Leitsatz
[1] a) Ein Mitglied des Gläubigerausschusses ist aus wichtigem Grund zu entlassen, wenn sein Verbleiben im Amt die Belange der Gesamtheit der Gläubiger und die Rechtmäßigkeit der Verfahrensabwicklung objektiv nachhaltig beeinträchtigen würde.
b) Eine Störung des Vertrauensverhältnisses zu anderen Verfahrensbeteiligten, die keine Grundlage in einem objektiv pflichtwidrigen Verhalten des Gläubigerausschussmitglieds hat, rechtfertigt dessen Entlassung nicht.
Gesetze: InsO § 70
Instanzenzug: AG Freiburg 8 IN 475/04 vom LG Freiburg 13 T 13/06 vom
Gründe
I.
Am wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet. Die erste Gläubigerversammlung am beschloss die Einsetzung eines aus fünf Mitgliedern bestehenden Gläubigerausschusses. Neben vier anderen Personen - dem Vater des Geschäftsführers der Schuldnerin, einem Vertreter der Agentur für Arbeit, einem Vertreter der Sparkasse F. und dem Angestellten, der den fortgeführten Betrieb der Schuldnerin leitete - wurde die weitere Beteiligte zu 1 (fortan: Beteiligte) in den Gläubigerausschuss gewählt.
Am erstattete der weitere Beteiligte zu 2 (fortan: Insolvenzverwalter) Strafanzeige gegen den Geschäftsführer der Schuldnerin, gegen dessen Eltern sowie gegen die Beteiligte. Hintergrund waren Meinungsverschiedenheiten über die Verwendung von Mietkautionen im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Geschäftsführers der Schuldnerin. Mit Schreiben vom bat die Beteiligte den Verwalter, ihr bestimmte Unterlagen zur Verfügung zu stellen (Bilanz zum , betriebswirtschaftliche Auswertung zum inkl. Summen- und Saldenliste; aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertung zum , Auflistung der aktuell vorgenommenen größeren Investitionen), und regte eine Sitzung des Gläubigerausschusses an, bei der ein Zwischenbericht erstattet werden solle. Die Sitzung des Gläubigerausschusses fand am statt, ohne dass die Beteiligte zuvor die erbetenen Unterlagen oder eine Möglichkeit zur Einsichtnahme erhalten hatte. Auf Anregung zweier anderer Mitglieder des Gläubigerausschusses berief das Insolvenzgericht am eine außerordentliche Gläubigerversammlung mit den Tagesordnungspunkten "Prüfung nachträglich angemeldeter Forderungen" und "Beschlussfassung über die Neuwahl bzw. Beibehaltung des bisherigen Gläubigerausschusses und Beschlussfassung über die Beibehaltung oder Neufestlegung der Zahl der Mitglieder des Gläubigerausschusses" ein. Am erläuterte der Verwalter zunächst, dass eine weitere Zusammenarbeit mit der Beteiligten nicht möglich sei. Die Gläubigerversammlung stimmte sodann mehrheitlich für eine "Abwahl" der Beteiligten.
Noch während der Gläubigerversammlung verkündete das Insolvenzgericht - Rechtspflegerin - den Beschluss, die Beteiligte werde aus wichtigem Grund aus dem Gläubigerausschuss entlassen. Die sofortige Beschwerde der Beteiligten gegen diesen Beschluss ist erfolglos geblieben. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die Beteiligte weiterhin das Ziel der Aufhebung des Beschlusses über ihre Entlassung als Mitglied des Gläubigerausschusses.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 7, 6, 70 Satz 3 Halbsatz 2 InsO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse und zur Zurückweisung des Antrags der Gläubigerversammlung.
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Ein wichtiger Grund im Sinne von § 70 InsO, der die Entlassung der Beteiligten aus ihrem Amt als Mitglied des Gläubigerausschusses rechtfertige, liege in dem gestörten Verhältnis zwischen ihr und dem Verwalter, das auch von den anderen Mitgliedern des Gläubigerausschusses als Behinderung und Blockade bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben empfunden worden sei. Der Beteiligten habe auch das Vertrauen der Mehrheit des Gläubigerausschusses und der Gläubigerversammlung in Bezug auf ihre Bereitschaft zur konstruktiven Zusammenarbeit gefehlt. Sie habe "demonstrativ", ohne Absprache mit anderen Mitgliedern und ohne Angabe von Gründen ihre Kontrollbefugnisse in Anspruch genommen, nachdem der Verwalter in anderer Sache Strafanzeige gegen sie erstattet habe. Auch für Außenstehende sei so der Eindruck entstanden, dass ihre Aktivität persönlich motiviert sei. Da die Beteiligte Beraterin des Geschäftsführers der Schuldnerin im Insolvenzverfahren über dessen Vermögen gewesen sei, bestehe die Gefahr des Vorrangs partieller Interessen vor der Unterstützung des Verwalters in Bezug auf eine möglichst günstige Verwertung des Schuldnervermögens.
