Rückstellungen für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen
1. Rückstellung dem Grunde nach
Wegen der gesetzlichen Verpflichtung zur Aufbewahrung von entstandenen Geschäftsunterlagen ist eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden (vgl. BStBl 2003 II S. 131).
Zehn Jahre lang aufzubewahren sind insbesondere Jahresabschlüsse mit allen dazugehörigen Unterlagen, Buchungsbelege (§ 257 Abs. 1 Nr. 1 und 4 i. V. m. Abs. 4 HGB, § 147 Abs. 1 Nr. 1 und 4 i. V. m. Abs. 3 AO) sowie Ein- und Ausgangsrechnungen (§ 14b UStG). Handels- und Geschäftsbriefe sind sechs Jahre lang aufzubewahren (§ 257 Abs. 1 Nr. 2 und 3 i. V. m. Abs. 4 HGB, § 147 Abs. 1 Nr. 2 und 3 i. V. m. Abs. 3 AO).
Werden Unterlagen freiwillig länger aufbewahrt, fehlt es an der rechtlichen Verpflichtung. Eine Rückstellung kommt insoweit nicht in Betracht.
2. Bewertung der Rückstellung
a) Die Rückstellung ist mit dem Betrag zu passivieren, der nach den Preisverhältnissen des jeweiligen Bilanzstichtages für die Erfüllung der Verpflichtung voraussichtlich notwendig ist (vgl. H 6.11 [Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen] EStH 2005). Die Sachleistungsverpflichtung ist mit den Einzelkosten und einem angemessenen Teil der notwendigen Gemeinkosten zu bewerten (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG). Bei der Berechnung sind folgende Kosten einzubeziehen:
Einmaliger Aufwand für die Einlagerung der am Bilanzstichtag noch nicht archivierten Unterlagen, ggf. Mikroverfilmung bzw. Digitalisierung und Datensicherung
Raumkosten (anteilige Miete bzw. Gebäude-AfA, Grundsteuer, Gebäudeversicherung, Instandhaltung, Heizung, Strom). Der anteilige Aufwand kann aus Vereinfachungsgründen entsprechend dem Verhältnis der Fläche des Archivs zur Gesamtfläche ermittelt werden (vgl. a. H 4.7 [Nebenräume] EStH 2005 und das dort genannte BStBl 1991 II S. 389, betr. ein Archiv in einem Kellerraum eines Wohnhauses), es sei denn, dies führt zu einem (offenbar) unangemessenen Ergebnis (vgl. a. R 4.2 (6) EStR 2005 – ggf. bei Bankgebäuden).
Einrichtungsgegenstände (AfA für Regale, Schränke)
anteilige Personalkosten, z. B. für Hausmeister, Reinigung, Lesbarmachung der Datenbestände
Nicht rückstellungsfähig sind anteilige Finanzierungskosten für die Archivräume (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG – Beschränkung auf Einzel- und notwendige Gemeinkosten), die Kosten für die künftige Anschaffung von Regalen und Ordnern (§ 5 Abs. 4b Satz 1 EStG), die Entsorgung der Unterlagen nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist sowie die Einlagerung künftig entstehender Unterlagen.
b) Die Rückstellung kann nach zwei Methoden berechnet werden:
1. Möglichkeit:
Die jährlichen Kosten werden für die Unterlagen eines jeden aufzubewahrenden Jahres gesondert ermittelt. Dieser Betrag ist dann jeweils mit der Anzahl der Jahre bis zum Ablauf der Aufbewahrungsfrist zu multiplizieren.
2. Möglichkeit:
Die jährlich anfallenden Kosten für einen Archivraum, in dem die Unterlagen aller Jahre aufbewahrt werden, können mit dem Faktor 5,5 multipliziert werden (durchschnittliche Restaufbewahrungsdauer bei einer Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren).
Eine Unterscheidung zwischen den zehn und den sechs Jahre lang aufzubewahrenden Unterlagen kann i. d. R. aus Vereinfachungsgründen unterbleiben, es sei denn, dies führt zu einem (offenbar) unangemessenen Ergebnis.
Die Aufwendungen für die Einlagerung, Mikroverfilmung bzw. Digitalisierung und Datensicherung fallen nur einmal an (vgl. Buchst. a), sie sind deshalb nicht zu vervielfältigen.
c) Eine Rückstellung für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen ist nicht abzuzinsen. Für die Abzinsung wäre nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 2 EStG der Zeitraum bis zum Beginn der Erfüllung maßgebend. Da die Aufbewahrungspflicht aber mit dem Entstehen der Unterlagen beginnt (§ 257 Abs. 5 HGB, § 147 Abs. 4 AO), ergibt sich hier kein Abzinsungszeitraum.
3. Bilanzberichtigung
Die nachträgliche Bildung einer Aufbewahrungsrückstellung ist nicht möglich, wenn die Bilanz bis zum (Datum des BFH-Urteils, BStBl 2003 II S. 131) aufgestellt wurde (vgl. a. Kurzinformationen Nr. 24/2005 vom . Az. S 2141 – 5/2 – St 21 und Nr. 27/2006 vom , Az. S 2141 – 5/3 – St 21).
4. Beispiel
Einzelunternehmer A bewahrt seine Geschäftsunterlagen in einem Nebenraum seines Betriebsgebäudes auf. Nach dem Bilanzstichtag ist mit folgenden Kosten für die Aufbewahrung der (entstandenen) Geschäftsunterlagen zu rechen:
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Anteilige AfA und Unterhaltskosten für den Nebenraum (jährlich) | 900 EUR |
AfA für Einrichtungsgegenstände (jährlich) | 200 EUR |
Kosten für Hard- und Software zur Lesbarmachung der Daten (jährlich) | 100 EUR |
Kosten der Datensicherung (einmalig) | 200 EUR |
Die Rückstellung kann wie folgt berechnet werden:
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Anteilige AfA und Unterhaltskosten für den Nebenraum | 900 EUR |
AfA für Einrichtungsgegenstände | 200 EUR |
Kosten für Hard- und Software zur Lesbarmachung der Daten | 100 EUR |
Jährlich anfallende rückstellungsfähige Kosten | 1.200 EUR |
× 5,5 | 6.600 EUR |
Kosten der Datensicherung | 200 EUR |
Rückstellungsbetrag | 6.800 EUR |
Oberfinanzdirektion Chemnitz v. - S 2137 - 48/2 - St 21
Fundstelle(n):
LAAAC-38002