BFH Beschluss v. - V B 19/06

Voraussetzungen der Revisionszulassung bei kumulativer Begründung des FG-Urteils

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war Mitgesellschafter einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatergesellschaft in der Rechtsform einer OHG. Daneben hatte er eigene Umsätze aus Beiratstätigkeiten.

Der Kläger reichte bei dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) eine Umsatzsteuererklärung für 1989 (Streitjahr) ein, in der er u.a. aus seiner Beiratstätigkeit steuerpflichtige Umsätze zu 14 v.H. in Höhe von 138 125 DM erklärte. Das FA folgte der Erklärung und hob mit Bescheid vom den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

Ab Juni 1996 wurden gegen den Kläger strafrechtliche Ermittlungen wegen des Verdachts der Hinterziehung von Umsatzsteuer 1989 zu seinen Gunsten und wegen anderer Delikte geführt.

Nach Beginn der Hauptverhandlung gegen den Kläger wegen Steuerhinterziehung und Untreue vor der Strafkammer bei dem Landgericht (LG) X am schlossen der Kläger und das FA eine tatsächliche Verständigung u.a. über die Besteuerungsgrundlagen zur Umsatzsteuer 1989. Dabei wurde neben weiteren bisher nicht erklärten Umsätzen ein Umsatz angesetzt, für den der Kläger im Jahr 1989 eine Zahlung von 5 Mio. DM brutto von der Y-AG erhalten hatte. Die tatsächliche Verständigung wurde von dem Kläger und seitens des FA von der für die Veranlagung zuständigen Sachgebietsleiterin, dem Sachgebietsleiter der Steuerfahndungsstelle und dem Fahndungsprüfer unterschrieben.

Ebenfalls am wurde dem Kläger persönlich der Umsatzsteuerbescheid für 1989, der den Bescheid vom gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) änderte, bekannt gegeben. Eine Rechtsmittelbelehrung enthielt dieser Bescheid nicht. Nach Bekanntgabe erklärte der Kläger schriftlich ebenfalls am u.a. auch hinsichtlich des Umsatzsteuerbescheides für 1989 einen Einspruchsverzicht gemäß § 354 AO 1977.

Mit rechtskräftigem Urteil des LG X vom wurde der Kläger u.a. wegen Umsatzsteuerhinterziehung für 1989 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Hinsichtlich der Umsatzsteuerhinterziehung für 1989 geht das Urteil von den in der tatsächlichen Verständigung gefundenen Besteuerungsgrundlagen aus.

Mit Schreiben vom legte der Kläger u.a. gegen den Umsatzsteuerbescheid für 1989 Einspruch ein und erklärte die Anfechtung der tatsächlichen Verständigung und des Rechtsmittelverzichts wegen Irrtums und arglistiger Täuschung.

Das Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg. Der Einspruch wurde mit Entscheidung vom als unzulässig verworfen.

Die anschließende Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet zurück.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde.

II. Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.

1. Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (Nr. 2) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).

Die Nichtzulassung der Beschwerde kann gemäß § 116 Abs. 1 FGO durch Beschwerde angefochten werden. In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

2. Hat das FG sein Urteil auf zwei (oder mehr) Begründungen gestützt, die die Entscheidung je für sich tragen (sog. kumulative Begründung), muss für sämtliche dieser Begründungen ein Grund für die Zulassung gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom VII B 53/03, BFH/NV 2004, 978; vom I B 243/04, BFH/NV 2005, 1590; vom X B 137/04, BFH/NV 2005, 1583; vom V B 186/04, BFH/NV 2006, 1613). Diese Voraussetzung erfüllt die Beschwerdeschrift nicht.

a) Das FG hat die Klageabweisung im Wesentlichen wie folgt begründet: Das FA habe zu Recht die Zahlung von 5 Mio. DM (brutto) als Entgelt für eine steuerpflichtige Leistung des Klägers als Unternehmer angesehen (Urteilsgründe unter 2.). Die Klage sei auch deswegen unbegründet, weil die Steuerfestsetzung in dem angefochtenen Steuerbescheid die Besteuerungsgrundlagen erfasse, denen der Kläger in einer Besprechung mit der Steuerfahndung am zugestimmt habe und die der tatsächlichen Verständigung vom zugrunde lägen (Urteilsgründe unter 4.). Das FA habe den Einspruch des Klägers gegen den Änderungsbescheid zu Recht als unzulässig verworfen, weil der Kläger auf die Einlegung des Einspruchs nach Erlass des Verwaltungsakts wirksam gemäß § 354 Abs. 1 AO 1977 verzichtet habe (Urteilsgründe unter 5.). Schließlich sei der Einspruch auch deshalb unzulässig, weil er nicht rechtzeitig eingelegt worden sei und Wiedereinsetzung in die versäumte Einspruchsfrist nicht zu gewähren sei (Urteilsgründe unter 6.).

b) Dagegen befasst sich die Beschwerde nur mit der Begründung des FG unter 2. der Urteilsgründe (Beschwerdeschrift, S. 1 bis 7) sowie mit der Begründung unter 5. der Urteilsgründe (Beschwerdeschrift, S. 8 bis 11) und macht nur insoweit Revisionszulassungsgründe geltend. Selbst wenn diese vorlägen, müsste die Vorentscheidung aus den weiteren vom FG angeführten Gründen, die die Klageabweisung selbständig tragen, Bestand haben.

Fundstelle(n):
BAAAC-33439