläubiger gegenüber jedoch nur insoweit unwirksam, als sie sich auf die Miete (oder Pacht) für eine spätere Zeit als den Monat der Beschlagnahme bezieht. Eine Vorausverfügung im Sinne von § 1124 BGB setzt somit die Existenz einer nach periodischen Zeitabschnitten bemessenen Mietforderung gegen den Schuldner voraus, auf die durch ein Rechtsgeschäft eingewirkt wird (BGHZ, aaO, 110 f.; aaO).
Wenn dagegen im Mietvertrag eine Einmalzahlung vereinbart wird, die nicht auf der Grundlage periodischer Zeitabschnitte (etwa Monate oder Jahre) bemessen wird, erlischt mit der Zahlung des Einmalbetrags der Anspruch auf Zahlung der Miete insgesamt. Erfolgt eine solche Einmalzahlung vor der Beschlagnahme durch den Grundpfandgläubiger, so ist sie ihm gegenüber wirksam, § 1124 Abs. 1 Satz 1 BGB.
So verhält es sich nach dem Inhalt des von den Beklagten vorgelegten Mietvertrags vom hier. Aus dem Wortlaut des Vertrags ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine periodische Bemessung der Miete. Auch aus der Gegenüberstellung der beiderseitigen Leistungen ergibt sich nichts anderes. Die Beklagte zu 1 hatte einen Einmalbetrag für die gesamte Mietdauer in Höhe von 70.000 DM, fällig bei Vertragsunterzeichnung, zu zahlen. Darüber hinaus schuldete sie keine weitere Miete und Nebenkosten. Ihre Enkelsöhne als frühere Vermieter verpflichteten sich demgegenüber, der Beklagten zu 1, ihrer damals über 70-jährigen Großmutter, auf Lebenszeit den Gebrauch der Mietsache zu überlassen. Hiernach bleibt offen, auf wie viele Monate oder andere periodische Zeitabschnitte die Zahlung von 70.000 DM zu verteilen ist (vgl. BGHZ, aaO, 113).
Schließlich soll die Zahlung der 70.000 DM im Jahr 1994 erfolgt sein, also vor der Beschlagnahme durch Anordnung der Zwangsverwaltung vom .
b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die vorgenannten Grundsätze nicht auf Fälle des Erwerbs durch Kaufvertrag oder Zuschlag in der Zwangsversteigerung (§ 566b ZPO, § 57b ZVG) beschränkt, sondern finden auch auf den hier vorliegenden Fall Anwendung. Die Regelungen in § 1124 Abs. 2, § 566b BGB, § 56 Satz 2, § 57b ZVG erfordern für Grundpfandgläubiger ab der Beschlagnahme, für Käufer ab Eigentumsüberschreibung und für Ersteher ab Zuschlag in der Zwangsversteigerung eine einander entsprechende Handhabung, da ihnen dieselbe Wertung zugrunde liegt (BGHZ 163, 201, 204 ff.). Diese Bestimmungen bezwecken neben dem Schutz des nächsten Berechtigten vor dem Verlust des Miet- oder Pachtanspruchs auch den Schutz des Mieters/Pächters vor einer Doppelzahlung.
c) So kommt es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht darauf an, ob die Einmalzahlung vor oder nach der Bestellung eines Grundpfandrechts vertraglich vereinbart und gezahlt wird, sondern nur darauf, ob dies vor der Beschlagnahme geschieht.
§ 1124 BGB stellt auf die Beschlagnahme und nicht den Zeitpunkt der Begründung des Grundpfandrechts ab. Zu Recht weist die Revision darauf hin, dass der Grundpfandgläubiger ohnehin gegen unwirtschaftliche Nutzung des Grundstücks nicht gesichert ist. So kann ein Eigentümer das als Sicherheit dienende Grundstück unter Wert vermieten oder dessen Nutzung und Pflege derart unterlassen, dass auch im Rahmen üblicher Zwangsverwaltung eine wirtschaftliche Nutzung nicht möglich wird. Dies ist hinzunehmen, denn dem Grundpfandgläubiger haftet in erster Linie das Grundstück selbst.
