Leitsatz
Der Ausschluss der Mitbestimmung bei der Einstellung von Lehrkräften, soweit diese unmittelbar nach Abschluss der Ausbildung erfolgt (§ 67 Abs. 6 SächsPersVG), ist mit den rahmenrechtlichen Vorgaben in §§ 103, 104 BPersVG ebenso vereinbar wie mit Art. 26 Satz 2 SächsVerf, der den Personalvertretungen das Recht auf Mitbestimmung nach Maßgabe der Gesetze gewährleistet.
Gesetze: BPersVG § 103; BPersVG § 104; SächsVerf Art. 26 Satz 2; SächsPersVG § 67 Abs. 6
Instanzenzug: VG Dresden VG PL 9 K 993/01 vom OVG Bautzen OVG PL 9 B 876/03 vom Fachpresse: ja BVerwGE: nein
Gründe
Die Beschwerde, die sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage stützt (§ 88 Abs. 2 Satz 1 SächsPersVG i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 72a Abs. 3 Nr. 1 und § 92a ArbGG), bleibt ohne Erfolg. Grundsätzlich bedeutsam in diesem Sinne ist eine Rechtsfrage dann, wenn ihre Klärung entweder von allgemeiner Bedeutung für die Rechtsordnung ist oder wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen der Allgemeinheit oder mindestens eines größeren Teils von ihr berührt ( - NJW 2005, 1531). Die grundsätzliche Bedeutung der betreffenden Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit sind darzulegen. Den Anforderungen, die sich daraus ergeben, genügt die Beschwerde nicht.
Der Antragsteller will geklärt wissen, "ob § 67 Abs. 6 SächsPersVG wirksam einen Ausschluss der Mitbestimmung des Personalrats bei Einstellungsmaßnahmen konstituieren kann". Nach dieser Vorschrift finden die Mitbestimmungstatbestände der § 80 Abs. 1 Nr. 1 und § 81 Abs. 1 Nr. 1 SächsPersVG hinsichtlich der Einstellung keine Anwendung auf Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen und beruflichen Schulen, wenn sie unmittelbar nach Abschluss der einschlägigen Ausbildung eingestellt werden. Die Beschwerde bezweifelt die Wirksamkeit der Ausschlussvorschrift, die sie sowohl mit den rahmenrechtlichen Bestimmungen der §§ 103, 104 BPersVG als auch mit Art. 26 Abs. 2 SächsVerf für unvereinbar hält. Dies rechtfertigt die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht. Soweit sich die von der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage im vorliegenden Fall stellt, lässt sie sich ohne weiteres beantworten, ohne dass es dafür der Durchführung eines Rechtsbeschwerdeverfahrens bedarf.
1. Bundesrechtlich ist die Mitbestimmung des Personalrats bei der Einstellung von Lehrkräften unter den in § 67 Abs. 6 SächsPersVG genannten Umständen weder durch § 103 noch durch § 104 BPersVG vorgeschrieben.
a) Nach der rahmenrechtlichen Vorgabe in § 103 BPersVG haben die Personalvertretungen darauf hinzuwirken, dass die zugunsten der Beschäftigten geltenden Vorschriften und Bestimmungen durchgeführt werden. Dem trägt das Sächsische Personalvertretungsgesetz - unbeschadet des hier umstrittenen Mitbestimmungsausschlusses - auch bei der Einstellung von Lehrkräften hinreichend Rechnung. Denn die in § 73 Abs. 1 Nr. 2 SächsPersVG beschriebene Aufgabe der Personalvertretung stimmt inhaltlich mit § 103 BPersVG überein. Zur Erfüllung dieser Aufgabe hat der Dienststellenleiter die Personalvertretung rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die betreffenden Angelegenheiten auf Verlangen mit ihr zu erörtern (§ 73 Abs. 2 Satz 1 SächsPersVG). Da sich der in § 67 Abs. 6 SächsPersVG geregelte Ausschluss personalvertretungsrechtlicher Beteiligung nur auf das Verfahren der Mitbestimmung nach § 79 SächsPersVG bezieht, bleibt das Unterrichtungs- und Erörterungsrecht nach § 73 Abs. 2 SächsPersVG, das dem Personalrat die Wahrnehmung seiner in § 73 Abs. 1 Nr. 2 SächsPersVG im Einklang mit § 103 BPersVG beschriebenen Aufgabe ermöglicht, hiervon unberührt. Ob die hier umstrittenen Einstellungen mit dem Antragsteller hinreichend erörtert worden sind, betrifft nur den Einzelfall und hat keine darüber hinausgehende Bedeutung.
b) In § 104 Satz 1 BPersVG ist der Landesgesetzgebung rahmenrechtlich vorgegeben, dass Personalvertretungen u.a. in personellen Angelegenheiten der Beschäftigten zu beteiligen sind; dabei soll eine Regelung angestrebt werden, wie sie für Personalvertretungen in Bundesbehörden festgelegt ist. Darin liegt keine bindende Verpflichtung für die Gesetzgeber der Länder, sondern lediglich die Empfehlung, die landesrechtlichen Mitbestimmungsregelungen so - oder ähnlich - wie im Bundespersonalvertretungsgesetz zu gestalten. Die Norm enthält weder eine bundesrechtlich verbindliche Festlegung des Kreises der Angelegenheiten, in denen die Personalvertretung zu beteiligen ist, noch bestimmt sie Inhalt und Umfang einzelner Beteiligungsrechte für bestimmte Angelegenheiten. Die Landesgesetzgeber sind lediglich gehalten, insgesamt einen Kernbestand echter Mitbestimmungsfälle vorzusehen (Beschlüsse vom - BVerwG 6 P 1.96 - Buchholz 251.4 § 86 HmbPersVG Nr. 5, vom - BVerwG 6 P 11.04 - PersR 2005, 421 <424> und vom - BVerwG 6 P 3.06 - juris). Diese Mindestanforderungen werden durch den Mitbestimmungskatalog der §§ 80, 81 SächsPersVG ohne weiteres erfüllt. Daraus folgt zugleich, dass der Ausschlusstatbestand des § 67 Abs. 6 SächsPersVG aus der Sicht des Bundesrechts als Ergebnis der Rechtsetzungsautonomie des Landesgesetzgebers hinzunehmen ist. Ein zusätzlicher allgemeiner Klärungsbedarf wird von der Beschwerde nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich.
2. Der Ausschluss der Mitbestimmung in § 67 Abs. 6 SächsPersVG verstößt auch nicht gegen Art. 26 Satz 2 SächsVerf; auch insoweit ist die Antwort auf die von der Beschwerde gestellte Frage so eindeutig, dass sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht rechtfertigt.
a) Nach Art. 26 Satz 2 SächsVerf haben die Vertretungsorgane der Beschäftigten, die in Betrieben, Dienststellen und Einrichtungen des Landes zu bilden sind (Art. 26 Satz 1 SächsVerf), "nach Maßgabe der Gesetze das Recht auf Mitbestimmung". Der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen hat in seinem Urteil vom - Vf. 51- II-99 - (PersV 2001, 198) diese Verfassungsnorm dahin ausgelegt, dass das Recht auf Mitbestimmung - verstanden im Sinne echter Mitentscheidung - den Personalvertretungen grundsätzlich in allen die Beschäftigten mehr als nur unwesentlich berührenden dienstlichen Angelegenheiten einzuräumen ist. Je stärker eine Angelegenheit typischerweise individuelle, kollektive oder auch konkurrierende Rechte und Interessen der Beschäftigten berührt und deren wirksame Wahrnehmung qualifizierte Beteiligungsrechte verlangt, desto höhere Anforderungen sind an die Rechtfertigung einer Einschränkung des durch Art. 26 Satz 2 SächsVerf vermittelten Grundrechtsschutzes zu stellen. Der Gesetzgeber ist allerdings berechtigt und verpflichtet, durch geeignete Verfahrensbestimmungen einen verhältnismäßigen und schonenden Ausgleich mit kollidierenden Verfassungsgütern, insbesondere den Anforderungen an eine effiziente Verwaltungstätigkeit, zu schaffen. Eine Einschränkung des Rechts auf Mitbestimmung ist gerechtfertigt, wenn das öffentliche Interesse an der Einschränkung das Interesse an einem echten Mitentscheidungsrecht wesentlich überwiegt. Bei der Ausgestaltung der Beteiligungsrechte ist der sächsische Landesgesetzgeber verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, sich am Maßstab anderer Bundesländer oder des Bundes zu orientieren. Ebenso wie er Beteiligungsrechte neu einführen oder ausweiten kann, darf er bestehende Beteiligungsrechte beschränken, soweit kollidierende Verfassungsgüter und widerstreitende Interessen in nachvollziehbarer Weise zum Ausgleich gebracht werden (SächsVerfGH, Urteil vom a.a.O. S. 214 ff.). Im Hinblick auf diese Auslegung des Art. 26 Satz 2 SächsVerf, die alle sächsischen Verfassungsorgane, Behörden und Gerichte bindet (§ 14 Abs. 1 SächsVerfGHG), zeigt die Beschwerde einen weiteren allgemeinen Klärungsbedarf nicht auf.
