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Grundlagen - Stand: 13.08.2019

Haftung - Verfahrensfragen

Catrin Geißler

I. Definition von Haftungs- und Duldungspflichten

Nach § 191 AO kann derjenige, der kraft Gesetzes für eine Steuer haftet bzw. der kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, durch Haftungs- bzw. Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden.

Über den Wortlaut hinaus findet § 191 AO nicht nur auf Steuern, sondern auch auf steuerliche Nebenleistungen (§ 3 Abs. 4 AO), also z.B. Verspätungs- und Säumniszuschläge, Zinsen und Zwangsgelder Anwendung.

Im Gegensatz zum Haftungsschuldner, der mit seinem eigenen Vermögen für eine fremde Schuld aufkommen muss, muss der Duldungsschuldner die Vollstreckung in Vermögen dulden, das in der Regel nur seiner Verwaltung unterliegt; er haftet also mit fremdem Vermögen für eine fremde Schuld.

Haftungs- bzw. Duldungspflichten können sich aus Normen des Steuerrechts und des Privatrechts ergeben.

Nach der steuerlichen Norm des § 77 Abs. 1 AO trifft denjenigen eine Duldungspflicht, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, eine Steuer aus Mitteln, die seiner Verwaltung unterliegen, zu entrichten. Nach § 77 Abs. 2 AO muss wegen einer Steuer, die als öffentliche Last auf einem Grundstück ruht (Grundsteuer, § 12 GrStG), der Eigentümer die Zwangsvollstreckung in das Grundstück dulden.

Duldungspflichten aus privatrechtlichen Normen können sich ergeben, wenn jemand ein Recht zur Verwaltung oder Nutzung fremden Vermögens hat, wie beispielsweise der Vermögensnießbraucher (§ 1086 BGB), der Testamentsvollstrecker (§ 2213 Abs. 3 BGB) der Nachlassverwalter (§ 1981 BGB) oder der Anfechtungsgegner (§ 11 AnfG).

Gesetzliche Vorschriften, die Haftungspflichten begründen, finden sich beispielsweise im Steuerschuldrecht der AO (§§ 69 bis 76 AO), im EStG (z.B. §§ 42d, 45a Abs. 7, 48a Abs. 3 EStG), im BGB (z.B. § 2371 ff. BGB) oder im HGB (z.B. §§ 25, 27, 28, 128, 130 HGB).

II. Rechtsnatur des Haftungs- bzw. Duldungsbescheids

Der Haftungs- bzw. Duldungsbescheid ist ein sonstiger Verwaltungsakt, für den die allgemeinen Vorschriften der §§ 129 bis 131 AO gelten.

Auch die Aufhebung eines Haftungsbescheides ist ein sonstiger (begünstigender) Verwaltungsakt. Der Erlass eines erneuten Haftungsbescheides aufgrund desselben Sachverhalts ist daher nur unter den engen Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 AO oder des § 131 Abs. 2 AO zulässig.

Da in einem Haftungsbescheid kein Steueranspruch festgesetzt wird, stellt er keinen Steuerbescheid dar.

Mangels entsprechender Vorschriften ist er einem Steuerbescheid auch nicht gleichgestellt. Die Vorschriften der §§ 155 bis 177 AO gelten demzufolge nicht.

Ein Haftungs- und Duldungsbescheid kann insbesondere nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO) oder vorläufig (§ 165 Abs. 1 AO) ergehen.

Die Vorschriften über die Festsetzungsverjährung (§ 169 AO ) sind wegen der Verweisung in § 191 Abs. 3 AO auf den Haftungsbescheid entsprechend anwendbar. Soweit § 191 Abs. 3 Satz 2 zweiter Halbsatz AO bei leichtfertiger Steuerverkürzung die Festsetzungsfrist auf fünf Jahre verlängert, gilt dies nur für die Haftung des Vertretenen nach § 70 AO, nicht aber für jeden Fall der Haftung, dem eine leichtfertige Steuerverkürzung zugrunde liegt – z.B. nach § 69 AO. Für den Duldungsbescheid gelten die Vorschriften über die Festsetzungsverjährung nicht; eine Inanspruchnahme des Duldungsschuldners ist so lange möglich, wie die Duldungspflicht besteht.

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