BMF - IV A 5 - S 7200 - 86/06 BStBl 2007 I S. 117

Umsatzsteuer; Preisnachlässe durch Verkaufsagenten

Der , BStBl II S. 479, entschieden, dass ein Verkaufsagent die Bemessungsgrundlage für seine Vermittlungsleistungen mindern kann, wenn er Preisnachlässe für die von ihm vermittelten Leistungen gewährt. Erstattet der erste Unternehmer in einer Leistungskette dem Endverbraucher einen Teil des von diesem gezahlten Leistungsentgelts oder gewährt er ihm einen Preisnachlass, mindert sich dadurch die Bemessungsgrundlage für den Umsatz des ersten Unternehmers (an seinen Abnehmer der nächsten Stufe). Der erste Unternehmer hat deshalb den für seinen Umsatz geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen.

Der BFH wendet in seiner Entscheidung die vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) entwickelten Grundsätze zur Änderung der Bemessungsgrundlage bei der Ausgabe von Gutscheinen an (vgl. , BStBl 2004 II S. 328).

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur Minderung der Bemessungsgrundlage bei Vermittlungsleistungen von Verkaufsagenten Folgendes:

  1. Die Regelungen in Abschnitt 224 der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) sind analog anzuwenden. Danach ist die Bemessungsgrundlage für den Vermittlungsumsatz des Verkaufsagenten zu mindern, wenn:

    • der Verkaufsagent eine im Inland steuerpflichtige Vermittlungsleistung erbracht hat,

    • der Verkaufsagent einem Endverbraucher einen Teil des von diesem gezahlten Leistungsentgelts erstattet oder einen Preisnachlass für die von ihm vermittelte Leistung gewährt hat,

    • die vermittelte Leistung an den Endverbraucher im Inland steuerpflichtig ist und

    • der Verkaufsagent das Vorliegen der vorstehenden Voraussetzungen nachgewiesen hat.

  2. Durch die Minderung der Bemessungsgrundlage der Leistung des Verkaufsagenten wird die von ihm erteilte Rechnung bzw. die vom Leistungsempfänger erteilte Gutschrift i.S.d. § 14 Abs. 2 UStG für die vom Verkaufsagenten erbrachte Leistung nicht unrichtig. Insbesondere findet in diesen Fällen § 14c Abs. 1 UStG keine Anwendung. Auch ein möglicher Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers ändert sich dadurch nicht (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG).

  3. Ist der Endverbraucher ein in vollem Umfang oder teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer und bezieht er die vermittelte Leistung für sein Unternehmen, mindert sich sein Vorsteuerabzug aus der vermittelten Leistung um den in der Erstattung oder in dem Preisnachlass des Verkaufsagenten enthaltenen Steuerbetrag (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG). Bei dem Unternehmer, der den vermittelten Umsatz an den unternehmerischen Endverbraucher ausgeführt hat, kommt es zu keiner Änderung der Bemessungsgrundlage und keiner Rechnungsberichtigung. Nur der Unternehmer, der den Preisnachlass gewährt hat, kann eine Änderung der Bemessungsgrundlage geltend machen.

  4. Beispiel 1

    Ein Kraftfahrzeughändler V vermittelt für einen LKW-Hersteller H auf Provisionsbasis den Verkauf von Kraftfahrzeugen zu den von H bestimmten Preisen. V ist nicht berechtigt, Preisnachlässe auf die festgesetzten Listenpreise zu gewähren. V erstattet einen Teil der ihm zustehenden Provision an den Käufer K, der einen LKW für sein Unternehmen erwirbt. H erteilt K eine Rechnung über den vollen Listenpreis und schreibt V die volle Provision nach dem Listenpreis gut. V gewährt K den zugesagten Preisnachlass in bar.

    K muss seinen aus der Anschaffung des LKW zustehenden Vorsteuerbetrag um den im Preisnachlass enthaltenen Steuerbetrag mindern. H braucht die an K erteilte Rechnung und die an V erteilte Gutschrift nicht zu berichtigen. V kann eine Minderung der Bemessungsgrundlage für seine Vermittlungsleistung an H in Höhe des gewährten Preisnachlasses, abzüglich der darin enthaltenen Umsatzsteuer, geltend machen.

  5. Nach dem Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer darf dem Fiskus aus allen Umsatzgeschäften (von der Herstellung bis zum Endverbrauch) nur der Umsatzsteuerbetrag zufließen, der dem Betrag entspricht, den der Endverbraucher letztlich wirtschaftlich aufwendet (vgl. a.a.O., Rdnr. 53). Daher führen Preisnachlässe an Endverbraucher von einem Unternehmer auf einer der Vorstufen dann nicht zu einer Entgeltsminderung bei diesem, wenn der Umsatz an den Endverbraucher von der Umsatzsteuer befreit ist, wobei es unerheblich ist, ob es sich um eine Steuerbefreiung mit oder ohne Vorsteuerabzug handelt (vgl. a.a.O., Rdnr. 64). Verkaufsagenten können deshalb für die von ihnen gewährten Preisnachlässe keine Entgeltsminderung beanspruchen, soweit der vermittelte Umsatz von der Umsatzsteuer befreit ist.

  6. Beispiel 2

    Ein Verkaufsagent vermittelt im Auftrag von verschiedenen Bauunternehmern und Bauträgern Lieferungen von Eigentumswohnungen im Inland. Er gewährt den Grundstückskäufern, bei denen es sich ausnahmslos um private Erwerber handelt, sog. Eigenprovisionen, die er aus den von ihm vereinnahmten Vermittlungsentgelten finanziert.

    Der Verkaufsagent kann keine Minderung der Bemessungsgrundlage für seine steuerpflichtigen Vermittlungsleistungen an die Bauunternehmer bzw. Bauträger geltend machen, da die vermittelten Umsätze gem. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG umsatzsteuerfrei sind (Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen).

  7. Beispiel 3

    Ein Reisebüro räumt einem privaten Endverbraucher einen Preisnachlass für eine Hotelunterkunft in Mexiko ein. Das Reisebüro gewährt dem Endverbraucher den zugesagten Preisnachlass in bar ohne Beteiligung des Reiseveranstalters zu Lasten seiner Provision. Der Reiseveranstalter hat lediglich die Hotelunterkunft in Mexiko eingekauft. Der Reiseveranstalter erteilt dem Endverbraucher eine Rechnung über den vollen Reisepreis und schreibt dem Reisebüro die volle Provision gut.

    Das Reisebüro kann keine Minderung der Bemessungsgrundlage für seine steuerpflichtige Vermittlungsleistung an den Reiseveranstalter geltend machen, da der vermittelte Umsatz gem. § 25 Abs. 2 UStG umsatzsteuerfrei ist. Die Reiseleistung des Reiseveranstalters an den Endverbraucher ist steuerfrei, da die ihr zuzurechnende Reisevorleistung im Drittlandsgebiet bewirkt wird.

  8. Die Bemessungsgrundlage bei dem Unternehmer, der den Preisnachlass gewährt hat, wird um den Vergütungsbetrag abzüglich der Umsatzsteuer gemindert, die sich nach dem Umsatzsteuersatz berechnet, der auf den vermittelten Umsatz Anwendung findet (vgl. Abschn. 224 Abs. 6 Satz 1 UStR). Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Neutralität der Mehrwertsteuer kann auch nur dieser Umsatzsteuerbetrag mindernd gegenüber dem Finanzamt geltend gemacht werden. Dies kann ggf. zur Folge haben, dass der Unternehmer, der den Preisnachlass gewährt hat, diese Minderung der Bemessungsgrundlage zu einem anderen Steuersatz anmelden muss, als den Umsatz, den er selbst ausgeführt hat. Ansonsten würde dem Fiskus aus allen Umsatzgeschäften nicht der Umsatzsteuerbetrag zufließen, der dem Betrag entspricht, den der Endverbraucher letztlich wirtschaftlich aufwendet.

  9. Beispiel 4

    Der Antiquitätenhändler A vermittelt für einen Kunsthändler K die Lieferung eines Kunstgegenstands i.S.d. Nr. 53 der Anlage 2 des UStG an einen privaten Endverbraucher E. K erteilt E eine Rechnung über die Lieferung eines Kunstgegenstands i.H.v. 1.000 € zzgl. 70 € Umsatzsteuer und schreibt A eine Provision i.H.v. 100 € zzgl. 16 € Umsatzsteuer gut. A erstattet E einen Betrag i.H.v. 21,40 € für den Erwerb dieses Kunstgegenstands. K wendet nicht die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG an.

    K hat aus der Lieferung an E einen Umsatz zum ermäßigten Steuersatz i.H.v. 1.000 € zzgl. 70 € USt zu erklären. Gleichzeitig steht ihm in Höhe des in der Gutschrift über die Vermittlungsleistung des A ausgewiesenen Betrags – unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG – einen Vorsteuerabzug i.H.v. 16 € zu. Hieraus ergibt sich eine Zahllast von 54 €, die K an das Finanzamt abzuführen hat.

    A hat aus der Vermittlungsleistung an K einen Umsatz zum Regelsteuersatz i.H.v. 100 € zzgl. 16 € USt zu erklären. Infolge des gegenüber E gewährten Preisnachlasses i.H.v. 21,40 € hat er zudem eine Minderung der Bemessungsgrundlage zum ermäßigten Steuersatz i.H.v. 20 € zu erklären und eine Umsatzsteuerminderung i.H.v. 1,40 € geltend zu machen. Für ihn ergibt sich demnach eine Zahllast von 14,60 €.

    Dem Fiskus fließen demnach insgesamt 68,60 € Umsatzsteuer zu (Abführung von 54 € durch K und von 14,60 € durch A); dies entspricht dem Umsatzsteuerbetrag, der in dem vom Endverbraucher E tatsächlich aufgewendeten Betrag i.H.v. 1.048,60 € (1.070 €abzgl. 21,40 €) enthalten ist, mit dem E also tatsächlich wirtschaftlich belastet ist (7 % aus 1.048,60 € = 68,60 €).

  10. Der Unternehmer, der dem Endverbraucher einen Teil des von diesem gezahlten Leistungsentgelts erstattet oder einen Preisnachlass gewährt, und dafür eine Minderung der Bemessungsgrundlage geltend macht, hat das Vorliegen der Voraussetzungen nachzuweisen (vgl. Rdnr. 1). Die Nachweisregelungen im Abschnitt 224 Abs. 7 und 8 UStR sind analog für die Verkaufsagenten anzuwenden.

  11. Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen noch offenen Fällen anzuwenden. Abschn. 151 Abs. 3 UStR ist, soweit er den o.a. Grundsätzen entgegensteht, nicht mehr anzuwenden.

BMF v. - IV A 5 - S 7200 - 86/06


Fundstelle(n):
BStBl 2007 I Seite 117
DB 2007 S. 26 Nr. 1
DStR 2007 S. 26 Nr. 1
GStB 2007 S. 185 Nr. 5
SJ 2007 S. 14 Nr. 5
StB 2007 S. 251 Nr. 7
StB 2007 S. 48 Nr. 2
UR 2007 S. 78 Nr. 2
UStB 2007 S. 69 Nr. 3
UVR 2007 S. 37 Nr. 2
WPg 2007 S. 135 Nr. 3
HAAAC-32345