BVerwG Urteil v. - 1 C 21.06

Leitsatz

1. § 73 Abs. 2a AsylVfG findet auf den nach dem ausgesprochenen Widerruf einer vor diesem Zeitpunkt unanfechtbar gewordenen Anerkennung (Alt-Anerkennung) mit der Maßgabe Anwendung, dass die darin vorgesehene neue Drei-Jahres-Frist, nach deren Ablauf das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge spätestens erstmals die Widerrufsvoraussetzungen prüfen muss, erst vom an zu laufen beginnt.

2. Eine Ermessensentscheidung über den Widerruf nach § 73 Abs. 2a Satz 3 AsylVfG kommt auch bei derartigen Alt-Anerkennungen erst in Betracht, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in einem vorangegangenen Verfahren die Widerrufsvoraussetzungen sachlich geprüft und verneint hat (Negativentscheidung).

Gesetze: AsylVfG § 73 Abs. 1; AsylVfG § 73 Abs. 2a; AufenthG § 26 Abs. 3; AufenthG § 60 Abs. 1; AuslG § 51 Abs. 1; VwVfG § 48 Abs. 4; VwVfG § 49 Abs. 2 Satz 2; Richtlinie 2004/83/EG Art. 11; Richtlinie 2004/83/EG Art. 14

Instanzenzug: VG München VG M 3 K 05.50795 vom VGH München VGH 13a B 05.30774 vom Fachpresse: ja BVerwGE: ja

Gründe

I

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Flüchtlingsanerkennung (Widerruf der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG, jetzt § 60 Abs. 1 AufenthG).

Der 1983 in Mosul (Zentralirak) geborene Kläger ist irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Er kam im September 2001 auf dem Landweg nach Deutschland und beantragte Asyl. Zur Begründung gab er an, er sei vor einer drohenden Verhaftung durch die irakischen Sicherheitsbehörden geflohen. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) - Bundesamt - lehnte den Asylantrag ab, weil der Kläger eine Verfolgung nicht glaubhaft gemacht und zudem eine inländische Fluchtalternative im Nordirak habe. Auf dessen Klage hin verpflichtete das Verwaltungsgericht das Bundesamt, den Kläger als Flüchtling - damals noch nach § 51 Abs. 1 AuslG - anzuerkennen, weil er allein wegen seiner ungenehmigten Ausreise aus dem Irak und seiner Asylantragstellung im Ausland mit einer Verfolgung durch das Regime Saddam Husseins rechnen müsse und ihm auch keine inländische Fluchtalternative im Nordirak offenstehe.

Mit Bescheid vom widerrief das Bundesamt die aufgrund dieses Urteils getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich des Irak vorliegen (Nr. 1 des Bescheides), und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (Nr. 2 des Bescheides) und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (Nr. 3 des Bescheides) nicht vorliegen. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die politische Situation im Irak habe sich durch die im März 2003 begonnene Militäraktion einer Koalition unter Führung der USA grundsätzlich verändert. Die Baath-Regierung unter Saddam Hussein habe ihre politische und militärische Herrschaft über den Irak verloren. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger von der nun herrschenden irakischen Übergangsregierung oder von sonstigen - auch nichtstaatlichen - Akteuren verfolgt würde, bestünden nicht.

Mit seiner hiergegen erhobenen Klage hat der Kläger beantragt, den Bescheid des Bundesamts aufzuheben, hilfsweise die Beklagte zu der Feststellung zu verpflichten, dass bei ihm Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen. Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben und den Widerruf der Flüchtlingsanerkennung aufgehoben. Die Veränderungen im Irak seien wegen der äußerst instabilen sicherheitsrechtlichen Lage nicht dergestalt grundlegend, stabil und dauerhaft, dass dem Kläger eine Rückkehr dorthin zumutbar sei.

Auf die Berufung der Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof München durch den angefochtenen Beschluss vom die erstinstanzliche Entscheidung geändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Kläger habe zum gegenwärtigen Zeitpunkt und in absehbarer Zukunft bei Rückkehr in den Irak infolge der inzwischen eingetretenen grundlegenden Änderung der Verhältnisse keinen Anspruch auf Abschiebungsschutz nach § 60 AufenthG. Wegen seines Asylantrags und seiner illegalen Ausreise drohten ihm nach der Entmachtung Saddam Husseins und der Zerschlagung des Regimes keine Verfolgungsmaßnahmen im Irak mehr. Weder von den Koalitionstruppen noch von der irakischen Regierung hätten Exiliraker Gefährdungen zu erwarten. Trotz der schwierig abzuschätzenden künftigen Verhältnisse im Irak bestehe für eine Änderung der Situation zum Nachteil des Klägers kein Anhalt. Zwar fänden vermehrt Anschläge statt, die aber an der grundsätzlichen Kontrolle des Staatsgebiets auch durch alliierte Kräfte nichts änderten. Allerdings seien im Irak terroristische Anschläge an der Tagesordnung. Die allgemeine Sicherheitslage sei nach der Beendigung der Hauptkampfhandlungen im Mai 2003 hochgradig instabil. Ziel der in ihrer Intensität zunehmenden Anschläge sei es, Furcht und Schrecken zu verbreiten, Gewalttätigkeiten verschiedener irakischer Bevölkerungsgruppen gegeneinander zu provozieren und das Land insgesamt zu destabilisieren. Gemessen an der Vielzahl der Anschläge auf verschiedene Bevölkerungsgruppen durch nichtstaatliche Akteure seien die Übergriffe auf eine bestimmte Bevölkerungsgruppe, etwa auf Rückkehrer, aber nicht derart häufig, dass sie mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit gegenwärtig und in näherer Zukunft eine Gruppenverfolgung begründen könnten. Damit seien die Voraussetzungen für einen Widerruf nach § 73 Abs. 1 AsylVfG erfüllt. Eine Ermessensentscheidung nach dem am in Kraft getretenen § 73 Abs. 2a AsylVfG sei nicht erforderlich gewesen. Die in dieser Vorschrift normierte Drei-Jahres-Frist für eine Prüfung der Widerrufsvoraussetzungen habe erst am zu laufen begonnen. Erst wenn eine solche Prüfung ohne Erlass eines Widerrufs- oder Rücknahmebescheides geendet habe, werde die Rechtsfolge des § 73 Abs. 2a Satz 3 AsylVfG, nämlich die Notwendigkeit einer Ermessensentscheidung in künftigen Widerrufs- oder Rücknahmeverfahren, ausgelöst. Auch die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG lägen nicht vor.

Mit der vom Senat - beschränkt auf den Widerruf der Flüchtlingsanerkennung - zugelassenen Revision erstrebt der Kläger, das erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen. Er macht geltend, die Widerrufsentscheidung hätte nach § 73 Abs. 2a Satz 3 AsylVfG als Ermessensentscheidung ergehen müssen. Die gebundene Entscheidung, die das Bundesamt getroffen habe, sei daher rechtswidrig. § 73 Abs. 2a Satz 1 AsylVfG, der eine Prüfung der Widerrufsvoraussetzungen spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Anerkennung verlange, sei mangels einer Übergangsvorschrift ab dem auch auf vor diesem Zeitpunkt ergangene Anerkennungsentscheidungen anwendbar. Sei die danach vorgeschriebene Prüfung innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Anerkennung nicht erfolgt, stehe nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes eine spätere Widerrufsentscheidung im Ermessen des Bundesamts. Denn die mit der Regelung des § 73 Abs. 2a AsylVfG i.V.m. § 26 Abs. 3 AufenthG verfolgten integrationspolitischen Ziele, insbesondere die Angleichung der aufenthaltsrechtlichen Stellung der anerkannten Flüchtlinge an die der Asylberechtigten, sollten nach der Intention des Gesetzgebers nicht erst ab dem , sondern bereits ab dem verwirklicht werden. Würde man die Vorschrift nicht in dieser Weise auch auf Altfälle anwenden, würde dies zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Schlechterstellung von vor dem anerkannten Flüchtlingen führen. Diese müssten, auch wenn sie für einen weit längeren Zeitraum als drei Jahre den Status bereits innegehabt hätten, nochmals weitere drei Jahre warten, bis sie den Schutz der Ermessensregelung des § 73 Abs. 2a Satz 3 AsylVfG erlangen könnten.

Die Beklagte verteidigt die angegriffene Berufungsentscheidung.

II

Die Revision ist nicht begründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat den Widerruf der Flüchtlingsanerkennung des Klägers in Übereinstimmung mit Bundesrecht als rechtmäßig angesehen. Er ist zu Recht davon ausgegangen, dass der angefochtene Widerruf als gebundene Entscheidung ergehen konnte und nicht nach Maßgabe von § 73 Abs. 2a Satz 3 AsylVfG eine Ermessensausübung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) erforderte (1.). Ferner hat er das Vorliegen der formellen und materiellen Voraussetzungen für den Widerruf ohne Verstoß gegen Bundesrecht bejaht (2. und 3.).

1. Rechtsgrundlage für den angefochtenen Widerruf der Flüchtlingsanerkennung ist § 73 Abs. 1 AsylVfG in der Fassung des am in Kraft getretenen Zuwanderungsgesetzes. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher zutreffend erörtert, ob der angefochtene Widerruf schon an dem durch dieses Gesetz eingeführten Erfordernis einer Ermessensentscheidung nach § 73 Abs. 2a Satz 3 AsylVfG scheitert. Es hat dies im Ergebnis zu Recht verneint.

Nach dem am in Kraft getretenen § 73 Abs. 2a AsylVfG hat die Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen Widerruf nach Abs. 1 vorliegen, spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung zu erfolgen (Satz 1). Das Ergebnis ist der Ausländerbehörde mitzuteilen (Satz 2). Ist nach der Prüfung ein Widerruf nicht erfolgt, so steht eine spätere Entscheidung nach Abs. 1 im Ermessen des Bundesamts (Satz 3). Eine Übergangsregelung für diese Vorschrift enthält das Gesetz nicht.

Bisher ist durch das Urteil des Senats vom - BVerwG 1 C 21.04 - (BVerwGE 124, 276 = Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 15) lediglich geklärt, dass sich diese Vorschrift nicht auf solche Altfälle bezieht, in denen bei Inkrafttreten der Bestimmung bereits ein Widerruf erfolgt war. Der Senat hat dabei allein auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheides durch das Bundesamt abgestellt und - auch in Ansehung von § 77 AsylVfG - nicht auf den Zeitpunkt einer etwaigen späteren gerichtlichen Entscheidung über eine dagegen gerichtete Anfechtungsklage. Er hat dies u.a. damit begründet, dass das neu eingeführte mehrstufige Verfahren nach § 73 Abs. 2a AsylVfG eine zukunftsbezogene Regelung darstellt und es sich bei der Prüfungs- und Mitteilungspflicht nach Satz 1 und 2 der Vorschrift, an die die nach Satz 3 zu treffende Ermessensentscheidung anknüpft, um einen in die Zukunft gerichteten Auftrag an das Bundesamt handelt.

Offen geblieben war, ob § 73 Abs. 2a AsylVfG auf Widerrufsbescheide anwendbar ist, die - wie im vorliegenden Fall - zwar nach dem ergangen sind, sich aber auf vor diesem Zeitpunkt unanfechtbar gewordene Anerkennungen (Alt-Anerkennungen) beziehen. Der Senat entscheidet diese in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung umstrittene Frage nunmehr dahin, dass § 73 Abs. 2a AsylVfG grundsätzlich auch für den nach dem ausgesprochenen Widerruf einer Anerkennung gilt, die vor dem unanfechtbar geworden ist, allerdings mit der Maßgabe, dass die dort in Satz 1 vorgesehene neue Drei-Jahres-Frist, nach deren Ablauf das Bundesamt spätestens erstmals die Widerrufsvoraussetzungen prüfen muss, bei diesen Alt-Anerkennungen erst mit dem zu laufen beginnt. Für die teilweise vertretene Auffassung, dass der Geltungsbereich der Vorschrift auf Widerrufsentscheidungen über künftige, also nach dem ausgesprochene Anerkennungen beschränkt sein sollte, lassen sich weder dem Wortlaut noch der Systematik des Gesetzes oder den Gesetzesmaterialien Anhaltspunkte entnehmen. Der Sinn und Zweck des Gesetzes spricht vielmehr dafür, dass auch vor dem unanfechtbar gewordene Anerkennungen grundsätzlich der Neuregelung unterfallen sollten.

Mit der Einführung einer obligatorischen Überprüfungspflicht in § 73 Abs. 2a AsylVfG sollte ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs erreicht werden, "dass die Vorschriften über den Widerruf und die Rücknahme, die in der Praxis bislang weitgehend leer gelaufen sind, an Bedeutung gewinnen" (BTDrucks 15/420 S. 112). Es ist nicht ersichtlich, warum diese erwünschte striktere Prüfungspflicht nicht möglichst weitreichend, d.h. auch für bereits vor dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes anerkannte Asylberechtigte und Flüchtlinge verwirklicht werden sollte. Die Rechtsstellung dieses Personenkreises wird durch die Einbeziehung in die verfahrensrechtliche Neuregelung auch nicht etwa verschlechtert. Denn bei Vorliegen der Voraussetzungen für einen Widerruf oder einer Rücknahme nach § 73 Abs. 1 oder Abs. 2 AsylVfG war das Bundesamt auch nach bisherigem Recht berechtigt und verpflichtet, entsprechende Verfahren einzuleiten und die Anerkennungen zu widerrufen oder zurückzunehmen. Weiteres Ziel der gesetzlichen Neuregelung des § 73 Abs. 2a AsylVfG ist es, nach negativem Ausgang der obligatorischen Überprüfung durch das Bundesamt, die asyl- und aufenthaltsrechtliche Position der anerkannten Asylberechtigten und Flüchtlinge zu verbessern. Denn nach einer solchen Negativentscheidung steht jede weitere Widerrufs- und Rücknahmeentscheidung nach § 73 Abs. 1 und 2 AsylVfG im Ermessen des Bundesamts (§ 73 Abs. 2a Satz 3 AsylVfG). Außerdem können anerkannte Asylberechtigte und Flüchtlinge nach einer solchen Negativentscheidung des Bundesamts und einer entsprechenden Mitteilung an die Ausländerbehörde gemäß § 26 Abs. 3 AufenthG nach dreijährigen Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 oder 2 AufenthG nunmehr unter erleichterten Voraussetzungen eine Niederlassungserlaubnis beanspruchen. Warum diese asylrechtlichen und aufenthaltsrechtlichen Vergünstigungen nur für Personen gelten sollten, die nach dem als Asylberechtigte oder Flüchtlinge anerkannt werden, ist nicht erkennbar. Würde man den Anwendungsbereich des § 73 Abs. 2a AsylVfG auf Neuanerkennungen beschränken, wären die bereits zuvor Anerkannten dauerhaft von der aus integrationspolitischen Gründen erwünschten Verbesserung der Rechtsstellung ausgeschlossen, obwohl sie sich bereits typischerweise länger als die Neuanerkannten in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten und dementsprechend weitergehend integriert sein dürften. Dies wäre mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes, insbesondere mit der angestrebten Angleichung der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylberechtigten und anerkannten Flüchtlingen, nicht vereinbar und würde zudem zu einer ungerechtfertigten, weil dauerhaften Benachteiligung von vor dem anerkannten Flüchtlingen gegenüber neuanerkannten Flüchtlingen führen. Schließlich sprechen auch die Grundsätze des intertemporalen Rechts, nach denen bei fehlender Übergangsregelung neues Verfahrensrecht regelmäßig sogleich bei allen anhängigen Verfahren zu beachten ist, für eine Anwendung des neuen § 73 Abs. 2a AsylVfG auf alle nach dem abgeschlossenen oder - wie hier - erst danach in Gang gesetzten Widerrufsverfahren.

Die Anwendung des § 73 Abs. 2a AsylVfG auf nach dem ausgesprochene Widerrufe von sog. Alt-Anerkennungen bedeutet allerdings nicht, dass die darin genannte Drei-Jahres-Frist, nach deren Ablauf das Bundesamt spätestens die Widerrufs- oder Rücknahmevoraussetzungen zu prüfen hat, bereits mit der Unanfechtbarkeit der Anerkennungsentscheidung in Gang gesetzt worden ist. Wie der Senat bereits in dem oben genannten Urteil vom a.a.O. ausgeführt hat, ist diese Prüfungspflicht des Bundesamts ihrer Natur nach zukunftsbezogen und kann folglich nicht rückwirkend für vergangene Zeiträume statuiert werden. Bei Anwendung des § 73 Abs. 2a AsylVfG auf Altfälle ist die Vorschrift nach ihrem Sinn und Zweck daher dahingehend auszulegen, dass die Drei-Jahres-Frist erst mit dem Inkrafttreten der Neuregelung am beginnt. Auch dies entspricht im Übrigen den Grundsätzen des intertemporalen Rechts über den Beginn neuer Fristen, die an Tatbestände vor dem Inkrafttreten der Neuregelung anknüpfen. Sie beginnen, sofern nichts anderes bestimmt ist, in der Regel erst vom Inkrafttreten des neuen Gesetzes an zu laufen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl. 2005, § 96 Rn. 10; so etwa auch BVerwG 5 C 1.83 - Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 20 zu dem Fristbeginn der erst durch das SGB X eingeführten Jahresfrist für die Rücknahme eines Bewilligungsbescheides; vgl. auch Urteil des Senats vom - BVerwG 1 C 10.06 - juris Rn. 26 zu der mit Wirkung vom durch das Zuwanderungsgesetz eingeführten unverzüglichen Anzeigepflicht der Ausländerbehörden nach § 14a Abs. 2 AsylVfG in Altfällen - zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung BVerwGE vorgesehen).

Entgegen der Ansicht der Revision besteht auch kein Anlass, bei sog. Alt-Anerkennungen - wie hier - im Hinblick auf die vom Gesetzgeber gewollte Verbesserung der aufenthaltsrechtlichen Stellung von anerkannten Flüchtlingen eine unbeabsichtigte Regelungslücke anzunehmen und diese im Wege einer erweiternden Auslegung von § 73 Abs. 2a AsylVfG mit dem Ergebnis zu schließen, dass in derartigen Altfällen nach Ablauf von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Anerkennung - ohne vorherige Negativentscheidung des Bundesamts - ein Widerruf gleichsam automatisch nur noch im Wege der Ermessensentscheidung möglich ist (so etwa .A - juris und VG Frankfurt, Urteile vom - 9 E 1683/05.A - juris und vom - 9 E 2509/05.A (V) - InfAuslR 2006, 42 ff.). Abgesehen davon, dass - wie oben ausgeführt - die rückwirkende Begründung einer Handlungspflicht des Bundesamts (hier: zur obligatorischen Prüfung jeder Anerkennungsentscheidung nach Ablauf von drei Jahren seit Unanfechtbarkeit) nicht in Betracht kommt, fehlt es auch an der für eine solche Auslegung erforderlichen vergleichbaren Fallgestaltung. Die Vorschrift des § 73 Abs. 2a AsylVfG knüpft den Übergang zu einer Ermessensentscheidung keineswegs an den bloßen Zeitablauf von drei Jahren, sondern verlangt eine vorherige sachliche Prüfung und Verneinung der Widerrufs- oder Rücknahmevoraussetzungen durch das Bundesamt (Negativentscheidung). Ist aber - wie regelmäßig in Altfällen - eine solche Entscheidung noch nicht ergangen, fehlt es auch an einem vom Bundesamt geschaffenen Vertrauenstatbestand, der den Übergang zu einer Ermessensentscheidung über den Widerruf oder die Rücknahme nach der gesetzlichen Regelung rechtfertigen könnte.

Im Übrigen kann auch im Hinblick auf den Anspruch auf eine Niederlassungserlaubnis nach dem neuen § 26 Abs. 3 AufenthG nicht, wie die Revision meint, von einer unbeabsichtigten Regelungslücke für Alt-Anerkennungen ausgegangen werden. Denn der Gesetzgeber hat die aufenthaltsrechtliche Situation der bereits vor dem anerkannten Flüchtlinge durchaus im Blick gehabt. So hat der Innenausschuss des Bundestages eine Regelung in einem anzufügenden § 104 Abs. 6 AufenthG vorgeschlagen, die sinngemäß vorsah, dass bei anerkannten Flüchtlingen, die vor dem seit mehr als drei Jahren eine Aufenthaltsbefugnis nach § 70 Abs. 1 AsylVfG besessen haben, bei Anwendung des § 26 Abs. 3 AufenthG die Mitteilung des Bundesamts über eine Negativentscheidung nach § 73 Abs. 2a AsylVfG als ergangen gilt (BTDrucks 15/4173 S. 11). Ziel des Vorschlags war es, diesen Personenkreis durch die Fiktion der Mitteilung des Bundesamts über eine sog. Negativentscheidung unmittelbar nach Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes in den Genuss einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 3 AufenthG kommen zu lassen und ihm nicht eine Wartezeit von weiteren drei Jahren abzuverlangen. Dieser Vorschlag hat sich im Gesetzgebungsverfahren jedoch nicht durchgesetzt (BRDrucks 918/1/04 S. 4 zu Ziff. 7), weil eine sachliche Prüfung der Widerrufsvoraussetzungen durch das Bundesamt vor Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 3 AufenthG nicht nur in Neufällen, sondern auch in den genannten Altfällen für unerlässlich gehalten wurde. Dementsprechend schreibt nach geltendem Recht die Übergangsvorschrift des § 102 Abs. 2 AufenthG nur vor, dass auf die Frist für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG die Zeit des Besitzes einer Aufenthaltsbefugnis oder einer Duldung vor dem angerechnet wird. Eine Anrechnung auf die Frist für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 3 AufenthG ist dagegen nicht vorgesehen. Anerkannte Flüchtlinge können nach dieser Regelung daher grundsätzlich frühestens vom an - nämlich nach dreijährigem Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG - eine Niederlassungserlaubnis unter den erleichterten Voraussetzungen des § 26 Abs. 3 AufenthG beanspruchen. Die von der Revision geforderte erweiternde Auslegung der Bestimmung des § 73 Abs. 2a AsylVfG bei Alt-Anerkennungen mit dem Ziel einer Verbesserung der aufenthaltsrechtlichen Stellung dieses Personenkreises, die der Gesetzgeber im Zuwanderungsgesetz bewusst nicht in dieser Weise geregelt hat, verbietet sich auch aus diesem Grund.

Für den Fall des Klägers bedeutet dies, dass zwar § 73 Abs. 2a AsylVfG auf den angefochtenen Widerruf seiner Flüchtlingsanerkennung anwendbar ist, dass aber die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ermessensentscheidung des Bundesamts in seinem Fall nicht erfüllt sind, weil es an der erforderlichen vorherigen Prüfung und Verneinung der Widerrufsvoraussetzungen durch das Bundesamt fehlt. Eine solche Negativentscheidung ist auch nicht etwa pflichtwidrig unterblieben, denn die ab laufende Drei-Jahres-Frist war zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht abgelaufen. Es kann deshalb offen bleiben, welche Rechtsfolgen sich an eine pflichtwidrige Unterlassung der Prüfung nach § 73 Abs. 2a Satz 1 AsylVfG knüpfen, insbesondere, ob diese Prüfungspflicht nur im öffentlichen Interesse oder nicht zumindest auch im Interesse des anerkannten Flüchtlings besteht, und auf welchem Wege dieser gegebenenfalls eine Mitteilung des Bundesamts an die Ausländerbehörde erstreiten kann, um einen Anspruch auf eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 3 AufenthG geltend machen zu können.

2. Der Verwaltungsgerichtshof ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass der angefochtene Widerruf nicht an sonstigen formellen Mängeln leidet. Weder im Hinblick auf die Unverzüglichkeit des Widerrufs im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG noch im Hinblick auf die Jahresfrist nach § 49 Abs. 2 Satz 2, § 48 Abs. 4 VwVfG bestehen gegen den angefochtenen Widerruf Bedenken. Das Gebot des unverzüglichen Widerrufs dient ausschließlich öffentlichen Interessen, so dass ein etwaiger Verstoß dagegen keine Rechte des betroffenen Ausländers verletzt (stRspr, vgl. zuletzt BVerwG 1 C 15.05 - BVerwGE 126, 243 Rn. 13 m.w.N.). Ob die Jahresfrist nach § 49 Abs. 2 Satz 2, § 48 Abs. 4 VwVfG auch im Widerrufsverfahren nach § 73 Abs. 2 AsylVfG gilt, bedarf hier weiterhin keiner Entscheidung, da diese Frist, die frühestens nach einer Anhörung des Klägers mit angemessener Frist zur Stellungnahme zu laufen beginnt (stRspr, vgl. ebenfalls Urteil vom a.a.O. und BVerwG 1 C 21.04 - BVerwGE 124, 276 = juris Rn. 43), hier eingehalten wäre. Das Bundesamt hat mit Bescheid vom die Flüchtlingsanerkennung des Klägers widerrufen, nachdem es den Kläger mit Schreiben vom angehört und dieser sich mit Schreiben vom zu dem beabsichtigten Widerruf geäußert hat.

3. Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof auch das Vorliegen der materiellen Widerrufsvoraussetzungen nach § 73 Abs. 1 AsylVfG auf der Grundlage seiner nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen tatsächlichen Feststellungen ohne Verstoß gegen Bundesrecht bejaht und den angefochtenen Bescheid insoweit zutreffend als rechtmäßig bestätigt.

a) Der Widerruf findet seine Grundlage in § 73 Abs. 1 AsylVfG in der Fassung des am in Kraft getretenen Zuwanderungsgesetzes. Danach ist die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen (Flüchtlingsanerkennung), unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sich die zum Zeitpunkt der Anerkennung maßgeblichen Verhältnisse nachträglich erheblich und nicht nur vorübergehend so verändert haben, dass bei einer Rückkehr des Ausländers in seinen Herkunftsstaat eine Wiederholung der für die Flucht maßgeblichen Verfolgungsmaßnahmen auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist und nicht aus anderen Gründen erneut Verfolgung droht (stRspr, vgl. zuletzt Urteil vom a.a.O. juris Rn. 17 m.w.N. und Urteil vom a.a.O. juris Rn. 16). Beruft sich der anerkannte Flüchtling darauf, dass ihm bei der Rückkehr in seinen Heimatstaat nunmehr eine gänzlich neue und andersartige Verfolgung drohe, ist dabei der allgemeine Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit anzuwenden (Urteil vom a.a.O. Leitsatz 2 und juris Rn. 27). Ändert sich im Nachhinein lediglich die Beurteilung der Verfolgungslage, so rechtfertigt dies den Widerruf nicht (vgl. Urteil vom a.a.O. juris Rn.17 und Urteil vom a.a.O. Rn. 26, jeweils m.w.N., Rn. 26 in juris nicht veröffentlicht).

Besteht nach diesen Maßstäben für den Flüchtling keine Verfolgungsgefahr in seinem Heimatstaat, dann kann er es - vorbehaltlich der Ausnahme in § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG - im Sinne von Art. 1 C Nr. 5 Satz 1 der Genfer Flüchtlingskonvention - GFK - nicht mehr ablehnen, den Schutz des Landes seiner Staatsangehörigkeit (wieder) in Anspruch zu nehmen. Denn mit "Schutz" in diesem Sinne kann nur der Schutz vor Verfolgung gemeint sein. Ob dem Ausländer wegen allgemeiner Gefahren im Herkunftsstaat (z.B. aufgrund von Kriegen, Naturkatastrophen oder einer schlechten Wirtschaftslage) eine Rückkehr unzumutbar ist, ist beim Widerruf der Flüchtlingsanerkennung nach § 73 Abs. 1 AsylVfG nicht zu prüfen. Schutz kann insoweit nach den allgemeinen Bestimmungen des deutschen Ausländerrechts gewährt werden (vgl. namentlich § 60 Abs. 7 Satz 2 und § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG, vgl. jetzt auch den subsidiären Schutz nach Art. 15 ff. der Richtlinie 2004/83/EG vom - Qualifikationsrichtlinie). Im Übrigen führt der Widerruf der Flüchtlingsanerkennung nicht ohne weiteres zum Verlust des damit verbundenen Aufenthaltstitels. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob im Herkunftsstaat generell und unabhängig von einer Verfolgungsgefahr eine angemessene Infrastruktur oder eine ausreichende Existenzgrundlage vorhanden ist (vgl. zum Vorstehenden insgesamt Urteil vom a.a.O. juris Rn. 23 f.).

Die Frage, ob aus dem Merkmal "Schutz des Landes" in Art. 1 C Nr. 5 GFK abzuleiten ist, dass dort zumindest überhaupt eine staatliche oder quasistaatliche Herrschaftsgewalt im Sinne einer prinzipiell schutz- und verfolgungsmächtigen Ordnung existieren muss, wie sie nach der Rechtsprechung des Senats für eine politische Verfolgung im Sinne des Art. 16a Abs. 1 GG erforderlich ist ( BVerwG 9 C 20.00 - BVerwGE 114, 16 <21> im Anschluss an und 1353/98 - NVwZ 2000, 1165), kann auch weiterhin auf sich beruhen. Denn in den bisher entschiedenen Fällen konnte - ebenso wie im vorliegenden Fall (siehe unten zu b) - aufgrund der tatrichterlichen Feststellungen bzw. aufgrund sonstiger allgemeinkundiger Tatsachen davon ausgegangen werden, dass solch eine staatliche oder staatsähnliche Gewalt, die bei einer Herrschaftsgewalt von gewisser Dauer auch im Falle äußerer oder innerer Bedrohung infolge andauernden Bürgerkriegs nicht ausgeschlossen ist (vgl. zu den hierfür ausreichenden Anforderungen Urteil vom a.a.O), jedenfalls in Teilen des Staatsgebiets vorhanden ist (vgl. zu Afghanistan: Urteil vom 1. November a.a.O. juris Rn. 28, ebenso im Ergebnis zum Irak: Urteil vom a.a.O.).

Nach § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG ist von einem Widerruf abzusehen, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Die Bestimmung enthält eine einzelfallbezogene Ausnahme von der Beendigung der Flüchtlingseigenschaft. Maßgeblich sind Nachwirkungen einer früheren Verfolgung, aus denen sich zwar für die Zukunft keine Verfolgungsgefahr mehr ergibt, die aber gegenwärtig eine Rückkehr als unzumutbar erscheinen lassen. Dagegen schützt auch diese Vorschrift nicht gegen allgemeine Gefahren. Ebenso wenig können aus ihr allgemeine, von den gesetzlichen Voraussetzungen losgelöste Zumutbarkeitskriterien hergeleitet werden, die einem Widerruf der Flüchtlingsanerkennung entgegenstehen (vgl. Urteil vom a.a.O. juris Rn. 38 und Urteil vom a.a.O. juris Rn. 17).

An diesen Grundsätzen ist auch in Ansehung der am in Kraft getretenen Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom (ABl Nr. L 304/12 vom ) - Qualifikationsrichtlinie -, die nach Ablauf der Umsetzungsfrist am (Art. 38 Abs. 1) grundsätzlich unmittelbar anzuwenden ist, festzuhalten. Die den Widerruf betreffenden Bestimmungen der Richtlinie über die Aberkennung, Beendigung oder Ablehnung der Verlängerung der Flüchtlingseigenschaft (Art. 14 i.V.m. Art. 11) sind im vorliegenden Fall noch nicht anwendbar. Denn sie gelten gemäß Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie nur bei Anträgen auf internationalen Schutz, die nach Inkrafttreten dieser Richtlinie gestellt wurden. Der dem hier streitigen Widerruf zugrunde liegende Asylantrag wurde vom Kläger aber bereits 2001 und damit vor Inkrafttreten der Richtlinie gestellt. Abgesehen davon ist auch nicht erkennbar, dass sich für den Widerruf der Flüchtlingseigenschaft aus Art. 14 i.V.m. Art. 11 der Richtlinie, der wörtlich an die entsprechenden Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention anknüpft, inhaltlich etwas anderes ergibt als aus § 73 Abs. 1 AsylVfG, der nach der Rechtsprechung des Senats ebenfalls im Sinne von Art. 1 C Nr. 5 und 6 GFK auszulegen und anzuwenden ist (vgl. Urteil vom a.a.O. juris Rn.19 bis 24 und Urteil vom a.a.O. juris Rn. 15). Soweit im Rahmen der Widerrufsvoraussetzungen inzident zu prüfen ist, ob dem anerkannten Flüchtling nach Wegfall der ursprünglichen Verfolgung nicht aus anderen Gründen erneut Verfolgung droht, sind die wesentlichen Inhalte der Bestimmungen der Richtlinie über Neuanträge auf Anerkennung als Flüchtling bereits durch § 60 Abs. 1 AufenthG in nationales Recht umgesetzt und deshalb ohnehin zu beachten. Auch hinsichtlich des allgemeinen Prognosemaßstabs der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, der nach den oben angeführten Grundsätzen bei der Prüfung einer neuen, andersartigen Verfolgungsgefahr anzuwenden ist, ergibt sich aus diesen Bestimmungen der Richtlinie nichts Abweichendes. Dieser Maßstab entspricht im Wesentlichen dem von der Richtlinie vorausgesetzten und auch in der Flüchtlingsdefinition ("begründete Furcht vor Verfolgung", vgl. auch Art. 2 Buchst. c der Richtlinie) angelegten Maßstab. Die in Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie vorgesehene Beweiserleichterung auf tatsächlicher Ebene greift nur im Falle einer Vorverfolgung ein.

b) Nach diesen Grundsätzen durfte der Verwaltungsgerichtshof auf der Grundlage seiner im Revisionsverfahren nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und für das Revisionsgericht bindenden (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO) tatrichterlichen Feststellungen und Prognosen annehmen, dass die im Anerkennungsbescheid angenommene ursprüngliche Verfolgungsgefahr bei einer Rückkehr in den Irak wegen der Asylantragstellung in Deutschland mit der Beseitigung des Regimes von Saddam Hussein inzwischen weggefallen ist. Nach seinen Feststellungen hat nämlich dieses Regime durch die am begonnene Militäraktion unter Führung der USA seine politische und militärische Herrschaft über den Irak endgültig verloren (BA S. 8). Mit der Zerschlagung der Machtstrukturen dieses Regimes sei eine asylrelevante Verfolgung irakischer Staatsangehöriger durch dieses Regime nicht mehr möglich. Die Kriegsalliierten in Verbund mit der neu gewählten irakischen Regierung würden die Errichtung eines neuen irakischen Regimes ähnlich dem des gestürzten Machthabers Saddam Hussein in überschaubarer Zeit nicht zulassen. Es sei deshalb auch mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen, dass sich eine Staatsgewalt neu etablieren könne, "von der Irakern in Anknüpfung an das gegen das untergegangene Regime (...) angeblich gerichtete eigene Tun Übergriffe drohten" (BA S. 9 f.).

Die weiteren Feststellungen der Berufungsentscheidung tragen auch den Schluss, dass dem Kläger bei seiner Rückkehr in den Irak nicht aus anderen Gründen erneut Verfolgung droht. Der Kläger, der sich selbst nicht auf konkrete neue Verfolgungsgefahren berufen hat, hat danach als Exiliraker weder von den Koalitionstruppen noch von der jetzigen irakischen Regierung Gefährdungen zu erwarten. Auch eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure, wie sie jetzt gemäß § 60 Abs. 1 Satz 4 Buchst. c AufenthG zu berücksichtigen ist, droht dem Kläger danach nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit. Die Übergriffe auf die - im Falle des Klägers allein in Betracht kommende - Gruppe der Rückkehrer sind nach diesen Feststellungen nicht derart häufig, dass sie gegenwärtig und in näherer Zukunft eine Gruppenverfolgung begründen könnten (BA S. 11).

Den Feststellungen der Berufungsentscheidung lässt sich ferner entnehmen, dass das Gericht trotz der mancherorts außer Kontrolle geratenen Sicherheitslage vom Vorhandensein einer "grundsätzlichen Kontrolle des Staatsgebiets auch durch alliierte Kräfte" ausgeht (BA S. 10). Nach diesen und den weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts zu den inzwischen geschaffenen staatlichen Strukturen im Irak, gegen die Verfahrensrügen nicht erhoben worden sind, sind auch die Anforderungen an das Bestehen einer staatlichen oder staatsähnlichen Gewalt im Sinne einer prinzipiell schutz- und verfolgungsmächtigen Ordnung - wenn auch möglicherweise nicht in allen Teilen des Staatsgebiets - nach den Maßstäben der oben erwähnten Rechtsprechung erfüllt.

Im Ergebnis zu Recht durfte das Berufungsgericht schließlich auch davon ausgehen, dass der Ausnahmefall einer auf der früheren Verfolgung beruhenden unzumutbaren Rückkehr im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG hier nicht geltend gemacht und auch sonst nicht in Betracht zu ziehen ist (vgl. aber BVerwG 1 B 134.05 - juris).

Über das Hilfsbegehren des Klägers auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG war im Revisionsverfahren nicht mehr zu entscheiden (vgl. den Zulassungsbeschluss des Senats vom - BVerwG 1 B 60.06 - juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG. Der Senat weist hierzu darauf hin, dass der Gegenstandswert bei Klagen auf Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft nach der neueren Rechtsprechung des Senats 3 000 € beträgt (vgl. BVerwG 1 C 29.03 - juris).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
WAAAC-48758