Zustellung von Verwaltungsakten im Ausland nach § 9 des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) und Bekanntgabe im Ausland durch einfachen Brief
1. Allgemeines
Die Zustellung von Verwaltungsakten im Ausland wird durch den seit in Kraft getretenen § 9 VwZG (bisher § 14 VwZG) neu geregelt. Im Ausland können gem. § 9 Abs. 1 VwZG Verwaltungsakte wie folgt zugestellt werden:
unmittelbar durch die Post durch Einschreiben mit Rückschein, soweit die Zustellung von Dokumenten völkerrechtlich zulässig ist (Nr. 1)
auf Ersuchen der Behörde durch die Behörden des fremden Staates oder durch die zuständige diplomatische oder konsularische Vertretung der Bundesrepublik Deutschland (Nr. 2)
auf Ersuchen der Behörde durch das Auswärtige Amt an eine Person, die das Recht der Immunität genießt und zu einer Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland gehört, sowie an Familienangehörige einer solchen Person, wenn diese das Recht der Immunität genießen (Nr. 3)
durch Übermittlung elektronischer Dokumente nach § 5 Abs. 5 VwZG, soweit dies völkerrechtlich zulässig ist (Nr. 4)
Eine förmliche Bekanntgabe (Zustellung) ist insbesondere für die im AEAO zu § 122, Tz. 1.8.3 genannten Verwaltungsakte geboten.
2. Bekanntgabe durch die Post mit einfachem Brief
Mit Ausnahme der nachfolgend aufgeführten Staaten kann davon ausgegangen werden, dass an Empfänger (einschließlich der Bevollmächtigten; , BStBl 2000 II S. 334) im Ausland Steuerverwaltungsakte durch einfachen Brief, durch Telefax oder – unter den Voraussetzungen des § 87a – durch elektronische Übermittlung bekannt gegeben werden können:
Ägypten, Argentinien, Bulgarien, China, Republik Korea, Kuwait, Mexiko, Russische Föderation, San Marino, Schweiz, Sri Lanka, Türkei, Ukraine, Venezuela, Zypern.
Vgl. hierzu auch Tz. 1.8.4 des AEAO zu § 122 AO (AO-Kartei, § 122 AO, Allgemeines, Karte 1, Tz. 1.8.4).
Eine Übersendung von Dokumenten, die keine Verwaltungsakte im Sinne des § 118 AO sind, können (wie bisher) weltweit mittels einfachen Brief bekannt gegeben werden.
3. Zustellung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 VwZG durch Einschreiben mit Rückschein
Soweit ein Verwaltungsakt im Ausland zuzustellen ist, sollte vorrangig von der Möglichkeit der Zustellung durch Einschreiben mit Rückschein Gebrauch gemacht werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass eine Zustellung durch Einschreiben mit Rückschein mit Ausnahme der in Tz. 2 genannten Staaten zumindest toleriert wird und daher völkerrechtlich zulässig ist.
Die OFD verweist diesbezüglich auch auf Tz. 3.1.4.1 des AEAO zu § 122 AO.
4. Zustellungsersuchen für Zustellungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 VwZG
Zustellungsersuchen für Zustellungen in Länder, die in Tz. 2 nicht genannt sind, werden die Konsulate und Botschaften ab sofort nur noch in besonders begründeten Ausnahmefällen nachkommen. Eine Zustellung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 VwZG soll daher erst erfolgen, wenn eine Zustellung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 VwZG nicht zulässig ist (vgl. die unter Tz. 2 genannten Länder) oder wenn die Zustellung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 VwZG erfolglos geblieben ist oder wenn im Einzelfall wegen drohender Festsetzungsverjährung ein einwandfreier Nachweis des Zugangs des Verwaltungsakts erforderlich ist.
Zustellungsersuchen sind durch die Finanzämter über die Oberfinanzdirektion auf dem Dienstweg dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zuzuleiten.
Für Zustellungsersuchen ist die Vorlage Nr. 13 30 01 0 zu benutzen. Befindet sich der Zustellungsempfänger jedoch in Portugal und besitzt er eine ausländische EU-Staatsangehörigkeit, so ist das Zustellungsersuchen nach der EG-Richtlinie 76/308/EWG (Art. 5) zu stellen. Dieses ist maschinenschriftlich auszufüllen und in 3-facher Ausfertigung der OFD vorzulegen. Bezüglich Besonderheiten bei der Zustellung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 VwZG an Personen in bestimmten Ländern verweist die OFD auf Tz. 6.
Im Einzelnen bittet die OFD folgendes zu beachten (vgl. auch Tz. 3.1.4.2 des AEAO zu § 122 AO):
Es ist die Staatsangehörigkeit des Empfängers anzugeben, weil diese für die Ausführung der Zustellung maßgeblich sein kann. Ist sie nicht bekannt, so ist dies zu vermerken.
Der zuzustellende Verwaltungsakt ist sorgfältig auf sachliche und formelle Richtigkeit zu prüfen. Der Verwaltungsakt muss in Maschinenschrift gefertigt sein und die vollständige ausländische Anschrift des Empfängers enthalten.
In dem Zustellungsersuchen sind die zuzustellenden Schriftstücke einzeln aufzuführen. Sie sind genau und mit Datum zu bezeichnen.
Steuer- oder Haftungsbescheide müssen abgerechnet sein und erforderlichenfalls ein Leistungsgebot enthalten. Wegen der Ungewissheit über die Dauer des Zustellungsverfahrens sind etwaige Zahlungsfristen nicht datumsmäßig zu bestimmen, sondern vom Tag der Zustellung abhängig zu machen (z.B. durch die Formulierung „einen Monat nach dem Tag der Zustellung dieses Bescheids”). Es sind stets die Konten der Finanzkasse anzugeben, auf die der zu entrichtende Betrag überwiesen werden soll.
In der Rechtsbehelfsbelehrung ist – ggf. unter Änderung eines vorgedruckten Textes – darüber zu belehren, dass der für den Beginn der Rechtsbehelfsfrist maßgebliche Tag der Bekanntgabe der Tag der Zustellung ist.
Z.B. ist die Rechtsbehelfsbelehrung bei Einspruchsentscheidungen wie folgt abzuändern:
„Die Frist für die Erhebung der Klage beträgt einen Monat. Sie beginnt mit Ablauf des Tages, an dem diese Entscheidung bekannt gegeben worden ist (§ 47 der Finanzgerichtsordnung). Der Tag der Bekanntgabe ist bei Zustellungen nach § 9 des Verwaltungszustellungsgesetzes der Tag der Zustellung”.
In dem Ersuchen ist kurz darzulegen, aufgrund welcher besonderen Umstände die Zustellung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 VwZG erfolgen soll.
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der zuzustellende Verwaltungsakt
ein maschinell beschrifteter Briefumschlag (kein Fensterbriefumschlag) mit Angabe des Absenders und des Aktenzeichens sowie der Auslandsanschrift des Empfängers, die mit der Anschrift auf dem zuzustellenden Verwaltungsakt übereinstimmen muss.
Für jeden Zustellungsempfänger ist ein gesondertes Ersuchen mit der für ihn bestimmten Ausfertigung des Verwaltungsakts vorzulegen. Die Zustellung eines Verwaltungsakts an mehrere Personen gemeinsam ist nicht möglich. Es kann nur an einen bestimmten Empfänger zugestellt werden. Dies gilt auch für die Zustellung an Ehegatten (vgl. Tz. 3.2 und 3.4 des AEAO zu § 122 AO).
5. Besonderheiten bei der Zustellung an Personen in bestimmten Ländern
Die Amtshilfe der EU-Staaten untereinander erstreckt sich gemäß Art. 2 der EG-BeitrRL und § 1 EG-BeitrG u.a. auf Steuern vom Einkommen, Ertrag und Vermögen, Steuern auf Versicherungsprämien, sowie Umsatzsteuern einschließlich Verspätungszuschläge, Säumniszuschläge und Zwangsgelder. Sie umfasst auch verhängte Geldbußen, soweit sie nicht strafrechtlichen Charakter haben. Die OFD verweist diesbezüglich sowie betreffend Besonderheiten zu einzelnen Vertragsstaaten auf das (BStBl I S. 102) – im Intranet abrufbar –.
Sind in den DBA’s weitere Regelungen zur Amtshilfe getroffen oder wird das Ersuchen durch oder an einen Nicht-EU-Staat gestellt, erstreckt sich dieses regelmäßig auf die Steuern, für die das jeweilige DBA gilt.
5.1 Österreich
Bei den in Österreich zuzustellenden Verwaltungsakten kann die zuständige österreichische Steuerbehörde durch deutsche Finanzämter unmittelbar um Zustellung ersucht werden (Artikel 4 Abs. 2 des Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Abgabensachen vom , BStBl 1955 I S. 434, i.V.m. Nr. 4 Abs. 4 der Verwaltungsanordnung zur Durchführung des vorgenannten Vertrags vom , BStBl 1958 I S. 76). Das BZSt wird nicht eingeschaltet.
Dabei ist zu beachten, dass – wie bereits ausgeführt – für jeden Zustellungsempfänger ein gesondertes Ersuchen mit der für ihn bestimmten Ausfertigung des Verwaltungsakts vorzulegen ist.
Für die Zustellung ist das österreichische Finanzamt zuständig, in dessen Bereich der Zustellungsempfänger seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Des Weiteren stellt das österreichische Bundesministerium für Finanzen auf seiner Internetseite [http://www.bmf.gv.at/service/behoerden/_start.htm] über die Schaltfläche „Finanz- und Zollämter” eine Suchfunktion zur Verfügung, die es ermöglicht, zu einem bekannten Ort das zuständige Finanzamt zu ermitteln). Soweit sich das zuständige österreichische Finanzamt danach nicht ermitteln lässt, wird gebeten, das Zustellungsersuchen der OFD zu übersenden. Von dort aus wird es dann an die zuständige österreichische Finanzlandesdirektion weitergeleitet.
5.2 Schweiz
Das deutsch-schweizerische Doppelbesteuerungsabkommen enthält keine Regelungen über Rechtshilfe bei Zustellungen. Die Auslandsvertretungen in der Schweiz dürfen Zustellungen in Fiskalsachen weder an eigene noch an fremde Staatsangehörige oder an Staatenlose bewirken. Zustellungen an Empfänger in der Schweiz sind daher – sofern kein inländischer Empfangsbevollmächtigter benannt ist – in der Regel durch öffentliche Zustellung zu bewirken (siehe hierzu Tz. 6).
Tatsächlich führen die deutschen Auslandsvertretungen in der Schweiz erfahrungsgemäß Zustellungen durch, wenn der Zustellungsempfänger ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Hierauf ist in dem Ersuchen ausdrücklich hinzuweisen. Die Entscheidung über eine Zustellung obliegt ausschließlich der Auslandsvertretung. Es empfiehlt sich daher, vor einer öffentlichen Zustellung eine Zustellung nach § 9 VwZG zu versuchen.
6. Öffentliche Zustellung
Soweit eine Zustellung im Ausland nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht, ist eine öffentliche Zustellung nach § 10 VwZG vorzunehmen (vgl. hierzu AO-Kartei § 122 AO Allgemeines Tz. 3.1.5.2).
OFD Frankfurt/M. v. - S
0284 A - 17 - St
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Fundstelle(n):
EAAAC-49146