Aufbewahrung der Schichtzettel eines Taxiunternehmens
Gesetze: UStG § 22; UStDV § 63
Instanzenzug: , 15 K 16/05
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) betreibt ein Taxi-Unternehmen.
Den Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 1998 und 1999 stimmte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) zunächst zu.
Im Anschluss an eine Außenprüfung änderte das FA die Bescheide gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO).
Da die Klägerin keine „Schichtzettel” vorweisen konnte, beanstandete das FA, dass die Buchführung formell nicht ordnungsgemäß sei und schätzte Umsätze hinzu. „Schichtzettel” enthalten Angaben der jeweiligen Fahrer, des Datums der Schicht, des Schichtbeginns, des Schichtendes, der „Total- und Besetztkilometer”, der Touren, des Fahrpreises, des Tachostandes, der Fahrten ohne Uhr, der Gesamteinnahme, der Lohnabzüge, der sonstigen Abzüge, der verbleibenden Resteinnahme und der an den Unternehmer abgelieferten Beträge.
Die Klägerin ist der Auffassung, sie habe die „Schichtzettel” nicht aufbewahren müssen.
Einsprüche und Klagen blieben erfolglos.
Gegen die Urteile des Finanzgerichts (FG) wendet sich die Klägerin mit den Nichtzulassungsbeschwerden. Sie beantragt Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssachen nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und wegen Verfahrensmängeln gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO.
II. 1. Die Verbindung der Verfahren beruht auf § 73 Abs. 1 Satz 1, § 121 Satz 1 FGO.
2. Die Beschwerden haben keinen Erfolg. Die Beschwerdebegründungen entsprechen im Wesentlichen nicht den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Die Rechtssachen haben im Übrigen weder grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO noch ist die Revision wegen Verfahrensfehlern zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
a) Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Dies ist der Fall, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar sein. Diese Voraussetzungen müssen gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO in der Beschwerdebegründung dargelegt werden.
aa) Die Frage, ob sich aus Anweisungen in einer Betriebsprüfungskartei eine bindende Zusage ergibt, ist im angestrebten Revisionsverfahren mangels Entscheidungserheblichkeit nicht klärbar.
Aus der Betriebsprüfungskartei kann entgegen der Auffassung der Klägerin nicht entnommen werden, dass die im Taxigewerbe erstellten „Schichtzettel” vom Taxiunternehmer nicht aufbewahrt werden müssen. Wie die Klägerin selbst vorträgt, lautet sie in Teil III Abschn. II Nr. 1 2. Absatz „Personen-Kraftwagenverkehr”: „Eine Verpflichtung zur Verwendung und Aufbewahrung von Taxameterzetteln (Eintragung der jeweiligen Stände aller Zählwerke bei Fahrerwechsel in Taxis) besteht nicht. Zur Überprüfung des Fahrpersonals werden jedoch in fast allen Fällen besondere Aufzeichnungen, z.B. in Fahrtenbüchern oder Tagesabrechnungen vorgenommen.” Aus dem Klammerzusatz lässt sich klar entnehmen, dass die Finanzverwaltung unter „Taxameterzetteln” nur die Aufzeichnung der Stände der Zählwerke bei Fahrerwechsel, nicht aber die „Schichtzettel” versteht, die weitergehende Aufzeichnungen enthalten.
bb) Demnach sind die weiteren, von der Klägerin aufgeworfenen Fragen, „ob das Bundesministerium für Finanzen hier als kompetenzhöhere Behörde für das Finanzamt X eine verbindliche Zusage abgeben konnte” und „ob aufgrund der herausgegebenen Betriebsprüfungskartei eine Zusage beantragt werden musste” ebenfalls nicht entscheidungserheblich und damit im angestrebten Revisionsverfahren nicht klärbar.
cc) Nach Auffassung der Klägerin hat die Frage grundsätzliche Bedeutung, „ob aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität nicht auch die Taxiunternehmer als Berufsgruppe von der Pflicht zur Einzelaufzeichnung zu entbinden sind”.
