Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör; Statthaftigkeit einer Anhörungsrüge
Gesetze: FGO § 133a
Instanzenzug:
Gründe
I. Mit Beschluss vom hat der Senat die Beschwerde des Klägers und Rügeführers (Kläger) wegen Nichtzulassung der Revision im Urteil des Finanzgerichts (FG) als unzulässig verworfen.
Gegen den Beschluss hat der Kläger am Anhörungsrüge erhoben und hilfsweise Gegenvorstellung eingelegt. Zur Begründung rügt er Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs und Verstöße gegen das Willkürverbot und das Rechtsstaatsprinzip. Der Senat habe sich mit den von ihm erhobenen Rügen zum Teil gar nicht bzw. nur pauschal und floskelhaft auseinandergesetzt; es sei nicht erkennbar, ob sie überhaupt zur Kenntnis genommen worden seien. Eine derart kurze Begründung sei auch nicht von § 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gedeckt.
II. 1. Die Anhörungsrüge ist jedenfalls unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 133a Abs. 4 Satz 2 FGO). Der Senat hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nicht verletzt.
a) Der (außerordentliche) Rechtsbehelf der Anhörungsrüge dient nicht dazu, die angegriffene Entscheidung in der Sache in vollem Umfang nochmals zu überprüfen. Vielmehr kann nach dem eindeutigen Wortlaut des § 133a Abs. 1 FGO mit der Anhörungsrüge nur vorgebracht werden, dass das Gericht —im Streitfall der beschließende Senat, nicht das FG— im Rahmen der angegriffenen Entscheidung gegen den verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG—) verstoßen habe (vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom VI S 3/05, BFHE 209, 419, BStBl II 2005, 614; vom VI S 18/05, BFH/NV 2006, 764; vom V S 1/06, BFH/NV 2006, 1314, alle m.w.N.).
Der Anspruch auf rechtliches Gehör i.S. von Art. 103 Abs. 1 GG und § 96 Abs. 2 FGO beinhaltet für das Gericht die Verpflichtung, die Beteiligten über den Verfahrensstoff zu informieren und ihnen Gelegenheit zur Äußerung zu geben, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen, in Erwägung zu ziehen und sich mit dem entscheidungserheblichen Kern des Vorbringens auseinanderzusetzen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse in BFHE 209, 419, BStBl II 2005, 614, und in BFH/NV 2006, 1314, beide m.w.N.). Art. 103 Abs. 1 GG und § 96 Abs. 2 FGO sind erst dann verletzt, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls deutlich ergibt, dass das Gericht Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (, BFH/NV 2005, 1614, m.w.N.). Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Gericht das Beteiligtenvorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Das Gericht ist nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen (z.B. , Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1996, 153, m.w.N.; BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2005, 1614, und vom VII S 47/05, BFH/NV 2006, 104, beide m.w.N.).
b) Im Streitfall liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Senat das Vorbringen des Klägers im Zusammenhang mit der Darlegung der Gründe für eine Zulassung der Revision i.S. des § 115 Abs. 2 FGO bei seiner Entscheidung nicht in Erwägung gezogen hätte. Insbesondere hat der Senat den Vortrag des Klägers zur Kenntnis genommen, dass das erstinstanzliche Urteil an mehreren Verfahrensmängeln leide und eine mündliche Verhandlung nicht in seiner Abwesenheit hätte durchgeführt werden dürfen. Dass der Senat diesen Vortrag nicht als hinreichend substantiierte Verfahrensrüge beurteilt hat, verletzt nicht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1614, m.w.N.).
Der beanstandete Beschluss bedurfte auch keiner weiteren Begründung. Innerhalb seiner Gesamtwürdigung brauchte der Senat nicht auf alle Punkte des umfangreichen Vortrags des Klägers ausdrücklich einzugehen. Dies ergibt sich aus § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO. Da in dieser Vorschrift der Verzicht auf eine Begründung vorgesehen ist, kann aus einer entsprechenden Handhabung nicht gefolgert werden, der BFH habe das Vorbringen der Beteiligten nicht erwogen und den Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör i.S. von Art. 103 Abs. 1 GG verletzt (vgl. , juris, m.w.N.), zumal nach § 116 Abs. 5 Satz 2 2. Halbsatz FGO auch von jeglicher Begründung abgesehen werden kann. Die Vorschrift ist auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten unbedenklich (vgl. z.B. , BFH/NV 2006, 97, m.w.N.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 59, m.w.N.).
2. Die hilfsweise erhobene Gegenvorstellung ist unzulässig. Sie könnte allenfalls insoweit statthaft sein, als nicht ein Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör, sondern anderweitige schwerwiegende Grundrechtsverstöße gerügt werden oder die angegriffene Entscheidung jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt (vgl. , BFHE 211, 13, BStBl II 2006, 76, m.w.N.; Senatsbeschluss vom XI S 22/05, juris, und , BFH/NV 2006, 1879). Derartige Rechtsverstöße hat der Kläger weder geltend gemacht, noch sind sie erkennbar.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
Nach Nr. 6400 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (Kostenverzeichnis) in der ab geltenden Fassung des Gesetzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (BGBl I 2004, 3220) ist eine Festgebühr in Höhe von 50 € bei Verfahren nach § 133a FGO zu erheben.
Gerichtsgebühren für die Gegenvorstellung entstehen nicht, da für das Verfahren der Gegenvorstellung kein Gebührentatbestand vorgesehen ist.
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 133a Abs. 4 Satz 3 FGO).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 750 Nr. 4
BAAAC-37136