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Störungen des Vertrauensverhältnisses zwischen einem Mitglied des Gläubigerausschusses einerseits, dem Insolvenzverwalter, anderen Mitgliedern des Gläubigerausschusses oder der Gläubigerversammlung andererseits rechtfertigen die Entlassung nicht, wenn sie nicht auf einem pflichtwidrigen Verhalten des Mitglieds beruhen. Gleiches gilt für die nur abstrakte Gefahr einer Interessenkollision.
a) Gemäß § 70 InsO kann das Insolvenzgericht ein Mitglied des Gläubigerausschusses entlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Die Regelung des § 70 InsO ist derjenigen des § 59 InsO nachgebildet worden, welche den Insolvenzverwalter betrifft (BT-Drucks. 12/2443, S. 132). Auch dieser kann nur aus wichtigem Grund aus seinem Amt entlassen werden. Gleiches gilt aufgrund der Verweisungen in § 296 Abs. 3 Satz 2, § 313 Abs. 1 Satz 3 InsO für Treuhänder im Verfahren der Restschuldbefreiung sowie im vereinfachten Insolvenzverfahren.
b) Ein Insolvenzverwalter ist zu entlassen, wenn sein Verbleiben im Amt unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen des Verwalters die Belange der Gesamtheit der Gläubiger und die Rechtmäßigkeit der Verfahrensabwicklung objektiv nachhaltig beeinträchtigen würde (, WM 2006, 440, 441). Die Tatsachen, die den Entlassungsgrund bilden, müssen in der Regel zur vollen Überzeugung des Insolvenzgerichts nachgewiesen sein. Ausnahmsweise kann bereits das Vorliegen von konkreten Anhaltspunkten für die Verletzung von wichtigen Verwalterpflichten für eine Entlassung genügen, wenn der Verdacht im Rahmen zumutbarer Amtsermittlung nicht ausgeräumt und nur durch die Entlassung die Gefahr größerer Schäden für die Masse noch abgewendet werden kann. Eine Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Insolvenzverwalter und Insolvenzgericht, die nur auf persönlichem Zwist beruht, reicht niemals für eine Entlassung aus ( aaO).
c) Für die Entlassung eines Gläubigerausschussmitgliedes gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Auslegung und Anwendung der Bestimmung des § 59 Abs. 1 InsO werden zwar auch durch das Grundrecht des Insolvenzverwalters aus Art. 12 GG geprägt. Bei § 70 InsO kann dieses Grundrecht keine Rolle spielen; denn das Mitglied des Gläubigerausschusses übt als solches keinen "Beruf" im Sinne von Art. 12 GG aus. Dieser Unterschied erlangt jedoch erst im Rahmen der Abwägung der Interessen des Ausschussmitglieds einerseits, der übrigen Verfahrensbeteiligten andererseits Bedeutung. Voraussetzung einer Entlassung aus wichtigem Grund ist eine Situation, in der die weitere Mitarbeit des zu entlassenden Mitgliedes die Erfüllung der Aufgaben des Gläubigerausschusses nachhaltig erschwert oder unmöglich macht und die Erreichung der Verfahrensziele objektiv nachhaltig gefährdet (MünchKomm-InsO/Gößmann, § 70 Rn. 6; Vallender, Festschrift Hans-Peter Kirchhof S. 507, 510).
Diese Auslegung entspricht derjenigen anderer Bestimmungen, in denen ein "wichtiger Grund" für die Beendigung eines Dauerschuldverhältnisses oder einer Funktion vorausgesetzt wird. Ein Dienstverhältnis kann aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann (§ 626 Abs. 1 BGB). Hier ist der "wichtige Grund" im Gesetz selbst definiert. Ein wichtiger Grund im Sinne des § 84 Abs. 3 Satz 1 AktG, bei dessen Vorliegen die Bestellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft aus wichtigem Grund widerrufen werden kann, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anzunehmen, wenn die Fortsetzung des Organverhältnisses bis zum Ende der Amtszeit für die Gesellschaft unzumutbar ist; dabei sind alle Umstände des Einzelfalles gegeneinander abzuwägen (, ZIP 2007, 119).
d) Die Vorinstanzen haben nicht festgestellt, dass die Beteiligte gegen ihre Pflichten als Mitglied des Gläubigerausschusses verstoßen hat. Die Strafanzeige des Insolvenzverwalters bezieht sich auf Vorgänge, die mit dem vorliegenden Insolvenzverfahren nichts zu tun haben. Ein konkreter Vorwurf gegen die Beteiligte lässt sich der bei den Akten befindlichen Kopie der Strafanzeige nicht entnehmen; zudem geht es um gegenseitige Vorwürfe des Verwalters einerseits, der Familie des Geschäftsführers der Schuldnerin andererseits, deren Berechtigung die Vorinstanzen nicht überprüft haben. Dass die Beteiligte die - erstmalige - Einberufung einer Sitzung des Gläubigerausschusses angeregt hatte, war nicht pflichtwidrig. Gleiches gilt für ihre Bitte um Einsicht in bestimmte Unterlagen. Nach § 69 Satz 2 InsO haben sich die Mitglieder des Gläubigerausschusses über den Gang der Geschäfte zu unterrichten, die Bücher und Geschäftspapiere einzusehen und den Geldverkehr und -bestand prüfen zu lassen. Diese Verpflichtung trifft - ebenso wie die Haftung bei Verletzung der Kontrollpflicht gemäß § 71 InsO - die einzelnen Ausschussmitglieder persönlich, nicht den Ausschuss als Organ, so dass der Beteiligten zunächst nicht vorgeworfen werden kann, sich nicht mit allen Ausschussmitgliedern abgestimmt zu haben. Wenn alle Ausschussmitglieder unabhängig voneinander agieren würden, könnte dies zwar zu erheblichen Behinderungen des Verfahrens führen. Im vorliegenden Fall geht es jedoch um einen einmaligen Vorgang. Die Anfrage wurde nur deshalb wiederholt, weil der Verwalter die Einsicht ohne triftigen Grund verweigerte. Hat sich die Beteiligte nicht pflichtwidrig verhalten, besteht auch kein Grund zu der Annahme, dass sie zukünftig ihre Aufgaben als Mitglied des Gläubigerausschusses nicht ordnungsgemäß erfüllen wird.
e) Die von den Vorinstanzen für ausschlaggebend gehaltene Störung des Vertrauensverhältnisses zu anderen Verfahrensbeteiligten, die keine Grundlage in einem objektiv pflichtwidrigen Verhalten des Ausschussmitglieds hat, kann schon deshalb keine Gefährdung des Verfahrenszwecks darstellen, weil die Insolvenzordnung ein solches Vertrauensverhältnis nicht voraussetzt.
aa) Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern des Gläubigerausschusses einerseits, dem Insolvenzverwalter andererseits setzt das Gesetz nicht voraus. Die Mitglieder des Gläubigerausschusses haben den Insolvenzverwalter bei seiner Geschäftsführung zu unterstützen, ihn dabei aber auch zu überwachen (§ 69 Satz 1 InsO). Kontrollen können stets zu Meinungsunterschieden führen. Ohne Hinzutreten weiterer Umstände rechtfertigt eine Störung des Vertrauensverhältnisses zum Insolvenzverwalter die Entlassung eines Mitglieds des Gläubigerausschusses daher nicht (LG Magdeburg ZInsO 2002, 88, 89 [zu § 15 GesO]; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 70 Rn. 7; HK-InsO/Eickmann, 4. Aufl. § 70 Rn 4; Kübler in Kübler/Prütting, InsO § 70 Rn. 7; HambKomm-InsO/Frind, § 70 Rn. 3; Vallender WM 2002, 2040, 2044; Pape WM 2006, 19, 20). Solche weiteren Umstände sind nicht festgestellt worden.
bb) Das Amt eines Mitglieds des Gläubigerausschusses hängt auch nicht vom Vertrauen der Mehrheit der Gläubigerversammlung ab.
(1) Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zum heutigen § 67 InsO (BT-Drucks. 12/2443, S. 131) ist der Gläubigerausschuss allerdings dasjenige Organ, durch das der ständige Einfluss der beteiligten Gläubiger auf den Ablauf des Insolvenzverfahrens sichergestellt werden soll. Seine Aufgabe ist es, die Interessen der beteiligten Gläubiger zur Geltung zu bringen (Begründung zu § 79 RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 131 f). Die Entscheidung darüber, ob überhaupt ein Gläubigerausschuss eingesetzt wird und ein etwa vom Insolvenzgericht vorläufig bestellter Ausschuss (§ 67 InsO) im Amt bleibt, hat die Insolvenzordnung daher der ersten Gläubigerversammlung übertragen (§ 68 InsO). Unter diesem Gesichtspunkt könnte man daran denken, auch den Fortbestand des Amtes eines von der ersten Gläubigerversammlung gewählten Ausschussmitglieds vom Vertrauen der Mehrheit der Gläubigerversammlung abhängig zu machen, also eine schlichte Abwahl von Ausschussmitgliedern zuzulassen.
