Kein Erlass der gestaffelten Grundsteuer in eingemeindeten Kommunen der neuen Bundesländer
Leitsatz
Dass bei der Festsetzung der Grundsteuermesszahl für Grundstücke in den neuen Bundesländern, die nach Maßgabe der aufgrund des Einigungsvertrages wieder in Kraft gesetzten §§ 29, 30 GrStDV zu beurteilen sind, nach § 30 Abs. 3 GrStDV eine nach dem erfolgte Eingemeindung mit der Folge einer erhöhten Grundsteuerbelastung unberücksichtigt bleibt, begründet keinen Anspruch auf einen Teilerlass der Grundsteuer aus Billigkeitsgründen (insoweit Aufgabe von BVerwG 7 C 97.57 BVerwGE 8, 334).
Gesetze: GG Art. 3 Abs. 1; AO § 227; GrStG § 41 Satz 1; GrStDV § 29; GrStDV § 30 Abs. 3; EV Anl. I Kap. IV Sachgebiet B Abschn. II Nr. 30
Instanzenzug:
Gründe
I
Die Klägerin begehrt den Erlass von 1/8 der Grundsteuer für die Jahre 1992 bis 1997 aus Billigkeitsgründen.
Die Klägerin ist Eigentümerin mehrerer im Stadtteil Siegmar-Schönau der beklagten Stadt Chemnitz liegender Geschäftsgrundstücke. Dieser Stadtteil hatte früher eine eigene Stadt gebildet und war mit Wirkung vom in die Stadt Chemnitz eingemeindet worden. Die bis zum selbständigen Gemeinden Siegmar und Schönau hatten nach dem Stand der allgemeinen Volkszählung vom gemeinsam eine Einwohnerzahl von unter 25 000 Einwohnern.
Mit Bescheiden vom 1. und setzte das Finanzamt Chemnitz-Süd für die Grundstücke der Klägerin die Grundsteuermessbeträge fest. Die Einheitswerte, von denen es dabei ausging, vervielfältigte es jeweils mit einer Steuermesszahl von 8 v.T. Zur Begründung wies es auf die Abstufung der Steuermesszahlen je nach Grundstücks- und Gemeindegruppen in § 29 der Grundsteuerdurchführungsverordnung vom GrStDV hin. Das Finanzamt ordnete insoweit die Grundstücke der Gruppe III Geschäftsgrundstücke mit Neubauten (bezugsfertig nach dem 31. März 1924) zu und legte die Gemeindegruppe a bis 25 000 Einwohner zugrunde.
Auf der Grundlage dieser Grundsteuermessbescheide setzte die Beklagte mit Bescheiden vom 13. und für die Grundstücke die Grundsteuer für die Jahre 1992 bis einschließlich 1997 auf insgesamt rund 245 000 DM fest.
Den im Dezember 1997 unter Berufung auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 1959 gestellten Antrag der Klägerin auf teilweisen Erlass der Grundsteuer lehnte die Beklagte mit Bescheid vom ab. Auch der Widerspruch blieb erfolglos.
Der auf Aufhebung der Ablehnungsbescheide und Neubescheidung des Erlassantrags gerichteten Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 10. Dezember 2002 mit der Begründung stattgegeben, der Gesetzgeber verfolge mit der Abstufung der Steuermesszahlen in § 29 GrStDV, wodurch die Grundstückseigentümer in größeren Gemeinden begünstigt würden, das Ziel, die Unterschiede zwischen den Hebesätzen auszugleichen, die in Gemeinden mit mehr als 25 000 Einwohnern durchgängig höher seien als in kleineren Gemeinden. Diese Absicht werde durch die Regelung des § 30 Abs. 3 GrStDV, wonach die höheren Steuermesszahlen auch nach einer nach dem erfolgten Umgemeindung heranzuziehen seien, in ihr Gegenteil verkehrt, weil eine Neufestsetzung der Messbeträge trotz einheitlich höherer Hebesätze nicht stattfinde. Folge sei bei gleichem Einheitswert die höhere Besteuerung der Grundstücke in den eingemeindeten Stadtteilen gegenüber den im Stadtkern gelegenen.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Beklagten durch Urteil vom zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Unbilligkeit der Anwendung einer höheren Steuermesszahl in einem nach dem eingemeindeten Ortsteil ergebe sich bereits daraus, dass mit dem Erlass des für das Beitrittsgebiet geltenden § 41 Satz 1 GrStG zugleich mit den Bestimmungen der §§ 29 bis 33 GrStDV auch die zu § 30 Abs. 3 GrStDV ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beachtlich geworden sei. Das gehöre zu den Entscheidungen, die kraft der mit § 41 Satz 1 GrStG erfolgten bundesgesetzlichen Geltungsanordnung zusammen mit den §§ 29 bis 33 GrStDV zu beachten seien. Danach müsse jedenfalls nach jahrzehntelanger Anwendung der höheren Steuermesszahlen ein Billigkeitserlass erfolgen, so auch im Fall der Klägerin.
Die Einziehung des sich aus der Anwendung der höheren Steuermesszahl ergebenden Differenzbetrages sei unabhängig hiervon auch verfassungswidrig und im Sinne von § 227 Halbs. 1 AO unbillig. Allerdings könne das Motiv für die Staffelung der Steuermesszahlen nach der Gemeindegrößenklasse durch § 29 GrStDV nicht der Ausgleich unterschiedlich hoher Hebesätze sein. Die Abstufung der Steuermesszahlen habe vielmehr die Aufgabe, hohe Einheitswerte zu kompensieren. Das Grundsteuerrecht sei mit dem Gesetz vom völlig umgestaltet worden. Der damalige Gesetzgeber habe vorausgesehen, dass die Vereinheitlichung und Aktualisierung der Steuergrundlagen bei einer allein an den Einheitswerten von 1935 ausgerichteten Steuererhebung insbesondere in größeren Städten zu einer erheblichen Steigerung der Belastung geführt hätte. Deshalb habe der Verordnungsgeber auf der Grundlage einer entsprechenden Ermächtigung mit § 29 GrStDV eine Differenzierung nach drei Gemeindegrößenklassen vorgenommen. Nach der Konzeption des Reichsbewertungsgesetzes habe der Einheitswert möglichst den Verkehrswert des Grundstücks widerspiegeln und die Grundsteuer dementsprechend abhängig vom Verkehrswert erhoben werden sollen. Die für die Einheitsbewertung einschlägigen Bestimmungen hätten jedoch zur Konsequenz gehabt, dass die zum festgestellten Einheitswerte nur in den großen Städten den Verkehrswerten nahe gekommen seien. Je kleiner hingegen die Gemeinde gewesen sei, desto weiter seien die Einheitswerte hinter den Verkehrswerten zurückgeblieben. Dies habe zu einer Begünstigung der Grundstückseigentümer in kleineren Gemeinden gegenüber den Steuerpflichtigen in größeren Gemeinden geführt. Die Reduzierung der Steuermesszahl in den höheren Gemeindegrößenklassen habe deshalb die zusätzliche Funktion gehabt, auch diese Diskrepanzen der Einheitswertberechnung zumindest bis zu einem gewissen Grad zu bereinigen.
Die mit der Staffelung der Messzahlen bezweckte Milderung und Kompensation für Einfamilienhausgrundstücke und Neubauten in größeren Gemeinden (über 25 000 Einwohner) müsse jedoch zur Vermeidung einer Verletzung des Prinzips der Steuergerechtigkeit auch den Grundstücken in Gemeinden zugute kommen, die nach dem in eine größere Gemeinde eingegliedert worden seien. Denn Eingliederungen in größere Gemeinden mit über 25 000 Einwohnern seien ab 1935 generell nur hinsichtlich derjenigen Gemeinden mit geringerer Einwohnerzahl erfolgt, die schon urbanen Charakter gehabt hätten und mit der benachbarten, sie aufnehmenden größeren Stadt städtebaulich, wirtschaftlich und verkehrsmäßig so eng verflochten gewesen seien, dass sie zusammen mit dieser einen einheitlichen Ballungsraum gebildet hätten. Deshalb hätten sich die Einheitswerte der Grundstücke in diesen im Randbereich einer größeren Stadt liegenden Gemeinden regelmäßig bereits am auf gleich hohem Niveau wie in der Stadt selbst befunden.
Der Verordnungsgeber selbst habe mit Erlass des § 30 Abs. 3 GrStDV den nach dem zu einer Gemeinde höherer Größenklasse gelangten Grundstücken die Gleichstellung keineswegs langfristig oder gar dauerhaft versagen wollen. Das durch § 12 Abs. 2 GrStG 1936 i.V.m. §§ 29 und 30 GrStDV geschaffene normative System sei dem Grundgedanken gefolgt, dass bei Eingliederung einer Gemeinde mit bis zu 25 000 Einwohnern in eine größere Gemeinde mit über 25 000 Einwohnern spätestens nach Ablauf des grundsätzlich auf sechs Jahre bemessenen Hauptfeststellungszeitraums einheitlich die niedrigeren Steuermesszahlen angewandt werden würden. Sechs Jahrzehnte nach dem Erlass der §§ 29 bis 33 GrStDV ergebe die Abstufung der Steuermesszahlen nach einzelnen Teilen des Gemeindegebietes keinen Sinn mehr, unabhängig davon, ob die eingegliederte kleinere Gemeinde ein urbanes Gepräge aufgewiesen habe.
Mit der Revision macht die Beklagte geltend, mit § 41 Satz 1 GrStG i.V.m. §§ 29 bis 33 GrStDV sei eine typisierende Regelung der Grundsteuerbelastung geschaffen worden. Damit verbundene Härten seien für einen Übergangszeitraum hinzunehmen, weil der Gesetzgeber seinen einigungsbedingten Gestaltungsspielraum in sachgerechter Weise genutzt habe. Auf einen Willen des Gesetzgebers zur Übernahme der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 1959 könne nicht geschlossen werden. Auch ließen sich die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in dieser Entscheidung nicht auf den vorliegenden Fall übertragen. Dem Erlassbegehren stehe jedenfalls die Subsidiarität des Billigkeitserlasses nach § 227 AO entgegen. Mit dem Einwand, die in § 30 Abs. 3 GrStDV enthaltene Regelung verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, hätte sich die Klägerin bereits gegen den Grundsteuermessbescheid zur Wehr setzen können und müssen. Zudem scheide ein Billigkeitserlass nach § 227 AO hier aus, weil er zur Folge hätte, dass für die Regelung des § 30 Abs. 3 GrStDV kein relevanter Anwendungsbereich mehr verbliebe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom (Az. 8 K 1419/98) und das Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom (Az. 5 B 111/03) aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf die Ausführungen der Vorinstanzen.
Die Vertreterin des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich am Verfahren und unterstützt die Beklagte. Mit dem sei davon auszugehen, dass die Abstufung der Messzahlen nach § 29 GrStDV sachlich begründet und damit verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei. Die vom Berufungsgericht und vom Bundesfinanzhof übereinstimmend angeführten Gründe für die Gestaltung der Messzahlen zeigten, dass diese integrale Bestandteile der Grundsteuer nach den Einheitswerten 1935 seien. Das Berufungsgericht stelle mit seiner Entscheidung in einem Teilbereich die Feinjustierung der Grundsteuer in Frage. Es durchbreche damit das System der Grundsteuerbemessung nach den Einheitswerten 1935 und den darauf zugeschnittenen Messzahlen; dies widerspreche dem Willen des Gesetzgebers.
II
Die Revision der Beklagten ist begründet.
Das Berufungsgericht hätte die Berufung der Beklagten nicht zurückweisen dürfen. Das Verwaltungsgericht Chemnitz hat dem auf Teilerlass der Grundsteuer gerichteten Bescheidungsantrag der Klägerin zu Unrecht stattgegeben. Mit der Bestätigung dieses Urteils verletzt das Berufungsgericht Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Seine Entscheidung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).
1. Das Berufungsgericht hat den Teilerlass der für die Klägerin festgesetzten Grundsteuer zunächst selbständig tragend auf die Begründungserwägungen des (BVerwG 7 C 97.57 BVerwGE 8, 334) gestützt. Es ist der Auffassung, dass mit dem Inkraftsetzen der Regelung über die Bemessung der Grundsteuer in den neuen Ländern durch Einfügung der §§ 40 ff. in das Grundsteuergesetz (GrStG) durch den Einigungsvertrag vom (BGBl II S. 885, 986) und mit der damit einhergehenden Geltungsanordnung der §§ 29 ff. der Grundsteuerdurchführungsverordnung (GrStDV) vom (RGBl I S. 733) auch die zu § 30 Abs. 3 GrStDV ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beachtlich geworden sei.
a) Sofern das Berufungsgericht damit was sich aus dessen Urteilsgründen nicht eindeutig erschließt die Auffassung vertritt, dass das dergestalt in den Willen des Gesetzgebers aufgenommen worden sei, dass es unmittelbare Gesetzeskraft erlangt habe, verstößt es gegen Bundesrecht.
Dem Berufungsgericht ist im Ausgangspunkt zwar insofern zuzustimmen, dass der Gesetzgeber, wenn er ein bereits seit langem in Kraft befindliches oder wie hier ehemals in Kraft gewesenes Regelwerk rezipiert, dies im Grundsatz wohl mit dem Inhalt wird zur Geltung bringen wollen, den es im Zeitpunkt der Rezeption auch durch die seitherige Auslegung und Anwendung in der höchstrichterlichen Rechtsprechung erlangt hat. Inwieweit dies jedoch jeweils konkret der Fall sein soll oder ob die Anknüpfung an eine solche Art ungeschriebene Rechtsentwicklung von dem die Regelung übernehmenden Gesetzgeber gerade nicht gewollt ist, muss für jede Einzelfrage in erster Linie anhand des Gesetzeswortlauts und der übrigen anerkannten Auslegungsmethoden bestimmt werden. Eine pauschale Übernahme etwa jeglicher höchstrichterlicher Rechtsprechung zu einem umfassenden Regelwerk kann dem Gesetzgeber dabei grundsätzlich nicht unterstellt werden.
Was die hier in Streit stehende Auslegung des § 30 Abs. 3 GrStDV betrifft, finden sich weder im Wortlaut des seine Geltung anordnenden § 41 GrStG noch in der Entstehungsgeschichte und auch nicht in der Gesetzessystematik Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber die in § 29 GrStDV vorgesehene Abstufung der Steuermesszahlen entgegen dem eindeutigen Wortlaut des § 30 Abs. 3 GrStDV in nach dem eingemeindeten Kommunen nicht fortgelten lassen wollte. Gerade angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 30 Abs. 3 GrStDV hätte es, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, eines klaren Hinweises des Gesetzgebers darauf bedurft, dass er trotz unveränderter Übernahme des Verordnungstextes der seinen Regelungszweck entkräftenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts den Vorzug geben wollte.
Hinzu kommt, dass das wonach in nach dem eingemeindeten Kommunen die durch die höheren Steuermesszahlen bewirkte Benachteiligung gegenüber Eigentümern in den aufnehmenden Gemeinden im Wege des Billigkeitserlasses ausgeglichen werden müsse, vereinzelt geblieben ist und auch im rechtswissenschaftlichen Schrifttum Widerspruch erfahren hat (so Gürsching, BB 1960, 204 und Rössler, KStZ 1959, 221 ; vgl. ferner Drosdzol, KStZ 2005, 184). Insbesondere hat sich auch der Bundesfinanzhof in der Folgezeit auf einen von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 1959 abweichenden Standpunkt gestellt und dabei die Auffassung vertreten, dass die Abstufung der Steuermesszahlen in § 29 GrStDV sachlich begründet sei ( BFH/NV 2005, 577 zur vertikalen Stufung zwischen verschiedenen Grundstücksgruppen) und dass die Beibehaltung der Messzahlabstufung nach der Eingemeindung einer kleineren in eine größere Gemeinde gemäß § 30 Abs. 3 GrStDV nicht zu beanstanden sei ( BFHE 87, 572).
Vor diesem Hintergrund hätte es nicht, wie das Berufungsgericht meint, einer ausdrücklichen Distanzierung des Gesetzgebers von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 1959 bedurft, sondern eines deutlichen Hinweises darauf, dass entgegen dem eindeutigen Wortlaut der §§ 29, 30 GrStDV für Grundstücke in eingemeindeten Kommunen aus Billigkeitserwägungen eine Anpassung der Grundsteuermesszahlen an das Niveau der eingemeindenden Kommune stattfinden solle.
b) Sollte sich das Berufungsgericht durch das nicht wie die Urteilsgründe vermuten, aber nicht eindeutig erkennen lassen gesetzesgleich gebunden gefühlt haben, sondern der Rechtsprechung aus eigener Überzeugung oder in Einsicht in die höchstrichterliche Rechtsprechung gefolgt sein, verstieße es auch damit gegen Bundesrecht. Denn das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts erweist sich, wie das Berufungsgericht im Übrigen in seinem Urteil selbst erkannt hat, jedenfalls für die hier in Rede stehende Fallgruppe der Grundstücke in den neuen Bundesländern, die nach Maßgabe der durch Gesetz von 1990 wieder in Kraft gesetzten §§ 29, 30 GrStDV zu beurteilen sind, als nicht zutreffend. Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Ausführungen (unter 2.).
2. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass die Belastung der Klägerin mit der Grundsteuer auch in der Sache unbillig im Sinne des § 227 AO ist, soweit sie über den Betrag hinausgeht, der sich bei Heranziehung einer Steuermesszahl von 7 v.T. errechnet. § 30 Abs. 3 GrStDV führe im Fall der nach dem erfolgten Eingliederung einer Gemeinde mit bis zu 25 000 Einwohnern in eine größere Gemeinde dazu, dass in der aufnehmenden Gemeinde verschiedene Steuermesszahlen und damit unterschiedliche Grundsteuertarife gelten würden so auch im Fall der Klägerin. Dies verstoße gegen das aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete Prinzip der Steuergerechtigkeit. Die Korrektur der insoweit verfassungswidrigen Regelung müsse über einen Billigkeitserlass nach § 227 AO erfolgen.
Auch mit dieser zweiten, sein Urteil tragenden Begründung verletzt das Berufungsgericht Bundesrecht. Es verkennt, dass mit dem im Hinblick auf die Einziehung der Grundsteuer begehrten Erlass hier kein Mangel des Grundsteuermessbescheids behoben werden kann (a). Auch taugt der Billigkeitserlass nach § 227 AO nicht dazu, die vom Berufungsgericht hier angenommene grundsätzliche Verfassungswidrigkeit einer Norm zu korrigieren (b). Die Feststellungen und Erkenntnisse des Berufungsgerichts tragen im Übrigen aber auch nicht seinen Schluss, dass § 30 Abs. 3 GrStDV verfassungswidrig sei (c).
a) Den die gleichheitswidrige Belastung der Klägerin begründenden Umstand sieht das Berufungsgericht darin, dass auf die Geschäftsgrundstücke der Klägerin nach § 30 Abs. 3 i.V.m. § 29 Nr. III Spalte a GrStDV eine Steuermesszahl von 8 v.T. angewendet wurde, während die Grundstücke in dem schon vor 1935 zur Beklagten zählenden Stadtgebiet nur mit einer Steuermesszahl in Höhe von 7 v.T. belastet werden. Die durch das Finanzamt erlassenen Grundsteuermessbescheide vom Oktober 1997, in denen die beanstandete Steuermesszahl zur Anwendung kam, waren jedoch bereits bestandskräftig, als die Klägerin den Antrag auf Erlass der Grundsteuer stellte. Zu diesem Zeitpunkt waren selbst die von der Beklagten erlassenen Grundsteuerbescheide vom November 1997, durch die für die Grundstücke der Klägerin die Grundsteuer für die Jahre 1992 bis 1997 festgesetzt wurde, zu einem überwiegenden Teil auch ihrerseits bereits bestandskräftig.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesfinanzhofs ist ein Billigkeitserlass nach § 227 AO allerdings selbst dann nicht grundsätzlich ausgeschlossen, wenn mit ihm im Ergebnis die Bestandskraft einer zugrunde liegenden Steuerfestsetzung oder eines Grundlagenbescheids durchbrochen wird, weil der Grund der Unbilligkeit ausdrücklich oder unausgesprochen Gegenstand des bestandskräftigen Bescheids ist. In solchen Fällen setzt ein Erlass nach § 227 AO neben der persönlichen oder sachlichen Unbilligkeit der Steuereinziehung voraus, dass die Steuerfestsetzung (oder der Grundlagenbescheid) offensichtlich und eindeutig unrichtig ist, und es außerdem dem Steuerpflichtigen nicht möglich und nicht zumutbar war, sich rechtzeitig gegen diese Fehlerhaftigkeit zu wehren (vgl. BVerwG 8 C 42.88 Buchholz 401.0 § 222 AO Nr. 1, S. 5; BFHE 150, 502 sowie Groll, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 227 AO Rn. 170 ff. m.w.N. zur Rspr).
Das Berufungsgericht hat sich mit der Frage, ob die Festsetzung der Grundsteuermessbeträge offensichtlich und eindeutig unrichtig war, nicht auseinander gesetzt. Nach Auffassung des Senats ist diese Erlassvoraussetzung nicht gegeben. Das Finanzamt hat die einschlägigen Vorschriften der §§ 29, 30 GrStDV wortgetreu und fehlerfrei angewandt. Die komplexen, über weite Strecken (rechts-)historischen Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht die Gleichheitswidrigkeit dieser Regelung zu begründen sucht, zeigen, dass selbst wenn man sich in der Sache auf den Standpunkt des Berufungsgerichts stellte von einer Offensichtlichkeit und Eindeutigkeit des behaupteten Mangels keine Rede sein kann.
Die Zumutbarkeit, Rechtsbehelfe gegen die Festsetzung der Grundsteuermessbeträge zu ergreifen, hat das Berufungsgericht mit der Erwägung verneint, dass der Beklagten eine umfassende Kompetenz zum Grundsteuererlass zustehe und dass Rechtsbehelfe unmittelbar gegen die Anwendung der beanstandeten Steuermesszahl durch das Finanzamt angesichts der gefestigten Rechtsprechung der Finanzgerichte aus der Sicht der Klägerin ohnehin aussichtslos gewesen seien. Auch dies vermag nicht zu überzeugen. Die Möglichkeit und Zumutbarkeit eines Rechtsbehelfs gegen die Grundlagenbescheide des Finanzamts hat mit der Erlasskompetenz der Beklagten grundsätzlich nichts zu tun. Auch entbindet selbst eine gefestigte finanzgerichtliche Rechtsprechung zur Verfassungsmäßigkeit der Staffelung der Steuermesszahlen die Klägerin grundsätzlich nicht von der Last, Rechtsbehelfe gegen die Hoheitsakte zu ergreifen, in denen die von ihr beanstandete Verfassungswidrigkeit der Steuermesszahlregelung für eingemeindete Kommunen ihren unmittelbaren Niederschlag findet, und hierbei eine Klärung der behaupteten Verfassungswidrigkeit der Vorschriften herbeizuführen (im Ergebnis ebenso a.a.O.).
b) Das Berufungsgericht hätte die Beklagte auch deshalb nicht zum Teilerlass der Grundsteuer verpflichten dürfen, weil damit die Auswirkungen einer nach seiner Auffassung insgesamt verfassungswidrigen Norm korrigiert werden sollten.
Selbst wenn die Auffassung des Berufungsgerichts von der Verfassungswidrigkeit des § 30 Abs. 3 GrStDV zuträfe, dürfte dieser allgemeine Mangel der Vorschrift nicht durch die Gewährung von Billigkeitserlassen nach § 227 AO "repariert" werden. Das Bundesverfassungsgericht hat zu einer Vorgängervorschrift des § 227 AO entschieden, dass mit verfassungsrechtlich gebotenen Billigkeitsmaßnahmen nicht die Geltung des die Unbilligkeit begründenden ganzen Gesetzes unterlaufen werden kann. Wenn Billigkeitsmaßnahmen ein derartiges Ausmaß erreichen müssten, dass sie die allgemeine Geltung des Gesetzes aufheben würden, bedeute dies, dass das Gesetz als solches verfassungswidrig wäre. Die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes und mithin der auf seiner Grundlage ergangenen Steuerbescheide sei indes keine Frage der Billigkeit ( BVerfGE 48, 102 ).
Dies verkennt das Berufungsgericht. Es macht § 227 AO für die Korrektur der von ihm als generell gleichheitswidrig angesehenen Vorschrift des § 30 Abs. 3 GrStDV fruchtbar. Damit erfasst das Berufungsgericht nicht nur einen Einzelfall und auch nicht lediglich eine umgrenzte Gruppe von Fällen im Sinne einer Gruppenunbilligkeit, sondern will mit dem Billigkeitserlass dem nach seiner Auffassung bestehenden Gleichheitsverstoß in allen von § 30 Abs. 3 GrStDV erfassten Fällen von Eingemeindungen Rechnung tragen. Denn die Begründung des Berufungsgerichts für den Gleichheitsverstoß gilt allgemein und ist nicht nur auf den Einzelfall der Klägerin beschränkt.
Dass dadurch § 227 AO in bundesrechtswidriger Weise zur "Reparatur" der vorausgesetzt die Auffassung des Berufungsgerichts träfe insoweit zu generellen Verfassungswidrigkeit einer Steuerrechtsnorm herangezogen würde, vermag das Berufungsgericht auch nicht mit der Erwägung zu entkräften, dass § 30 Abs. 3 GrStDV durch den nach seiner Auffassung gebotenen Grundsteuererlass für Grundstücke in nach dem eingemeindeten kleineren Gemeinden keine umfassende Durchbrechung erfahre und die beanstandete Vorschrift im Übrigen ohnehin nur auf eine kurzzeitige Geltung hin angelegt gewesen sei. Keine dieser Erwägungen greift durch. Nach dem erfolgte Ausgemeindungen aus größeren Städten, für die das Berufungsgericht ausgehend von seinem Standpunkt noch einen Anwendungsfall des § 30 Abs. 3 GrStDV sieht, dürften so selten sein, dass für die Vorschrift in Wahrheit kein sinnvoller Anwendungsbereich mehr bliebe. Die vom Berufungsgericht ins Feld geführte kurze Geltungsdauer der §§ 29 ff. GrStDV wurde durch die Rechtswirklichkeit widerlegt. Die Bestimmung galt zunächst bis 1974 in den alten Bundesländern und wurde 1991 vom Gesetzgeber für die neuen Bundesländer erneut in Kraft gesetzt.
c) Der Senat vermag im Übrigen auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts und auch unter Berücksichtigung seiner (rechts-)historischen Ausführungen zur Eingemeindungspraxis im Deutschen Reich nach 1935 eine allgemeine Gleichheits- und damit Verfassungswidrigkeit des § 30 Abs. 3 GrStDV nicht zu erkennen.
aa) Das Berufungsgericht selbst zeigt überzeugend auf, dass die Staffelung der Steuermesszahlen nach Grundstücksgruppen und Gemeindegrößenklassen in § 29 GrStDV dem Zweck diente, ansonsten drohende ungleiche Grundsteuerbelastungen auszugleichen. Die Gefahr erheblich ungleicher Belastungen rührte daher, dass die zum erstmals im Deutschen Reich einheitlich durchgeführte Grundstücksbewertung Einheitswerte erbracht hatte, die bei der Grundsteuer zu einer teilweise erheblichen Mehrbelastung der Steuerschuldner gegenüber der bisherigen Rechtslage geführt hätte. Zudem kamen die Einheitswerte in den Gemeinden mit großer Einwohnerzahl dem Verkehrswert recht nahe, während sie in den kleineren Gemeinden typischerweise dahinter zurückblieben. Dieser unterschiedlichen Aussagekraft der Einheitswerte im Verhältnis zum gemeinen Wert der Grundstücke sollte durch die Abstufung der Messzahlen Rechnung getragen werden, mit denen die Einheitswerte zur Festsetzung des Steuermessbetrags zu vervielfältigen waren.
Die Feststellungen des Berufungsgerichts zum Ausgleichszweck der Messzahlstaffelung in § 29 GrStDV decken sich mit entsprechenden Erkenntnissen des BFHE 87, 572 ; BFH/NV 2005, 577) und werden auch im rechtswissenschaftlichen Schrifttum bestätigt (Halaczinsky, Grundsteuer Kommentar, 2. Auflage 1995, § 41 GrStG Rn. 11; Gürsching, BB 1960, 204; Rössler, KStZ 1959, 221 , Gürsching/Stenger, GrStG Kommentar 1959, § 12 GrStG Rn. 13).
Aus dieser Erkenntnis über den Ausgleichszweck der Messzahlstaffelung folgt zugleich, dass die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom (BVerwG 7 C 97.57 BVerwGE 8, 334) für den Billigkeitserlass gegebene Begründung nicht aufrechterhalten werden kann. Dass die Staffelung der Messzahlen dem Ausgleich unterschiedlicher Lasten dienen sollte, wie sie aus den ungleichen Ergebnissen der Einheitsbewertung der Grundstücke zum folgten, und nicht, wie das Bundesverwaltungsgericht seinerzeit meinte, dem Ausgleich typischerweise unterschiedlich hoher Hebesätze in den Gemeinden der verschiedenen Größenklassen, wurde im Übrigen bereits in einer ersten Kritik dieser Entscheidung mit dem Hinweis darauf belegt, dass die Steuermesszahlen in § 29 GrStDV im Jahre 1937 zu einem Zeitpunkt festgelegt wurden, als in den Gemeinden noch keine Hebesätze vorlagen (Gürsching, BB 1960, 204).
Vor dem Hintergrund der beschriebenen Zwecksetzung der Messzahlstaffelung in § 29 GrStDV, die vom Gesetzgeber im Jahre 1990 mit dem System der Einheitsbewertung und Grundsteuerbemessung aus den Jahren 1933 bis 1937 zusammen mit Teilen des Bewertungsrechts aus der Deutschen Demokratischen Republik übernommen worden war, ist die in § 30 Abs. 3 GrStDV gezogene Schlussfolgerung für eingemeindete Kommunen folgerichtig. Da für die eingemeindeten Grundstücke an der Einheitsbewertung zum 1. Januar 1935 auch für die Folgezeit festgehalten wird, müssen auch die Abstufungen in den Messzahlen beibehalten werden. Denn die Ungleichheiten, die die Messzahlstaffelung vor allem im Hinblick auf die Ergebnisse der Einheitsbewertung zum ausgleichen sollen, werden aus den ehemals selbständigen kleineren Gemeinden in die aufnehmenden größeren Kommunen "mitgenommen". Dies gilt seit 1991 erneut und weiterhin für die neuen Länder durch die in § 41 Satz 1 GrStG erfolgte Bezugnahme auf die Einheitswerte von 1935.
bb) Auch das verkennt das Berufungsgericht im Ausgangspunkt nicht, zieht jedoch auf einer hierfür nicht ausreichenden Tatsachengrundlage und unter Vernachlässigung der maßgeblichen Grundentscheidung des Gesetzgebers für das System der Grundsteuermessbeträge aus dem Jahre 1937 für die Gruppe der nach dem eingemeindeten Kommunen den unzutreffenden Schluss, dass die in § 30 Abs. 3 GrStDV angeordnete Beibehaltung der höheren Steuermesszahl auch nach der Eingemeindung aus Gleichheitsgründen nicht hinnehmbar sei.
Das Berufungsgericht beschreibt in diesem Zusammenhang zwar nachvollziehbar, dass die Eingemeindungspolitik des Deutschen Reiches nach 1935 darauf gerichtet war, Eingliederungen in größere Gemeinden mit über 25 000 Einwohnern ab 1935 generell nur hinsichtlich derjenigen Gemeinden mit geringerer Einwohnerzahl durchzuführen, die schon einen urbanen Charakter trugen und mit der benachbarten, sie aufnehmenden größeren Stadt städtebaulich, wirtschaftlich und verkehrsmäßig so eng verflochten waren, dass sie zusammen mit dieser einen einheitlichen Ballungsraum bildeten (Urteilsabdruck S. 20). Seine für die hieraus gezogene rechtliche Schlussfolgerung auf die Gleichheitswidrigkeit des § 30 Abs. 3 GrStDV zentrale These, dass angesichts der städtischen Strukturen in den fraglichen Regionen sich die Einheitswerte der Grundstücke in diesen im Randbereich einer größeren Stadt liegenden Gemeinden regelmäßig bereits am auf gleich hohem Niveau wie in der Stadt selbst befunden hätten, wird vom Berufungsgericht indes in keiner Weise belegt. Hinzu kommt, dass die vom Berufungsgericht unternommene Beschreibung der Eingemeindungspolitik im Deutschen Reich nach 1935 keine Aussage auf die im Falle der Klägerin maßgebliche Situation einer Eingemeindung im Jahre 1950 zulässt.
cc) Selbst wenn die Annahme des Berufungsgerichts zuträfe, dass nach dem weitestgehend nur noch Gemeinden mit "urbanem Charakter", in denen die Einheitsbewertung der Grundstücke sich deshalb schon auf dem Niveau der aufnehmenden größeren Gemeinden befunden hätte, von Kommunen der Größenklassen b oder c des § 29 GrStDV eingemeindet wurden, folgt daraus kein nicht hinnehmbarer Gleichheitsverstoß durch § 30 Abs. 3 GrStDV.
Das Berufungsgericht engt bei der Prüfung am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG seine Sichtweise zu Unrecht auf die von § 30 Abs. 3 GrStDV erfassten Grundstücke eingemeindeter Kommunen ein. Es übersieht dabei, dass die von ihm als gleichheitswidrig beanstandete unterschiedliche Höhe der Steuermesszahl für in derselben Gemeinde liegende Grundstücke ihre primäre Ursache nicht in der Überleitungsregelung des § 30 Abs. 3 GrStDV, sondern in der Messzahlstaffelung des § 29 GrStDV selbst hat. Waren Grundstücke stadtnaher kleinerer Gemeinden, wie das Berufungsgericht meint, bereits vor ihrer Eingemeindung in vergleichbarer Weise am gemeinen Wert orientiert bewertet worden wie in den benachbarten größeren Städten, hatte dies wegen der Messzahlabstufung durch § 29 GrStDV auch schon vor der Eingemeindung ungleiche Belastungen der Grundstückseigentümer zur Folge.
Die sofern die rechtstatsächlichen Annahmen des Berufungsgerichts zutreffen hierin liegende Ungleichbehandlung der Grundstückseigentümer hielte sich nach Auffassung des Senats jedoch im Rahmen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts steht dem Gesetzgeber namentlich zur Regelung von Massenerscheinungen, wie im Steuerrecht üblich, ein weiter Gestaltungsspielraum zu, der Durchbrechungen des Gleichheitssatzes durch Typisierungen und Pauschalierungen vor allem auch aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und praktikabilität rechtfertigt, solange die durch jede typisierende Regelung entstehende Ungerechtigkeit noch in einem angemessenen Verhältnis zu den steuerlichen Vorteilen der Typisierung steht ( BVerwG 11 CN 1.99 BVerwGE 110, 237 ; BVerwG 10 C 5.04 BVerwGE 123, 218 m.w.N.). Hinzu kommt, dass das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber, jedenfalls was die Bindung an den Gleichheitssatz betrifft, einen besonders weiten Spielraum zugesteht, wenn es, wie hier, um die Bewältigung der Folgen aus der Teilung Deutschlands geht (vgl. u.a. BVerfGE 102, 254 m.w.N. zu Wiedergutmachungsfragen).
Gemessen hieran vermag der Senat auch vor dem Hintergrund der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht zu erkennen, dass der Gesetzgeber im Jahre 1990 die Staffelung der Steuermesszahlen des früheren § 29 GrStDV nicht wie in § 41 GrStG geschehen hätte übernehmen dürfen. Die horizontale Abstufung der Steuermesszahlen für Grundstücksgruppen in § 29 GrStDV in nur drei Gemeindegrößenklassen für das gesamte Gebiet des Deutschen Reichs folgt erkennbar einer sehr groben Einteilung. Grund für die Staffelung waren, wie ausgeführt, die vom damaligen Normgeber erkannten Ungleichheiten bei der Einheitsbewertung. Es liegt auf der Hand, dass bei dieser sehr pauschalen Einteilung vor allem der Gemeindegrößenklasse a in Gemeinden von unter 25 000 Einwohnern die Annahme des Normgebers, dass die Einheitsbewertung für Grundstücke in Gemeinden dieser Größenklasse typischerweise niedriger ausfallen würde als in denen der Größenklassen b und c, in einzelnen Gebieten und womöglich gerade auch im Randbereich zu den größeren Städten nicht zugetroffen haben mag. Es ist allerdings auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Berufungsgerichts für den Senat nicht erkennbar, dass solche Abweichungen innerhalb der Gemeindegrößenklasse a angesichts der Größenordnung der Pauschalierung ein Ausmaß erreicht haben könnten, das die weite Typisierungs- und Pauschalierungsbefugnis des Gesetzgebers hier überschritte.
An dieser Beurteilung ändert auch der ohnehin erst im Revisionsverfahren vorgebrachte Einwand der Klägerin nichts, dass die Einheitswerte für ihre Grundstücke nicht nach dem Ertragswertverfahren, sondern nach dem Sachwertverfahren bestimmt worden seien, das nicht zu den den Normgeber des § 29 GrStDV zur Messzahlstaffelung veranlassenden Schwankungen in der Einheitsbewertung gegenüber größeren Gemeinden führe. Soweit diesem Vorbringen neuer Sachvortrag zugrunde liegt, könnte er im Revisionsverfahren ohnehin grundsätzlich keine Berücksichtigung finden. Im Übrigen kommt es auf mögliche Unterschiede dieser Wertermittlungsverfahren für die Messzahlstaffelung in § 29 GrStDV auch deshalb nicht an, weil der Normgeber hierauf im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums bei der Staffelung der unterschiedlichen Grundstücksmesszahlen nach § 29 GrStDV ausdrücklich keine Rücksicht genommen hat. Der Senat sieht keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür, dass der Normgeber damit seinen Spielraum überschritten hätte. Zudem fließt auch bei der Sachwertermittlung der Bodenwert in die Bestimmung des Gesamteinheitswerts mit ein (vgl. § 129 Abs. 2 Nr. 2 BewG, § 32 Abs. 1 Nr. 2, § 33 Abs. 1, 2 RBewDV vom RGBl I S. 81 ; Nr. 4.1 der gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen betreffend die Bewertung von Gewerbegrundstücken vom BStBl I 1993, 467), der deshalb bezogen auf den Hauptfeststellungszeitpunkt zum vergleichbaren Schwankungen unterworfen gewesen sein dürfte, wie sie hier vom Berufungsgericht für das Ertragswertverfahren im Verhältnis zwischen ländlichem Raum, Stadtgebieten von Gemeinden mit über 25 000 Einwohnern und stadtnahen Ballungsräumen beschrieben worden sind.
dd) Dem Berufungsgericht kann schließlich auch nicht in seinen beiden auf den Zeitablauf bezogenen Erwägungen gefolgt werden, mit denen es die Anwendbarkeit des § 30 Abs. 3 GrStDV auf die Grundstücke der Klägerin in Abrede stellt. Nach Auffassung des Berufungsgerichts handelte es sich bei der Übergangsregelung in § 30 Abs. 3 GrStDV um eine Bestimmung, die von Anfang an nur bis zum ursprünglich vorgesehenen nächsten Hauptfeststellungszeitpunkt am habe gelten sollen. Danach hätten auch die Eigentümer von Grundstücken in eingemeindeten kleineren Gemeinden in den Genuss der niedrigeren Steuermesszahlen der Gemeindegrößenklasse b kommen sollen. Außerdem sei es keinesfalls gerechtfertigt, auch noch sechs Jahrzehnte nach Erlass der §§ 29 ff. GrStDV an der Staffelung der Steuermesszahlen in verschiedenen Teilen eines Gemeindegebietes festzuhalten.
Diese Überlegungen tragen nicht. Da es in den Folgejahren nach dem 1. Ja€nuar 1935 bis 1964 in den alten Ländern nicht zu einer erneuten Hauptfeststellung kam, vielmehr die Verhältnisse durch die fortdauernde Bezugnahme auf die Einheitswertfeststellung im Jahre 1935 "eingefroren" wurden, behielten die seinerzeit für die Staffelung der Steuermesszahlen und die Eingemeindungsregelung in § 30 Abs. 3 GrStDV sprechenden Gründe ihre Gültigkeit. Auch ist nicht erkennbar, weshalb der von der Klägerin gerügte bloße Zeitablauf seit 1935 den für die Messzahlstaffelung in §§ 29, 30 GrStDV sprechenden Gründen ihre Berechtigung entzogen haben sollte.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 15 650,41 € festgesetzt.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV-Beilage 2006 S. 527 Nr. 4
HFR 2007 S. 163 Nr. 2
OAAAC-34557