Zulässigkeit des Einspruchs gegen Vollabhilfebescheid
Leitsatz
Gegen einen im Einspruchsverfahren erlassenen Änderungsbescheid, mit dem dem Antrag des Steuerpflichtigen voll entsprochen wird (Vollabhilfebescheid), ist der Einspruch statthaft.
Gesetze: FGO § 44 Abs. 1AO § 347 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1AO § 348AO § 351 Abs. 1AO § 354AO § 365 Abs. 3 Satz 1AO § 367 Abs. 2 Satz 3EStG § 3 Nr. 62EStG § 10 Abs. 3 Nr. 2
Instanzenzug: (EFG 2006, 389) (Verfahrensverlauf), ,
Gründe
I.
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden im Streitjahr als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Beide Kläger erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Bruttoarbeitslohn des Klägers belief sich im Streitjahr auf 37 500 DM, derjenige der Klägerin auf 8 000 DM. Der Kläger erzielte außerdem Einkünfte aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft.
Für die Zukunftssicherung des Klägers wurden keine Leistungen i.S. des § 3 Nr. 62 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erbracht. Er gehörte auch nicht zu dem Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 1 oder 2 EStG.
Im Einkommensteuerbescheid 2001 vom berücksichtigte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) die Einkünfte des Klägers aus der Beteiligung an der Personengesellschaft mit 57 809 DM. Er kürzte bei der Ermittlung des Höchstbetrags der als Sonderausgaben abziehbaren Vorsorgeaufwendungen den sog. Vorwegabzug von 12 000 DM nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung um 7 280 DM (16 v.H. von 45 500 DM).
Mit ihrem am eingelegten Einspruch begehrten die Kläger, die Einkünfte aus der Beteiligung des Klägers an der Personengesellschaft nur mit 43 594 DM anzusetzen.
Unter dem erteilte das FA gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 132 der Abgabenordnung (AO) einen entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheid 2001. In den Erläuterungen wurde darauf hingewiesen, dass sich hierdurch der „Einspruch/Antrag” vom erledige.
Gegen den Änderungsbescheid vom legten die Kläger mit einem am beim FA eingegangenen Schreiben ebenfalls Einspruch ein. Sie beantragten nunmehr, der Kürzung des Vorwegabzugs nur den von der Klägerin erzielten Arbeitslohn von 8 000 DM zugrunde zu legen.
Das FA verwarf den Einspruch als unzulässig.
Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das FA habe den Einspruch vom gegen den Abhilfebescheid vom zu Unrecht als unzulässig verworfen. Die Auffassung des FA, dass der aufgrund eines Einspruchs erteilte Änderungsbescheid, der dem Einspruchsbegehren in vollem Umfang entspreche, unanfechtbar sei, finde im Gesetz keine Stütze. Auch in der Sache selbst sei die Klage begründet. Der Vorwegabzug sei lediglich um 16 v.H. des Arbeitslohns der Klägerin zu kürzen (, BFHE 204, 461, BStBl II 2004, 709). Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2006, 389 veröffentlicht.
Mit der Revision macht das FA die Verletzung von §§ 348, 350, 365 Abs. 3 Satz 1, § 367 Abs. 2 Satz 3 und § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO geltend sowie einen Verstoß gegen den Grundsatz, dass für die Einlegung eines Rechtsbehelfs ein Rechtsschutzbedürfnis vorhanden sein müsse.
Das FA beantragt sinngemäß, das Urteil des Finanzgerichts (FG) aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
1. Das FG hat zutreffend entschieden, dass das FA den Einspruch der Kläger gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid 2001 vom zu Unrecht als unzulässig verworfen hat.
a) Der Einspruch ist statthaft.
Gemäß § 347 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ist der Einspruch als Rechtsbehelf gegen Verwaltungsakte in Abgabenangelegenheiten statthaft. Zu den Verwaltungsakten i.S. von § 347 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gehört auch ein geänderter Einkommensteuerbescheid, der während eines Einspruchsverfahrens erlassen wird und dem Einspruch gegen den ursprünglichen Einkommensteuerbescheid voll abhilft (Vollabhilfebescheid).
aa) Bei dem geänderten Einkommensteuerbescheid 2001 vom handelt es sich um einen Vollabhilfebescheid.
Die Kläger hatten sich mit ihrem Einspruch vom gegen den ursprünglichen Einkommensteuerbescheid 2001 nur gegen die Höhe der Beteiligungseinkünfte des Klägers gewandt und deren Herabsetzung auf 43 594 DM beantragt. Diesem Begehren ist das FA voll nachgekommen. Dafür, dass der Einspruch vom auch noch ein weiteres Begehren beinhalten sollte, gibt es auf der Grundlage der Feststellungen des FG keine Anhaltspunkte. Dies machen die Kläger auch selbst nicht geltend. Es liegt im Streitfall mithin nicht die von Birkenfeld (in Hübschmann/Hepp/Spitaler —HHSp—, § 367 AO Rz 174) und Pahlke (in Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, § 367 Rz 46) behandelte Situation vor, dass mit Einlegung des Einspruchs gegen den Abhilfebescheid erkennbar geworden ist, dass das ursprüngliche Begehren des Einspruchsführers weiter ging als bisher angenommen, und der Änderungsbescheid daher in Wahrheit nur auf teilweise Abhilfe gerichtet ist, mit der Folge, dass das Einspruchsverfahren gegen den zuvor ergangenen Bescheid nicht abgeschlossen ist und mit einer Einspruchsentscheidung beendet werden muss.
bb) Entgegen der Ansicht des FA gilt die Regelung des § 348 Nr. 1 AO nicht für Vollabhilfebescheide.
Nach § 348 Nr. 1 AO ist der Einspruch „gegen Einspruchsentscheidungen (§ 367)” nicht statthaft. § 367 AO regelt die Entscheidung der Finanzbehörde über den Einspruch (Einspruchsentscheidung oder Abhilfe). Aus § 367 Abs. 2 Satz 3 AO folgt, dass es nach Erlass eines Abhilfebescheids, der dem Antrag des Einspruchsführers vollständig Rechnung trägt, einer Einspruchsentscheidung nicht mehr bedarf. Ein solcher Vollabhilfebescheid steht zwar einer Einspruchsentscheidung insofern gleich, als beide das Einspruchsverfahren wegen des vorangehenden Bescheids beenden und eine Fortsetzung bzw. Ergänzung jenes Einspruchsverfahrens danach nicht mehr möglich ist (vgl. , BFHE 103, 130, BStBl II 1972, 2; vom II R 119/79, BFHE 134, 510, BStBl II 1982, 270; vom IV R 38/02, BFHE 203, 1, BStBl II 2004, 2; , BFH/NV 2004, 356; außerdem , BFHE 119, 168, BStBl II 1976, 551; Klein/Brockmeyer, AO, 9. Aufl., § 365 Rz 8, § 367 Rz 14; Pahlke/Koenig/Pahlke, a.a.O., § 365 Rz 22, § 367 Rz 44; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 172 AO Rz 56); er ist aber im Übrigen, wie sich aus § 367 Abs. 2 Satz 3 AO und § 44 Abs. 1 FGO ergibt, von einer Einspruchsentscheidung zu unterscheiden.
Eine den Wortlaut erweiternde Anwendung des § 348 Nr. 1 AO auf Vollabhilfebescheide ist nicht sachgerecht. Denn § 348 Nr. 1 AO schließt den Einspruch gegen eine Einspruchsentscheidung nicht wegen der das Einspruchsverfahren beendenden Wirkung der Einspruchsentscheidung aus, sondern deshalb, weil gegen eine Einspruchsentscheidung der Rechtsweg zum FG eröffnet ist und der Einspruch gegen eine Einspruchsentscheidung eine nicht endende Kette von Einspruchsverfahren zur Folge haben könnte (vgl. Tipke in Tipke/Kruse, a.a.O., § 348 AO Rz 1; Hardtke in: Kühn/ v.Wedelstädt, 18. Aufl., AO, § 348 Rz 2; Birkenfeld in HHSp, § 348 AO Rz 14). Dies trifft auf Vollabhilfebescheide nicht zu. Gegen sie kann kein Rechtsschutz durch Erhebung einer Anfechtungsklage erlangt werden. Denn Verfahrensvoraussetzung für eine Anfechtungsklage ist nach § 44 Abs. 1 FGO gerade, dass der außergerichtliche Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist.
Hinzu kommt, dass der Große Senat des BFH in seinem Beschluss vom GrS 2/87 (BFHE 159, 4, BStBl II 1990, 327) entschieden hat, dass die Anfechtungsklage gegen einen Einkommensteuerbescheid regelmäßig auch insoweit zulässig ist, als sie nach Ablauf der Klagefrist betragsmäßig erweitert wurde. Der Große Senat hat dies mit der Komplexität des Einkommensteuerbescheids begründet. Er hat damit dem aus Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) abgeleiteten Gebot zur rechtsschutzgewährenden Auslegung von Verfahrensvorschriften Rechnung getragen. Es ergäbe sich aber ein Wertungswiderspruch zu dieser Rechtsprechung, wenn einerseits ein Vollabhilfebescheid bereits dann angenommen wird, wenn dem (betragsmäßigen) Einspruchsantrag des Steuerpflichtigen entsprochen worden ist, andererseits aber die Einspruchsbefugnis gegen den Vollabhilfebescheid trotz geltend gemachter Beschwer (§ 350 AO) versagt würde. Die Auffassung des Großen Senats des BFH in BFHE 159, 4, BStBl II 1990, 327 (unter C. III. 1. a der Gründe), wegen der Komplexität des Einkommensteuerbescheids sei regelmäßig nicht anzunehmen, der Steuerpflichtige wolle mit der Nennung eines Betrags erreichen, dass der Einkommensteuerbescheid teilbestandskräftig werde, würde für das Einspruchsverfahren unterlaufen. Die für den Zeitraum von einem Monat bestehende Unsicherheit, ob der Vollabhilfebescheid bestandskräftig oder angefochten wird, ist angesichts der Komplexität des Steuerrechts zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes hinzunehmen.
Hätte der Gesetzgeber eine Anfechtbarkeit von im Einspruchsverfahren erlassenen Vollabhilfebescheiden ausschließen wollen, hätte er dies ohne Weiteres in § 348 Nr. 1 AO zum Ausdruck bringen können, als im Zuge der Neufassung des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO durch das Steuerbereinigungsgesetz 1999 vom (BGBl I 1999, 2601, BStBl I 2000, 13) der Finanzbehörde eine ausdrückliche Änderungsbefugnis zur Abhilfe im Einspruchsverfahren eröffnet wurde.
cc) Der Statthaftigkeit des Einspruchs der Kläger gegen den Abhilfebescheid steht auch nicht § 348 Nr. 2 AO entgegen.
Nach § 348 Nr. 2 AO ist ein Einspruch bei Nichtentscheidung über einen Einspruch nicht statthaft. In diesem Fall kann unter den Voraussetzungen des § 46 FGO Untätigkeitsklage erhoben werden. Der Erlass eines Abhilfebescheids, der dem Antrag des Einspruchsführers vollständig Rechnung trägt, stellt jedoch keine Nichtentscheidung über den Einspruch dar. Vielmehr folgt aus § 367 Abs. 2 Satz 3 AO, dass es keiner Einspruchsentscheidung mehr bedarf, das Einspruchsverfahren also mit dem Erlass des Vollabhilfebescheids beendet ist. Über die Zulässigkeit des Einspruchs gegen den Vollabhilfebescheid selbst besagt § 348 Nr. 2 AO nichts.
b) Der Einspruch ist zulässig. Die Kläger haben geltend gemacht, durch den geänderten Einkommensteuerbescheid 2001 vom beschwert zu sein (§ 350 AO). Das Rechtsschutzbedürfnis für die Einlegung eines Einspruchs lag deshalb vor.
Eine Beschwer durch den Änderungsbescheid vom hätten die Kläger nur dann nicht geltend machen können, wenn darin die Einkommensteuer auf null festgesetzt worden wäre (vgl. Tipke in Tipke/Kruse, a.a.O., § 350 AO Rz 12; Birkenfeld in HHSp, § 350 AO Rz 92, 94). Dies war jedoch nicht der Fall. Nach dem Vortrag der Kläger war die in dem Änderungsbescheid vom festgesetzte Einkommensteuer 2001 zu hoch, da sie auf einer ihrer Ansicht nach zu Unrecht vorgenommenen Kürzung des Vorwegabzugs um 16 v.H. des Arbeitslohns beider Kläger beruhte. Die Kläger wurden daher nach ihrem Vortrag durch die Steuerfestsetzung im Änderungsbescheid beschwert, obwohl sie ihrem zunächst im Einspruchsverfahren gegen den ursprünglichen Einkommensteuerbescheid 2001 vom gestellten Antrag voll entsprach. Soweit in der Literatur (Birkenfeld in HHSp, § 367 AO Rz 169, 172; Pahlke/Koenig/Pahlke, a.a.O., § 367 Rz 46; Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 172 AO Rz 54; v.Wedelstädt in Beermann/Gosch, AO § 172 Rz 64; Hardtke in: Kühn/v.Wedelstädt, a.a.O., § 367 Rz 21; Heinke, Deutsche Steuer-Zeitung 1988, 406, 407; Pump, Die steuerliche Betriebsprüfung 1998, 22) und in der Rechtsprechung (, juris Nr. STRE200471608; , EFG 2004, 832) für Fälle der vorliegenden Art die Auffassung vertreten wird, dass ein dem ursprünglichen Antrag voll Rechnung tragender Änderungsbescheid mangels Beschwer bzw. Rechtsschutzbedürfnisses nicht zulässig mit dem Einspruch anfechtbar sei, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen (vgl. auch Szymczak in Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl., § 172 Rz 26/3, § 367 Rz 9/2; Höft in Pump/Leibner, Abgabenordnung, Kommentar, § 367 Rz 92 ff.; Siegers, EFG 2006, 390; , juris Nr. STRE200670626).
c) Der Einspruch war nicht nach § 351 Abs. 1 AO unzulässig. Nach dieser Vorschrift können Verwaltungsakte, die unanfechtbare Verwaltungsakte ändern, grundsätzlich nur insoweit angegriffen werden, als die Änderung reicht. Voraussetzung für die beschränkte Anfechtbarkeit eines Änderungsbescheids ist danach, dass die Änderung einen formell unanfechtbaren Bescheid betrifft. Diese Voraussetzung wird hier nicht erfüllt. Denn der ursprüngliche Einkommensteuerbescheid vom war rechtzeitig mit dem Einspruch vom angefochten worden.
Eine teilweise Bestandskraft und damit eine teilweise Unanfechtbarkeit sind nicht aufgrund des im Einspruchsverfahren gegen den ursprünglichen Einkommensteuerbescheid gestellten Antrages hinsichtlich der Beteiligungseinkünfte des Klägers eingetreten. Dieser Antrag konnte nicht dahin verstanden werden, dass die Kläger die Steuerfestsetzung im Übrigen mit der Antragstellung unanfechtbar werden lassen wollten (vgl. auch , BFH/NV 2003, 1140, m.w.N.; vom III R 33/96, BFH/NV 2001, 415; vgl. auch Birkenfeld in HHSp, § 367 AO Rz 122; Klein/ Brockmeyer, a.a.O., § 357 Rz 17, m.w.N.; Szymczak in Koch/ Scholtz, a.a.O., § 357 Rz 4/2).
d) Der Einspruch gegen den Bescheid vom war nicht im Hinblick auf § 354 AO unzulässig. Nach dieser Vorschrift kann auf Einlegung eines Einspruchs nach Erlass des Verwaltungsakts verzichtet werden. Nach § 354 Abs. 1 Satz 3 AO wird der Einspruch durch den Verzicht unzulässig. Im Streitfall fehlen Äußerungen der Kläger, in denen ein Verzicht i.S. von § 354 Abs. 2 AO auf Anfechtung des Änderungsbescheids vom nach dessen Erlass erblickt werden könnte. Vielmehr haben die Kläger gegen diesen Bescheid unverzüglich bereits am Einspruch eingelegt.
e) Dem Einspruch gegen den Abhilfebescheid steht entgegen der Ansicht des FA nicht der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen. Denn der Einspruch der Kläger vom verletzt keinen von ihnen selbst vor oder nach Erlass des Änderungsbescheids gesetzten Vertrauenstatbestand.
Der Grundsatz von Treu und Glauben ist ein in allen Rechtsgebieten allgemein anerkannter Grundsatz (§ 242 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), der auch im Steuerrecht gilt. Mit dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht zu vereinbaren ist insbesondere ein widersprüchliches Verhalten; das Verbot des „venire contra factum proprium” gilt auch im Steuerrecht (Senatsurteil vom XI R 66/96, BFH/NV 1997, 738, m.w.N.).
Im Streitfall fehlt es an einem Verhalten der Kläger, das dahin verstanden werden konnte, dass sie einen vom FA im Einspruchsverfahren gegen den ursprünglichen Einkommensteuerbescheid vom erlassenen Vollabhilfebescheid nicht anfechten werden, wenn ihnen später weitere Anfechtungsgründe bekannt werden sollten, die das FA nicht bereits von Amts wegen berücksichtigt hatte. Insbesondere konnte das FA den im ersten Einspruchsverfahren von den Klägern gestellten Änderungsantrag nicht dahin auffassen, dass sich die Kläger damit zugleich ihrer Rechte zur Anfechtung eines später zwar antragsgemäß erlassenen, aber immer noch rechtswidrigen Änderungsbescheids begeben wollten.
f) Es liegt keine Abweichung von den BFH-Urteilen in BFHE 103, 130, BStBl II 1972, 2, und in BFHE 203, 1, BStBl II 2004, 2, vor.
In dem Urteil in BFHE 103, 130, BStBl II 1972, 2 hat der BFH entschieden, dass die Fortsetzung des Einspruchsverfahrens ausgeschlossen ist, wenn die Finanzbehörde dem Antrag des Steuerpflichtigen im Einspruchsverfahren in vollem Umfang entsprochen hat. Im Streitfall geht es jedoch nicht um die Zulässigkeit der Fortsetzung des Einspruchsverfahrens nach Erlass eines Vollabhilfebescheids, sondern um die Zulässigkeit des Einspruchs gegen den Vollabhilfebescheid.
Das BFH-Urteil in BFHE 203, 1, BStBl II 2004, 2 stellt klar, dass mit der Vollabhilfe der Einspruch gegen den ursprünglichen Bescheid erledigt und damit unzulässig geworden ist. Wenn der Einspruchsführer nach Ergehen des Vollabhilfebescheids gleichwohl eine förmliche Entscheidung über den Einspruch begehrt, hat die Finanzbehörde eine Einspruchsentscheidung zu erlassen, mit der der Einspruch als unzulässig verworfen wird. Davon zu trennen ist die Frage, ob ein Einspruch gegen den Vollabhilfebescheid zulässig ist. Über diese Frage hat der BFH im Urteil in BFHE 203, 1, BStBl II 2004, 2 nicht entschieden.
2. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass der den Klägern gemeinsam zustehende Vorwegabzug lediglich um 16 v.H. des Arbeitslohns der Klägerin gekürzt werden durfte. Denn bei unterschiedlichen Beschäftigungsverhältnissen von zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Ehegatten sind —wie der Senat in seinem Urteil in BFHE 204, 461, BStBl II 2004, 709 entschieden hat— nur die Einnahmen aus solchen Beschäftigungsverhältnissen in die Bemessungsgrundlage für die Kürzung des gemeinsamen Vorwegabzugs einzubeziehen, in deren Zusammenhang der Arbeitgeber Zukunftssicherungsleistungen i.S. des § 3 Nr. 62 EStG erbracht hat. Das FA durfte danach den Arbeitslohn des Klägers bei der Kürzung des Vorwegabzugs nicht berücksichtigen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2007 II Seite 736
AO-StB 2007 S. 199 Nr. 8
BB 2007 S. 1544 Nr. 28
BBK-Kurznachricht Nr. 14/2007 S. 744
BFH/NV 2007 S. 1554 Nr. 8
BStBl II 2007 S. 736 Nr. 16
DB 2007 S. 1621 Nr. 30
DStRE 2007 S. 1064 Nr. 16
DStZ 2007 S. 480 Nr. 15
GStB 2007 S. 29 Nr. 8
HFR 2007 S. 825 Nr. 9
KÖSDI 2007 S. 15699 Nr. 9
NWB-Eilnachricht Nr. 27/2007 S. 2259
SJ 2007 S. 16 Nr. 16
StB 2007 S. 286 Nr. 8
StBW 2007 S. 4 Nr. 14
StuB-Bilanzreport Nr. 23/2007 S. 915
GAAAC-48532