(2) Die Konkursordnung enthielt in § 92 eine entsprechende Regelung. Die durch die Gläubigerversammlung erfolgte Bestellung eines Ausschussmitglieds konnte durch Beschluss der Gläubigerversammlung widerrufen werden, ohne dass eine Begründung erforderlich gewesen wäre (Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze 17. Aufl. § 92 Anm. 2). Die Insolvenzordnung ist jedoch einen anderen Weg gegangen. Voraussetzung der Entlassung eines Mitglieds des Gläubigerausschusses ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Dieses Tatbestandsmerkmal ist ausdrücklich deshalb eingefügt worden, um die Unabhängigkeit der Mitglieder des Gläubigerausschusses zu stärken (BT-Drucks. 12/2443, S. 132). "Unabhängig" ist die Stellung der Mitglieder des Gläubigerausschusses nicht nur gegenüber dem Gericht (vgl. bereits , WM 1965, 1158, 1159) und dem Insolvenzverwalter, dessen Tätigkeit sie zu überwachen haben, sondern auch gegenüber der Gläubigerversammlung (Vallender WM 2002, 2040, 2045; MünchKomm-InsO/Gößmann, § 70 Rn. 5; § 69 Rn. 10; HK-InsO/Eickmann, 4. Aufl. § 69 Rn. 6). Die Aufgaben des Gläubigerausschusses ergeben sich ausschließlich aus dem Gesetz. Er steht zur Gläubigerschaft in keinem Auftragsverhältnis (BGHZ 124, 86, 93 [zu § 88 KO]). Das Erfordernis eines "wichtigen Grundes" für eine Entlassung des Mitglieds stärkt dessen Stellung gegenüber der Gläubigerversammlung. Die Mitglieder des Gläubigerausschusses sollen auch schwierige Entscheidungen allein nach sachlichen Gesichtspunkten treffen können, ohne eine Abberufung aus ihrem Amt fürchten zu müssen.
(3) Nach diesem Ziel hat sich die Auslegung des Tatbestandsmerkmals "wichtiger Grund" zu richten. Eine nicht mit einem konkreten Fehlverhalten begründete, sondern allein auf einen "Vertrauensverlust" gestützte Abwahlentscheidung der Gläubigerversammlung rechtfertigt die Entlassung des Ausschussmitglieds nach der Insolvenzordnung nicht. Hat die erste Gläubigerversammlung sich für die Einsetzung eines Gläubigerausschusses entschieden und dessen Mitglieder gewählt, haben spätere Versammlungen nur noch die Befugnis, die Entlassung einzelner Mitglieder zu beantragen. Die Entscheidung obliegt dem Insolvenzgericht, welches eigenständig zu prüfen hat, ob ein die Entlassung rechtfertigender Grund im Sinne von § 70 InsO gegeben ist. Jedes andere Ergebnis würde auch den Sinn des eigens auf Vorschlag des Rechtsausschusses (BT-Drucks. 12/7302, S. 163) eingeführten Rechts des Mitglieds, sofortige Beschwerde einzulegen, in Frage stellen.
(4) Ob, wie teilweise vertreten wird, eine "tief greifende Zerrüttung des Verhältnisses zwischen dem Ausschussmitglied und der Gläubigerversammlung" eine Entlassung rechtfertigen würde (z.B. LG Magdeburg ZInsO 2002, 88, 89; Kübler, in Kübler/Prütting, InsO § 70 Rn. 7; Nerlich/Römermann/Delhaes, InsO § 70 Rn. 7), braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden. Tatsachen, die eine entsprechende Schlussfolgerung erlauben würden, haben die Vorinstanzen nicht festgestellt.
cc) Dass sich drei Mitglieder des Gläubigerausschusses, also die Mehrheit, für eine Entlassung der Beteiligten ausgesprochen haben, ist ebenfalls kein wichtiger Grund im Sinne von § 70 InsO. Die Stellung des Ausschussmitglieds hängt nicht vom fortbestehenden Vertrauen der übrigen Ausschussmitglieder ab.
