Außergewöhnliche Belastung der Eltern durch Internatsgebühren
Gesetze: EStG § 33
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) werden als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Ihr Sohn wurde im Streitjahr 2002 zunächst an einer Ergänzungsschule in D unterrichtet. Seit dem besuchte er eine als Aufbaugymnasium staatlich anerkannte Internatsschule. Die Kläger entrichteten die Internatsgebühr; Schulgeld wurde nicht erhoben. Eine Ärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie bescheinigte am , dass sich der Sohn seit dem Frühjahr 2002 in ihrer psychotherapeutischen Behandlung befinde. Er sei in der privaten Schule massiv gemobbt worden. Bei der Behandlung habe sich eine ausgeprägte Kontaktstörung bei intellektueller Hochbegabung gezeigt. Ein Verlassen der ehemaligen Schule und ein Wechsel auf ein Internat seien aus medizinisch-therapeutischen Gründen unbedingt erforderlich gewesen. Die Genesung sei durch diesen Schritt sehr unterstützt worden.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) berücksichtigte die Internatsgebühr nicht als außergewöhnliche Belastung und wies den dagegen gerichteten Einspruch als unbegründet zurück. Die Klage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, der Nachweis der Zwangsläufigkeit sei nicht erbracht. Die ärztlichen Bescheinigungen genügten insoweit nicht, sie seien kein hinreichender Ersatz für ein vor Einleitung des Besuchs der Internatsschule erstelltes amtsärztliches Gutachten. Die Revision ließ es nicht zu.
Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde, mit welcher die Kläger geltend machen, eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Der Streitfall unterscheide sich von dem Sachverhalt, welcher dem (BFH/NV 2005, 1065) zu Grunde gelegen habe. Denn ihr Sohn habe sich vor dem Wechsel auf das Internat bereits auf einer Privatschule befunden, deren Kosten das FA in der Vergangenheit als zwangsläufig anerkannt habe. Die Unterbringung auf einer Privatschule sei mit einer internatsmäßigen Unterbringung gleichzusetzen. Die Entscheidung des FG weiche auch von dem BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1065 ab, da das FG diesen Beschluss trotz eines nicht vergleichbaren Sachverhaltes zur Begründung der Klageabweisung herangezogen habe.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.
1. Eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) ist erforderlich, wenn über bisher ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist, so beispielsweise, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Grundsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen (, BFHE 206, 226, BStBl II 2004, 896). Das ist vorliegend nicht der Fall.
In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass Aufwendungen für die internatsmäßige Unterbringung eines Kindes als außergewöhnliche Belastung (§ 33 des Einkommensteuergesetzes —EStG—) nur abgezogen werden dürfen, wenn es sich um unmittelbare Krankheitskosten handelt und —da solche Aufwendungen auch aus anderen Erwägungen getätigt werden, z.B. um die sprachliche, soziale, psychologische oder pädagogische Entwicklung zu fördern— vor Einleitung der Maßnahme hierüber ein amtsärztliches Attest erstellt worden ist (, BFHE 169, 37, BStBl II 1993, 278; vom III R 54/98, BFHE 193, 79, BStBl II 2001, 94, m.w.N., und vom IX R 52/03, BFH/NV 2006, 281; BFH-Beschlüsse vom III B 17, 18/01, BFH/NV 2002, 928, und in BFH/NV 2005, 1065). Ausnahmsweise genügen auch Bescheinigungen anderer amtlicher Stellen, z.B. des medizinischen Dienstes einer öffentlichen Krankenversicherung, einer Versicherungsanstalt oder einer behördlichen Beihilfestelle.
a) Ob ein derartiger Nachweis bei einem Internatswechsel ein zweites Mal erbracht werden muss, hat der BFH noch nicht entschieden. Der Besuch einer Privatschule von der elterlichen Wohnung aus ist aber nicht mit einem Internatsaufenthalt vergleichbar; der Übergang von einer Privatschule zu einem Internat gleicht mithin nicht einem Internatswechsel. Deshalb kann auf den Nachweis durch ein amtsärztliches Gutachten für die Krankheitsbedingtheit des Internatsbesuches selbst dann nicht verzichtet werden, wenn das Kind zuvor anstelle einer staatlichen eine Privatschule besucht hat und die Kosten aufgrund gehörigen Nachweises als außergewöhnliche Belastung anerkannt wurden; eine entscheidungsbedürftige ungeklärte Rechtsfrage stellt sich insoweit nicht.
b) Da das FG nicht festgestellt hat, dass die medizinische Notwendigkeit des Besuches der Ergänzungsschule durch amtsärztliches Attest nachgewiesen wurde und die Kläger dies nicht einmal behauptet haben, käme es im Streitfall darauf an, ob der amtliche Nachweis für den Internatsbesuch schon deshalb entbehrlich ist, weil das von den Klägern in den Vorjahren gezahlte Schulgeld —rechtswidrig— als außergewöhnliche Belastung abgezogen wurde.
Diese Frage ist —abgesehen von den unter II.1.a genannten Gründen— schon deshalb ohne weiteres zu verneinen, weil das FA wegen des Grundsatzes der Abschnittsbesteuerung die einschlägigen Besteuerungsgrundlagen in jedem Veranlagungszeitraum erneut zu prüfen, rechtlich zu würdigen und eine als falsch erkannte Rechsauffassung zum frühest möglichen Zeitpunkt aufzugeben hat, selbst wenn der Steuerpflichtige auf diese Rechtsauffassung vertraut haben sollte (ständige Rechtsprechung, , BFH/NV 2004, 1402; , BFH/NV 2005, 1483).
2. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) ist ebenfalls nicht gegeben. Die Kläger haben nicht, wie dies erforderlich gewesen wäre, aus dem Beschluss in BFH/NV 2005, 1065 und der angefochtenen Vorentscheidung Rechtssätze herausgearbeitet und gegenübergestellt, welche die (vermeintliche) Abweichung dokumentieren. Tatsächlich weicht das Urteil des FG nicht von dem Beschluss in BFH/NV 2005, 1065 ab, sondern steht mit diesem im Einklang.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 422 Nr. 3
AAAAC-34378