Mit Urteil vom XI R 25/02 (BFHE 205, 249, BStBl II 2004, 599) entschied der Bundesfinanzhof (BFH), dass im Taxigewerbe erstellte „Schichtzettel” aufzubewahren sind. Aus den Beschwerdebegründungen ergibt sich nicht, dass gleichwohl weiterhin noch Klärungsbedarf besteht. Diese Entscheidung ist jüngeren Datums, so dass der Hinweis der Klägerin, die „immer wieder” zitierte Entscheidung des (BFHE 86, 118, BStBl III 1966, 371) sei „nicht mehr zeitgemäß”, als Begründung für den Klärungsbedarf nicht ausreicht.
dd) Zweifel eines Beteiligten an der Verfassungsmäßigkeit eines Bescheides begründen noch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Insbesondere reicht es nicht aus, die Verfassungswidrigkeit lediglich zu behaupten. Vielmehr müssen die verfassungsrechtlichen Bedenken unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) näher begründet werden (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 34).
ee) Die von der Klägerin sinngemäß aufgeworfene Frage, ob ein Verstoß gegen das „rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot” bestehe, wenn „Schichtzettel” für die Streitjahre verlangt würden, obwohl die Finanzbehörden bislang auf die Vorlage der „Schichtzettel” verzichteten, ist nicht klärungsbedürftig.
Der BFH hat bereits wiederholt entschieden, dass eine ggf. unrichtige Handhabung durch die Finanzverwaltung nicht den Anspruch begründet, auch in Zukunft unzutreffend besteuert zu werden (vgl. z.B. , BFHE 182, 546, BStBl II 1997, 605).
ff) Die Klägerin misst sinngemäß der Frage grundsätzliche Bedeutung zu, ob die Grundsätze des BFH-Urteils in BFHE 205, 249, BStBl II 2004, 599 rückwirkend angewendet werden dürfen.
Nach der Rechtsprechung des BVerfG kommt Vertrauensschutz allenfalls bei der Änderung einer gefestigten Rechtsprechung in Betracht (, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1989, 395). Dies war im zitierten BFH-Urteil nicht der Fall, da es zu der zu entscheidenden Rechtsfrage noch keine entgegengesetzte gefestigte Rechtsprechung gab.
gg) Außerdem sind auch die strafrechtlichen Folgen des Sachverhaltes (§ 370 AO) im angestrebten Revisionsverfahren nicht klärbar.
b) Die Revision ist auch nicht wegen Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) zuzulassen.
Eine Zulassung der Revision wegen eines behaupteten Verfahrensmangels kommt nur in Betracht, wenn die Entscheidung hierauf beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Das ist, soweit die Klägerin mangelnde Sachaufklärung hinsichtlich der früher nicht gestellten Anforderungen an die Aufbewahrung von „Schichtzetteln” rügt, nicht der Fall. Es kann nämlich dahingestellt bleiben, ob die Steuerbehörden in der Vergangenheit die Vorlage von „Schichtzetteln” der Taxiunternehmen tatsächlich nicht verlangt haben, da dies für die Befugnis des FA, die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen (§ 162 Abs. 2 Satz 2 AO), unerheblich ist (II.2.b ee).
Soweit die Klägerin darüber hinaus die Nichterhebung von Beweisen rügt, entsprechen die Beschwerdebegründungen nicht dem Gesetz (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Erforderlich gewesen wäre hierfür u.a. der Vortrag, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung die Nichterhebung der Beweise gerügt hat (vgl. Gräber/ Ruban, a.a.O., § 120 Rz 69, m.w.N.). Weder den Beschwerdebegründungen, noch den Urteilen des FG noch den Protokollen über die öffentliche Sitzung kann eine entsprechende Rüge entnommen werden.
Fundstelle(n):
HAAAC-42120