Leitsatz
[1] 1. Werden aus einer kapitalbildenden Lebensversicherung nur die Ansprüche auf den Todesfall zur Sicherheit abgetreten, gibt es für die Frage, ob damit zugleich der Anspruch auf den Rückkaufswert (nach Kündigung) abgetreten ist, keinen generellen Vorrang für seine Zuordnung zu den Ansprüchen auf den Todesfall (Fortführung von - VersR 2003, 1021 unter II 1 c).
2. Ob die Abtretung auch den Anspruch auf den Rückkaufswert erfasst, hat der Tatrichter vielmehr durch Auslegung der bei der Sicherungsabtretung abgegebenen Erklärungen unter Berücksichtigung der Parteiinteressen und des Zwecks des Rechtsgeschäfts zu ermitteln.
3. Haben danach Zedent und Zessionar mit der Beschränkung der Sicherungsabtretung auf den Anspruch auf den Todesfall das Ziel verfolgt, dem Sicherungsgeber mit Blick auf das Steueränderungsgesetz 1992 steuerliche Vorteile (Abzugsfähigkeit der Versicherungsprämien als Sonderausgaben und Steuerfreiheit der Kapitalerträge aus der Lebensversicherung) zu erhalten, ist im Regelfalle der Anspruch auf den Rückkaufswert nicht mit übertragen.
Gesetze: BGB § 398; InsO § 51 Nr. 1; EStG § 10 Abs. 1 Nr. 2 lit. b
Instanzenzug: LG Karlsruhe 10 O 209/04 vom OLG Karlsruhe 6 U 168/04 vom
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von dem beklagten Insolvenzverwalter über das Vermögen des Schuldners H. E. gemäß § 170 Abs. 1 Satz 2 InsO Befriedigung aus vom Beklagten eingezogenen Rückkaufswerten von vier kapitalbildenden Lebensversicherungen, hilfsweise Schadensersatz.
Zur Sicherung von Kreditforderungen der Klägerin in Höhe von insgesamt 610.000 DM trat der Schuldner ihr Anfang Dezember 1995 aus zwei bei der V. Lebensversicherungs AG und zwei bei der G. Lebensversicherungs AG gehaltenen Lebensversicherungsverträgen seine sämtlichen gegenwärtigen und künftige Rechte und Ansprüche für den Todesfall ab.
Für die Abtretungserklärungen fand ein Formular der Klägerin Verwendung, das unter der Nr. 1 die Möglichkeit eröffnet, die Abtretung durch Ankreuzen entsprechender Textstellen auf die Ansprüche für den Todesfall (Nr. 1 a) und/oder für den Erlebensfall (Nr. 1 b) zu erstrecken. In den vier Abtretungserklärungen ist jeweils angekreuzt, die Abtretung umfasse die gegenwärtigen und zukünftigen Rechte und Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag für den Todesfall in voller Höhe. Weiter heißt es unter Nr. 1 der Formulare:
"Die Abtretung für den Erlebensfall umfaßt auch etwaige Rechte und Ansprüche im Fall der Verwertung vor Fälligkeit gem. Nr. 4.1."
Durchgestrichen ist in den vier Abtretungsurkunden jeweils der nachfolgende Absatz:
"3 Entfallen der Steuerbegünstigung
Die Sparkasse weist ausdrücklich darauf hin, daß durch diese Abtretung die steuerliche Begünstigung der Lebensversicherung (Sonderausgabenabzug für die Prämien, Steuerfreiheit der Zinsen) entfallen kann, §§ 10 Abs. 2, 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG. Dem Versicherungsnehmer wird empfohlen, diese Angelegenheit mit einem Berater in Steuerfragen zu besprechen."
Im Übrigen heißt es in den Formularen unter anderem:
"4 Verwertung und Kündigung
4.1 Die Sparkasse ist berechtigt, bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, insbesondere wenn der Kreditnehmer seinen Verpflichtungen in von ihm zu vertretender Weise nicht nachkommt, sich den abgetretenen (Teil-)Betrag im Rahmen des vereinbarten Sicherungszwecks entweder durch Kündigung des Vertrages und Erhebung des Rückkaufwertes oder durch Einziehung bei Fälligkeit zu beschaffen und die sonstigen sich aus dieser Abtretung ergebenden Rechte aus der Versicherung auszuüben, insbesondere die Versicherung in eine beitragsfreie umzuwandeln, die Versicherung durch Kündigung aufzulösen, Auszahlungen auf die Versicherung oder eine etwa angesammelte Dividende zu erheben sowie die Rechte und Ansprüche beliebig, auch durch Übertragung an Dritte, zu verwerten. Das gleiche gilt, wenn der Versicherungsnehmer seinen Verpflichtungen aus diesem Vertrage nicht nachkommt. Der Versicherungsnehmer verzichtet auf seine Mitwirkung bei diesen Rechtshandlungen. Soweit etwa eine Genehmigung erforderlich sein sollte, erteilt er sie hiermit im voraus.
