Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: KSchG § 1
Instanzenzug: ArbG Stuttgart 36 Ca 1334/04 vom LAG Baden-Württemberg 4 Sa 42/04 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Beklagten auf betriebliche Gründe gestützten ordentlichen Kündigung.
Die mit einem GdB von 30 behinderte Klägerin trat 1981 ("technisches Eintrittsdatum") in die Dienste der Beklagten. Von 1983 bis 1984 arbeitete sie als Sekretärin, danach als Sachbearbeiterin, zuletzt in der Abteilung "Database-Marketing". Die monatliche regelmäßige Arbeitszeit betrug 99,18 Stunden.
Ende Oktober 2001 erkrankte die Klägerin für mehrere Monate. Im August 2002 vereinbarten die Parteien unbezahlten Sonderurlaub, den sie im September 2003, nachdem ein Wechsel der Klägerin in eine andere Tätigkeit gescheitert war, bis zum ausdehnten. Im Oktober 2003 beschloss die Beklagte, den Bereich Database-Marketing an ein anderes Unternehmen abzugeben. Im November 2003 unterrichtete die Beklagte die Klägerin über den bevorstehenden Betriebsübergang. Anfang Dezember widersprach die Klägerin dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses.
Die Beklagte überprüfte im Folgenden mit Hilfe des Stellenausschreibungstools "BTFJ", ob freie geeignete Arbeitsplätze für die Klägerin vorhanden seien. Zwei Eingaben erbrachten das Ergebnis: "no results found". Des Weiteren führte die Beklagte eine von ihr als vorsorglich bezeichnete Sozialauswahl durch.
Mit Schreiben vom hörte die Beklagte den bei ihr gewählten Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung der Klägerin an. Nachdem der Betriebsrat wegen einer Sitzungspause über die Jahreswende vergeblich um eine Verlängerung der Anhörungsfrist bis zum gebeten hatte, widersprach er der Kündigung unter dem . Er wies darauf hin, ihm lägen über 30 Neuanträge und Verlängerungen von sog. Rahmenverträgen für den Sekretariatsbereich vor.
Mit Schreiben vom kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum .
Unter dem unterrichtete die Bundesagentur für Arbeit die Beklagte über einen bereits am eingegangenen Antrag der Klägerin auf Gleichstellung. Auf dem Schreiben ist handschriftlich vermerkt: "E: ". Mit Schreiben vom teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit, seine Mandantin habe einen Antrag auf Anerkennung als Schwerbehinderte beim Versorgungsamt gestellt. Mit Bescheid vom stellte die Bundesagentur für Arbeit die Klägerin rückwirkend zum einem schwerbehinderten Menschen gleich.
Die Klägerin hat die Unwirksamkeit der Kündigung geltend gemacht. Die Beklagte habe ihr Aufgaben übertragen, die sie tätigkeitsbezogen überforderten und damit krank machten (Neurasthenie). Auf Grund ihrer Ausbildung und betrieblichen Erfahrungen sei sie in der Lage, vielfältige Aufgaben im Betrieb zu erfüllen. So sei sie im Sekretariatsbereich einsetzbar. Zum habe die Beklagte 80 sog. Rahmenverträge abgeschlossen, darunter 17 Verträge für Tätigkeiten der Tarifgruppen 4 und 5 sowie 9 Verträge für den Sekretariatsbereich. Die Sekretariatsbeschäftigten mit solchen Rahmenverträgen kämen praktisch ganzjährig zum Einsatz. Um die Jahreswende 2003/2004 habe die Beklagte im Übrigen zwei Stellen einer ManagementAssistentin und eine Stelle einer Sales-Assistentin ausgeschrieben. Sie genieße den Sonderkündigungsschutz eines gleichgestellten Menschen. Die Mitteilung der Bundesagentur für Arbeit über den Gleichstellungsantrag habe die Beklagte spätestens am erreicht. Die Betriebsratsanhörung sei fehlerhaft. Die Beklagte habe in Kenntnis der Sitzungspause des Betriebsrats die Anhörung eingeleitet.
Die Klägerin hat, soweit noch von Interesse, beantragt:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom nicht aufgelöst worden ist.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, die Klägerin sei "jobkrank" gewesen (Aversion gegen Kollegen und Räumlichkeiten). Die Klägerin habe ihr angebotene Tätigkeitsalternativen grundlos abgelehnt. Den Qualifikationsanforderungen an die Tätigkeit als Management-Assistentin genüge die Klägerin nicht. Gleiches gelte für die Tätigkeit als Sales-Assistentin. Die von der Klägerin benannten Mitarbeiterinnen im Sekretariatsbereich seien auf der Grundlage sog. Rahmenverträge eingestellt und würden, wenn ein Vertretungsfall eintrete, maximal für die Dauer von sechs Monaten beschäftigt. Darüber hinaus liege die Vergütung dieser Tätigkeiten unterhalb der Bruttomonatsbezüge der Klägerin. Die Klägerin genieße keinen Sonderkündigungsschutz. Das Schreiben der Bundesagentur für Arbeit sei ihr, der Beklagten, am zugegangen. Es beinhalte keine Geltendmachung des Sonderkündigungsschutzes. Auch eine rechtsmissbräuchliche Verkürzung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats habe nicht stattgefunden. Der Betriebsrat habe innerhalb der ihm zustehenden Frist am zu der beabsichtigten Kündigung Stellung genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat nach dem jetzt noch im Streit stehenden Klageantrag erkannt. Mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Gründe
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.
A. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die bisherige Tätigkeit der Klägerin sei entfallen. Das rechtfertige die Kündigung jedoch nicht, weil die Beklagte die Klägerin in ihrer früheren Funktion als Sekretärin habe weiterbeschäftigen können. Die Beklagte habe ihrer Verpflichtung zur Prüfung einer Beschäftigungsmöglichkeit nicht genügt. Die Stelle einer Sales-Assistentin habe die Beklagte allerdings nicht anbieten müssen, weil sie nach Tarifgruppe 5 bewertet gewesen sei, während die Klägerin in die Tarifgruppe 4 eingruppiert sei. Zu der Frage, ob die Klägerin dem Qualifikationsprofil der Stelle einer Management-Assistentin nicht wenigstens nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen habe entsprechen können, liege kein ausreichendes Vorbringen der Parteien vor. Letztlich könne die Frage aber offenbleiben, weil die Beklagte der Klägerin jedenfalls eine Weiterbeschäftigung im Sekretariatsbereich habe anbieten müssen. Es sei anerkannt, dass ein Stammarbeitnehmer den Arbeitsplatz eines Leiharbeitnehmers beanspruchen könne, wenn er in der Lage sei, dessen Tätigkeit auszuüben. Stehe ein Beschäftigungsvolumen zur Verfügung, das den ganzjährigen Einsatz der Klägerin erlaube, so könne die Beklagte sich nicht darauf berufen, im Sekretariatsbereich gebe es keine ausreichende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit. Dass die Beklagte die ihr durch Rahmenverträge verbundenen Arbeitnehmer nur bis zu sechs Monate einsetze, liege ersichtlich daran, dass insoweit kein Dauerarbeitsverhältnis begründet werden solle. Diese Befürchtung brauche die Beklagte bei der Klägerin aber nicht zu hegen, weil diese bereits im Dauerarbeitsverhältnis stehe. Es sei auch ein zur Beschäftigung der Klägerin mit 99,18 Stunden/Monat ausreichendes Arbeitsvolumen vorhanden.
B. Dem stimmt der Senat in Teilen der Begründung, nicht aber im Ergebnis zu.
Ob die Kündigung der Beklagten das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgelöst hat, steht noch nicht fest.
I. Die vom Landesarbeitsgericht gegebene Begründung trägt die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG nicht.
1. Richtig ist allerdings die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die bisherige Beschäftigungsmöglichkeit der Klägerin sei entfallen.
2. Zutreffend ist auch, dass eine ordentliche Beendigungskündigung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausgeschlossen ist, wenn die Möglichkeit besteht,
den Arbeitnehmer auf einem anderen freien Arbeitsplatz auch zu geänderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen ( - AP KSchG 1969 § 2 Nr. 79).
a) Nicht zu beanstanden ist ferner die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe allein mit der elektronischen Abfrage von Vakanzen und der Einschaltung zweier Mitarbeiter keine Anstrengungen unternommen, aus deren Erfolglosigkeit bereits auf das Fehlen von Möglichkeiten der Weiterbeschäftigung geschlossen werden könnte. Die Revision wendet sich auch nicht gegen die entsprechenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts.
b) Dass die Klägerin nicht auf der Stelle einer Sales-Assistentin beschäftigt wer- den musste, hat das Landesarbeitsgericht ebenso in revisionsrechtlich nicht zu bemängelnder Weise angenommen wie es von seinem Standpunkt aus folgerichtig die Frage, ob die Klägerin hätte auf der Stelle einer Management-Assistentin weiterbeschäftigt werden können, offen gelassen hat.
c) Zu Unrecht rügt die Revision, das Landesarbeitsgericht habe die Verteilung der Darlegungslast insoweit verkannt oder die geltenden Grundsätze fehlerhaft angewandt, als es davon ausgegangen sei, die Klägerin sei zur Übernahme derjenigen Tätigkeiten geeignet, die von der Beklagten durch "Rahmenverträge" abgedeckt werden.
aa) Im Kündigungsschutzprozess gilt im Hinblick auf die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast: Der Arbeitgeber genügt zunächst seiner Darlegungslast, wenn er allgemein vorträgt, eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers sei nicht möglich. Auf nähere Darlegungen des Arbeitnehmers, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt, muss der Arbeitgeber dann eingehend erläutern, aus welchem Grund eine Beschäftigung auf einem entsprechenden Arbeitsplatz nicht möglich gewesen sei (st. Rspr. vgl. - BAGE 42, 151; - 2 AZR 195/01 -BAGE 102, 197). Dabei genügt es für die Darlegungen des Arbeitnehmers, wenn er angibt, welche Art der Beschäftigung gemeint ist. Der Arbeitnehmer muss im allgemeinen keinen konkreten freien Arbeitsplatz benennen ( - NZA 1998, 833).
bb) Es ist nicht zu beanstanden, wenn das Landesarbeitsgericht in Anwendung dieser Grundsätze zu dem Ergebnis gekommen ist, es sei davon auszugehen, dass die Klägerin zur Ausübung der von der Beklagten durch Rahmenverträge abgedeckten Tätigkeiten geeignet ist. Die Klägerin war bei der Beklagten als Sachbearbeiterin und früher auch eine gewisse Zeit lang als Sekretärin tätig. Wenn sie nun vortrug, sie stelle sich eine Weiterbeschäftigung im Rahmen der aushilfsweisen Erledigung von Sekretariatsarbeiten vor, so hat die Klägerin deutlich und nicht in von vornherein unplausibler oder abwegiger Weise dargetan, wie sie sich eine zukünftige Beschäftigung vorstellte und dass entsprechende Beschäftigungskapazitäten bei der Beklagten vorhanden sein konnten. Danach war es der Beklagten ohne Weiteres möglich, hierauf die betreffenden, der Klägerin nicht näher bekannten Stellenanforderungen darzulegen und ihre Auffassung, die Klägerin sei für diese Arbeiten nicht geeignet oder es gebe keine ausreichenden Kapazitäten, mit Tatsachen zu unterlegen. Wenn sie dies hinsichtlich der Art der Tätigkeiten nicht tat, so hielt es sich jedenfalls im revisionsrechtlich zu achtenden Beurteilungsspielraum der Tatsacheninstanz, wenn das Landesarbeitsgericht als nicht ausreichend entkräftet annahm, die Klägerin sei zur Ausführung der betreffenden Arbeiten in der Lage.
d) Soweit das Landesarbeitsgericht allerdings angenommen hat, die Beklagte habe das durch Rahmenverträge abgedeckte Beschäftigungsvolumen im Umfang des mit der Klägerin vereinbarten Beschäftigungsvolumens dieser anbieten müssen, kann der Senat dem auf Grund der bisherigen Feststellungen nicht zustimmen. Ob die Beklagte zu einem solchen Angebot verpflichtet war, steht noch nicht fest.
aa) Eine Kündigung, die auf Grund einer zum Wegfall des bisherigen Arbeitsplatzes führenden organisatorischen Maßnahme ausgesprochen worden ist, ist nur dann durch ein dringendes betriebliches Erfordernis "bedingt", wenn der Arbeitgeber keine Möglichkeiten hat, den Arbeitnehmer anderweitig zu beschäftigen. Dies folgt aus dem "ultima-ratio-Grundsatz", den das Gesetz in § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG konkretisiert hat. Die Weiterbeschäftigung muss aber sowohl dem Arbeitnehmer als auch dem Arbeitgeber objektiv möglich sein. Dies setzt voraus, dass ein freier vergleichbarer (gleichwertiger) Arbeitsplatz oder ein freier Arbeitsplatz zu geänderten (schlechteren) Arbeitsbedingungen vorhanden ist. Als "frei" sind grundsätzlich solche Arbeitsplätze anzusehen, die zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung unbesetzt sind (st. Rspr. vgl. zuletzt - AP KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 142). Dem steht es gleich, wenn der Arbeitsplatz bis zum Ablauf der Kündigungsfrist frei wird. Ist dies nämlich der Fall, so besteht in Wahrheit kein Arbeitskräfteüberhang, der den Arbeitgeber zur Kündigung berechtigen könnte.
