BFH Beschluss v. - V B 157/05

Keine einheitliche Leistung bei Leistungen mehrerer Unternehmer

Gesetze: UStG § 1

Instanzenzug: FG des Landes Brandenburg Urteil vom 1 K 1996/03

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführern (Klägerin) ist ein Zusammenschluss von Kahnfährleuten und Fotografen in Form einer Genossenschaft. Gegenstand ihres Unternehmens ist u.a. der Betrieb einer Vermittlungszentrale und anderer Einrichtungen, die geeignet sind, Fahraufträge an die Mitglieder zu vermitteln, der Abschluss von Rahmenverträgen mit Dritten sowie die Einziehung der Beförderungsentgelte. Die Klägerin verwaltet die Hafenanlagen in L und plant, koordiniert und vermittelt Kahnfahrten für die in ihr zusammengeschlossenen Kahnfährleute. Von ihnen erhält die Klägerin als Provisionen sogenannte Abfahrtsgebühren, die neben einer allgemeinen Nutzungsgebühr für die Hafenanlagen auch eine allgemeine Vergütung für die Zuleitung von Reisegästen enthält. Bemessen werden die Provisionen nach der Anzahl der Reisegäste des jeweiligen Kahnfährmannes.

In der geänderten Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 1999 (Streitjahr) ging die Klägerin davon aus, es handle sich bei den Provisionen um die Vergütung für die Personenbeförderung mit Schiffen (§ 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. a des UmsatzsteuergesetzesUStG— 1999) und erklärte diese Umsätze mit dem ermäßigten Steuersatz. Dem folgte das Finanzamt im Umsatzsteuerbescheid für 1999 nicht und setzte die Umsatzsteuer insoweit mit dem Regelsteuersatz fest.

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, die streitigen Umsätze seien keine Beförderungsleistungen i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. a UStG. Entgegen der Auffassung der Klägerin bilde ihre Leistung mit der Beförderungsleistung der Kahnfährleute nicht deshalb eine einheitliche Leistung, weil sie bei Vertragsabschluss Reisegästen als Vertreterin der Kahnfährleute auftrete; denn die Leistungen eines jeden Unternehmers —auch die eines Vermittlers— seien für sich zu betrachten. Es handle sich auch nicht um eine Nebenleistung, weil es sich nicht um die Leistung desselben Unternehmers handele.

Die Klägerin begehrt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—) und zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO).

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Macht der Beschwerdeführer geltend, dass die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordere (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO), so muss er zunächst —ebenso wie bei einer auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) gestützten Nichtzulassungsbeschwerde— eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalles erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen. Des Weiteren muss er substantiiert darauf eingehen, weshalb die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Zur schlüssigen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfrage muss er außerdem begründen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und streitig ist. Dazu gehört auch, dass sich der Beschwerdeführer mit der zu dieser Rechtsfrage bereits vorhandenen höchstrichterlichen Rechtsprechung auseinander setzt und substantiiert darlegt, weshalb nach seiner Ansicht diese Rechtsprechung keine Klärung herbeigeführt habe (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 38 i.V.m. Rz 32, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).

2. Nach diesen Maßstäben liegt keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe vor.

Die Klägerin meint, grundsätzliche Bedeutung hätten folgende Rechtsfragen:

„1) ob und unter welchen Voraussetzungen eine Vermittlungstätigkeit umsatzsteuerrechtlich anders behandelt werden kann als die vermittelte Tätigkeit, wenn der Vermittler eine Genossenschaft ist, die von denjenigen, die die vermittelte Tätigkeit ausführen, geradezu dem Zweck gebildet bzw. unterhalten wird Verträge für ihre Mitglieder zu vermitteln und abzuschließen,

und

2) ob für den Begriff der steuerlichen Nebenleistungen stets erforderlich ist, dass der Leistungserbringer identisch ist oder ob es nicht jedenfalls dann ausreicht, dass der Leistungsempfänger identisch ist, wenn Nebenleistungen der eine Genossenschaft ist, die von ihren Mitgliedern gerade dazu unterhalten wird, den Mitgliedern Aufträge für ihre Hauptleistung zu vermitteln bzw. diese Aufträge für sie abzuschließen.”

Höchstrichterliche Urteile, die die vorliegende Konstellation betreffen, seien nach ihrer, der Klägerin, Kenntnis nicht ergangen, so dass die Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung sei. Es gebe allein in der Region der Klägerin mindestens zehn —und auch in anderen Regionen der Bundesrepublik— zahlreiche Kahnfährhäfen mit ähnlicher Organisationsform.

Abgesehen davon, dass allein mit der Behauptung, die aufgeworfene Frage sei bisher noch nicht entschieden worden, die grundsätzliche Bedeutung nicht dargelegt ist, hat die Klägerin keine Rechtsfragen aufgeworfen, die eine Revisionszulassung erforderlich machen.

a) Die für die Annahme einer einheitlichen Leistung maßgebenden Grundsätze sind (auch gemeinschaftsrechtlich) geklärt (vgl. z.B. Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom Rs. C-349/96, Card Protection Plan Ltd. —CPP—, Slg. 1999, I-973, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 1999, 157 Rz 29 ff.; z.B. , BFHE 210, 182, BStBl II 2006, 98; vom V R 26/03, BFH/NV 2005, 1395; vom V B 85/01, BFH/NV 2002, 364, jeweils m.w.N.).

b) Dass entgeltliche Leistungen verschiedener Unternehmer auch dann jeweils für sich zu beurteilen sind, wenn diese entgeltlichen Leistungen gegenüber demselben Leistungsempfänger erbracht werden, bedarf keiner Klärung; umsatzsteuerrechtlich dürfen Leistungen mehrerer Unternehmer auch dann nicht gebündelt werden, wenn sie dem gleichen Ziel dienen und an denselben Leistungsempfänger erbracht werden. (vgl. z.B. bereits , BFHE 169, 255, BStBl II 1993, 316, unter 1. d; vom V R 45/98, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1999, 929).

c) Dass Vermittlungsleistungen grundsätzlich unabhängig von der vermittelten Leistung zu beurteilen sind, ergibt sich ohne weiteres daraus, dass das UStG die Vermittlungsleistungen ausdrücklich erwähnt, wenn es deren Gleichbehandlung anordnet (vgl. z.B. § 3a Abs. 2 Nr. 4, und Abs. 4 Nr. 10, § 3b Abs. 5 und 6, § 4 Nr. 8 UStG).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1544 Nr. 8
GAAAC-48519