...
4.4 Soweit ausschließlich Todesfallansprüche abgetreten sind, ist die Ausübung der unter Nr. 4.1 genannten Rechte durch den Versicherungsnehmer, insbesondere die Kündigung des Lebensversicherungsvertrages, nur mit Zustimmung der Sparkasse möglich, soweit dadurch Rechte der Sparkasse aus dieser Vereinbarung beeinträchtigt werden könnten."
Am trat der Schuldner aus den beiden bei der V. Lebensversicherungs AG gehaltenen Lebensversicherungen zusätzlich auch sämtliche gegenwärtigen und künftigen Rechte auf den Erlebensfall an die Klägerin ab. Alle Abtretungen wurden den beiden Versicherern angezeigt.
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens kündigte die Klägerin die Darlehen, meldete beim Beklagten daraus Forderungen in Höhe von 204.193,53 € an und teilte mit, ihr stehe aus den vorgenannten Abtretungen ein Recht zur abgesonderten Befriedigung zu.
Der Beklagte, der dieses Recht bestreitet und gegen die Abtretungen der Versicherungsleistungen auf den Erlebensfall die Einrede der Anfechtbarkeit wegen Gläubigerbenachteiligung erhebt, hat die vier Lebensversicherungen gekündigt und deren Rückkaufswerte, insgesamt 92.849,52 €, eingezogen.
Die Klägerin meint, der Beklagte müsse ihr - hilfsweise im Wege des Schadensersatzes - die eingezogenen Rückkaufswerte auskehren. Unter Abzug von 4% Feststellungskosten und unter Zubilligung von Rechtsanwaltsgebühren für die Kündigungen der Versicherungsverträge fordert die Klägerin die Zahlung von 89.092,62 €.
Das Landgericht hat der Klage in Höhe eines Betrages von 89.033,12 € nebst Zinsen stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Gründe
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
A. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Klägerin stehe weder ein Anspruch auf Befriedigung aus dem Erlös der eingezogenen Rückkaufswerte noch ein Schadensersatzanspruch zu. Die Abtretung der Todesfallleistungen aus den vier Lebensversicherungen verschaffe der Klägerin kein Recht auf abgesonderte Befriedigung. Soweit sie ihr Begehren daneben auf die Abtretung der Erlebensfallleistungen zweier Lebensversicherungen stütze, stehe dem die Einrede der Anfechtbarkeit aus § 146 Abs. 2 InsO entgegen.
I. Die Auslegung der Abtretungserklärungen vom Dezember 1995, insbesondere ein Vergleich der jeweiligen Nummern 4.1 und 4.4 des Formulartextes, ergebe, dass die Abtretungen der Todesfallleistungen nicht die Rechte des Versicherungsnehmers auf den Rückkaufswert erfasst hätten. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Vertragsparteien die Abtretung ersichtlich steuerunschädlich hätten gestalten wollen, wie auch der Streichung des steuerrechtlichen Hinweises in Nr. 3 des Formulars über die Abtretungserklärung entnommen werden könne. Den Bestimmungen der §§ 10 Abs. 2 Satz 2 und 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG in der Fassung des Steueränderungsgesetzes von 1992 Rechnung zu tragen und dem Kreditgeber die steuerlichen Vorteile (Abzugsfähigkeit der Prämien als Sonderausgaben und Steuerfreiheit der Zinsen) zu erhalten, sei nur mittels solcher Abtretungen zu erreichen gewesen, die die Rückkaufswerte nicht erfassten. Auch wenn die Abtretungen die Kreditgeberin danach allein vor dem Ausfall von Zins- und Tilgungsleistungen wegen Todes des Kreditnehmers, nicht jedoch vor einer Insolvenz des Kreditnehmers geschützt hätten, seien sie nicht als wirtschaftlich sinnlos anzusehen.
II. Die am erklärten Abtretungen der Erlebensfallleistungen zweier Lebensversicherungen seien wegen Gläubigerbenachteiligung nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO anfechtbar, weshalb der Beklagte dem Leistungsbegehren insoweit die Einrede der Anfechtbarkeit nach § 146 Abs. 2 InsO entgegenhalten könne.
Durch die innerhalb der 10-Jahresfrist des § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO erklärten Abtretungen seien Insolvenzgläubiger objektiv benachteiligt worden. Darauf sei auch der - jedenfalls bedingte - Vorsatz des Schuldners gerichtet gewesen. Dafür spreche vor allem, dass der Klägerin ohne jede Gegenleistung eine Sicherheit eingeräumt worden sei, auf die kein Anspruch bestanden habe, und dass die Klägerin zur Zeit der Abtretungserklärungen ausweislich einer von ihr selbst erstellten Vermögensbewertung gewusst habe, dass der Schuldner in einer finanziell äußerst beengten Lage gewesen sei.
Eine - hier vorliegende - inkongruente Deckung bilde regelmäßig ein starkes Indiz sowohl für die Benachteiligungsabsicht des Schuldners als auch die Kenntnis des Gläubigers davon. Die Abtretung der Erlebensfallleistungen aus den Lebensversicherungsverträgen habe die Klägerin weder aufgrund der Darlehensverträge noch aus einem allgemeinen Anspruch auf Verstärkung bankmäßiger Sicherheiten verlangen können. Es stelle auch keine Gegenleistung der Klägerin dar, dass sie dem Schuldner den zur Zeit der Abtretungserklärungen aufgelaufenen Ratenrückstand von 30.000 DM anlässlich der Abtretung vorläufig gestundet habe, weil diese Forderung bei Fälligstellung ohnehin nicht ohne Weiteres zu realisieren gewesen wäre. Insoweit werde die Inkongruenz nicht ausgeschlossen.
Für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners spreche neben den genannten Indizien, dass der Schuldner zur Zeit der Abtretungserklärungen erhebliche Verbindlichkeiten, unter anderem aus bereits seit Herbst 1996 nicht mehr abgeführten Sozialabgaben für seine Mitarbeiter, aus offenen Versicherungsprämien für Unfall- und Rechtsschutzversicherungen, aus unbezahlten Telefonrechungen und Kfz-Leasing-Raten, ferner aus der Haftung für Baumängel und offenen Steuerberater- und Architektenhonorarforderungen gehabt und nicht habe davon ausgehen können, alle Gläubiger in absehbarer Zeit befriedigen zu können. Insoweit seien das substantiierte Vorbringen des Beklagten von der Klägerin lediglich pauschal - und damit unbeachtlich - bestritten und auch im Übrigen die für einen Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und die entsprechende Kenntnis der Klägerin maßgeblichen Beweisanzeichen nicht entkräftet.
III. Da die Ansprüche auf die Rückkaufswerte beim Schuldner verblieben seien, habe sich der Beklagte mit deren Einziehung auch nicht schadensersatzpflichtig gemacht.
B. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
I. Die am erklärten Abtretungen der Ansprüche auf den Todesfall aus den vier Lebensversicherungen haben die jeweiligen Ansprüche auf die Rückkaufswerte nicht mit erfasst. Der Klägerin steht deshalb weder ein Recht auf abgesonderte Befriedigung (§ 51 Nr. 1 InsO) aus den vom Beklagten eingezogenen Beträgen noch ein Schadensersatzanspruch zu.
Der Versicherungsnehmer kann über die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag unterschiedlich verfügen. Das gilt nicht nur für die Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechtes (vgl. dazu - VersR 2003, 1021 unter II), sondern auch für die Sicherungsabtretung von Rechten aus dem Versicherungsvertrag. Auch dann, wenn aus einer kapitalbildenden Lebensversicherung nur die Ansprüche auf den Todesfall zur Sicherheit abgetreten werden, gibt es für die Frage, ob damit zugleich der Anspruch auf den Rückkaufswert abgetreten ist, keinen generellen Vorrang für seine Zuordnung zu den Ansprüchen auf den Todesfall. Gegen eine Übertragung der Grundsätze der zur Einräumung einer unwiderruflichen Bezugsberechtigung ergangenen Entscheidung BGHZ 45, 162 ff. auf die Sicherungszession von Ansprüchen auf den Todesfall spricht bereits, dass sich diese Entscheidung vorwiegend auf Erwägungen zur familiären Fürsorge des Versicherungsnehmers stützt, die auf die Motivlage bei der Sicherungszession nicht übertragbar sind ( aaO unter II 1 c). Der erkennende Senat (aaO) hat zudem mit Blick auf die Einräumung einer unwiderruflichen Bezugsberechtigung bereits ausgesprochen, dass für die Zuordnung der Ansprüche nicht eine theoretische rechtliche Konstruktion oder Bedingungshierarchie, sondern allein der im rechtlich möglichen Rahmen geäußerte, durch Auslegung zu ermittelnde Gestaltungswille des Versicherungsnehmers entscheidend ist (vgl. dazu auch Herrmann, Sicherungsabtretung und Verpfändung der Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag durch den Versicherungsnehmer, Diss. 2003 S. 92 ff.).
Das gilt für die Sicherungsabtretung von Rechten aus dem Lebensversicherungsvertrag in gleicher Weise. Auch hier unterliegt es im Rahmen des rechtlich Möglichen der freien Gestaltung der Parteien, auf welche Rechte sich die Abtretung erstreckt. Ob sie auch den Anspruch auf den Rückkaufswert erfasst, hat der Tatrichter deshalb durch Auslegung der bei der Sicherungsabtretung abgegebenen Erklärungen unter Berücksichtigung der Parteiinteressen und des Zwecks des Rechtsgeschäfts zu ermitteln.
1. Wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, ergibt schon der Wortlaut der Abtretungserklärungen, dass der Anspruch auf den Rückkaufswert von der Sicherungsabtretung der Ansprüche auf den Todesfall jeweils nicht mit erfasst wurde.
Selbst wenn die Formulierung unter Nr. 1 der Abtretungserklärungen, es würden "die gegenwärtigen und zukünftigen Rechte und Ansprüche ... für den Todesfall in voller Höhe" abgetreten, es für sich genommen noch möglich erscheinen ließe, dass auch der Anspruch auf den Rückkaufswert erfasst sein sollte, wird dies durch die weiteren Bestimmungen der Abtretungserklärungen ausgeschlossen.
a) Nach deren Nr. 1 b umfasst die - hier nicht gewählte - Abtretung der Rechte und Ansprüche für den Erlebensfall auch etwaige Rechte und Ansprüche im Fall der Verwertung vor Fälligkeit gemäß Nr. 4.1. Dort ist geregelt, dass die Sparkasse aus wichtigem Grund, insbesondere bei Nichterfüllung der Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag, unter anderem den Lebensversicherungsvertrag kündigen und den Rückkaufswert erheben könne. Der vom Berufungsgericht gezogene Umkehrschluss, dass das im Falle der Abtretung ausschließlich der Ansprüche für den Todesfall (Nr. 1 a der Abtretungserklärungen) demnach nicht gelte, wird durch Nr. 4.4 bestätigt, wonach der Versicherungsnehmer die in Nr. 4.1 genannten Rechte nur mit Zustimmung der Sparkasse ausüben darf, was gerade voraussetzt, dass ihm diese Rechte (nicht nur das Kündigungsrecht, sondern auch das Recht zur Erhebung des Rückkaufswertes) zunächst verbleiben.
b) Zu Unrecht meint die Revision, die Regelung in Nr. 4.4 der Abtretungserklärungen müsse sich allein auf das Kündigungsrecht beziehen, weil der Zustimmungsvorbehalt nur den einen Zweck haben könne, der Sicherungsnehmerin den ihr übertragenen Anspruch auf den Rückkaufswert zu erhalten. Das steht schon im Widerspruch zum Wortlaut der Bestimmung, die von den unter Nr. 4.1 genannten Rechten spricht und nur "insbesondere" die Kündigung als eines dieser Rechte hervorhebt. Im Übrigen macht der Zustimmungsvorbehalt in Nr. 4.4 auch dann Sinn, wenn der Anspruch auf den Rückkaufswert beim Versicherungsnehmer verbleibt. Denn eine Kündigung des Versicherungsvertrages führt dazu, dass der Versicherer die Todesfallleistung, also das zentrale Sicherungsinstrument, welches die Sicherungsnehmerin vor Zahlungsausfall durch Tod des Darlehensnehmers schützen soll, nicht mehr erbringen muss. Vor dieser Folge wird die Sicherungsnehmerin durch den Zustimmungsvorbehalt geschützt.
2. Im Einklang mit diesem aus dem Wortlaut der Abtretungserklärungen gewonnenen Ergebnis steht, dass die Beschränkung der Zession zu dem Zweck erfolgte, dem Versicherungsnehmer die steuerliche Privilegierung für die vier Lebensversicherungsverträge dadurch zu erhalten, dass die Rückkaufswerte nicht für die Darlehenssicherung herangezogen wurden. Das zeigt schon die Streichung des steuerrechtlichen Hinweises in Nr. 3 der Formulare über die Abtretungserklärungen. Mit ihr wurde zum Ausdruck gebracht, dass Zedent und Zessionarin übereinstimmend davon ausgingen, die Abtretungen hätten keine nachteiligen Konsequenzen für die steuerrechtliche Begünstigung der von den Abtretungen betroffenen Lebensversicherungsverträge.
a) Insoweit erschließt sich der Zweck der hier gewählten Abtretung der Ansprüche auf den Todesfall aus den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes zur steuerrechtlichen Privilegierung von Kapitallebensversicherungen (vgl. dazu Herrmann aaO S. 10-18; Janca ZInsO 2003, 449, 452; Wagner VersR 1998, 1083).
aa) Prämienzahlungen für Kapitallebensversicherungen mit mindestens 12-jähriger Laufzeit konnten nach der bis zum Februar 1992 geltenden Fassung des § 10 Abs. 1 Nr. 2 lit. b EStG - im Rahmen von Höchstbezügen - als steuermindernde Sonderausgaben geltend gemacht werden. Zinsen aus solchen privilegierten Versicherungen waren von der Steuerpflicht für Kapitaleinnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG ausgenommen. Infolgedessen wurden Lebensversicherungen vermehrt zur Steuerersparnis im Rahmen von Finanzierungen genutzt, ohne dabei der privaten Alters- oder Hinterbliebenenversorgung zu dienen (s. dazu BT-Drucks. 12/1108 S. 55 ff.). Dem ist der Gesetzgeber, der darin einen zweckwidrigen Missbrauch der steuerlichen Förderung sah, durch das Steueränderungsgesetz vom (BGBl. I S. 297) entgegengetreten (vgl. dazu auch BT-Drucks. 12/1108 aaO).
bb) Seither sind Lebensversicherungsverträge grundsätzlich nicht mehr steuerlich privilegiert, wenn sie auch zu Lebzeiten der versicherten Person (d.h. mit der "Erlebensfallleistung") der Tilgung oder Sicherung eines Darlehens dienen, dessen Finanzierungskosten Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind (§ 10 Abs. 2 Satz 2 EStG).
b) Für die Besicherung von Darlehen durch Lebensversicherungsverträge im gewerblichen Bereich ergab sich aus der Gesetzesänderung, dass seit Ende Februar 1992 die genannten steuerlichen Vorteile unter anderem dann erhalten blieben, wenn lediglich die Ansprüche auf den Todesfall zur Darlehenssicherung herangezogen wurden (vgl. dazu Janca aaO S. 452 m.w.N. in Fn. 51). Umgekehrt sahen die Finanzbehörden eine Erstreckung der Darlehenssicherung auf den Rückkaufswert einer Lebensversicherung als "steuerschädlich" an (vgl. dazu - NJW 1994, 1714). War es bis Anfang 1992 bei Sicherungsabtretungen der Rechte aus Lebensversicherungen die Regel, alle Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag abzutreten (Janca aaO), gingen Banken und Sparkassen in der Folgezeit dazu über, sich nur noch die Ansprüche für den Todesfall abtreten zu lassen (vgl. dazu Herrmann aaO S. 17, 18; Wagner aaO; Meyer-Scharenberg DStR 1993, 1768 1774), um so eine "steuerunschädliche" Verwendung der Lebensversicherungen zu gewährleisten, das heißt ihren Kunden die bisherigen Steuervorteile zu erhalten und damit deren Entscheidung für eine Sicherungsabtretung zu erleichtern.
Dafür, dass die Parteien der Sicherungszessionen hier von anderen Motiven geleitet gewesen wären, spricht nichts.
3. Anders als die Revision meint, hat das Berufungsgericht auch nicht gegen den Grundsatz interessengerechter Auslegung verstoßen, weil seine Lösung zur Folge hat, dass die gewährte Sicherheit im Fall der Insolvenz des Sicherungsgebers versagt.
Schon wegen des dargelegten steuerrechtlichen Hintergrundes spricht alles dafür, dass die Klägerin die vier Lebensversicherungsverträge zunächst bewusst nur noch zu dem eingeschränkten Sicherungszweck heranziehen wollte, gegen Kreditratenausfall durch Tod des Darlehensnehmers geschützt zu sein (vgl. Herrmann aaO; Wagner aaO; Janca aaO). Die Absicherung (allein) gegen den vorzeitigen Tod des Darlehensnehmers ist für die Kreditgeberin auch nicht wirtschaftlich sinnlos, sondern schützt vor einem wesentlichen Kreditausfallrisiko.
Für die Auslegung des Berufungsgerichts spricht im Übrigen gerade der Umstand, dass die Klägerin sich im April 1998 zusätzlich zu den ihr schon übertragenen Ansprüchen auf den Todesfall alle weiteren Rechte aus den beiden bei der V. Versicherungs AG gehaltenen Lebensversicherungen gesondert übertragen ließ, als sich wirtschaftliche Probleme des Darlehensnehmers abzeichneten. Das belegt, dass auch die Klägerin die vorherige Abtretung noch nicht als insolvenzfeste Absicherung ansah.
II. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht diese Abtretungen der Ansprüche auf den Erlebensfall vom für anfechtbar gemäß § 133 Abs. 1 Abs. 1 InsO erachtet. Danach ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung diesen Vorsatz des Schuldners kannte. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind diese Voraussetzungen gegeben.
1. Entgegen der Annahme der Revision hat das Berufungsgericht nicht verkannt, dass die Darlegungs- und Beweislast für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners beim Insolvenzverwalter liegt ( - ZIP 2003, 1799 unter II 1 a m.w.N.). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bildet aber die Inkongruenz der angefochtenen Leistung ein Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz (vgl. BGHZ 123, 320, 326; 138, 291, 308; 157, 242, 253; - ZIP 2004, 1060 unter II 1 c, bb; vom - IX ZR 370/00 - ZIP 2004, 1160 unter II 3 b, aa; vom - IX ZR 182/01 - WM 2006, 190 unter II 2 a, aa). Die aus der Inkongruenz der Leistung folgende Beweiserleichterung ist bei der Vorsatzanfechtung auch außerhalb des Drei-Monats-Zeitraums des § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO anzuwenden. Voraussetzung ist allerdings, dass die Wirkungen der Rechtshandlung zu einem Zeitpunkt eintraten, als zumindest aus der Sicht des Anfechtungsgegners Anlass bestand, an der Liquidität des Schuldners zu zweifeln.
a) Zu Recht hat das Berufungsgericht die Abtretung der Erlebensfallansprüche als Gewährung einer inkongruenten Deckung angesehen. Auf diese Abtretung hatte die Klägerin keinen Anspruch. Zwar hatte ein früherer Darlehensvertrag vom zunächst eine Besicherung ihrer Forderungen durch Bestellung einer Grundschuld vorgesehen. Da das dafür in Aussicht genommene Grundstück jedoch nie in das Eigentum des Schuldners gelangt war, wurde stattdessen die streitgegenständliche Sicherungsabtretung vereinbart. Leistet der Schuldner eine andere Sicherheit als geschuldet, ist die Leistung inkongruent, wenn die Abweichung nicht geringfügig ist (MünchKomm-lnsO/Kirchhof, § 131 Rdn. 37). Die Geringfügigkeit der Abweichung hat das Berufungsgericht mit zutreffenden Erwägungen verneint.
Zu Unrecht beanstandet die Revision an dieser Stelle, der Tatrichter habe nicht berücksichtigt, dass die Abtretungen nicht im unmittelbaren zeitlichen Vorfeld der Insolvenz geschahen. Die von der Revision dazu herangezogene Rechtsprechung, wonach die Indizwirkung einer inkongruenten Deckung um so weniger ins Gewicht fällt, je länger die angefochtene Handlung vor der Verfahrenseröffnung liegt (BGHZ 157, 242, 254), betrifft nämlich nicht den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners, sondern allein die Frage Kenntnis des anderen Teils hiervon (vgl. dazu unten 2.).
b) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Liquidität des Schuldners bereits zum Zeitpunkt der Abtretung sehr angespannt war.
