BFH Beschluss v. - VII B 72/06

Kein Anspruch des Anzeigeerstatters auf Auskunft über Ermittlungsstand

Gesetze: AO § 30 Abs. 4

Instanzenzug:

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat 1999 eine Strafanzeige gegen einen Herrn A wegen Steuerhinterziehung und Beihilfe zur Steuerhinterziehung erstattet. Das Verfahren ist von der Staatsanwaltschaft an die Straf- und Bußgeldsachenstelle des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt —FA—) abgegeben worden. Der Kläger möchte Auskunft über den Stand des Ermittlungsverfahrens erhalten. Das FA lehnt diese Auskunft ab, weil ihr das Steuergeheimnis entgegenstehe. Die deswegen erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen. Es urteilte sinngemäß, der Stand des Ermittlungsverfahrens sei vom Steuergeheimnis (§ 30 Abs. 1 der AbgabenordnungAO—) erfasst. Keiner der Tatbestände des § 30 Abs. 4 AO, der eine Offenbarung gegenüber dem Kläger zulassen würde, sei erfüllt. Anders als der Kläger meine, bedürfe er einer Auskunft über das Ermittlungsverfahren auch nicht, um sein angebliches Beschwerderecht gemäß § 172 Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO) wahrnehmen zu können; denn ihm stehe ein solches Beschwerderecht nicht zu, weil er nicht Verletzter im Sinne dieser Vorschrift sei, da sich die angezeigte Straftat nicht gegen ihn, sondern gegen die Allgemeinheit richte.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde des Klägers, mit der geltend gemacht wird, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung und es sei eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Rechtsfortbildung sowie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die Beschwerde trägt dazu vor, die für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgebliche Rechtsfrage laute, „ob bei Abgabe eines ursprünglichen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens (....) eine andere Behörde wie z.B. die Sonderstelle des Beklagten, die gesetzlichen StPO-Vorschriften (vor allem §§ 152, 158 ff., 172 usw.) wegen der nur dann und nur deswegen möglichen Anwendbarkeit des § 30 AO automatisch außer Kraft gesetzt werden”.

II. Die Beschwerde (§ 116 Abs. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—) ist als unzulässig zu verwerfen, weil in ihrer Begründung nicht, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt, ein Grund schlüssig und substantiiert dargelegt ist, der nach § 115 Abs. 2 FGO zur Zulassung einer Revision führen kann.

Um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache bzw. die Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung darzulegen, hätte der Kläger eine über seinen Fall hinaus bedeutsame Rechtsfrage, die sich in dem angestrebten Revisionsverfahren auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG stellen würde, herausarbeiten und angeben müssen, inwiefern diese Rechtsfrage höchstrichterlicher Klärung bedarf, etwa weil sie in der Rechtsprechung der Instanzgerichte oder im Schrifttum umstritten oder sonst nicht anhand des Gesetzes klar und eindeutig zu beantworten ist. Solche Darlegungen enthält die Beschwerdebegründung indes nicht. Es wird nicht angegeben, welche konkreten Rechtsfragen sich aus dem Nebeneinander von § 30 AO und §§ 152, 158 ff. StPO „usw.” ergeben und inwiefern die Beantwortung dieser Rechtsfragen strittig oder zweifelhaft ist. Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang § 172 StPO anführt, setzt sie sich darüber hinweg, dass diese Bestimmung, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, im Streitfall nicht einschlägig ist, weil der Kläger nicht Verletzter im Sinne dieser Vorschrift ist, sondern eine Anzeige wegen einer angeblichen Steuerhinterziehung eines Dritten erstattet hat. Sofern —etwa mit dem Hinweis auf das Aktiengesetz— geltend gemacht werden soll, vom Kläger seien auch gegen ihn gerichtete Straftaten zur Anzeige gebracht worden, fehlt es an diesbezüglichen Feststellungen des FG und überdies an einer schlüssigen Darlegung in der Beschwerdebegründung, inwiefern der Kläger Auskunftsrechte aus § 172 StPO herleiten kann.

Hinsichtlich der Rechtsfrage, welche die Beschwerde offenbar des Weiteren für klärungsbedürftig hält, nämlich ob es mit Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes vereinbar ist, dass ein durch eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft ausgelöstes Verfahren an das FA abgegeben wird, enthält die Beschwerde ebenfalls keinerlei Darlegungen, inwiefern und aus welchen Gründen dies zweifelhaft ist, ob es im Schrifttum umstritten ist und welche Erwägungen dazu in der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung angestellt worden sind. Solcher Darlegungen hätte es aber zur Erfüllung der Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO bedurft. Die sinngemäß in der Beschwerdebegründung aufgestellte Behauptung, das Verfahren sei aufgrund der Abgabe in einen „verschleierten, undurchsichtigen und der Überprüfung praktisch nicht mehr zugänglichen Rechtsraum” geraten, genügt den Anforderungen an eine rechtlich fundierte Auseinandersetzung mit den einschlägigen Vorschriften und ggf. der zu ihnen vorliegenden Rechtsprechung und Literatur mitnichten. Der Kläger hat dabei wohl übersehen, dass —wie bereits das FG ausgeführt hat— auch im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft § 30 AO zu beachten ist, so dass die Abgabe des Verfahrens keine Veränderung der Rechtsposition des Klägers bewirken konnte.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




Fundstelle(n):
SAAAC-40998