Die Insolvenzordnung unterscheidet zwischen den Mitgliedern des Gläubigerausschusses und dem Gläubigerausschuss als Organ. Die Pflichten des § 69 InsO sind ausdrücklich den Mitgliedern des Gläubigerausschusses auferlegt worden. Auch die Haftung für schuldhafte Verletzungen dieser Pflichten trifft die Mitglieder persönlich (§ 71 InsO). Das einzelne Mitglied handelt insoweit selbständig und in eigener Verantwortung. Die Rechte "des Gläubigerausschusses" stehen demgegenüber dem Ausschuss als Organ zu, etwa die Befugnis, eine Gläubigerversammlung einzuberufen (§ 75 Abs. 1 Nr. 2 InsO), oder der Vorbehalt der Zustimmung zu besonders bedeutsamen Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters (§ 160 InsO). Das einzelne Mitglied ist nicht berechtigt, diese Befugnisse allein, aus eigenem Recht, wahrzunehmen. Entscheidungen werden durch Beschluss getroffen; ein Beschluss ist gültig, wenn die Mehrheit der Mitglieder an der Beschlussfassung teilgenommen hat und der Beschluss mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst worden ist (§ 72 InsO). Solange dieses Verfahren funktioniert, besteht kein Anlass für die Entlassung eines Mitgliedes, das - möglicherweise - andere Ansichten vertritt als die übrigen Mitglieder.
f) Die vom Beschwerdegericht ergänzend herangezogene "Gefahr des Vorrangs partieller Interessen" rechtfertigt eine Entlassung der Beteiligten aus dem Amt als Mitglied des Gläubigerausschusses schließlich ebenfalls nicht.
aa) Die Gläubigerinteressen der Mitglieder des Gläubigerausschusses stimmen nicht notwendig überein, wie auch die Gläubigergruppen und die einzelnen Gläubiger selbst unterschiedliche Interessen verfolgen können. Im vorläufigen Gläubigerausschuss, der vom Insolvenzgericht eingesetzt wird, sollen deshalb die absonderungsberechtigten Gläubiger, die Insolvenzgläubiger mit den höchsten Forderungen, die Kleingläubiger sowie gegebenenfalls die Arbeitnehmer vertreten sein (§ 67 Abs. 2 InsO). Für den von der Gläubigerversammlung gewählten Ausschuss fehlt eine entsprechende Regelung (vgl. § 68 InsO). Der entsprechende Vorschlag des Regierungsentwurfs (§ 79 Abs. 2 RegE), der ein übermäßiges Gewicht der Großgläubiger verhindern sollte (BT-Drucks. 12/2443, S. 132), wurde vom Rechtsausschuss zur Stärkung der Gläubigerautonomie im Insolvenzverfahren gestrichen (BT-Drucks. 12/7302, S. 163). An den - möglicherweise - unterschiedlichen Interessen der einzelnen Mitglieder ändert das allerdings nichts. Das Gesetz erwartet von den Ausschussmitgliedern, dass sie ihre unzweifelhaft vorhandenen, durchaus gegenläufigen persönlichen Interessen zurückstellen, soweit das Ziel der bestmöglichen Befriedigung der Insolvenzgläubiger (§ 1 Satz 1 InsO) und die ordnungsgemäße Abwicklung des Verfahrens dies erfordert (vgl. etwa Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 69 Rn. 7)
bb) Verfolgt ein Ausschussmitglied im Rahmen seiner Ausschusstätigkeit Partikularinteressen, verstößt es gegen diese Pflicht (, ZIP 2003, 1259; v. - IX ZB 73/05, n.v.; Vallender WM 2002, 2040, 2044; Pape WM 2006, 19, 20 f; MünchKomm-InsO/Gößmann, § 70 Rn. 6; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 70 Rn. 7). Im vorliegenden Fall haben die Vorinstanzen jedoch keine Tatsachen festgestellt, die einen entsprechenden Vorwurf gegen die Beteiligte begründen könnten. Die abstrakte Gefahr eines Interessenwiderspruchs zu anderen Gläubigern rechtfertigt eine Entlassung der Beteiligten nicht.
III.
Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Er ist aufzuheben (§ 577 Abs. 4 ZPO). Da die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat eine eigene Sachentscheidung zu treffen. Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des Insolvenzgerichts aufgehoben; der Antrag der Gläubigerversammlung auf Entlassung der Beteiligten aus ihrem Amt als Mitglied des Gläubigerausschusses wird zurückgewiesen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BB 2007 S. 957 Nr. 18
NJW-RR 2007 S. 1059 Nr. 15
WM 2007 S. 842 Nr. 18
ZIP 2007 S. 781 Nr. 16
DAAAC-42720
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja