Leitsatz
1. Die Besetzung mit ehrenamtlichen Richtern richtet sich in vertrags(zahn)ärztlichen Streitigkeiten grundsätzlich danach, wie die Verwaltungsstelle zusammengesetzt ist, die über die Angelegenheit zu befinden hat.
2. Auf Antrag der Krankenkasse ist ein Schadensregress gegen den Zahnarzt festzusetzen, wenn die von ihm vorgenommene prothetische Versorgung nicht dem Standard genügt und eine Nachbesserung bzw Neuanfertigung nicht möglich oder nicht zumutbar war.
Gesetze: BGB § 281 Abs 1; BGB § 627 Abs 1; EKV-Z § 21 Abs 2; SGB V § 69 S 3; SGB V § 69 S 4; SGB V § 76 Abs 1; SGG § 12 Abs 3 S 2
Instanzenzug: SG Frankfurt am Main S 27 KA 101/04 vom LSG Darmstadt L 6/7 KA 79/04 vom
Gründe
I
Streitig ist ein Regress wegen mangelhafter zahnprothetischer Versorgung.
Der in der klagenden vertragszahnärztlichen Gemeinschaftspraxis tätige Dr. B. ist im Bezirk der beklagten Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZÄV) zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. Die beigeladene Krankenkasse (KK), eine Ersatzkasse, gewährte für die Eingliederung von Zahnersatz einschließlich vier Kronen im Unterkiefer ihrer Versicherten Frau B.-T. einen Zuschuss in Höhe von 100 % der anfallenden Kosten von 2.347,10 € (für zahnärztliches Honorar 943,42 €, Material- und Laborkosten Fremdlabor 1.220,32 € sowie Zahnarztlabor und Praxismaterial 183,36 €). Dr. B. nahm die Eingliederung am vor. Die Versicherte klagte fortan über andauernde Beschwerden, die Dr. B. in vier Nachbesserungsversuchen im Oktober 2002 nicht beseitigen konnte.
In einer von der Beigeladenen veranlassten Begutachtung wurden Mängel der prothetischen Versorgung ebenso festgestellt wie in dem weiteren - auf Wunsch von Dr. B. eingeholten - Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (Begutachtungen vom und vom - mit Feststellung farblicher Diskrepanzen, nicht ausreichender Okklusion sowie von Mängeln im Kronenrandbereich und anderem). Beide Gutachten kamen zum Ergebnis, dass eine Gesamterneuerung erforderlich sei. Daraufhin erklärte sich die Klägerin zur kostenfreien Erneuerung bereit, wobei wiederum dasselbe Labor einzubeziehen sei, das ebenfalls eine kostenlose Neuanfertigung angeboten habe; die Erneuerung könne durch Dr. B. oder durch einen der Partner der Gemeinschaftspraxis erfolgen.
Die Versicherte ließ indessen die Neuanfertigung der Prothetik - mit Genehmigung der Beigeladenen - durch einen anderen Vertragszahnarzt ausführen. Die Beigeladene veranlasste die Beklagte, gegen die Klägerin einen Schadensregress in Höhe ihrer Aufwendungen für die Erstversorgung von 2.347,10 € festzusetzen (Bescheid vom 12. November 2003). Die Klägerin wandte ein, ihr und ihrem zahntechnischen Labor hätte nochmals Gelegenheit zur Nachbesserung bzw Neuanfertigung gegeben werden müssen. Sie blieb mit Widerspruch, Klage und Berufung ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom ; Urteile des Sozialgerichts vom und des Landessozialgerichts <LSG> vom ). Im Urteil des LSG ist ausgeführt, der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Die Beklagte sei zur Festsetzung von Schäden zuständig, die der Beigeladenen infolge mangelhafter prothetischer Versorgungen ihrer Mitglieder entstanden seien. Es liege eine schuldhaft vertragswidrige und unzulängliche zahnärztliche Behandlung vor. Eine Nachbesserung der Prothetik sei wegen deren Unbrauchbarkeit nicht möglich. Diese bzw eine Neuanfertigung seien der Versicherten auch nicht zuzumuten, nachdem Dr. B. vier vergebliche Nachbesserungsversuche unternommen und dabei die Arbeit weiterhin als ordnungsgemäß bezeichnet habe.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die fehlerhafte Anwendung des Rechtsinstituts des Schadensregresses. Gegen einen Vertragszahnarzt dürfe ein Regress nur festgesetzt werden, wenn auch ein Schadensersatzanspruch des Versicherten gegen ihn bestehe. Dies setze voraus, dass der Zahnarzt nicht mehr zur Nachbesserung bzw Neuanfertigung berechtigt sei. Dr. B. bzw die Klägerin hätten dieses Recht aber noch gehabt. Sie seien bereit gewesen, die mangelhafte Leistung kostenfrei durch eine mangelfreie zu ersetzen. Für die Annahme eines Kündigungsrechts oder einer Unzumutbarkeit der Nachbesserung bzw Neuanfertigung durch Dr. B. oder einen anderen Partner der Gemeinschaftspraxis reiche allein der Zeitablauf von vier Monaten bis zur gutachterlichen Klärung nicht aus. Sie - die Klägerin - sei keine Praxis, die für schlechte Leistungen bekannt sei bzw generell schlechte Arbeit leiste. Vielmehr liege ganz offensichtlich nur ein "Ausrutscher" vor. Aber selbst wenn aus dem Zeitablauf auf ein Kündigungsrecht seitens der Versicherten geschlossen werden könnte, so sei damit noch kein Schadensersatzanspruch entstanden. Jedenfalls fehle dafür die weitere Voraussetzung der Aufforderung zur Nachbesserung bzw Neuanfertigung unter Fristsetzung. Eine Frist habe weder die Beklagte noch die Versicherte gesetzt.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom und des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom sowie den Bescheid der Beklagten vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil des LSG. Die Festsetzung eines Schadensregresses sei berechtigt gewesen, weil eine schuldhaft vertragswidrige unzulängliche Behandlung mit vergeblichen Nachbesserungsversuchen vorgelegen und deshalb das Behandlungsverhältnis geendet habe. Es könne dahingestellt bleiben, inwieweit das mit der technischen Anfertigung beauftragte Labor ein Verschulden treffe, denn dieses sei als das eines Erfüllungsgehilfen der Klägerin zuzurechnen. Die Klägerin könne sich nicht auf zivilrechtliche Grundsätze und Bestimmungen berufen. Diese seien von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) entsprechend der Eigenart der prothetischen Versorgung dahingehend modifiziert worden, dass dem Schadensregress ein eigenständiger Schadensersatzanspruch des Kostenträgers zugrunde liege, der nicht vom Bestehen eines zivilrechtlichen Anspruchs des Versicherten gegen den Vertragszahnarzt abhängig sei. Ausreichend sei, wenn eine Nachbesserung entweder - wegen Unbrauchbarkeit des Arbeitsergebnisses - nicht möglich oder dem Versicherten nicht zumutbar sei. Vorliegend sei das Arbeitsergebnis völlig unbrauchbar gewesen, sodass keine Nachbesserung, sondern nur eine Neuanfertigung in Betracht gekommen sei. Zudem sei der Versicherten eine Neuanfertigung durch Dr. B. oder einen Partner der Gemeinschaftspraxis nicht mehr zumutbar gewesen. Im Übrigen sei die Anwendung des § 281 Abs 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ohnehin fraglich, da diese Vorschrift nur auf Werkverträge ohne weiteres anwendbar sei, die zahnärztliche Behandlung aber auch im Falle einer Kronenversorgung eher den Charakter eines Dienstvertrags habe. Zudem wäre eine Fristsetzung aus den Gründen des § 281 Abs 2 BGB ohnehin entbehrlich.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie schließt sich den Ausführungen der Beklagten an.
II
Der Senat entscheidet - anders als das LSG - in der sich aus § 40 Satz 1, § 33, § 12 Abs 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ergebenden Besetzung mit zwei Vertragszahnärzten als ehrenamtlichen Richtern. Dies entspricht der Grundregel, dass sich die Besetzung der Richterbank danach richtet, wie die Verwaltungsstelle zusammengesetzt ist, die über die streitige Angelegenheit zu befinden hat. Nach dieser Abgrenzung ist dann, wenn die angefochtene Entscheidung von einer Verwaltungsstelle getroffen wurde, die nach den maßgebenden rechtlichen Vorschriften nur von Vertrags(zahn)ärzten zu besetzen war, vom Gericht in rein vertrags(zahn)ärztlicher Besetzung, dh mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Vertrags(zahn)ärzte, zu entscheiden (s zB BSG SozR 3-2500 § 95 Nr 20 S 78 mwN; vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 4 mwN). Wäre die angefochtene Entscheidung indessen von einem Gremium getroffen worden, das mit einer gleichen Zahl von Vertrags(zahn)ärzten und Vertretern der KKn, also paritätisch (gemischt) zu besetzen war, so hätten - im Sinne des § 12 Abs 3 Satz 1 SGG - auch die Gerichte in paritätischer Besetzung, also mit einem Vertragsarzt und einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis der KKn, zu entscheiden (s vorgenannte BSG-Rspr). Die Ansicht des LSG, ein Streit um die Festsetzung eines Schadensregresses wegen mangelhafter vertragszahnärztlicher Leistungen sei stets eine Angelegenheit des Vertragszahnarztrechts gemäß § 12 Abs 3 Satz 1 SGG und deshalb in der Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Kassenzahnärzte und der KKn zu entscheiden, trifft nicht zu. Die Festsetzung von Schadensregressen ist zwar in den meisten Fällen den paritätisch zusammengesetzten Prüfgremien übertragen. Dies ist im ärztlichen Bereich insgesamt und im zahnärztlichen Primärkassenbereich der Fall, nicht aber im zahnärztlichen Ersatzkassenbereich. Der Ersatzkassenvertrag-Zahnärzte (EKV-Z - hier anzuwenden in der bis zum geltenden Fassung vom , zuletzt geändert durch Vereinbarung vom ) enthält keine Bestimmung, die die Prüfgremien dafür für zuständig erklärt (hierzu s BSG SozR 3-5555 § 15 Nr 1 S 4; aaO, § 12 Nr 5 S 24; SozR 4-5555 § 12 Nr 1 RdNr 5, jeweils mwN; vgl im Einzelnen auch Clemens in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 1: Krankenversicherungsrecht, 1994, § 36 RdNr 13 ff, insbesondere RdNr 24 und 25).
Der vom LSG weiterhin angeführte Gesichtspunkt, dass es nur auf Betreiben von KKn zur Festsetzung eines Schadensregresses komme, reicht zur Begründung der sog paritätischen Besetzung nicht aus. Die Grundregel, dass sich die Besetzung der Richterbank danach richtet, wie die Verwaltungsstelle zusammengesetzt ist, die über die streitige Angelegenheit zu befinden hat, ist nur in besonderen Fällen unanwendbar. Dies ist zB dann der Fall, wenn eine weder rein vertrags(zahn)ärztlich noch paritätisch zusammengesetzte Verwaltungsstelle zu entscheiden hat (so bei Klage eines Vertragsarztes gegen die Ärztekammer BSG SozR 4-1300 § 32 Nr 1: paritätische Besetzung wegen zulassungsähnlicher Genehmigung für künstliche Befruchtungen). Die Grundregel der Ausrichtung der Richterbank nach der Besetzung der zuständigen Verwaltungsstelle ist weiterhin dann nicht anwendbar, wenn Außenrechtsbeziehungen der K(Z)ÄV Gegenstand des Rechtsstreits sind (s zB zum Streit zwischen KZÄV und KK: BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 2; aaO, § 12 Nr 5 S 23; SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 4 mit paritätischer Besetzung; - zum Streit zwischen KZÄV und Bundesrepublik Deutschland: BSG SozR 3-2500 § 75 Nr 9 S 37 und Nr 11 S 48 mit rein-ärztlicher Besetzung betr das "kassenfreie" System der Versorgung von Bundeswehrangehörigen; - zu Klagen der K<Z>ÄV gegen die Aufsichtsbehörde: BSGE 79, 105, 106 = SozR 3-2500 § 80 Nr 2 S 10 f und BSGE 88, 193, 195 = SozR 3-2500 § 79a Nr 1 S 4 mwN mit Ausrichtung der Besetzung danach, ob die Aufsichtsmaßnahme einen rein-<zahn>ärztlich oder einen paritätisch zu fassenden Beschluss betrifft). Ferner ist jene Grundregel dann nicht anwendbar, wenn gerade Zweifel an der zutreffenden Besetzung bestehen (vgl zB BSG SozR 3-2500 § 95 Nr 20 S 78 mwN). Keiner dieser Sonderfälle liegt vor.
Die Revision der Klägerin - einer Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft, die an Stelle der Gesellschafter nach entsprechender Rubrumsberichtigung die Beteiligtenposition eingenommen hat (hierzu s BSG SozR 4-1500 § 86 Nr 2 RdNr 8 mit Nachweisen zur BGH-Rspr) - ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat den angefochtenen Bescheid, mit dem die Beklagte die Klägerin zu einer Regresszahlung an die Beigeladene verpflichtet hat, zutreffend als rechtmäßig angesehen.
Die Rechtsgrundlage für die Festsetzung eines Schadensregresses gegen einen Vertragszahnarzt wegen mangelhafter prothetischer Versorgung ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Regelungen des EKV-Z. Er gründet sich auf die öffentlich-rechtliche Pflicht des Vertragszahnarztes gegenüber der KZÄV, die Schäden zu ersetzen, die er vertragszahnärztlichen Institutionen schuldhaft zufügt (vgl BSG SozR 3-5555 § 15 Nr 1 S 4; aaO, § 12 Nr 5 S 24; SozR 4-5555 § 12 Nr 1 RdNr 4).
Die Zuständigkeit der KZÄV für die Festsetzung des Regresses erschließt sich daraus, dass sie "allgemeine Vertragsinstanz" ist und keine anderweitige Zuständigkeitsregelung besteht (vgl hierzu s BSG SozR 3-5555 § 15 Nr 1 S 4 mwN; aaO, § 12 Nr 5 S 24; SozR 4-5555 § 12 Nr 1 RdNr 5; s auch Clemens in Schulin aaO, § 36 RdNr 15 und 25; - vgl dazu auch § 12 Abs 6 Satz 1 EKV-Z in oben genannter Fassung, wonach die KZÄV solche Forderungen "bei der nächsten Abrechnung absetzt"; s ferner § 21 Abs 2 EKV-Z heutiger Fassung). Die Festsetzung erfolgt entsprechend dem Über-/Unterordnungsverhältnis zwischen KZÄV und Vertragszahnarzt durch Verwaltungsakt (vgl hierzu BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 3 S 13; aaO, § 15 Nr 1 S 7; aaO, § 12 Nr 5 S 24).
Im Falle einer Gemeinschaftspraxis darf die KZÄV den Schadensregress gegenüber der Gemeinschaftspraxis festsetzen, denn diese haftet für schuldhaftes Fehlverhalten ihrer Mitglieder (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 6 RdNr 21 f).
Inhaltliche Voraussetzung der Regresspflicht ist eine schuldhafte Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die - wie hier - darin liegen kann, dass eine prothetische Versorgung dem zahnärztlichen Standard nicht genügt (vgl BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 5 S 24; SozR 4-5555 § 12 Nr 1 RdNr 4). Zudem muss eine Nachbesserung - wegen Unbrauchbarkeit des Arbeitsergebnisses - nicht möglich und/oder eine Nachbesserung bzw Neuanfertigung durch den bisher behandelnden Vertragszahnarzt nicht zumutbar sein (vgl BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 2 S 10; SozR 3-5555 § 9 Nr 1 S 6).
An dieser Rechtsprechung hält der Senat nach erneuter Überprüfung fest. Nicht überzeugend ist der Einwand der Klägerin, zivilrechtliche Grundsätze müssten angewendet werden. Die Forderung, zunächst müsse ein Anspruch auf Nachbesserung bzw Neuanfertigung gegenüber dem bisher tätigen Vertragszahnarzt bestehen und dann eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung im Sinne des § 281 Abs 1 BGB erfolgen, entspricht weder der bisherigen Rechtsprechung des BSG noch ist sie berechtigt. Nach der Rechtsprechung ist für eine Regresspflicht allein Voraussetzung, dass eine Nachbesserung - wegen Unbrauchbarkeit des Arbeitsergebnisses - nicht möglich und/oder dass eine Nachbesserung bzw Neuanfertigung durch den bisher behandelnden Vertragszahnarzt nicht zumutbar ist (s oben mit Hinweis auf BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 2 S 10; SozR 3-5555 § 9 Nr 1 S 6). Soweit vereinzelt ergänzend darauf hingewiesen worden ist, der Versicherte sei zur Kündigung berechtigt gewesen und habe das Behandlungsverhältnis endgültig beendet (vgl zB BSG SozR 3-5555 § 9 Nr 1 S 6; s auch BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 2 S 10 mit Bezugnahme auf die Bewertung als wichtigen Grund zur Kündigung), ist damit nicht eine weitere Voraussetzung für die Festsetzung eines Schadensregresses bezeichnet worden. Insbesondere ist nicht erforderlich, dass der Versicherte das Behandlungsverhältnis auch tatsächlich - möglicherweise gar nach vorheriger, zu abschließender Erfüllung auffordernder Fristsetzung - kündigte. Mit solchen Erfordernissen bliebe unberücksichtigt, dass die Versicherten gemäß § 72 Abs 1 Satz 2 iVm § 76 Abs 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ihren Zahnarzt aus den zur Versorgung zugelassenen Vertragszahnärzten frei auswählen können. Gemäß § 76 Abs 3 Satz 1 SGB V soll zwar ein Wechsel innerhalb eines Quartals unterbleiben, ist aber bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gestattet. Dieser gesetzlichen Vorgabe würde es nicht gerecht werden, wenn dem Versicherten unter Hinweis auf die auch ihn betreffende Verpflichtung zur Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs 4 SGB V) versagt würde, sich von dem ihn bisher behandelnden Vertragszahnarzt zu lösen, wenn er die Unbrauchbarkeit von dessen Leistung feststellt oder wenn aus anderen Gründen eine Weiterbehandlung durch diesen nicht mehr zumutbar ist. Entsprechend der Befugnis zum Wechsel des behandelnden Arztes innerhalb eines Quartals bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ist ein Zahnarztwechsel bei nicht erfolgreicher Prothetikbehandlung dann zu akzeptieren, wenn eine Nachbesserung - wegen Unbrauchbarkeit des Arbeitsergebnisses - nicht möglich und/oder wenn eine Nachbesserung bzw Neuanfertigung durch den bisher behandelnden Vertragszahnarzt nicht zumutbar ist (s die oben zitierten Urteile BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 2 S 10; SozR 3-5555 § 9 Nr 1 S 6). Dies ist die Konsequenz daraus, dass das Behandlungsverhältnis zwischen Vertragszahnarzt und Versichertem öffentlich-rechtlich überlagert ist, weil das SGB V dem Versicherten besondere Rechte einräumt und dem Vertragszahnarzt besondere öffentlich-rechtliche Pflichten auferlegt (zum öffentlich-rechtlichen Pflichtenverhältnis s oben mit Hinweis BSG SozR 3-5555 § 15 Nr 1 S 4; aaO, § 12 Nr 5 S 24; SozR 4-5555 § 12 Nr 1 RdNr 4). Diese öffentlich-rechtliche Einbindung steht einer zivilrechtlich ausgerichteten Sichtweise wie etwa der Forderung entgegen, der Versicherte müsse das Behandlungsverhältnis auch tatsächlich - möglicherweise gar nach vorheriger, zu abschließender Erfüllung auffordernder Fristsetzung - gekündigt haben.
Gegenüber der hieraus folgenden Unanwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen kann nicht mit Erfolg auf § 69 Satz 4 iVm Satz 3 SGB V verwiesen werden, wonach für die vertragsärztlichen Rechtsbeziehungen "im Übrigen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend" gelten. Schon aus diesem Wortlaut ("im Übrigen") ergibt sich, dass den Regelungen des SGB V der Vorrang zukommt und ohnehin lediglich eine ergänzende Heranziehung der Vorschriften des BGB erwogen werden kann (so auch BSGE 95, 141 RdNr 25 ff = SozR 4-2500 § 83 Nr 2 RdNr 33 ff). Vergleichbar den Ausführungen im Urteil vom 28. September 2005 (aaO) steht auch beim Schadensregress die Einbindung in das öffentlich-rechtliche Gefüge der Anwendung von Vorschriften des BGB entgegen. Im Übrigen wäre auch bei Heranziehung zivilrechtlicher Bestimmungen zu berücksichtigen, dass entgegen der Ansicht der Klägerin wohl nicht auf § 281 BGB zurückgegriffen werden könnte. Denn das Behandlungsverhältnis weist wegen der Ausrichtung auf die Prothetik zwar Elemente des Werkvertrags auf, bleibt aber doch ein Dienstvertrag, in dessen Rahmen für eine Anwendung des § 281 BGB im Regelfall kein Raum ist (vgl BSG SozR 3-5555 § 9 Nr 1 S 6; ebenso zB Sprau in Palandt, BGB, 65. Aufl 2006, vor § 631 RdNr 32, und Heinrichs in Palandt, aaO, § 281 RdNr 42, 44). Die Anwendbarkeit des § 281 Abs 1 BGB wäre möglicherweise außerdem wegen Vorliegens der Voraussetzungen des Abs 2 zu verneinen und schließlich auch deshalb, weil Dienste höherer Art im Sinne des § 627 Abs 1 BGB Gegenstand der Rechtsbeziehung zwischen Zahnarzt und Patient sind (vgl BSG SozR 3-5555 § 9 Nr 1 S 6; s auch Weidenkaff in Palandt, aaO, § 627 RdNr 2).