bb) Ob und für wie lange ein zB aus Krankheitsgründen vakanter Arbeitsplatz besetzt werden soll, unterliegt der nur auf Missbrauch und Willkür überprüfbaren unternehmerischen Entscheidung des Arbeitgebers ( -AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 142). Würde das Gericht Vorgaben machen, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber verpflichtet wäre, im Falle einer Krankheitsvakanz Ersatzeinstellungen vorzunehmen, so wäre der Arbeitgeber gezwungen, mehr Arbeitsverträge zu unterhalten, als er es für zweckmäßig hält. Wenn es - wie es der ständigen Rechtsprechung des Senats entspricht - Sache des Arbeitgebers ist, das Verhältnis der Anzahl der Arbeitskräfte zum Volumen der anfallenden Arbeit im Rahmen der rechtlichen Bindungen zu bestimmen, so muss er auch - bis zur Grenze des Missbrauchs - frei sein, darüber zu befinden, ob und ggf. wie lange er eine Krankheitsvakanz auf einem bestimmten Arbeitsplatz hinnimmt und ob und wie er sie überbrückt. Diese Grundsätze gelten auch für andere Vertretungsfälle. Ein Grund, etwa Urlaubs-, Sonderurlaubs- oder sonstige Abwesenheitsfälle (Elternzeit) anders zu bewerten, besteht nicht. In allen diesen Fällen würde, wenn die Gerichte diese Arbeitsplätze als "frei" zur Besetzung mit Arbeitnehmern ansähen, deren bisherige Beschäftigungsmöglichkeit entfallen ist, in einer nicht mit der Rechtsprechung des Senats zu vereinbarenden Weise in den unternehmerischen Entscheidungsspielraum eingegriffen. Auf derselben Linie liegt es, dass der Senat es als im Rahmen der unternehmerischen Organisationsfreiheit liegend angesehen hat, darüber zu bestimmen, ob er die betrieblichen Beschäftigungskapazitäten mit Vollzeit- oder Teilzeitkräften abdeckt ( - BAGE 110, 188).
cc) Allerdings besteht auch die unternehmerische Organisationsfreiheit nicht um ihrer selbst willen. Ihre Ausübung darf den dem Arbeitnehmer durch das Gesetz gewährten Bestandsschutz nicht wirkungslos machen (vgl. - BAGE 92, 79; - 2 AZR 141/99 - BAGE 92, 71). Deshalb kann der Ausspruch einer Kündigung nach dem Kündigungsschutzgesetz nicht allein durch die Berufung auf die unternehmerische Organisationsfreiheit begründet werden. Sie ist nicht selbst Kündigungsgrund, sondern sie beschreibt den Rahmen, in dem der Arbeitgeber frei ist, die Beschäftigung und das Zusammenwirken seiner Arbeitnehmer zu ordnen und aus dieser Ordnung dann den Bedarf an Arbeitskräften abzuleiten und durch den Abschluss und die Ausgestaltung von Verträgen oder durch Kündigungen zu realisieren. Die Kündigung muss sich an dieser vom Arbeitgeber selbst geschaffenen und von ihm im Kündigungsschutzprozess darzulegenden Arbeitsorganisation messen lassen. Besteht nach ihr der Beschäftigungsbedarf für Arbeitnehmer fort, so ist die Kündigung nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt.
dd) Auf den vorliegenden Fall angewandt bedeutet dies: Deckt die Beklagte tatsächlich, wie von ihr geltend gemacht, nur den Vertretungsbedarf durch rechtlich zulässig gestaltete Arbeitsverträge mit Arbeitnehmern ab, denen sie durch "Rahmenverträge" verbunden ist, so ist das durch den Vertretungsbedarf beschriebene Beschäftigungsvolumen nicht "frei". Dass die Beklagte in der behaupteten Weise verfährt, kann sie durch Darlegung des durchschnittlichen Umfangs des Vertretungsbedarfs und einer auch dem Umfang nach in etwa damit übereinstimmenden dauerhaften und nachhaltigen entsprechenden Vertragspraxis aufzeigen. Ausgeschlossen sein muss, dass - auch - nicht vertretungsbedingter Beschäftigungsbedarf in nennenswertem Umfang durch die "Rahmenverträge" abgedeckt wird. Denn dann entspräche die Kündigung nicht dem von der Beklagten selbst vorgetragenen und im Rahmen der unternehmerischen Organisationsfreiheit liegenden Konzept. Die Kündigung wäre dann nicht durch das Fehlen von Beschäftigungsbedarf begründet. Ein dringendes betriebliches Bedürfnis läge nicht vor.
II. Da sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO) und die Sache nicht entscheidungsreif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO), muss sie an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen werden (§ 563 Abs. 1 ZPO).
1. Die Parteien haben zum Umfang des von der Beklagten geltend gemachten Vertretungsbedarfs und zur Deckung dieses Bedarfs durch "Rahmenverträge" bisher nur ansatzweise vorgetragen. Das Landesarbeitsgericht wird ihnen nunmehr Gelegenheit geben müssen, ihr Vorbringen im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen zu ergänzen und zu vertiefen. Sollte es darauf ankommen, wird auch die vom Landesarbeitsgericht bisher offen gelassene Frage zu klären sein, ob die Klägerin als Management-Assistentin hätte weiterbeschäftigt werden müssen.
2. Die Frage, ob die Kündigung nach § 85 Abs. 1 SGB IX iVm. § 68 Abs. 1, Abs. 3 SGB IX unwirksam ist, hat das Landesarbeitsgericht bisher nicht beantwortet.
Sollte die Klägerin die bisher geltende Monatsfrist zur Geltendmachung des Sonderkündigungsschutzes nur geringfügig überschritten haben, so wird das Landesarbeitsgericht die in der Entscheidung des Senats vom (- 2 AZR 539/05 - AP SGB IX § 85 Nr. 3 = EzA SGB IX § 85 Nr. 5) niedergelegten Grundsätze zu beachten haben. Ob überhaupt eine Geltendmachung durch die Klägerin vor dem stattgefunden hat, ist allerdings äußerst zweifelhaft. Die Klägerin selbst hat sich vor dem offenbar weder mit der Klage noch außerhalb des Verfahrens wegen des Sonderkündigungsschutzes an die Beklagte gewandt. Die Unterrichtung der Beklagten erfolgte - anscheinend ohne Veranlassung durch die Klägerin - durch die Arbeitsagentur am . Das Erfordernis der Geltendmachung des Sonderkündigungsschutzes ist jedoch unter dem Gesichtspunkt einer ansonsten eintretenden Verwirkung zu sehen ( - aaO). Deshalb kommt es, wenn der Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung keine Kenntnis von der Schwerbehinderung hat, nicht allein auf die Kenntnis des Arbeitgebers von dem bestehenden Sonderkündigungsschutz an, sondern darauf, dass er mit der Berufung des Arbeitnehmers auf den ihm unbekannten Sonderkündigungsschutz rechnen muss. Für die Geltendmachung des Sonderkündigungsschutzes nach Ausspruch der Kündigung muss daher gefordert werden, dass der Arbeitnehmer selbst sich auf den Sonderkündigungsschutz beruft. Da dies offenbar zu spät geschehen ist, dürfte der Sonderkündigungsschutz verwirkt sein.
3. Das Landesarbeitsgericht hat - von seinem Standpunkt aus konsequent - die Frage, ob die Kündigung nach § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam ist, nicht behandelt. Die Auffassung der Klägerin, die Beklagte habe die Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG verlängern müssen, dürfte indes kaum zutreffend sein. Zwar hat der Senat es als möglich angesehen, dass die Berufung des Arbeitgebers auf die Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG rechtsmissbräuchlich sein kann ( - 2 AZR 561/85 -BAGE 52, 346 für den Fall von Massenkündigungen). Die hier bisher festgestellten Umstände liegen jedoch weit außerhalb des Bereichs, in dem von rechtsmissbräuchlichem Beharren des Arbeitgebers auf Fristeinhaltung die Rede sein kann. Der Betriebsrat hatte lediglich auf eine Sitzungspause über die Weihnachtstage hingewiesen. Dass und warum es unzumutbar oder unmöglich gewesen sein soll, die Pause zu unterbrechen, ist nicht ersichtlich. Schließlich hat auch der Betriebsrat über die Kündigung beraten, ohne dass daraus irgendwelche unangemessenen Belastungen erwachsen zu sein scheinen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
DB 2007 S. 1540 Nr. 27
OAAAC-49549
1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein