Oberfinanzdirektion Koblenz - S 2240 A - St 31 4

Ertragsteuerliche Behandlung der Einnahmen aus einer Betreuertätigkeit

Aufgrund diverser Einzelfälle ergaben sich hinsichtlich der Einnahmen aus der Betreuertätigkeit eines Rechtsanwalts/Steuerberaters nachstehende Fragen:

  1. Wie ist in der Praxis die Differenzierung eines ehrenamtlichen bzw. beruflich tätigen Betreuers vorzunehmen und welche isolierte ertragsteuerliche Konsequenz ergibt sich daraus?

  2. Wie sind die Einnahmen aus der Betreuertätigkeit eines Steuerpflichtigen neben seinen Einkünften aus selbständiger Tätigkeit i. S. v. § 18 EStG ertragsteuerlich zu behandeln?

Die OFD bittet hierzu folgende Auffassung zu vertreten:

zu 1.

Berufsbetreuer ist jemand, der rechtliche Betreuungen (§ 1896 ff. BGB) im Rahmen einer entgeltlichen Berufstätigkeit ausübt. Es ist keine geschützte Berufsbezeichnung, d. h. jedermann kann als Berufsbetreuer tätig werden. Das Vormundschaftsgericht muss in der Bestellung die Betreuung als berufliche Tätigkeit (im Gegensatz zur ehrenamtlichen Bestellung) bezeichnen. Die Berufsmäßigkeit des Betreuers liegt nach § 1836 Abs. 1 BGB i. V. m. § 1 Abs. 1 Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz (VBVG) im Regelfall vor, wenn

  • von ihm mehr als 10 Betreuungen geführt werden oder

  • sein Zeitaufwand für die Betreuung mindestens 20 Wochenstunden beträgt.

Wie in der Kurzinfo Nr. 012/06 vom – S 2248 A – darauf hingewiesen, sind die Einkünfte eines Berufsbetreuers gemäß der Entscheidung des BStBl 2005 II S. 288, als Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. S. v. § 15 EStG zu qualifizieren, die auch der Gewerbesteuer unterliegen.

Dem gegenüber wird eine Vielzahl von Personen als ehrenamtliche Betreuer eingesetzt. Für diese Tätigkeit erhalten sie pro betreute Person i. d. R. eine pauschale Aufwandsentschädigung i. H. v. 323 € (§ 1835a Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. § 22 JVEG). Die Aufwandsentschädigung für die Betreuer gehört bei der üblicherweise geringen Anzahl der betreuten Personen (1 – 3 Personen) im Regelfall zu den sonstigen Einkünften i. S. d. § 22 Nr. 3 EStG und ist einkommensteuerpflichtig, wenn sie ggf. zusammen mit weiteren Einkünften i. S. d. Vorschrift – die Freigrenze von 256 € übersteigt. Mit der Gewährung der pauschalen Aufwandsentschädigung entfällt für ehrenamtliche Betreuer die Möglichkeit, Aufwendungsersatz für z. B. Fahrtkosten, Portokosten, Telefongebühren usw. zu verlangen. Es bestehen deshalb keine Bedenken, wenn die mit der ehrenamtlichen Tätigkeit des Betreuers im Zusammenhang stehenden Aufwendungen ohne weiteren Nachweis mit 25 % der jeweiligen pauschalen Aufwandsentschädigung als Werbungskosten berücksichtigt werden.

Die Konsequenz aus dem Umkehrschluss des VBVG, d. h. wird die Berufsmäßigkeit des Betreuers durch das Vormundschaftsgericht nicht getroffen und es läge danach eine ehrenamtliche Betreuertätigkeit vor, hat für die ertragsteuerliche Qualifizierung dieser Tätigkeit keine Bedeutung. Danach kann nach dem VBVG ein ehrenamtlicher Betreuer aufgrund des Einzelfalles, z. B. bei der Betreuung einer mehr als nur geringen Anzahl von Personen, ausnahmsweise Einkünfte i. S. v. § 15 EStG haben.

Für aus rheinland-pfälzischen Kassen gezahlte Aufwandsentschädigungen kommt eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG nicht in Betracht. Obwohl im Haushaltsplan des Bundeslandes Rheinland-Pfalz ein Ausgabentitel mit der Bezeichnung „… Vergütung der Rechtsanwälte bei Prozesskostenhilfe, Entschädigungen für Sachverständige und sonstige Auslagen in Betreuungssachen” ausgewiesen ist, rechtfertigt diese Angabe eine Steuerbefreiung nicht (vgl. FG-Urteil Schleswig-Holstein v. , EFG 2003, S. 1595). Der Haushaltsplan hätte eine konkrete Aussage über eine zu zahlende Aufwandsentschädigung für Betreuungsleistungen enthalten müssen. Eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 12 S. 2 EStG scheidet ebenfalls aus, da es sich bei der Betreuertätigkeit nicht um öffentliche Dienste handelt.

Die Vorschrift des § 3 Nr. 26 EStG befreit eine Aufwandsentschädigung u. a. eine nebenberufliche Betreuer- und Pflegetätigkeit. Gemeinsames Merkmal dieser Befreiungsvorschrift ist allerdings die pädagogische Ausrichtung (R 17 Abs. 1 S. 2 LStR), die bei einer Betreuungstätigkeit i. S. v. § 1896 BGB fehlt. Der Betreuer nach § 1896 BGB ist lediglich als ein staatlicher Beistand in Form von Rechtsfürsorge zu verstehen. Eine persönliche Betreuung im Sinne von Pflege findet daher auch nicht oder nur nachrangig statt. Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26 EStG für Betreuer i. S. v. § 1896 BGB scheidet infolge dessen aus.

zu 2.

Übt ein Steuerpflichtiger mit Einkünften aus selbständiger Tätigkeit i. S. v. § 18 EStG – z. B. Rechtsanwalt – daneben eine berufliche Betreuertätigkeit (§ 15 EStG) aus, sind die Einkünfte aus selbständiger und gewerblicher Tätigkeit grds. getrennt zu behandeln, da nach der Verkehrsauffassung eine Trennung dieser verschiedenen Tätigkeiten möglich ist ( BStBl 2004 II S. 363). Ein solcher Steuerpflichtiger rechnet zumindest mit dem/den Betreuten ab und er erhält auch von ihm/ihnen oder Dritten seine Einnahmen. Die unterschiedlichen Tätigkeiten bedingen sich daher nicht unlösbar und sind auch nicht so miteinander verflochten, dass der gesamte Betrieb als ein einheitlicher angesehen werden muss ( BStBl 1962 III S. 13). Die Aufwendungen bei Berechnung der einzelnen Einkünfte sind jeweils getrennt nachzuweisen und zu ermitteln (ggf. zu schätzen). Der Steuerpflichtige hat folglich für die beiden unterschiedlichen Einkunftsarten zwei Gewinnermittlungen einzureichen. Zu beachten ist hier noch, dass ein Selbständiger i. S. v. § 18 EStG auch mit seiner Betreuertätigkeit Einkünfte gemäß § 22 EStG haben kann.

Ist ein Steuerpflichtiger Gesellschafter einer freiberuflichen Sozietät und übt er zusätzlich die Tätigkeit eines Berufsbetreuers aus, ist zuerst zu prüfen, ob die Betreuertätigkeit durch ihn im Rahmen des Gesellschaftsverhältnisses oder eines daneben bestehenden Einzelunternehmens ausgeführt wird. Erbringt der Steuerpflichtige die Betreuungsleistung nicht im Rahmen des Gesellschaftsverhältnisses, ist wie bereits zuvor erläutert, zu verfahren.

Wird dagegen die Leistung des Einzelnen im Rahmen des Gesellschaftsverhältnisses erbracht, ist zu entscheiden, ob die Einnahmen aus der Betreuertätigkeit bei der GbR eine gewerbliche Infizierung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG zur Folge haben. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Einnahmen aus der schädlichen Tätigkeit nicht mehr von äußerst geringem Ausmaß sind. Der BFH hat in einem Urteil vom , BStBl 2000 II S. 229, unter Hinweis auf den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entschieden, dass jedenfalls bei einem Anteil von 1,25 % der originär gewerblichen Tätigkeit die umqualifizierende Wirkung nicht greift.

Oberfinanzdirektion Koblenz v. - S 2240 A - St 31 4

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
DB 2007 S. 255 Nr. 5
StBW 2007 S. 8 Nr. 3
VAAAC-35690