BGH Beschluss v. - IX ZB 277/05

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: InsO § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2; InsVV § 2 Abs. 1; InsVV § 3 Abs. 1; ZPO § 577 Abs. 6 Satz 2; ZPO § 577 Abs. 6 Satz 3

Instanzenzug: AG Chemnitz 1016 IN 420/01 vom LG Chemnitz 3 T 304/05 vom

Gründe

I.

Der (weitere) Beteiligte zu 1 war vorläufiger, mit einem Zustimmungsvorbehalt gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO ausgestatteter Insolvenzverwalter in dem Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der Schuldnerin. Er beantragte, seine Vergütung nebst Auslagen und Umsatzsteuer auf 50.456,12 € festzusetzen. Ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von 843.552,25 € machte er einen Regelsatz von 35 % und Zuschläge von 60 Prozentpunkten für weitere Tätigkeiten geltend, nämlich 25 % für die Betriebsfortführung einschließlich der Durchführung von Sanierungsmaßnahmen, 10 % für die Insolvenzgeldvorfinanzierung, 10 % für die Prüfung eines Insolvenzplans der Schuldnerin und 15 % für die Bemühungen um eine übertragende Sanierung.

Das Amtsgericht hat die Vergütung auf 37.334,27 € festgesetzt. Es hat die Berechnungsgrundlage und den begehrten, um 10 % erhöhten Vergütungssatz von 35 % im Hinblick auf umfangreiche Tätigkeiten infolge der Anordnung des Zustimmungsvorbehaltes antragsgemäß berücksichtigt sowie Zuschläge in Höhe von 35 weiteren Prozentpunkten bewilligt, nämlich in Höhe von 10 % für die Unternehmensfortführung einschließlich durchgeführter Sanierungsmaßnahmen, 15 % für die Bemühungen um eine übertragende Sanierung und je 5 % für die Insolvenzgeldvorfinanzierung und die Prüfung des Insolvenzplans der Schuldnerin.

Die gegen diesen Beschluss erhobene sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1 ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt er seinen Vergütungsfestsetzungsantrag in vollem Umfang weiter.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 6, 7, 64 Abs. 3 Satz 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), jedoch unzulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.

1. Die Frage, ob und welche Bedeutung Faustregeltabellen bei der Bemessung von Zuschlägen gemäß § 3 Abs. 1 InsVV beizumessen ist, ist nicht klärungsbedürftig.

Die Aufstellung solcher Tabellen durch den Senat, wie sich die Rechtsbeschwerde dies vorstellt, ist schon deshalb nicht möglich, weil im vorliegenden Verfahren, wie in anderen Verfahren, nur einzelne Zu- und Abschlagstatbestände in Betracht zu ziehen sind, die Aufstellung ganzer Maßregeltabellen also nicht entscheidungserheblich wäre.

Die Bemessung vorzunehmender Zu- und Abschläge ist außerdem Aufgabe des Tatrichters (, ZIP 2003, 1757; v. - IX ZB 215/03, NZI 2004, 665; v. - IX ZB 285/03, ZIP 2005, 1371; v. - IX ZB 249/04, ZIP 2006, 1204, 1205). Dabei können Sammlungen von Entscheidungen anderer Gerichte in vergleichbaren Fällen oder von in der Literatur aufgestellten Faustregeltabellen eine Orientierungshilfe bieten. Eine Verbindlicherklärung solcher Entscheidungshilfen scheidet aber entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde aus. Ihnen kann kein normativer Charakter beigemessen werden. Ihr Inhalt bedarf vielmehr in jedem Einzelfall der Überprüfung.

Die Festlegung einzelner Zu- und Abschläge ist im Übrigen zwar rechtlich nicht zu beanstanden, aber keineswegs erforderlich. Maßgebend ist in jedem Fall eine im Ergebnis angemessene Gesamtwürdigung durch den Tatrichter. Dabei hängt es vom Einzelfall ab, welchen Begründungsaufwand er für erforderlich halten darf und muss (vgl. aaO m.w.N.).

2. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die Beschwerdeentscheidung verletzt den vorläufigen Insolvenzverwalter nicht in Verfahrensgrundrechten. Auch liegen für die Behauptung der Rechtsbeschwerde, die Zuschläge seien willkürlich zu niedrig festgesetzt worden, keine Anhaltspunkte vor.

a) Das Landgericht hat zwar festgestellt, dass es sich um ein nach Art, Dauer und Umfang der Tätigkeit überdurchschnittliches Verfahren gehandelt hat. Daraus ergibt sich indessen noch nicht, dass die vom Beschwerdeführer beantragten Zuschläge der Höhe nach gerechtfertigt wären, sondern nur, dass überhaupt Zuschläge zu gewähren sind. Deren Bemessung ist Aufgabe des Tatrichters.

b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist der Tatrichter nicht verpflichtet, zunächst Zuschläge festzulegen, die bei gleicher Tätigkeit eines endgültigen Insolvenzverwalters angemessen wären, um daraus den Zuschlag für den vorläufigen Verwalter prozentual zu berechnen. Dies wäre vielmehr rechtsfehlerhaft. Die Vergütung des vorläufigen Verwalters ist in der Weise zu bestimmen, dass besondere Umstände, die die Tätigkeit erleichtern oder erschweren, unmittelbar den für den vorläufigen Verwalter maßgebenden Bruchteil der Vergütung nach § 2 Abs. 1 InsVV verringern oder erhöhen (, NZI 2004, 251; v. - IX ZB 136/03, NZI 2004, 448).

c) Grundsätzlich gilt, dass die Zuschläge für Umstände, welche die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters erschweren, mit dem gleichen Hundertsatz wie bei dem endgültigen Insolvenzverwalter zu vergüten sind, wenn auch die sonstigen Umstände vergleichbar sind (, ZIP 2004, 2448, 2449). Dies setzt naturgemäß eine vergleichbare Bemessungsgrundlage voraus (Ganter, NZI 2005, 241, 251). Dass das Beschwerdegericht dies verkannt hätte, zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf. Sie hält lediglich die zugebilligten Zuschläge für zu niedrig.

d) Soweit sich die Rechtsbeschwerde gegen die Begründung des Amtsgerichts wendet, das wegen der Zurückweisung des Insolvenzplanes für dessen Prüfung einen Zuschlag von nur 5 Prozentpunkten für angemessen gehalten hat, kann die Richtigkeit dieses Arguments dahinstehen. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts beruht nicht auf dieser Überlegung. Dass es gleichwohl insoweit keinen höheren Zuschlag für angemessen erachtet hat, beruht auf einer eigenständigen tatrichterlichen Würdigung, die Willkür oder eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht erkennen lässt.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Sätze 2 und 3 ZPO abgesehen.

Fundstelle(n):
WAAAC-42718

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