Keine Investitionszulage für außerhalb der Fördergebietsgesetz eingesetzte Wirtschaftsgüter
Gesetze: InvZulG § 2
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG mit Sitz im Fördergebiet, produziert ...schutzsysteme.
Die Klägerin beantragte beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt —FA—) für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 eine Investitionszulage nach § 2 des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1999 u.a. für die Anschaffung von Spritzgusswerkzeugen (Beginn der Investition jeweils am ). Der Kaufpreis für die Spritzgusswerkzeuge betrug insgesamt 87 200 DM (netto).
Bei einer vom FA durchgeführten Nachschau erklärte der Geschäftsführer der Klägerin, die Spritzgusswerkzeuge würden für etwa eine Woche im Jahr zur Z-GmbH in X (NRW) gebracht, damit diese Firma mit den Spritzgusswerkzeugen Kunststoffteile für die Klägerin herstelle. Die Klägerin benötige die Kunststoffteile für den ...bau. Anschließend würden die Vorrichtungen wieder in der Betriebsstätte der Klägerin eingelagert.
Das FA setzte die Investitionszulage für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 ohne Berücksichtigung der Aufwendungen für die Spritzgusswerkzeuge fest. Eine Zulage sei insoweit nicht zu gewähren, da jeglicher Einsatz außerhalb des Fördergebiets zulagenschädlich sei. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es war der Auffassung, die Spritzgusswerkzeuge seien wegen ihres Einsatzes außerhalb des Fördergebietes nicht i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1999 in einer Betriebsstätte im Fördergebiet verblieben. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2005, 1215 abgedruckt.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1999.
Sie trägt im Wesentlichen vor, nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) werde der Grundsatz des ununterbrochenen Verbleibens im Fördergebiet bei bestimmten Wirtschaftsgütern (z.B. Transportmitteln, Baugeräten, Messeständen) durchbrochen, bei denen ihrer Art nach ein kurzfristiger Einsatz außerhalb des Fördergebiets unvermeidbar sei. Die Spritzgusswerkzeuge könnten nicht in ihrem, der Klägerin, Betrieb eingesetzt werden, weil sie nicht über die entsprechenden Spezialmaschinen verfüge. Es sei sowohl in ihrer Branche als auch in anderen Branchen gängige Praxis, Alu-, Guss- und Kunststoff-Einzelteile mit Hilfe eigener Spritzgusswerkzeuge auf den Maschinen fremder Produzenten herstellen zu lassen. Die Vorrichtungen würden daher entsprechend den „branchenbedingten Besonderheiten und den wirtschaftlichen Notwendigkeiten” (, BFHE 201, 370, BStBl II 2003, 365) und somit „ihrer Art nach typischerweise außerhalb der Betriebsstätte eingesetzt” (, BFHE 198, 164, BStBl II 2002, 312). Es müsse daher auch für diese Art von Wirtschaftsgütern eine Ausnahme hinsichtlich des ununterbrochenen Verbleibens im Fördergebiet gelten.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des FG sowie die Einspruchsentscheidung des FA aufzuheben und die Investitionszulage unter Änderung des Investitionszulagenbescheids für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 auf 51 307,93 € festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.
Das FG hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf eine Investitionszulage für die Anschaffung der Spritzgusswerkzeuge abgelehnt, da die Verbleibensvoraussetzung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1999 nicht erfüllt ist.
1. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1999 sind begünstigte Investitionen die Anschaffung und die Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die —neben weiteren hier nicht streitigen Voraussetzungen— mindestens fünf Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung in einer Betriebsstätte im Fördergebiet verbleiben. Hat der Anspruchsberechtigte —wie im Streitfall— mit den Investitionen vor dem begonnen, beträgt die Verbleibensfrist drei Jahre (§ 10 Abs. 4a InvZulG 1999).
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats setzt der Begriff des Verbleibens voraus, dass sich das Wirtschaftsgut während der Verbleibensfrist ununterbrochen im räumlichen Bereich einer Betriebsstätte im Fördergebiet befindet. Ein Wirtschaftsgut, das —wenn auch nur kurzfristig— außerhalb des Fördergebiets eingesetzt wird, erfüllt daher in der Regel die Verbleibensvoraussetzung nicht (vgl. Senatsurteil in BFHE 198, 164, BStBl II 2002, 312, m.w.N.).
Ausnahmen hiervon haben Rechtsprechung und Finanzverwaltung zugelassen für Wirtschaftsgüter, die einer Betriebsstätte nicht räumlich zugeordnet werden können, weil sie —wie z.B. Transportmittel, Baugeräte, Messestände usw.— ihrer Art nach nicht dazu bestimmt und geeignet sind, im räumlich abgegrenzten Bereich der Betriebsstätte eingesetzt zu werden (vgl. z.B. Senatsurteil in BFHE 201, 370, BStBl II 2003, 365). Bei Transportmitteln (z.B. Kfz und Schiffen) wird eine räumliche Bindung an das Fördergebiet noch anerkannt, wenn sie überwiegend, d.h. an mehr als 183 Tagen pro Jahr der Bindungsfrist, und regelmäßig, d.h. ohne größere zeitliche Unterbrechung, im Fördergebietsverkehr eingesetzt werden (vgl. z.B. Senatsurteil vom III R 113/95, BFH/NV 1999, 965, m.w.N.; ebenso , BStBl I 2001, 379, Tz. 51). Bei anderen Wirtschaftsgütern, die nicht für den Einsatz im räumlich abgegrenzten Bereich der Betriebsstätte bestimmt und geeignet sind (z.B. Messestände) ist allenfalls ein kurzfristiger Einsatz außerhalb des Fördergebiets für die Gewährung der Investitionszulage unschädlich (vgl. Senatsurteil in BFHE 198, 164, BStBl II 2002, 312, m.w.N.; ebenso BMF-Schreiben in BStBl I 2001, 379, Tz. 53).
2. Nach diesen Grundsätzen ist die Verbleibensvoraussetzung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1999 im Streitfall schon deshalb nicht erfüllt, weil die Spritzgusswerkzeuge während des Verbleibenszeitraums eine Woche außerhalb des Fördergebiets eingesetzt worden sind.
Die Voraussetzungen, unter denen ein Einsatz außerhalb des Fördergebiets als unschädlich anzusehen ist, liegen im Streitfall nicht vor. Die Spritzgusswerkzeuge sind keine Wirtschaftsgüter, die ihrer Art nach dazu bestimmt und geeignet sind, außerhalb des räumlich abgegrenzten Bereichs einer Betriebsstätte eingesetzt zu werden. Wie schon der Einsatz der Spritzgusswerkzeuge in der Betriebsstätte der Z-GmbH verdeutlicht, können die Spritzgusswerkzeuge ihrer Art nach nur in einer Betriebsstätte zusammen mit einer Spritzgussmaschine —gemäß ihrer betrieblichen Zweckbestimmung— zur Fertigung der von der Klägerin für ihre Produktion benötigten Kunststoffteile genutzt werden. Unerheblich ist, dass die Betriebsstätte der Klägerin nicht selbst über die für den Einsatz der Werkzeuge erforderlichen Maschinen verfügt. Denn eine Ausnahme von der strengen Verbleibensregel ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Wirtschaftsgüter ihrer Art nach keiner Betriebsstätte körperlich fest zugeordnet werden können, nicht aber, wenn die Wirtschaftsgüter in der Betriebsstätte des Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen nicht einsetzbar sind.
Aus diesem Grund kommt es auch nicht darauf an, ob es in der Branche der Klägerin üblich ist, die für die Produktion benötigten Teile mit Hilfe eigener Spritzgusswerkzeuge von fremden Produzenten herstellen zu lassen oder nicht. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist dem Senatsurteil in BFHE 201, 370, BStBl II 2003, 365 nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Die Ausführungen des Senats, es müsse branchenbedingten Besonderheiten und wirtschaftlichen Notwendigkeiten ausreichend Rechnung getragen werden, bezogen sich nur auf Wirtschaftsgüter, die ihrer Art nach nicht dazu bestimmt und geeignet sind, im räumlich abgegrenzten Bereich einer Betriebsstätte eingesetzt zu werden. Überdies hat der Senat in dieser Entscheidung auch darauf hingewiesen, dass unangebrachte Wettbewerbsnachteile von Unternehmen, die keine Betriebsstätte im Fördergebiet haben, vermieden werden müssen. Solche unangebrachten Wettbewerbsvorteile wären aber die Folge, ließe man es für die Erfüllung des Verbleibensmerkmals genügen, dass Wirtschaftsgüter, die ihrer Art nach zum Einsatz in einer Betriebsstätte bestimmt und geeignet sind, (nur) außerhalb des Fördergebiets eingesetzt werden.
Eine —über die bislang von der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmefälle hinausgehende— Ausnahme ist im Streitfall auch nicht deshalb geboten, weil die Produkte der Klägerin durch den Einsatz der Spritzgusswerkzeuge außerhalb des Fördergebiets kostengünstiger produziert werden können. Zwar mag es sein, dass —wie die Klägerin meint— dadurch die Wirtschaftskraft des Fördergebiets gestärkt wird. Jedoch rechtfertigt nicht jede Betätigung, von der ein wirtschaftsfördernder Impuls für das Fördergebiet ausgeht, eine Ausnahme von der Verbleibensvoraussetzung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1999. Dies widerspräche dem Zweck der Zulagenförderung. Dieser besteht darin, gerade durch den Einsatz bzw. das Vorhandensein eines zulagenbegünstigten Wirtschaftsguts im Fördergebiet die Schaffung von Arbeitsplätzen anzuregen. Nur der tatsächliche Einsatz von Wirtschaftsgütern im Fördergebiet soll daher begünstigt werden (vgl. Senatsurteil in BFHE 201, 370, BStBl II 2003, 365; vgl. auch zum InvZulG 1986 zuletzt Senatsurteil vom III R 6/04, BStBl II 2006, 774, BFH/NV 2006, 1589). Daran fehlt es jedoch im Streitfall.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
KÖSDI 2007 S. 15421 Nr. 2
NWB-Eilnachricht Nr. 22/2008 S. 2045
UAAAC-39827