Ob hier vom Vorliegen eines einfachen oder eines starken Beweisanzeichens für den Benachteiligungsvorsatz auszugehen war, ist nicht entscheidungserheblich, weil das Berufungsgericht ein weiteres Indiz zu Recht daraus hergeleitet hat, dass der Schuldner zum Zeitpunkt der Abtretung erhebliche Verbindlichkeiten hatte, nicht davon ausgehen konnte, alle Gläubiger in absehbarer Zeit befriedigen zu können, und die Abtretungen dazu dienten, Beitreibungsmaßnahmen seitens der Klägerin zu verhindern. Ein Schuldner, der weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass er nicht alle seine Gläubiger befriedigen kann, und dennoch die Forderungen eines einzelnen Gläubigers befriedigt oder ihm eine zusätzliche Sicherheit verschafft, rechnet mit einer dadurch eintretenden Benachteiligung der anderen Gläubiger, für die damit weniger übrig bleibt. Dies genügt für die Annahme des Vorsatzes im Sinne des § 133 InsO (BGHZ 131, 189, 195; aaO unter II 1 c, bb; vom aaO unter II 1 c, cc; vgl. ferner BGHZ 167, 190, 194 f.). Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, dass die Klägerin die im Einzelnen vorgetragenen und durch die Vorlage von Urkunden belegten Forderungen der Gläubiger lediglich pauschal - und damit unbeachtlich - bestritten hat.
2. Auf Grund der tatrichterlichen Feststellungen ist ferner davon auszugehen, dass die Klägerin den Vorsatz des Schuldners kannte, seine Gläubiger zu benachteiligen.
a) Nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO ist diese Kenntnis zu vermuten, wenn der Anfechtungsgegner zum maßgeblichen Zeitpunkt (§ 140 InsO) wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte (vgl. dazu BGHZ 155, 75, 85; aaO).
Der Tatrichter hat aus dem eigenen Vortrag der Klägerin und den von ihr vorgelegten Urkunden - insbesondere der im Hause der Klägerin erstellten Vorlage an den eigenen Vorstand vom - ihre Kenntnis entnommen, dass sich der Schuldner damals in einer finanziell äußerst beengten Lage befand. In dieser Vorlage heißt es am Schluss: "Der bisher erzielte Gewinn ... war ... nicht ausreichend. Liquiditätsprobleme werden sich, sofern die avisierten Großaufträge nicht eintreffen, nicht lösen." Zu diesem Zeitpunkt kannte die Klägerin bereits das Schreiben des Schuldners vom , aus dem die Revision ableitet, die Klägerin habe nicht von dauerhaft beengten finanziellen Verhältnissen des Schuldners ausgehen müssen. Die anders lautende tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts ist danach nicht nur möglich, sondern auch nahe liegend.
Unter diesen Umständen brauchte das Berufungsgericht auch nicht den als Zeugen angebotenen Mitarbeiter S. der Klägerin zu vernehmen. In das Wissen des Zeugen war gestellt, der Schuldner habe sich aus einem größeren Bauvorhaben, das nicht zustande gekommen ist, eine Provision von 1% bis 1,5% des Bauvolumens erhofft. Darauf kam es aber nicht an, weil das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei dargelegt hat, die Klägerin selbst habe - wie ihre erwähnte Vorlage belege - nie auf diese Hoffnung des Schuldners gebaut.
Dass die Klägerin die Gläubiger benachteiligende Wirkung der Abtretung nicht erkannt habe, macht die Revision selbst nicht geltend.
b) Im Übrigen ist die Inkongruenz der Abtretung auch ein Beweisanzeichen für die Kenntnis der Klägerin von dem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners (ständige Rechtsprechung, vgl. BGHZ 157, 242, 250 ff.; aaO unter II 1 d; vom aaO unter II 3 c), wobei es genügt, dass ihr die Tatsachen bekannt waren, die den Rechtsbegriff der Inkongruenz ausfüllen ( aaO; vom aaO). Dass sie statt der geschuldeten eine andere Sicherheit erhielt, wusste die Klägerin.
c) Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin weder die Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO noch das Beweisanzeichen der Inkongruenz entkräftet hat.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV-Beilage 2007 S. 470 Nr. 4
NJW 2007 S. 2320 Nr. 32
NWB-Eilnachricht Nr. 30/2007 S. 2533
WM 2007 S. 1510 Nr. 32
ZIP 2007 S. 1375 Nr. 29
VAAAC-49055
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: ja; BGHR: nein