BFH Beschluss v. - II B 104/06

Einheitsbewertung im Beitrittsgebiet verfassungsgemäß; Ermittlung der hypothetischen Jahresrohmiete

Gesetze: BewG § 22; BewG § 129; BewG § 130; BewG § 131; BewG § 132

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

1. Grundsätzliche Bedeutung

a) Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist und deren Beurteilung zweifelhaft oder umstritten ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer insbesondere mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), den Äußerungen im Schrifttum sowie mit ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinandersetzen. Ferner ist auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen (, BFH/NV 2007, 27, m.w.N. zur ständigen Rechtsprechung). Dies gilt auch, wenn die Verfassungswidrigkeit einer Norm geltend gemacht wird. Die bloße Behauptung der Verfassungswidrigkeit genügt in einem solchen Fall nicht. Vielmehr erfordert die substantiierte Darlegung eines Verfassungsverstoßes eine an den Vorgaben des Grundgesetzes (GG) und der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des BFH orientierte rechtliche Auseinandersetzung (BFH-Beschlüsse vom II B 152/02, BFH/NV 2004, 533; vom II B 132/04, BFH/NV 2006, 303, und vom II B 13/05, BFH/NV 2006, 1299).

b) Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat sich nicht mit der Rechtsprechung des BFH zu den für die Einheitsbewertung im Beitrittsgebiet geltenden Vorschriften der §§ 129 bis 132 des Bewertungsgesetzes (BewG) auseinandergesetzt.

Diese Vorschriften, die die Maßgeblichkeit der festgestellten oder noch festzustellenden Einheitswerte nach den Wertverhältnissen am vorsehen, sind nach ständiger Rechtsprechung trotz des lange zurückliegenden Hauptfeststellungszeitpunkts und der dadurch verursachten erheblichen Schwierigkeiten bei der Bewertung anzuwenden (z.B. , BFHE 187, 99, BStBl II 1999, 51; vom II R 27/98 BFH/NV 2001, 150; vom II R 20/01, BFHE 200, 397, BStBl II 2003, 228; vom II R 14/01, BFHE 202, 371, BStBl II 2003, 906; vom II R 41/01, BFHE 202, 376, BStBl II 2003, 693; vom II R 2/02, BFH/NV 2004, 1626, und vom II R 2/03, BFH/NV 2006, 29; BFH-Beschlüsse vom II B 52/02, BFH/NV 2003, 8; vom II B 122/04, BFH/NV 2006, 100; vom II B 11/05, BFH/NV 2006, 254, und vom II B 56/05, BFH/NV 2006, 919). Das BVerfG hat die gegen den Beschluss in BFH/NV 2006, 919 eingelegte Verfassungsbeschwerde durch Beschluss vom   1 BvR 645/06 nicht zur Entscheidung angenommen.

Entschieden ist ebenfalls bereits, dass bei der Fortschreibung des Werts (§ 22 BewG) eines im Beitrittsgebiet belegenen, im Ertragswertverfahren zu bewertenden Grundstücks die der Einheitswertfeststellung zugrunde zu legende hypothetische Jahresrohmiete in erster Linie anhand der Mieten von Objekten gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung zu schätzen ist. „Notfalls” kann auch auf die von den Finanzämtern für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich erarbeiteten Mietspiegel oder ähnliche Schätzungsgrundlagen zurückgegriffen werden (BFH-Urteil in BFH/NV 2001, 150; BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 919). Das Finanzgericht (FG) hat demgemäß die vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) in dem während des Klageverfahrens ergangenen Änderungsbescheid vorgenommene Schätzung der maßgeblichen Jahresrohmieten nicht allein aufgrund des vom FA erarbeiteten Mietspiegels, gegen den es Bedenken erhoben hat, sondern vorrangig aufgrund von mehreren Vergleichsobjekten als rechtmäßig beurteilt.

Auch der Hinweis der Klägerin auf die (BFHE 210, 368, BStBl II 2006, 5) und vom I R 103/00 (BFHE 197, 68, BStBl II 2004, 171) reicht nicht aus, um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hinreichend darzulegen. Diese Urteile betreffen die Maßgeblichkeit der von den Gutachterausschüssen ermittelten Bodenrichtwerte für die Bewertung unbebauter Grundstücke nach § 145 Abs. 3 Satz 1 BewG (Urteil in BFHE 210, 368, BStBl II 2006, 5) bzw. die Ermittlung von Fremdvergleichspreisen als Grundlage für die Prüfung des Vorliegens verdeckter Gewinnausschüttungen (BFH-Urteil in BFHE 197, 68, BStBl II 2004, 171). Die Klägerin hat nicht begründet, inwiefern diese auf anderen Rechtsgrundlagen beruhenden Entscheidungen für die vorliegende Problematik unter Berücksichtigung der dazu vorliegenden Rechtsprechung von Bedeutung sein sollen.

2. Verfahrensmängel

a) Soweit die Klägerin eine unzureichende Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) rügt, wird die Beschwerdebegründung den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht gerecht (vgl. dazu z.B. BFH-Beschlüsse vom VIII B 84/05, BFH/NV 2006, 803; vom VII B 99/05, BFH/NV 2006, 1372, und vom VIII B 61/06, BFH/NV 2007, 451). Die Klägerin hat insbesondere nicht dargelegt, welche Beweismittel das FG hätte heranziehen sollen, welche Tatsachen im Einzelnen eine Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätte und inwiefern diese Tatsachen auf der Grundlage der —insoweit maßgebenden— materiell-rechtlichen Auffassung des FG zu einer anderen Entscheidung hätten führen können.

b) Die Klägerin hat auch nicht schlüssig dargelegt, dass es sich bei dem Urteil des FG um eine Überraschungsentscheidung handle.

aa) Eine Überraschungsentscheidung und damit eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO) liegt vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein kundiger Prozessbeteiligter unter Berücksichtigung vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen musste (, BFH/NV 2007, 741, ständige Rechtsprechung).

bb) Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat die Klägerin nicht substantiiert dargetan. Die vom FG berücksichtigten Vergleichsobjekte waren ihr bereits aus dem Schriftsatz des FA vom bekannt, das die Klägerin ausweislich ihres Schreibens vom auch erhalten hat. Die schon im finanzgerichtlichen Verfahren durch einen Steuerberater vertretene Klägerin hatte somit ausreichend Zeit und Gelegenheit, substantiierte Einwendungen zu den einzelnen Vergleichsobjekten zu erheben und ggf. entsprechende konkrete Beweisanträge zu stellen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1280 Nr. 7
LAAAC-45759