Instanzenzug:
Gründe
I. Im November 2001 beantragte der Kläger, Beschwerdeführer und Antragsteller (Kläger) die Änderung seines Einkommensteuerbescheids für 1995 vom und gab eine berichtigte Einkommensteuererklärung ab. Darin erklärte er erstmals Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die er in seiner ursprünglichen Einkommensteuererklärung für 1995 vom Oktober 1997 bei seinen Einkünften aus Gewerbebetrieb erfasst hatte. Zur Begründung führte der Kläger aus, er sei scheinselbständig tätig gewesen. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) habe daher von seinem Auftraggeber Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag, welche er —der Kläger— mit einem Betrag von insgesamt 36 840,66 DM errechnet hatte, zu erheben. Dieser Betrag sei ihm auf die festgesetzte Einkommensteuer anzurechnen. Das FA lehnte den Änderungsantrag sowie eine Anrechnung von Lohnsteuerabzugsbeträgen ab. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Der anwaltlich vertretene Kläger hat gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) sowie Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) geltend. Er trägt u.a. vor, das FG habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil es seinen Antrag auf Vertagung abgelehnt habe. Das FG habe ihn in der mündlichen Verhandlung erstmals darauf hingewiesen, dass der Bescheid vom bestandskräftig sei. Er habe daraufhin Vertagung beantragt, um zu prüfen und dazu Stellung nehmen zu können, ob der Bescheid tatsächlich bestandskräftig sei oder ob er dagegen Einspruch eingelegt habe.
Der Kläger beantragt, ihm Prozesskostenhilfe (PKH) für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde zu gewähren und ihm seinen Prozessbevollmächtigten als Prozessvertreter beizuordnen.
II. Der Antrag auf Gewährung von PKH wird abgelehnt.
1. Gemäß § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) wird einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde, für welche der Kläger die PKH begehrt, hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil die vom Kläger vorgetragenen Gründe die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen.
a) Soweit sich der Kläger auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) beruft, lassen seine Ausführungen nicht erkennen, inwieweit die Entscheidung des Streitfalls von einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage abhängt oder auf einer verfassungsrechtlich zweifelhaften Rechtsnorm beruht. Die vom Kläger angeführte unterschiedliche Auslegung des Begriffs der Scheinselbständigkeit im Sozialrecht und im Steuerrecht begründet keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat bereits entschieden, dass die sozial- und arbeitsrechtliche Einordnung der Tätigkeit als selbständig oder unselbständig für die steuerrechtliche Beurteilung nicht ausschlaggebend ist (, BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 534; BFH-Beschlüsse vom V B 22/03, V S 3/03 (PKH), BFH/NV 2003, 1615, und vom V B 80/03, BFH/NV 2004, 379, jeweils m.w.N.). Es bestehe keine Bindung zwischen Arbeits- und Sozialversicherungsrecht einerseits und Steuerrecht andererseits, weshalb die Rechtsprechung zur sog. Scheinselbständigkeit nach § 7 Abs. 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch a.F. für die steuerrechtliche Beurteilung nichts beitragen könne (BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2003, 1615, und in BFH/NV 2004, 379). Ein weiterer Klärungsbedarf besteht nicht.
b) Auch die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) sind nicht gegeben.
Der Kläger führt zwar mehrfach aus, das FG habe entgegen der ständigen Rechtsprechung des BFH entschieden, er hat aber die angeblich abweichenden Entscheidungen nicht genannt. Wird eine Divergenz zur Rechtsprechung des BFH gerügt, muss die Entscheidung des BFH von der das FG abgewichen sein soll, mit Aktenzeichen oder Fundstelle bezeichnet werden und es sind die tragenden abstrakten Rechtssätze aus dem FG-Urteil und aus der angeblich abweichenden BFH-Entscheidung so genau zu bezeichnen, dass eine Abweichung erkennbar wird (, BFH/NV 2005, 1758).
Im Übrigen steht das Urteil des FG im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH, dass eine Abzugssteuer nur dann i.S. des § 36 Abs. 2 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) „erhoben” und demgemäß auf die Jahreseinkommensteuer anzurechnen ist, wenn sie vom Abzugspflichtigen einbehalten worden ist. Dies setzt voraus, dass entweder der Arbeitgeber die Lohnsteuer bei Auszahlung des dem Arbeitnehmer zustehenden Lohnes tatsächlich und vorschriftsmäßig einbehalten oder sie im Rahmen einer sog. Nettolohnvereinbarung übernommen hat. Erfüllt der Abzugspflichtige hingegen —bewusst oder aus Unkenntnis— seine Abzugspflicht nicht, entfällt die Anrechnung (vgl. , BFHE 171, 515, BStBl II 1994, 182, m.w.N.).
Der Kläger wendet sich mit seinen Ausführungen im Grunde gegen die inhaltliche Richtigkeit der Vorentscheidung und setzt seine Rechtsauffassung an die Stelle derjenigen des FG. Das vermag die Zulassung der Revision jedoch nicht zu rechtfertigen.
Der Kläger hat auch keinen offensichtlichen Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzeswidrigen Entscheidung (vgl. z.B. , BFH/NV 2003, 1445, m.w.N.) dargelegt, der ausnahmsweise zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO führt.
c) Schließlich liegen die vom Kläger geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) nicht vor.
Das FG hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG—, § 96 Abs. 2, § 119 Nr. 3 FGO) nicht dadurch verletzt, dass es den Termin zur mündlichen Verhandlung nicht vertagt hat. Einem Verfahrensbeteiligten wird rechtliches Gehör versagt, wenn das Gericht mündlich verhandelt und aufgrund der Verhandlung entscheidet, obwohl er einen Antrag auf Vertagung gestellt und dafür erhebliche Gründe geltend und auf Verlangen glaubhaft gemacht hat (§ 227 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 155 FGO). Ob erhebliche Gründe für eine Verlegung vorliegen, hängt von den Verhältnissen des Einzelfalls ab (z.B. , BFH/NV 2002, 662, m.w.N.). Mangelnde Vorbereitung eines Verfahrensbeteiligten ist kein erheblicher Grund, es sei denn, der Beteiligte kann sie genügend entschuldigen (§ 227 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO i.V.m. § 155 FGO). Ein erheblicher Grund für eine Verlegung oder Vertagung liegt deshalb nur dann vor, wenn ein Verfahrensbeteiligter schlüssig vorträgt und auf Verlangen glaubhaft macht, dass es ihm bzw. seinem Prozessbevollmächtigten ohne Verschulden unmöglich sein wird oder war, sich ausreichend auf die Verhandlung vorzubereiten (vgl. , BFH/NV 2006, 22). Da sich die Klage des Klägers u.a. gegen die Ablehnung der Änderung des Bescheids vom richtete, musste ihm —auch als rechtlichen Laien— schon vor dem Hinweis des FG auf die Bestandskraft dieses Bescheids klar gewesen sein, dass der Bescheid für sein Klageverfahren von Bedeutung sein könnte. Dem Kläger war es deshalb möglich, sich ausreichend auf die mündliche Verhandlung vorzubereiten.
Soweit der Kläger die Verletzung der dem FG von Amts wegen obliegenden Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) rügt, fehlt es insbesondere an der Darlegung, welche Tatsachen das FG mit welchen Beweismitteln hätte aufklären sollen und weshalb sich dem FG eine Aufklärung unter Berücksichtigung seines Rechtsstandpunktes hätte aufdrängen müssen (vgl. Senatsbeschluss vom III B 143/05, BFH/NV 2006, 1058, m.w.N.). Insofern rügt der Kläger mit seinen Ausführungen im Grunde wieder eine fehlerhafte Rechtsanwendung im Einzelfall, welche eine Zulassung der Revision nicht rechtfertigt.
Das Urteil des FG ist auch nicht verfahrensfehlerhaft, weil die Entscheidungsgründe fehlen. Eine Entscheidung ist nur dann i.S. von § 119 Nr. 6 FGO „nicht mit Gründen versehen”, wenn die Gründe überhaupt fehlen oder aus dem Urteil die wesentlichen rechtlichen Erwägungen, die aus der Sicht des Gerichts für die getroffene Entscheidung maßgebend waren (§ 96 Abs. 1 Sätze 1 und 3 FGO), nicht erkennbar sind, so dass die Beteiligten die Entscheidung nicht auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen können (, BFH/NV 1999, 1106) oder wenn das Urteil einen wesentlichen Streitpunkt nicht behandelt (, BFH/NV 2004, 457, m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall ersichtlich nicht vor, insbesondere hat das FG kurz begründet, weshalb der Feststellungsantrag des Klägers keinen Erfolg hat. Eine kurze oder auch lückenhafte und den Beteiligten nicht überzeugende Begründung ist nicht verfahrensfehlerhaft (, BFH/NV 2002, 1323).
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 446 Nr. 3
HAAAC-34380