Die dargestellten Voraussetzungen, eine dem zahnärztlichen Standard nicht entsprechende prothetische Versorgung sowie ein Verschulden des Vertragszahnarztes (s oben mit Hinweis auf BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 5 S 24; SozR 4-5555 § 12 Nr 1 RdNr 4 und BSG SozR 3-5555 § 9 Nr 1 S 6), liegen vor, wie im Urteil des LSG zutreffend ausgeführt ist. Erfüllt ist auch die weitere Voraussetzung, dass eine Nachbesserung - wegen Unbrauchbarkeit des bisherigen Arbeitsergebnisses - nicht möglich und/ oder dass eine Nachbesserung bzw Neuanfertigung durch den bisher behandelnden Zahnarzt nicht zumutbar ist (s oben mit Hinweis auf BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 2 S 10; SozR 3-5555 § 9 Nr 1 S 6). Die Erfordernisse der Unmöglichkeit oder der Unzumutbarkeit sind im Fall der Klägerin beide gegeben.
Die Unmöglichkeit einer Nachbesserung ergibt sich daraus, dass der von Dr. B. erstellte und eingegliederte Zahnersatz unbrauchbar war, wie das LSG für das Revisionsgericht bindend festgestellt (§ 163 SGG) und wie die Klägerin selbst auch im Revisionsverfahren nochmals bestätigt hat. Diese Bewertung wird dadurch erhärtet, dass es Dr. B. in vier Nachbesserungsversuchen nicht gelungen war, den Zahnersatz in Ordnung zu bringen.
Eine Neuanfertigung durch Dr. B. war der Versicherten auch nicht mehr zuzumuten, wie den Feststellungen im Berufungsurteil zu entnehmen ist. Aus diesen ergibt sich, dass das Vertrauensverhältnis zwischen ihr und dem behandelnden Zahnarzt zerstört war, nachdem es diesem in vier Nachbesserungsversuchen nicht gelungen war, ihre Beschwerden zu beseitigen, und er trotzdem seine Arbeit ihr gegenüber weiterhin als ordnungsgemäß bezeichnet hatte. Erst nach ca vier Monaten - nach Vorliegen der zweiten Begutachtung - räumte er schließlich die Fehlerhaftigkeit ein. Ein solches Verhalten, das nicht nur durch Behandlungsmängel, sondern zudem durch Uneinsichtigkeit geprägt war, reicht nach der nicht zu beanstandenden Bewertung des LSG für die Schlussfolgerung aus, dass es der Versicherten nicht zumutbar war, sich bei Dr. B. weiteren Behandlung(sversuch)en zu unterziehen. Nicht zu beanstanden ist auch die Folgerung des LSG, dass es der Versicherten ebenfalls nicht zumutbar war, die weitere Behandlung von einem anderen Partner der Gemeinschaftspraxis vornehmen zu lassen.
War die Versicherte mithin berechtigt, für die weitere Behandlung einen anderen Vertragszahnarzt zu wählen (s § 76 Abs 1 Satz 1 SGB V), so entfiel damit die Grundlage für das Ansinnen der Klägerin, wenigstens die erneuten zahntechnischen Leistungen entsprechend dem Angebot des bisher tätig gewesenen Labors von diesem - kostenfrei - erbringen zu lassen. Denn kein Zahnarzt kann verpflichtet werden, mit einem anderen Labor zusammenzuarbeiten als demjenigen, das er üblicherweise mit der Durchführung der erforderlichen zahntechnischen Arbeiten beauftragt.
Bedenken gegen die festgesetzte Schadenshöhe von 2.347,10 € bestehen nicht. Keiner der Beteiligten hat die Berechtigung dieser Summe in Zweifel gezogen. Diese stellt den Kostenaufwand der vergeblichen Erstbehandlung dar, wobei allerdings zu beachten ist, dass der Schaden an sich in dem erforderlichen zusätzlichen Aufwand für die Zweitbehandlung besteht (so zutreffend BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 1 S 2 iVm S 6; aaO, § 9 Nr 1 S 7; aaO, § 12 Nr 2 S 11; s auch Clemens in Schulin aaO § 36 RdNr 55). Anhaltspunkte dafür, dass dieser geringer gewesen sein könnte als der Aufwand von 2.347,10 € für die Erstbehandlung, sind weder ersichtlich noch geltend gemacht worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach trägt die Klägerin die Kosten des von ihr erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung von Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil sie im Revisionsverfahren keinen Antrag gestellt hat (§ 162 Abs 3 VwGO).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
TAAAC-35737