Leitsatz
[1] Die fachtechnische Überprüfung von Architektenleistungen und deren Berechnung ist keine unerlaubte Rechtsberatung.
Gesetze: RBerG Art. 1 § 1
Instanzenzug: LG Neubrandenburg 2 O 36/02 vom OLG Rostock 2 U 31/04 vom
Tatbestand
Die Klägerin, die ein Architekturbüro betreibt, verlangt von dem Beklagten die Bezahlung eines Erfolgshonorars.
Die Parteien schlossen am einen Vertrag, wonach die Klägerin mit der Überprüfung der Leistungen und des abgerechneten Honorars des Architekturbüros A., das zuvor für den Beklagten tätig war, beauftragt wurde.
Über die zu erbringenden Leistungen haben die Parteien in § 3 des Vertrags Folgendes vereinbart:
"1. Der Auftragnehmer führt seine Leistung auf der Grundlage der ihm vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Unterlagen aus.
2. Zusammenstellung und Prüfung sämtlicher Rechnungen ... mit den tatsächlich erbrachten Planungsleistungen.
3. Prüfen der Planung in Bezug auf Verwertbarkeit und Übereinstimmung mit der geprüften HU-Bau.
4. Prüfen der eingereichten Bauunterlagen mit den baufachlich geforderten Auflagen und deren Einarbeitung in die Ausführungsplanung.
5. Erstellung vom Bauausgabebuch in Anlehnung an die RB-Bau nach Kostengruppen der DIN 276.
6. Die erbrachten Planungsleistungen und die in Rechnung gestellten Planungsleistungen auf Förderfähigkeit prüfen. Die evtl. nicht förderungsfähigen Planungsleistungen gegebenenfalls vertraglich, außerhalb des Generalplanervertrages, zuordnen.
7. Darstellung des aktuellen Planungsstandes der Baumaßnahmen nach Leistungsphasen der HOAI entsprechend der geprüften HU-Bau."
Gemäß § 5 dieses Vertrags war für die zu erbringende Gesamtleistung ein Pauschal-Grundhonorar von 60.000 DM zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart. Zusätzlich haben die Parteien folgendes festgelegt: "Für die eindeutig nachgewiesenen Honorareinsparungen zwischen den geltend gemachten Planungskosten und den tatsächlich durch vertraglich und verwertbare Planungsleistung sowie evtl. Rückforderung gegenüber ... A. unter Ausschluss der Verjährungsfristen, werden 10 % zuzüglich Mehrwertsteuer von den eingesparten Planungskosten und Rückforderungen als Vergütung fällig".
Die Klägerin hat die von den Architekten A. gestellten Rechnungen geprüft. Die im Übrigen vereinbarten vertraglichen Leistungen hat sie nicht vollständig erbracht, sondern ihre Tätigkeit für den Beklagten am eingestellt.
Die Klägerin hat zu Unrecht angesetzte Honoraransprüche der Architekten A. in Höhe von 2.223.250 DM ermittelt. Sie verlangt von dem Beklagten die Bezahlung eines Erfolgshonorars in Höhe von 10 % dieses Betrags zuzüglich Mehrwertsteuer und abzüglich gezahlter 50.000 DM.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Forderung weiter.
Gründe
Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Auf das Schuldverhältnis sind die bis zum geltenden Rechtsvorschriften anwendbar (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
I.
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch nicht zu, weil sie den Vertrag mit dem Beklagten weder vollständig erfüllt noch nach vorzeitiger Beendigung gemäß § 649 Satz 2 BGB abgerechnet habe.
In der Honorarvereinbarung vom sei eine einheitliche Honorierung der aus sechs Positionen bestehenden Gesamtleistung der Klägerin vorgesehen, die ein Pauschal-Grundhonorar von 60.000 DM sowie eine von den nachgewiesenen Planungskosten-Überzahlungen abhängige zehnprozentige Anteilsvergütung enthalten habe. Es handele sich insoweit nicht um zwei zu trennende Vergütungsposten für unterschiedliche Leistungen, sondern um eine gesonderte, weil zum Teil erfolgsabhängige Entgeltvereinbarung. Dem aus dem Pauschalhonorar und Erfolgsanteil kombinierten Gesamthonorar stünden sechs verschiedene Leistungspositionen gegenüber, die die Klägerin nur teilweise erfüllt habe. Diese Teilerfüllung habe sie nicht ins Verhältnis zum vereinbarten Gesamthonorar gesetzt und dementsprechend abgerechnet, sondern ohne erkennbare Berücksichtigung der nicht enthaltenen Leistungen ihr "Erfolgshonorar" berechnet.
II.
Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Das Berufungsgericht geht davon aus, dass das Vertragsverhältnis der Parteien vorzeitig beendet wurde. Dies wird von der Revision nicht angegriffen und ist auch nicht zu beanstanden, nachdem der Beklagte nach Einstellung der Arbeiten durch die Klägerin eine weitere Leistungserbringung nicht gefordert hat.
Rechtsfehlerhaft nimmt das Berufungsgericht an, dass die Klägerin nach vorzeitiger Beendigung des mit dem Beklagten geschlossenen Vertrags ihre Leistungen nach § 649 Satz 2 BGB abzurechnen habe. Die Klägerin beansprucht lediglich eine Vergütung für erbrachte Leistungen. Diese richtet sich nach § 631 BGB.
2. Das Honorar und die ermittelten Überzahlungen hat die Klägerin sowohl in den vorgelegten Einzelrechnungen als auch in der Klageschrift schlüssig dargestellt. Die von dem Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der in § 5 des Vertrags vom getroffenen Entgeltvereinbarung, das zehnprozentige Erfolgshonorar stelle zusammen mit dem Pauschal-Grundhonorar eine einheitliche Vergütung dar, hält rechtlicher Überprüfung nicht Stand. Sie entbehrt einer nachvollziehbaren Begründung und orientiert sich nicht an allgemein anerkannten Auslegungsregeln.
Das Berufungsgericht setzt sich über den Wortlaut des Vertrages hinweg. Danach ist das Erfolgshonorar ausschließlich für nachgewiesene Überzahlungen zu leisten. Die Ermittlung der Überzahlung setzt zwar voraus, dass die Klägerin Teilleistungen aus dem Leistungskatalog des § 3 des Vertrags erbringt, insbesondere überprüft, welche Leistungen die Architekten tatsächlich und in verwertbarer Weise erbracht haben. Das Erfolgshonorar ist nicht davon abhängig, welcher Anteil der Pauschalvergütung der Klägerin für diese Überprüfung zusteht. Die Klägerin kann das Erfolgshonorar unabhängig von dem verdienten Teil des Pauschal-Grundhonorars beanspruchen, wenn sie die behaupteten Überzahlungen eindeutig nachgewiesen hat.
Feststellungen dazu, dass die Parteien eine vom Wortlaut abweichende Vereinbarung in dem von ihm angenommenen Sinn geschlossen haben, hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
3. Die Abweisung des vertraglichen Vergütungsanspruchs lässt sich auch nicht aus anderen Gründen aufrechterhalten. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Vereinbarung der Parteien nicht wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig, Art. 1 § 1 RBerG i.V. mit § 134 BGB.
a) Für die Beurteilung, ob eine geschäftsmäßige Tätigkeit unter die Erlaubnispflicht des Art. 1 § 1 RBerG fällt, kommt es darauf an, ob die Tätigkeit überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiet liegt und die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange bezweckt oder aber die rechtliche Seite der Angelegenheit im Vordergrund steht und es im Wesentlichen um die Klärung rechtlicher Verhältnisse geht. Für die Einstufung als erlaubnispflichtige Rechtsbesorgung kann, da nahezu alle Lebensbereiche rechtlich durchdrungen sind und eine wirtschaftliche Betätigung daher kaum ohne rechtsgeschäftliches Handeln möglich ist oder ohne rechtliche Wirkung bleibt, nicht allein auf die rechtlichen Formen und Auswirkungen des Verhaltens abgestellt werden. Dieses ist vielmehr danach zu beurteilen, ob es sich um eine ohne Beeinträchtigung der Qualität und der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege und der zu deren Aufrechterhaltung benötigten Rechtsberater auch von anderen Dienstleistern erfüllbare Tätigkeit handelt. Dabei sind die öffentlichen Belange, die den Erlaubnisvorbehalt des Rechtsberatungsgesetzes rechtfertigen, gegen die Berufsfreiheit desjenigen abzuwägen, dem wegen des Fehlens einer entsprechenden Erlaubnis die Vornahme bestimmter Handlungen untersagt werden soll (, NJW 2005, 2458).
b) Auf dieser Grundlage ist die von der Klägerin geschuldete Leistung nicht als unerlaubte Rechtsberatung einzuordnen. Die Klägerin hat es übernommen, die Rechnungen für Planungsleistungen des von dem Beklagten beauftragten Architekten fachtechnisch zu überprüfen. Außerdem sollten die erbrachten Leistungen auf Förderfähigkeit geprüft werden. Die Aufgabe der Klägerin hatte ihren Schwerpunkt in einer fachlichen Prüfung der durch den Architekten erbrachten Planungsleistungen und deren Bewertung. Sie bezweckte im Wesentlichen die Kontrolle dieser Leistungen und damit die Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit des geplanten Bauvorhabens. Diese allgemein als Teil einer Projektsteuerung qualifizierte Aufgabenstellung hat ihren Schwerpunkt nicht in einer rechtlichen Beratung. Es handelt sich um eine typischerweise von Architekten und Ingenieuren vorgenommene Leistung. Sie ist insoweit nicht anders zu beurteilen als die Leistung von Architekten, die ihrerseits beauftragt werden, die Arbeiten von Bauunternehmern und deren Rechnungen fachlich zu prüfen. Der Umstand, dass eine solche Prüfung nicht ohne Würdigung der vertraglichen und gesetzlichen Grundlagen stattfinden kann, erhebt die geschuldete Leistung nicht zur unerlaubten Rechtsberatung. Die mit ihrer Tätigkeit zwangsläufig verbundene Rechtsbesorgung der Klägerin vollzieht sich im Rahmen ihrer fachlich definierten Aufgabe und dient ihrem Zweck (vgl. , NJW 1976, 1635). Das gilt auch für die Beratung über die Förderfähigkeit. Diese war eingebettet in das von dem gesamten Vertrag verfolgte Ziel, die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens zu sichern (vgl. auch , NJW 2005, 2458).
c) Ohne Bedeutung ist es, dass der Vertrag auch das Ziel verfolgte, die Voraussetzungen für einen Rückforderungsanspruch gegen den Architekten zu schaffen und die Parteien insoweit ein Erfolgshonorar vereinbart haben. Dass sich aufgrund einer fachlichen Beratung eine Rechtsverfolgung anschließen kann, begründet keinen Verstoß gegen Art. 1 § 1 RBerG. Zu Unrecht beruft sich der Beklagte auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (, BauR 1995, 727). In dem jenem Urteil zugrunde liegenden Fall lag der Schwerpunkt auf der rechtlich beratenden Tätigkeit. Der Auftragnehmer hatte die Beratung übernommen, ob und gegebenenfalls auf welchem Wege der Auftraggeber die Änderung eines Vertrages herbeiführen könne und zwar zum Zwecke der Erhöhung einer Konzessionsabgabe. Eine vergleichbar umfassende rechtliche Beratung, die sich nicht auf eine fachliche Zuarbeit für die rechtliche Auseinandersetzung beschränkte, hat die Klägerin nicht übernommen. Ebenso wenig hat sie eine Beratung bei der Durchsetzung der eventuellen Forderung, die sich aufgrund ihrer fachlichen Feststellungen ergeben konnte, übernommen (vgl. dazu , NJW 1989, 2125).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW 2007 S. 842 Nr. 12
QAAAC-36710
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja