Oberfinanzdirektion Münster - akt. Kurzinfo ESt 1/2007

§ 46: Veranlagung von Arbeitnehmern

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Aktualisierungen sind Kursiv gekennzeichnet

1. Antragsfrist nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG

Nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG ist der Antrag auf Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung bis zum Ablauf des auf den VZ folgenden zweiten Kalenderjahres durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung zu stellen. Mit Urteil vom , hat der BFH entschieden, dass für die Durchführung einer Veranlagung ein Antrag i.S. des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG nicht erforderlich ist, wenn das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen zunächst nach § 162 AO geschätzt hat, da es davon ausgegangen ist, dass eine Pflichtveranlagung durchzuführen ist. In diesem Fall ist der Steuerpflichtige auch dann zur Einkommensteuer zu veranlagen, wenn sich aus der Einkommensteuererklärung, die im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens gegen den Schätzungsbescheid nach Ablauf der Zweijahresfrist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG beim Finanzamt eingeht, ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung nicht vorliegen.

Das Urteil ist im BStBl 2006 II Seite 912 veröffentlicht und damit allgemein anzuwenden.

Mit Beschlüssen vom , BStBl 2006 II Seite 808 und 820, hat der BFH dem BVerfG die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob die Zweijahresfrist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG verfassungsgemäß ist. Die Verfahren sind beim BVerfG unter den Az. 2 BvL 55/06 und 56/06 anhängig.

Die OFD bittet daher die Entscheidung über einen erstmaligen Antrag auf Einkommensteuerveranlagung nach§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG , der formgerecht durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung innerhalb der vierjährigen Festsetzungsfrist aber nach Ablauf der Zweijahresfrist gestellt wird, bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zurückzustellen.

Einsprüche, die unter Hinweis auf die o.g. Vorlagebeschlüsse gegen bisher erlassene Ablehnungsbescheide eingelegt werden, weil die Ablehnungsbescheide damit begründet worden sind, dass der Antrag auf Einkommensteuerveranlagung nach Ablauf der Zweijahresfrist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG eingegangen ist, ruhen nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO.

Hat das Finanzamt einen Antrag auf Einkommensteuerveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG bereits bestandskräftig abgelehnt und wird nunmehr unter Hinweis auf die o.g. Vorlagebeschlüsse erneut die Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung beantragt, liegen die Voraussetzungen zur Durchbrechung der materiellen Bestandskraft des ablehnenden Verwaltungsakts gemäß §§ 172 ff AO in der Regel nicht vor. Zweifelhaft ist aber, ob der betroffene Steuerpflichtige unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten die Bestandskraft des Ablehnungsbescheides hinnehmen muss oder ob ihm – ungeachtet der Bestandskraft des Ablehnungsbescheides – ein erneutes Antragsrecht einzuräumen ist. Die obersten Finanzbehörden werden diese Frage erst erörtern, wenn das BVerfG entscheidet, dass die zweijährige Antragsfrist des§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG verfassungswidrig ist. Die OFD bittet daher die Entscheidung über entsprechende Anträge, die vor Ablauf der vierjährigen Festsetzungsfrist gestellt werden, bis auf weiteres zurückzustellen. Der jeweilige Antrag muss allerdings formgerecht, d.h. durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung gestellt worden sein.

Zur Entscheidung über einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Antragsfrist wird auf das BStBl 2006 II Seite 833, hingewiesen.

Danach ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Frist ohne Verschulden versäumt worden ist.

2. Pflichtveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG

§ 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG i.d.F. vor dem JStG 2007 regelte, dass eine Pflichtveranlagung u.a. durchzuführen ist, wenn die Summe der steuerpflichtigen Einkünfte, die nicht dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen waren, vermindert um die darauf entfallenden Beträge nach §§ 13 Abs. 3 und 24a EStG mehr als 410 € beträgt.

Mit Urteilen vom , u.a. und , hat der BFH entschieden, dass die Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung auch dann erfüllt sind, wenn die Summe der nicht dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfenden Einkünfte negativ ist und der Verlust 410 € übersteigt. Durch das JStG 2007 wurde § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG zur Klarstellung dahingehend geändert, dass die Summe der nicht dem Lohnsteuerabzug unterliegenden Einkünfte positiv sein muss. Diese Änderung ist nach § 52 Abs. 55j EStG i.d.F. des JStG 2007 auch für Veranlagungszeiträume vor 2006 anzuwenden.

Die Gesetzesänderung wird auch bei der Entscheidung der noch anhängigen Revisionsverfahren VI R 40/06 und VI R 63/06 zu berücksichtigen sein, in denen ebenfalls strittig ist, ob für einen Arbeitnehmer auch dann eine Pflichtveranlagung durchzuführen ist, wenn die Summe der nicht dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfenden Einkünfte negativ ist und der Verlust 410 € übersteigt.

Beantragt ein Arbeitnehmer mit Verlusten aus anderen Einkunftsarten nach Ablauf der Zweijahresfrist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG unter Hinweis auf die die Durchführung einer Pflichtveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG, ist der Antrag unter Hinweis auf den geänderten Gesetzeswortlaut abzulehnen.

Einsprüche gegen die Ablehnungsbescheide, die unter Hinweis auf die BFH-Verfahren VI R 40/06 und VI R 63/06 eingelegt werden, ruhen nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO. Entsprechendes gilt für Einsprüche, die unter Hinweis auf die beim BVerfG anhängigen Verfahren 2 BvL 55/06 und 2 BvL 56/06 zur Zweijahresfrist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG eingelegt werden.

Inhaltlich gleichlautend
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Fundstelle(n):
QAAAC-43744