2. Aus den vorgenannten Gründen kommt es für die Entscheidung darauf an, ob vor der Beschlagnahme ein Mietvertrag zwischen den damaligen Eigentümern und der Beklagten zu 1 wirksam vereinbart wurde und der Anspruch auf Zahlung der Miete gegebenenfalls durch die Zahlung der 70.000 DM erloschen ist.
Wie die Revisionserwiderung zu Recht rügt, hat das Berufungsgericht insoweit rechtsfehlerhaft angenommen, wegen der zweitinstanzlich erfolgten Zeugnisverweigerung des Zeugen T. S. an die erstinstanzlichen Feststellungen des Amtsgerichts gemäß § 529 Abs. 1 ZPO gebunden und daran gehindert zu sein, eigene Feststellungen zu treffen.
Soweit es sich trotz eigener Zweifel an den Angaben des Zeugen in dem amtsgerichtlichen Protokoll an die Annahme des Amtsgericht gebunden sieht, welches von einem Mietvertragsabschluss am und der Zahlung der 70.000 DM ausgeht, verkennt das Berufungsgericht Bedeutung und Normzweck des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Zwar geht das Berufungsgericht zu Recht davon aus, dass regelmäßig eine von der erstinstanzlichen Beweiswürdigung abweichende Beurteilung der Glaubwürdigkeit eines Zeugen ohne dessen nochmalige Vernehmung unzulässig ist (Senatsurteil vom - VIII ZR 151/01, NJW-RR 2002, 1649). Andererseits hat das Gericht nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung wahr ist oder nicht (§ 286 ZPO). Das gilt grundsätzlich auch für das Berufungsgericht. Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat es seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen nur insoweit zugrunde zu legen, als nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Die Aufgabe der Berufungsinstanz als zweiter - wenn auch eingeschränkter - Tatsacheninstanz besteht auch nach der Reform des Zivilprozesses in der Gewinnung einer "richtigen", d.h. der materiellen Gerechtigkeit entsprechenden Entscheidung des Einzelfalles (BGHZ 162, 313, 316). "Vernünftige" Zweifel genügen, um das Berufungsgericht zu neuen Tatsachenfeststellungen zu verpflichten (BGHZ, aaO).
Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen können sich auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertung ergeben. Wenn sich das Berufungsgericht, wie hier, von der Richtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung nicht zu überzeugen vermag, so ist es an die erstinstanzliche Beweiswürdigung, die es aufgrund konkreter Anhaltspunkte nicht für richtig hält, nicht gebunden, sondern zu einer erneuten Tatsachenfeststellung nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet (BGHZ, aaO, 317).
Da der Zeuge aufgrund des Zeugnisverweigerungsrechts als Beweismittel in der zweiten Instanz nicht zur Verfügung stand, hätte sich das Berufungsgericht, ohne an die Glaubwürdigkeitsbeurteilung des Amtsgerichts gebunden zu sein, von dem Wahrheitsgehalt der Behauptung der Beklagten aufgrund der übrigen Umstände ein eigenes Bild machen müssen. Sofern es sich dabei unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen nicht davon hätte überzeugen können, dass die Behauptungen der Beklagten zum Abschluss des Mietvertrags und zur Zahlung des Einmalbetrags von 70.000 DM der Wahrheit entsprechen, hätte es nach Beweislastgrundsätzen entscheiden müssen (§ 286 ZPO).
III.
Aus den dargelegten Gründen kann die Entscheidung des Berufungsgerichts keinen Bestand haben. Das Berufungsurteil ist daher auf die Revision der Beklagten aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW 2007 S. 2919 Nr. 40
HAAAC-49615
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja