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FG des Landes Sachsen-Anhalt Urteil v. - 1 K 539/04 EFG 2007 S. 584 Nr. 8

Gesetze: EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, AO 1977 § 191 Abs. 1, AO 1977 § 191 Abs. 4, HGB § 128, HGB § 167, HGB § 166, HGB § 164, HGB § 170

Nichteheliche Lebensgefährten als Mitunternehmer eines Autohauses

Voraussetzungen von Mitunternehmerrisiko und -initiative

Haftung für die betrieblichen Steuern der Mitunternehmerschaft

Leitsatz

1. Wird ein mit gebrauchten Fahrzeugen handelndes Autohaus u.a. durch systematisches Manipulieren der Tachometer und Verschweigen von Unfallschäden nachhaltig in Betrugsabsicht betrieben, so kann auch dann eine Mitunternehmerschaft zwischen dem nach außen gegenüber den Kunden nicht auftretenden Initiator des Betrugs und seiner formell in dem Autohaus als Arbeitnehmerin angestellten Lebensgefährtin bestehen, wenn der Initiator faktisch allein hinsichtlich Preisgestaltung und technischer Abläufe in dem Autohaus „das Sagen” hat und ihm im Wesentlichen die Erträge zufließen (umfassende Ausführungen zur Mitunternehmerinitiative und zum Mitunternehmerrisiko).

2. Es spricht für eine erhebliche Mitunternehmerinitiative der Lebensgefährtin, wenn sie einen erheblichen Teil der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, nämlich den Verkauf von Fahrzeugen einschließlich sämtlicher Vertragsverhandlungen mit den Kunden, weitgehend allein sowie die flankierenden Geschäfte (u.a. die Vorbereitung der Finanzierungsunterlagen sowie die Bankgeschäfte) gänzlich allein erledigt hat, wenn sie somit also erheblichen Einfluss auf geschäftliche Grundsatzentscheidungen hatte und das Autohaus in der konkreten Form ohne ihre Mitwirkung nicht hätte geführt werden können.

3. Auch wenn aufgrund der betrügerischen Betriebsführung des Autohauses Verluste nicht zu erwarten waren und die durch Provisionen eher geringfügig an den Erträgen beteiligte Lebensgefährtin kaum am Gewinn beteiligt war, kann ein erhebliches Mitunternehmerrisiko der Lebensgefährtin darin liegen, dass sie aktiv an den betrügerischen Handlungen mitgewirkt, sich somit der Gefahr einer strafrechtlichen Ahndung ausgesetzt hat, und zudem aufgrund des Zusammenlebens mit dem Betrugsinitiator im Rahmen einer Lebensgemeinschaft von den Erträgen des Autohauses, u.a. durch die Ermöglichung eines gemeinsamen luxuriösen Lebensstils, profitiert hat. Die von der Lebensgefährtin vorgetragene emotionale und psychische Abhängigkeit von ihrem dominanten Lebensgefährten ist kein Kriterium, das ihre Mitunternehmerstellung ausschließen könnte.

4. Die Lebengefährtin kann als Mitunternehmerin auch dann persönlich durch Haftungsbescheid für betriebliche Steuerschulden der Mitunternehmerschaft in Anspruch genommen werden, wenn sie sich zwischenzeitlich von ihrem Partner getrennt und sich von seinen Machenschaften losgesagt hat.

Fundstelle(n):
EFG 2007 S. 584 Nr. 8
NWB-Eilnachricht Nr. 4/2007 S. 233
UAAAC-34918

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