Leitsatz
[1] Über die Rechtsbeschwerde in einem Kostenfestsetzungsverfahren kann nicht mehr in der Sache entschieden werden, wenn die Kostengrundentscheidung in der höheren Instanz aufgehoben oder mit Wirkung für eine am Kostenfestsetzungsverfahren beteiligte Partei abgeändert worden ist. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und des Beschwerdeverfahrens haben in einem solchen Fall die Antragsteller des Kostenfestsetzungsverfahrens zu tragen.
Gesetze: ZPO § 91; ZPO § 103; ZPO § 104; ZPO § 567; ZPO § 574
Instanzenzug: LG Leipzig 6 O 910/05 vom OLG Dresden 10 W 600/06 vom
Gründe
I.
Die Klägerin hat die Beklagten zu 1 bis 4 als Gesamtschuldner auf Schadensersatz in Höhe von 140.515.340,00 € in Anspruch genommen. Die Beklagten zu 1 und 2 wurden im Rechtsstreit von denselben Prozessbevollmächtigten vertreten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt. Mit Beschluss vom hat die Rechtspflegerin die aufgrund des vorläufig vollstreckbaren Urteils des Landgerichts von der Klägerin an die Beklagten zu 1 und 2 zu erstattenden Kosten zunächst auf 297.202,21 € festgesetzt. Dabei hat sie einen bei 30 Millionen Euro gekappten Gegenstandswert zugrunde gelegt und eine 1,6-fache Verfahrensgebühr angesetzt. Die Beklagten zu 1 und 2 haben eine Nachfestsetzung in Höhe weiterer 167.040,00 € beantragt, nämlich die Differenz zu einer 1,6-fachen Verfahrensgebühr zuzüglich Mehrwertsteuer nach einem Gegenstandswert von 60 Millionen Euro. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom hat die Rechtspflegerin zugunsten der Beklagten zu 1 und 2 Kosten unter Ansatz einer 1,3-fachen Verfahrensgebühr nach einem Gegenstandswert von 60 Millionen € Kosten in Höhe weiterer 103.879,39 € zur Erstattung festgesetzt und den weitergehenden Antrag zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1 und 2 hatte Erfolg. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Beschwerdegericht zugunsten der Beklagten antragsgemäß weitere 167.040,00 € zur Erstattung festgesetzt und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit dieser erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom .
Die Klägerin hat gegen die Abweisung der gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Klage Berufung eingelegt. Im Berufungsrechtszug haben die Parteien einen am gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellten Vergleich geschlossen, der folgende Kostenregelung enthält: Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben; Kostenfestsetzungsanträge werden nicht gestellt; dies gilt auch für bereits durchgeführte Kostenfestsetzungsverfahren, mit Ausnahme der Kostenerstattungsansprüche der ursprünglichen Beklagten zu 2 bis 4 in erster Instanz.
II.
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig gewesen (§§ 574 Abs. 2 Nr. 2, 575, 576 ZPO). Über die Rechtsbeschwerde kann jedoch nicht mehr in der Sache entschieden werden, weil sich das gesamte Kostenfestsetzungsverfahren mit dem am festgestellten Vergleich, in dem die Parteien eine gegenseitige Kostenaufhebung und den Verzicht auf Kostenfestsetzung vereinbart haben, überholt ist. Dies gilt nicht nur, wenn eine Kostengrundentscheidung in der höheren Instanz aufgehoben wird, sondern kommt auch bei ihrer Abänderung in Betracht (vgl. OLG München, JurBüro 1970, 268; OLG Hamm, JurBüro 1976, 1692; 1977, 1141; OLG Düsseldorf, JurBüro 1981, 1097; OLG Hamburg, JurBüro 1989, 502; LG Berlin, JurBüro 1978, 432).
Ein solcher Fall ist hier gegeben. Dem steht entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht entgegen, dass der Vergleich den Kostenerstattungsanspruch des ursprünglichen Beklagten zu 2 ausdrücklich ausklammert. Die aufgrund des vorläufig vollstreckbaren Urteils des Landgerichts zugunsten der Beklagten zu 1 und 2 ergangenen Kostenfestsetzungsbeschlüsse haben nicht nur hinsichtlich der Beklagten zu 1, sondern auch hinsichtlich des Beklagten zu 2 keinen Bestand. Die Beschlüsse lassen nämlich nicht erkennen, in welcher Höhe die Klägerin ihm - allein - Kosten zu erstatten hat, denn festgesetzt worden sind die den Beklagten zu 1 und 2 gemeinsam entstandenen außergerichtlichen Kosten. Darin sind auch Kosten enthalten, deren Erstattung der Beklagte zu 2 alleine nicht verlangen kann, insbesondere der Mehrfachvertretungszuschlag gemäß Nr. 1008 VV RVG (0,3 Verfahrensgebühr), den die Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1 und 2 beanspruchen können, weil sie in derselben Angelegenheit zwei Auftraggeber vertreten haben. Diesen Teil der Kosten, der den Beklagten zu 1 und 2 als Streitgenossen gemeinsam entstanden ist, kann der Beklagte zu 2 jedenfalls nicht in vollem Umfang als notwendige Kosten der Rechtsverteidigung gemäß § 91 Abs. 1 ZPO ersetzt verlangen, denn ein obsiegender Streitgenosse kann grundsätzlich nur die Erstattung des seiner eigenen Beteiligung am Rechtsstreit entsprechenden Bruchteils der Anwaltskosten beanspruchen (Senatsbeschluss vom - VI ZB 67/05 - VersR 2006, 808; - WuM 2006, 529, jeweils m.w.N.). Die dem Beklagten zu 2 von der Klägerin zu erstattenden Kosten sind deshalb unter Berücksichtigung des festgestellten Vergleichs neu festzusetzen.
Aus Gründen der Rechtssicherheit werden der angefochtene Beschluss und der ihm zugrunde liegende Kostenfestsetzungsbeschluss aufgehoben.
Bei dieser Sachlage haben die Beklagten zu 1 und 2 als Antragsteller des Kostenfestsetzungsverfahrens die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und des Verfahrens der sofortigen Beschwerde zu tragen (vgl. KG, Rpfleger 1978, 384; OLG Hamm, JurBüro 1977, 1141; OLG Düsseldorf, aaO; Mümmler, JurBüro 1981, 1097 und 1989, 503).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW-RR 2007 S. 784 Nr. 11
VAAAC-38901
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja