BFH Beschluss v. - VII B 91/06

Keine anderweitige Rechtshängigkeit wegen einer bloßen denklogischen Voraussetzung

Gesetze: AO § 218 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) streitet mit dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) in dem Verfahren VII R 68/05 über einen ihr unter dem erteilten Abrechnungsbescheid, in dem das FA zunächst Ansprüche auf Zahlung von Körperschaftsteuer 1987 in Höhe von 506 178 DM, 92 305 DM und 200 557 DM festgestellt hatte, die sich seiner damaligen Ansicht nach aus den gegen die Klägerin ergangenen Steuerbescheiden von 1989 und 1994 sowie der Einspruchsentscheidung zu diesem Bescheid von 1995 ergaben. Der gegen diesen Abrechnungsbescheid erhobene Einspruch hatte jedoch insofern Erfolg, als das FA seinen Zahlungsanspruch um den Erlös aus der Veräußerung gepfändeter Wertpapiere und einen Kostenerstattungsanspruch der Klägerin, gegen den es aufgerechnet hatte, minderte und einen Zahlungsanspruch von nur noch 751 461,53 DM feststellte.

Die Klägerin hat gegen diesen Abrechnungsbescheid Klage mit dem Antrag erhoben, den Abrechnungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben und den Zahlungsanspruch aus Körperschaftsteuer 1987 auf 0 DM festzustellen. Das Verfahren hat das Aktenzeichen des Finanzgerichts (FG) 6 K 547/98 erhalten; es ist inzwischen bei dem beschließenden Senat unter dem Aktenzeichen VII R 68/05 anhängig. Im Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens hat sich die Klägerin eines Erstattungsanspruchs hinsichtlich des eben erwähnten Pfändungserlöses und des aufgerechneten Kostenerstattungsanspruchs berühmt. Deshalb hat das die Klage wegen der Feststellung eines Erstattungsanspruchs vom vorgenannten Verfahren abgetrennt, wobei es später von dem abgetrennten Verfahren wiederum das Verfahren wegen der Säumniszuschläge abgetrennt hat, über die zwischen den Beteiligten ebenfalls gestritten wurde.

Die abgetrennte Klage wegen des Erstattungsanspruchs hat es abgewiesen. Es urteilte, die Klage sei unzulässig, weil ein Erstattungsanspruch nicht Gegenstand des von der Klägerin unter dem Aktenzeichen 6 K 547/98 angefochtenen Abrechnungsbescheides und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung sei und eine diesbezügliche Klageerweiterung nicht sachdienlich sei, da das FA über einen solchen Anspruch noch nicht befunden habe; es habe sich auf die Klageerweiterung auch nicht eingelassen.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde der Klägerin, mit der im Wesentlichen geltend gemacht wird, das Urteil beruhe auf einem Verfahrensmangel, weil das FG über den strittigen Anspruch bereits durch das Urteil 6 K 547/98 entschieden habe. Denn es habe dort im Tenor angegeben, dass bei Ergehen des angefochtenen Abrechnungsbescheides ein Zahlungsanspruch in Höhe von 245 283,53 DM bestanden habe, da der ursprüngliche Zahlungsanspruch aufgrund der Vollstreckungserlöse und der Aufrechnung des FA teilweise getilgt worden sei. Das angegriffene Urteil, dessentwegen die Zulassung der Revision begehrt werde, sei also ein unzulässiges Zweiturteil. Es beruhe auf der Annahme, dass die Vollstreckungserlöse und der aufgerechnete Betrag zur Tilgung der angeblichen Körperschaftsteuerschuld der Klägerin geführt hätten. Wenn der Bundesfinanzhof (BFH) in dem Verfahren VII R 68/05 eine Steuerschuld verneine, müsse er zu dem Ergebnis kommen, dass diese Beträge als Erstattungsbeträge im Abrechnungsbescheid auszuweisen sind, weil sich ein derartiger Ausweis als zwingende Rechtsfolge einer unwirksamen Tilgung wegen nicht vorhandener tilgbarer Steuerschulden ergebe. Dass das FG die Klage wegen des Erstattungsanspruchs abgetrennt habe, ändere an alledem nichts.

Im Übrigen wirft die Beschwerde eine Reihe von Rechtsfragen auf, deren Beantwortung sie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung für erforderlich hält, und rügt weitere Verfahrensmängel.

II. Die Beschwerde (§ 116 Abs. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—) hat keinen Erfolg. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil das Urteil des FG weder auf Verfahrensmängeln beruht noch sonst Gründe für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 FGO) vorliegen.

Das angegriffene Urteil ist entgegen der Ansicht der Beschwerde kein Urteil in einer Sache, über die bereits anderweit entschieden worden ist. Weder das FA noch das FG haben über einen Erstattungsanspruch der Klägerin gegen das FA dadurch „entschieden”, dass sie angenommen haben, wegen der angeblichen Tilgungswirkung der Pfändungserlöse und des Aufrechnungsbetrages sei eine höhere Zahlungsschuld der Klägerin als in diesen Entscheidungen zugrunde gelegt nicht (mehr) gegeben. Darüber zu entscheiden hatte das FA, wie das FG mit Recht hervorgehoben hat, auch weder in dem Abrechnungsbescheid noch in der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung Anlass, weil sich die Klägerin damals noch keines Erstattungsanspruchs gegen das FA berühmt hat, mag auch, wie sie jetzt geltend macht, schon in der Logik ihrer damaligen rechtlichen Würdigung gelegen haben, dass ihr ein solcher Erstattungsanspruch zustehe. Allerdings trifft es zu, wenn die Beschwerde vorträgt, es sei denklogisch ausgeschlossen, dass die Pfändungserlöse und der aufgerechnete Betrag der Klägerin zu erstatten seien und gleichzeitig, wie in dem im Verfahren 6 K 547/98 angefochtenen Abrechnungsbescheid, der Einspruchsentscheidung und dem Urteil des FG in jenem Verfahren angenommen, die in diesen Entscheidungen bejahte Zahlungsverpflichtung der Klägerin aus Körperschaftsteuer 1987 getilgt hätten. Aus dieser Erkenntnis folgt aber nichts anderes, als dass die vorgenannten Verwaltungsentscheidungen für den Erstattungsanspruch gleichsam präjudiziell sind. Nicht über alles, was für eine Entscheidung der Behörde denklogisch vorauszusetzen ist, wird indes in einer solchen Entscheidung zwischen den Beteiligten Bestandskraft wirkend „entschieden”. Die Entscheidung in dem Abrechnungsbescheid und der Einspruchsentscheidung erschöpft sich vielmehr darin, festzustellen, dass dem FA aus den gegen die Klägerin ergangenen Körperschaftsteuerbescheiden noch ein unbefriedigter Zahlungsanspruch in Höhe von ... DM zusteht. Mehr verlangt das FA von der Klägerin nicht —sieht man von dem strittigen, nach Ansicht des FG zahlungsverjährten Anspruch aus dem Körperschaftsteuerbescheid von 1989 ab— und mehr dem FA mit dem Urteil 6 K 547/98 zuzusprechen, konnte daher für das FG von vornherein nicht in Betracht kommen, für dessen Entscheidung über die Anfechtungsklage gegen den Abrechnungsbescheid des FA folglich im Grunde belanglos war, ob die vorgenannten Beträge eine Zahlungsschuld der Klägerin getilgt haben.

Das FG hat im Übrigen die —nach Abtrennung von dem Verfahren 6 K 547/98 und weiterer Abtrennung des Verfahrens wegen der Säumniszuschläge— allein den vermeintlichen Erstattungsanspruch der Klägerin betreffende Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Über Erstattungsansprüche des Steuerpflichtigen ist nach § 218 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) von der Finanzbehörde durch Abrechnungsbescheid zu entscheiden. Es ist also unzulässig, unmittelbar das Gericht mit dem Begehren anzurufen, dass dieses das Bestehen eines Erstattungsanspruchs feststellt oder das FA zur Erstattung verurteilt. Dementsprechend wäre die von der Klägerin erhobene (abgetrennte) Klage nur zulässig gewesen, wenn das FA über den vermeintlichen Erstattungsanspruch der Klägerin bereits durch Abrechnungsbescheid entschieden hätte und das vor der Erhebung einer Klage zusätzlich erforderliche Vorverfahren (§ 44 FGO) gegen diese Entscheidung durchgeführt worden wäre. Zu Recht hat das FG jedoch erkannt, dass beides nicht der Fall ist.

Der beschließende Senat kann nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO davon absehen, auf das weitere umfangreiche, jedoch nicht sachentscheidende Beschwerdevorbringen im Einzelnen einzugehen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 385 Nr. 3
ZAAAC-34387