BFH Beschluss v. - V B 117/05

Mitwirkung der Treuhand nach Art. 25 des Einigungsvertrages bei Grundstücksumsätzen

Gesetze: UStG § 3 Abs. 1

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erwarb mit Vertrag vom unter Mitwirkung der Treuhandanstalt gemäß Art. 25 des Einigungsvertrages vom von der Verkäuferin, der X-GmbH, ein bebautes Grundstück zum Kaufpreis von 914 000 DM „zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer”. Im Vertrag verpflichtete sich die Verkäuferin, über den Kaufpreis eine Rechnung unter Ausweis der darin enthaltenen Mehrwertsteuer auszustellen. Die Klägerin bezahlte am den Nettobetrag.

Die X-GmbH als Rechtsnachfolgerin der Treuhandanstalt stellte schließlich am eine Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis aus. Diesen Vorsteuerbetrag machte die Klägerin in der Umsatzsteuervoranmeldung für März 2002 geltend. Nachdem die Klägerin die Umsatzsteuer nicht bezahlt hatte, zog die X-GmbH die Rechnung am wieder ein. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) ließ den von der Klägerin geltend gemachten Vorsteuerbetrag im Umsatzsteuerjahresbescheid für 2002 unberücksichtigt.

Mit Einspruch und Klage machte die Klägerin geltend, die Verkäuferin habe ausdrücklich im Kaufvertrag zur Umsatzsteuer optiert und die Option nicht bis zur Unabänderbarkeit der Umsatzsteuerfestsetzung rückgängig gemacht.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, die Verkäuferin habe im Kaufvertrag ausdrücklich (noch) nicht über den Umsatz mit Ausweis der Umsatzsteuer abgerechnet. Auch sonst fehle jeder Anhaltspunkt dafür, dass die Verkäuferin vor Bestandskraft der Steuerfestsetzung gegenüber der Klägerin einen Betrag über den Nettokaufpreis hinaus geltend gemacht oder vereinnahmt habe. Aus der Rechnung der X-GmbH könne die Klägerin schon deshalb keine Vorsteuer beanspruchen, weil diese das Grundstück nicht geliefert habe.

Das FG hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) hat die Klägerin nicht, wie nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlich, dargelegt.

a) Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache verlangt nach ständiger Rechtsprechung, dass der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung eine bestimmte —abstrakte— klärungsbedürftige und in dem angestrebten Revisionsverfahren auch klärbare Rechtsfrage herausstellt. Er muss darlegen, weshalb es in dem angestrebten Revisionsverfahren auf die Klärung der hervorgehobenen Rechtsfrage ankommt (Klärungsbedürftigkeit) und dass dem Revisionsgericht eine Klärung möglich ist (Klärbarkeit). Der Kläger muss außerdem die Bedeutsamkeit der Beantwortung der Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung für die Allgemeinheit substantiiert dartun. Dazu muss er erläutern (vgl. , BFH/NV 2001, 1413), welche über den Streitfall hinausgehende Bedeutung eine Entscheidung über die nicht nur an den Besonderheiten des Streitfalls orientierte Rechtsfrage hat. Diesen formellen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht.

b) Die Klägerin meint, die „Klärung der Stellung der Treuhandanstalt bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin in Besteuerungsverfahren” sei von grundsätzlicher Bedeutung. Diese Rechtsfrage kann aber nicht abstrakt, sondern nur aufgrund der Umstände des Einzelfalls entschieden werden. Dies steht einer Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache entgegen (z.B. , BFH/NV 2001, 351). Auch wer eine Lieferung i.S. des § 3 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes bewirkt hat, hängt von den jeweiligen Umständen ab. Dazu sind u.a. die vom FG nur für den konkreten Fall ausgelegten vertraglichen Vereinbarungen heranzuziehen, was einer Rechtssache regelmäßig ebenfalls die grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO entzieht (vgl. z.B. , BFH/NV 2001, 65). Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, dass und aus welchen Gründen die Auslegung des FG revisionsrechtlich klärbar hätte sein können. Ausführungen zur Klärbarkeit hätte es nicht zuletzt schon deshalb bedurft, weil zum einen, würde der Kaufvertrag vom November 1992, wie die Klägerin meint, als Rechnung beurteilt, die Vorsteuer nicht im Umsatzsteuerbescheid für 2002 zu berücksichtigen wäre, und zum anderen nach den bindenden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) Feststellungen des FG auch die X-GmbH ihre Rechnung vom bereits am wieder eingezogen hatte.

2. Nicht zum Erfolg der Beschwerde verhilft auch der Vortrag der Klägerin, das Urteil des FG stelle eine „Durchbrechung der einheitlichen Rechtsprechung des BFH” dar, sowie der Hinweis der Klägerin auf das (BFHE 186, 259, BStBl II 1998, 619) —gemeint ist wohl das (BFHE 183, 301, BStBl II 1997, 670)—, wonach der Verzicht auf die Steuerfreiheit auch durch schlüssiges Verhalten erklärt werden könne. Abgesehen davon, dass die Klägerin eine Abweichung nicht in der erforderlichen Form dargelegt hat (vgl. hierzu z.B. BFH-Entscheidung vom X B 149/04, BFH/NV 2005, 1618, m.w.N.; Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 116 Rz. 42), weicht das FG hiervon nicht ab; vielmehr führt es unter Hinweis auf diese BFH-Entscheidung aus, aus den gesamten Umständen sei nicht vom Vorliegen eines unmissverständlichen Verzichts des Veräußerers auf die Steuerbefreiung auszugehen.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 508 Nr. 3
AAAAC-35645