Überstundenvergütung als verdeckte Gewinnausschüttung
Gesetze: KStG § 8 Abs. 3 Satz 2
Instanzenzug: ,F
Gründe
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob an Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlte Überstundenvergütungen steuerrechtlich als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) zu behandeln sind.
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist Rechtsnachfolgerin einer in der Rechtsform der GmbH betriebenen Steuerberatungsgesellschaft. An der GmbH waren in den Streitjahren 1997 bis 2001 zunächst zwei (später drei) Gesellschafter beteiligt. Die Gesellschafter waren jeweils zu Geschäftsführern bestellt worden, im April 2001 kam eine weitere (Fremd-)Geschäftsführerin hinzu. Nach den Geschäftsführer-Anstellungsverträgen sollten die drei Gesellschafter als Geschäftsführer neben ihren monatlichen Festgehältern eine Gewinntantieme (Gehälter und Tantieme in jeweils unterschiedlicher Höhe) erhalten. Bei einer monatlichen Arbeitszeit von weniger als 40 Stunden die Woche sollte der Tantiemeanspruch gekürzt werden; Überstunden sollten gesondert vergütet werden (eine Vereinbarung über die Zahlung von Zuschlägen wurde nicht durchgeführt). Der Anstellungsvertrag der Geschäftsführerin sah ebenfalls eine Überstundenvergütung, aber keine Tantieme vor. Die GmbH erbrachte auf der Grundlage von entsprechenden Aufzeichnungen (auch: elektronisches Zeiterfassungssystem) Überstundenvergütungen an die Geschäftsführer in Höhe von 92 656 DM (1997), 102 088 DM (1998), 104 287 DM (1999), 104 229 DM (2000) bzw. 170 440 DM (2001). Eine Tantieme wurde in den Streitjahren mit Ausnahme des Jahres 2001 nicht fällig.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) behandelte die Zahlung der Überstundenvergütungen als vGA und erließ entsprechende Steuerfestsetzungen bzw. Verlustfeststellungen. Die hiergegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) Düsseldorf ab (Urteil vom 6 K 224/04 K,F), ohne die Revision gegen sein Urteil zuzulassen.
Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin geltend, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe bzw. die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordere.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde wird als unbegründet zurückgewiesen. Die von der Klägerin geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
1. a) Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision gegen ein finanzgerichtliches Urteil zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine grundsätzliche Bedeutung in diesem Sinne liegt nach ständiger Rechtsprechung des BFH vor, wenn die Entscheidung des konkreten Rechtsstreits von der Beantwortung einer Rechtsfrage abhängt, deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit liegt. Für eine Darlegung dieser Voraussetzung (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) reicht es nicht aus, eine grundsätzliche Bedeutung nur zu behaupten. Vielmehr muss der Beschwerdeführer eine abstrakte Rechtsfrage formulieren und sodann erläutern, inwieweit diese Frage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und im konkreten Fall klärungsfähig ist. Liegt zu der betreffenden Frage bereits höchstrichterliche Rechtsprechung vor, so muss er insbesondere dartun, weshalb trotz dieser Rechtsprechung eine weitere Klärung notwendig ist (z.B. Senatsbeschluss vom I B 106/04, BFH/NV 2005, 369).
b) Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des BFH erfordert. Das ist der Fall, wenn im Einzelfall Veranlassung besteht, Grundsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen (z.B. Senatsbeschluss vom I B 252/04, BFH/NV 2006, 67). Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist erforderlich, dass eine konkrete Rechtsfrage formuliert wird und substantiiert auf ihre Klärungsbedürftigkeit, ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung sowie darauf eingegangen wird, weshalb von der Beantwortung der Rechtsfrage die Entscheidung der Rechtssache abhängt.
2. Es ist zweifelhaft, ob diesen Anforderungen (s. zu 1.) in der Beschwerdeschrift entsprochen wurde, indem dort unter ausführlicher Darlegung der bisher ergangenen BFH-Rechtsprechung mit Blick auf die konkreten Sachumstände darauf hingewiesen wird, dass „genau über diesen häufig vorkommenden Sachverhalt noch nicht entschieden worden” sei. Jedenfalls hat der Rechtsstreit weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des BFH in einem Revisionsverfahren.
a) Der Senat hat wiederholt entschieden, dass an einen Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlte gesonderte Vergütungen für die Ableistung von Überstunden aus steuerrechtlicher Sicht regelmäßig vGA sind (z.B. , BFHE 183, 94, BStBl II 1997, 577; vom I R 40/00, BFHE 195, 243, BStBl II 2001, 655; Senatsbeschlüsse vom I B 90/98, BFH/NV 2000, 991, und in BFH/NV 2005, 369). Diese Beurteilung gilt namentlich dann, wenn sich die Vereinbarung auf die Vergütung von Überstunden an Sonntagen, Feiertagen und zur Nachtzeit beschränkt und wenn zudem eine Gewinntantieme vereinbart ist (Senatsurteil in BFHE 183, 94, BStBl II 1997, 577). Allerdings hat der Senat auch entschieden, dass Vergütungen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit nicht immer als vGA anzusehen sind (, BFHE 206, 437, BStBl II 2005, 307; vom I R 7/05, BFH/NV 2006, 131).
b) Auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung, die eine differenzierte Prüfung des Veranlassungszusammenhangs einzelner Vergütungsbestandteile einer Gesamtvergütung befürwortet und dabei für den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eine Einzelfallbetrachtung für geboten ansieht, ist nicht ersichtlich, dass sich aus der Sachverhaltsgestaltung des konkreten Rechtsstreits weiter gehende Anhaltspunkte für die Veranlassungsprüfung bei der Vereinbarung einer Überstundenvergütung ableiten lassen. Dabei reicht der Umstand, dass die Gesellschafter-Geschäftsführer in einem unterschiedlichen Umfang an der GmbH beteiligt waren und die Vergütung in den anderen Komponenten unterschiedlich gestaltet war, zur Widerlegung des Indizes für die gesellschaftliche Veranlassung der insoweit einheitlichen Vergütungskomponente (Überstundenvergütung) nicht aus.
c) Aus der Möglichkeit, dass im Streitfall ein in der Rechtsprechung anerkannter Ausnahmefall vorliegen könnte, kann sich keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergeben. Der Streitfall unterscheidet sich im Übrigen von den in den Verfahren I R 111/03 bzw. I R 7/05 zu beurteilenden Sachverhalten dadurch, dass die GmbH ihren Geschäftsführern jeweils eine Gewinntantieme versprochen hatte. Diese ernstlich gemeinte Verpflichtung ist bei der Beurteilung ungeachtet des Umstands heranzuziehen, dass die Zusage wegen des auch durch die Überstundenvergütungen geminderten Ergebnisses der GmbH in der Mehrzahl der Streitjahre nicht praktisch wurde. Darüber hinaus hat der Senat in den zitierten Entscheidungen im Grundsatz an der bisherigen Rechtsprechung festgehalten und lediglich eine einzelfallbezogene Würdigung seitens des FG, ob überzeugende betriebliche Gründe für die unübliche Vereinbarung sprechen, als revisionsrechtlich bindend (§ 118 Abs. 2 FGO) betrachtet (Verfahren I R 111/03) bzw. die Entscheidung des FG aufgehoben, weil die Besonderheiten des Streitfalles, die für eine betriebliche Veranlassung der Vereinbarung sprechen könnten, vom FG nicht in seine Erwägungen einbezogen worden waren (Verfahren I R 7/05). An einer solchen Vorgabe fehlt es im Streitfall, da das FG die Zahlung der Vergütungen unter Würdigung der Gesamtumstände als vGA angesehen hat, während die Klägerin die bekannten Umstände zu ihren Gunsten anders gewichtet.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1192 Nr. 6
MAAAC-41505