Angemessene Bezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers; fehlerhafte Schätzung kein Verfahrensmangel
Gesetze: KStG § 8 Abs. 3 Satz 2; FGO § 115 Abs. 2
Instanzenzug: ,F
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) gerügten Verfahrensfehler gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegen nicht vor. Das Finanzgericht (FG) hat im Rahmen der Ermittlung der angemessenen Vergütung des Geschäftsführers H nicht gegen das Gebot der Überzeugungsbildung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) verstoßen und sein Ergebnis hinreichend begründet.
1. Der bei Prüfung auf verdeckte Gewinnausschüttungen gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) anzusetzende Betrag der angemessenen Bezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers unterliegt der tatrichterlichen Schätzung (, BFHE 202, 500, BStBl II 2004, 139; vom I R 50/94, BFHE 176, 523, BStBl II 1995, 549; Senatsbeschluss vom I B 35/01, BFH/NV 2002, 1176). Dabei ist —wie allgemein im Rahmen der richterlichen Überzeugungsbildung gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO— das Gesamtergebnis des Verfahrens, das heißt es sind sämtliche sich aus den Akten ergebenden relevanten Tatsachen und Umstände, zu berücksichtigen. Eine Verletzung des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO kann sich in diesem Zusammenhang ergeben, wenn das FG bei seiner Überzeugungsbildung eine nach den Akten feststehende Tatsache unberücksichtigt lässt bzw. vom Nichtvorliegen einer solchen Tatsache ausgeht (Bundesfinanzhof —BFH—, Beschlüsse vom VI B 12/76, BFHE 118, 546, BStBl II 1976, 503; vom VII B 92/00, BFH/NV 2001, 605; vom VI B 70/02, BFH/NV 2003, 798) oder wenn es von einer Sachverhaltsunterstellung ausgeht, die nicht durch ausreichende tatsächliche Feststellungen getragen wird (Senatsurteil vom I R 111/94, BFH/NV 1996, 554; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Tz. 99).
2. Im Streitfall ist eine solche Aktenwidrigkeit des gewürdigten Sachverhalts nicht gegeben. Entgegen der Sicht der Klägerin hat das FG den Umstand, dass H als Senior-Geschäftsführer über langjährige Kundenkontakte verfügte, nicht nur bei der Bemessung des angemessenen Festgehalts, sondern auch bei der Bemessung der erfolgsabhängigen Tantieme berücksichtigt. Bei verständiger Würdigung können die Ausführungen auf S. 8/9 des FG-Urteils trotz des missverständlichen Wortlauts nur so verstanden werden, dass nach Wertung des Gerichts die langjährigen Kundenkontakte des H die unterschiedliche zeitliche Inanspruchnahme der Geschäftsführer —H leistete nach den Feststellungen des FG zeitlich nur ein Drittel der jeweiligen Arbeitszeit der beiden anderen Geschäftsführer— allenfalls insoweit aufwiegen konnte, als dass für H jeweils die Hälfte des Festgehalts und der Tantieme der weiteren Geschäftsführer gerechtfertigt war. Hätten nämlich die langjährigen Kundenkontakte bei der Bemessung der Tantieme keine Berücksichtigung gefunden, sondern das FG —wie die Klägerin meint— insoweit schematisch ausschließlich auf die jeweils absolvierte Arbeitszeit abgestellt, wäre nicht verständlich, warum es dann für H überhaupt noch mehr als ein Drittel der Tantieme der beiden anderen Geschäftsführer als angemessen angesehen hat.
Nicht gefolgt werden kann der Klägerin auch, wenn sie die Einbeziehung der vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) erstinstanzlich zur Akte gegebenen Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD) Karlsruhe vom S 2742 A-St 331 (FG-Akte Bl. 57), die ihrerseits u.a. auf die Kienbaum-Studie über Gehaltsstrukturuntersuchungen Bezug nimmt, in die tatrichterliche Überzeugungsbildung vermisst. Hierzu bestand aus Sicht des FG kein Anlass, weil es die Angemessenheit von Festgehalt und Tantieme des H im Vergleich zu den den Mitgeschäftsführern gewährten Bezügen —mithin anhand eines so genannten inneren Fremdvergleichs— ermittelt hat. Die in der Verfügung der OFD Karlsruhe wiedergegebenen Gehaltsstrukturuntersuchungen wären hingegen nur für einen externen Fremdvergleich aussagekräftig.
3. Das FG war nicht gehalten, im Rahmen der Begründung seiner Überzeugungsbildung nochmals sämtliche tatbestandlich festgestellten Umstände zu den Verhältnissen der Klägerin wiederzugeben und in ihrer Bedeutung für das Schätzungsergebnis abzuhandeln. Ein zur Zulassung der Revision führender Mangel in der Urteilsbegründung liegt nur vor, wenn die gegebene Begründung so substanzlos ist, dass sie die maßgeblichen Feststellungen und Erwägungen des FG nicht erkennen lässt (, BFH/NV 2002, 363; BFH-Beschlüsse vom I B 172/02, BFH/NV 2004, 491; vom VI B 12/05, BFH/NV 2005, 2005). Das ist hier nicht der Fall, denn der Begründung des FG lassen sich die für die Schätzung aus seiner Sicht maßgeblichen Gesichtspunkte entnehmen.
4. Soweit die Klägerin rügt, der innere Fremdvergleich sei nicht hinreichend, sondern das FG habe als Korrektiv auch noch einen externen Fremdvergleich durchführen und weitere von der Rechtsprechung entwickelte Prüfungskriterien beachten müssen, liegen hierin keine Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Fehler im Zusammenhang mit der Wahl der Schätzungsmethode oder der Würdigung von Einzeltatsachen im Zusammenhang mit der Schätzung wären —soweit im Revisionsverfahren überhaupt überprüfbar (dazu Klein/Rüsken, AO, 9. Aufl., § 162 Rz. 60)— materiell-rechtlicher Natur und könnten eine Revisionszulassung nur unter den in § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO genannten Voraussetzungen begründen, die von der Klägerin nicht geltend gemacht und dargelegt worden sind.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 464 Nr. 3
LAAAC-36567