BFH Beschluss v. - II B 72/06

Verletzung der Sachaufklärungspflicht; Darlegung einer Divergenz

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

1. Verletzung der Sachaufklärungspflicht

a) Wird als Verfahrensmangel eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) des Finanzgerichts (FG) mit der Begründung gerügt, das FG hätte auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufklären müssen, ist substantiiert vorzutragen, welche konkreten Tatsachen das FG hätte aufklären und welche Beweise es von Amts wegen hätte erheben müssen, aus welchen Gründen sich für das FG die Notwendigkeit einer Beweiserhebung auch ohne Antrag hätte aufdrängen müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern diese auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätten führen können (vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom X B 104/04, BFH/NV 2005, 1860; vom X B 162/05, BFH/NV 2006, 1332).

b) Die Beschwerdebegründung erfüllt diese Anforderungen nicht. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat nicht substantiiert dargelegt, welche auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des FG entscheidungserheblichen Tatsachen eine weitere Sachaufklärung ergeben hätte. Die beim Abschluss des Gesellschaftsvertrags über die X-GbR am und bei den notariellen Beurkundungen am von Dr. Z verfolgten Absichten sind innere Tatsachen, die nicht anhand von Erklärungen bei einer etwaigen Zeugenvernehmung, sondern wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge nur anhand äußerer Merkmale festgestellt werden können (vgl. , BFHE 207, 183, BStBl II 2004, 1063; vom X R 62/01, BFHE 208, 522, BStBl II 2005, 336, und vom XI R 6/02, BFHE 208, 557, BStBl II 2005, 392).

Die Klägerin hat sich nicht einmal zu der Frage geäußert, wie sich die X-GbR, die im Grundstückskaufvertrag vom als Erwerberin aufgetreten ist und deren Gesellschafter Dr. Z und die Firma A-GmbH gewesen sein sollen, einerseits und die gleichnamige GbR, die nach der notariellen Urkunde vom am durch Dr. Z und die Firma B-GmbH & Co. KG gegründet worden sein soll und deren Gesellschafter bei der Beurkundung des Gesellschaftsvertrags am Dr. Z und weitere natürliche Personen gewesen sein sollen, zueinander verhalten.

2. Divergenz

An die Rüge, das FG habe den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt und dadurch einen Verfahrensfehler begangen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), sind nicht deshalb geringere Anforderungen als oben zu 1. dargelegt zu stellen, weil die Klägerin geltend macht, die Vorentscheidung weiche aufgrund des Unterlassens weiterer Sachaufklärung durch das FG von einem Urteil des BFH ab.

3. Anspruch auf rechtliches Gehör

Die Beschwerdebegründung genügt auch in diesem Punkt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Die Klägerin hat nicht dargelegt, inwiefern die nach ihrer Auffassung vom FG unterlassene Berücksichtigung der von ihr angeführten Textstellen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Ansicht des FG zu einer anderen Entscheidung hätten führen können. Das FG hat sich der Auslegung der Steuerbefreiungsvorschrift des § 6 Abs. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) in der im Jahr 1994 geltenden Fassung (nunmehr § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG) durch den BFH angeschlossen. Nach dieser Rechtsprechung liegen im Fall des § 6 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 GrEStG 1983 die Voraussetzungen für die Gewährung der Steuervergünstigung u.a. dann nicht vor, wenn entsprechend einem vorgefassten Plan in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Grundstücksübertragung von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand die Gesamthänder ihre gesamthänderische Beteiligung völlig oder teilweise (durch Verminderung der Beteiligung) aufgeben oder sich ihre Beteiligung durch Hinzutritt weiterer Gesamthänder verringert (, BFHE 180, 472, BStBl II 1996, 458, und vom II R 75/93, BFH/NV 1996, 930).

Die Klägerin hat den nach ihrer Meinung verwirklichten Sachverhalt nicht im Hinblick auf diese Rechtsgrundsätze gewürdigt. Das führt zur Unzulässigkeit der Rüge, das FG habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (vgl. z.B. , BFH/NV 2005, 2222).

4. Willkür

a) Der Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO umfasst —neben der Divergenz— auch Fälle, in denen das Urteil des FG einen Fehler bei der Auslegung revisiblen Rechts durch die Vorinstanz enthält, der von erheblichem Gewicht und deshalb geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung zu beschädigen. Eine Revisionszulassung kommt dabei nur bei offensichtlichen materiellen oder formellen Rechtsanwendungsfehlern des FG im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzwidrigen Entscheidung in Betracht (BFH-Beschlüsse vom XI B 57/01, BFH/NV 2002, 51; vom V B 72/02, BFH/NV 2003, 1597; vom IV B 85/02, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25; vom VII B 344/03, BFHE 206, 226, BStBl II 2004, 896, und vom V B 9/04, BFH/NV 2006, 248). Der Beschwerdeführer muss bei Geltendmachung dieses Zulassungsgrundes substantiiert darlegen, weshalb die Vorentscheidung unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom X B 99/02, BFH/NV 2003, 496, und in BFH/NV 2006, 248).

b) Dem genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die Klägerin hat nicht einmal dargelegt, wie sich der Sachverhalt aus ihrer Sicht darstellt, insbesondere, wie sich die im Kaufvertrag vom aufgetretene GbR und die gleichnamige GbR, deren Gesellschaftsvertrag ebenfalls am beurkundet wurde, zueinander verhalten sollen und in welcher Beziehung nach ihrer Meinung der Grundbuchberichtigungsantrag vom , der zu einer entsprechenden Eintragung im Grundbuch geführt hat, zum Kaufvertrag vom und zu den darin als Gesellschaftern der erwerbenden GbR aufgetretenen Personen stehen soll. Sie hat sich zudem nicht mit der bereits vom FG angeführten, oben zu 3. dargelegten Rechtsprechung des BFH zur Auslegung der Steuerbefreiungsvorschrift des § 6 Abs. 3 GrEStG und mit der materiell-rechtlichen Ansicht des FG auseinander gesetzt, wonach der Grunderwerbsteuerpflicht auch eine etwaige Unwirksamkeit des Kaufvertrags nach § 41 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) nicht entgegenstehen würde, weil die Beteiligten das angestrebte wirtschaftliche Ergebnis des Rechtsgeschäfts gleichwohl hätten eintreten und bestehen lassen. Das FG hat dazu auf die Rechtsprechung des BFH zu § 41 Abs. 1 AO hingewiesen (, BFHE 158, 126, BStBl II 1989, 989; vom II R 83/88, BFH/NV 1992, 267, und vom II R 19/02, BFH/NV 2005, 1368). Die Klägerin macht selbst nicht geltend, dass eine Löschung der aufgrund des Grundbuchberichtigungsantrags vom im Grundbuch erfolgten Eintragungen erfolgt oder wenigstens beantragt worden sei.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
IAAAC-45760