b) Gemessen an dem vorbezeichneten Maßstab ist § 67 Abs. 6 SächsPersVG mit Art. 26 Satz 2 SächsVerf ersichtlich vereinbar. Wie schon das Oberverwaltungsgericht im Einzelnen überzeugend ausgeführt hat, dient der Ausschluss der Mitbestimmung bei der Einstellung von Lehrkräften an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen in den Fällen, in denen diese unmittelbar nach Abschluss der Ausbildung ausgesprochen wird, dem legitimen Interesse an einer effektiven Verwaltungstätigkeit. Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen der Vorinstanz ist der Zeitraum zwischen der Ablegung der die Lehrerausbildung abschließenden Prüfung und dem nächsten Einstellungstermin zu Beginn des Schuljahres regelmäßig so knapp bemessen, dass die mit dem Mitbestimmungsverfahren einhergehenden Verzögerungen die termingerechte Unterrichtsaufnahme gefährden können. Das Oberverwaltungsgericht hat weiter festgestellt, dass in diesem kurzen Zeitraum der Großteil der Einstellungen vorgenommen wird, was eine ordnungsgemäße und termingerechte Durchführung der Mitbestimmungsverfahren zusätzlich erschwert.
Die in § 67 Abs. 6 SächsPersVG getroffene Regelung ist geeignet, im Interesse sowohl der betroffenen Schulen als auch der Lehramtsanwärter solche Verzögerungen zu vermeiden. Sie ist dazu auch erforderlich, denn andere Maßnahmen, die bei gleicher Wirksamkeit weniger in das Mitbestimmungsrecht des Personalrats eingreifen, sind nicht ersichtlich. Soweit der Antragsteller meint, die vom Oberverwaltungsgericht angesprochenen Verzögerungen ließen sich durch die rechtzeitige Einleitung der betreffenden Maßnahmen vermeiden, ist der Landesgesetzgeber im Rahmen der ihm zustehenden Einschätzungsprärogative davon ausgegangen, dass diese Annahme gerade nicht zutrifft. Dem Hinweis des Antragstellers auf § 79 Abs. 5 SächsPersVG, der dem Dienststellenleiter bei unaufschiebbaren Maßnahmen den Erlass vorläufiger Regelungen gestattet, hat das Oberverwaltungsgericht zu Recht den Ausnahmecharakter dieser Vorschrift entgegengehalten, der ihre regelmäßige Anwendung auf die hier in Rede stehenden Lehrereinstellungen ausschließt. Es kommt hinzu, dass sich vorläufige Maßnahmen grundsätzlich auf das zeitlich und sachlich unbedingt notwendige Maß zu beschränken und hinter der beabsichtigten endgültigen Maßnahme so weit zurückzubleiben haben, dass eine wirksame Ausübung des Mitbestimmungsrechts möglich bleibt ( BVerwG 6 P 27.91 - BVerwGE 91, 295 <301> = Buchholz 251.4 § 82 HmbPersVG Nr. 2; Vogelgesang/Bieler/Kleffner/Rehak, SächsPersVG, § 79 Rn. 119). Die Unsicherheiten und Zweifelsfragen, die damit bei einer über Einzelfälle hinausgehenden Anwendung verbunden wären, werden durch den bereichsspezifischen Mitbestimmungsausschluss in § 67 Abs. 6 SächsPersVG vermieden. Dieser geht seinerseits nicht über dasjenige hinaus, was der Gesetzgeber zur Erreichung des von ihm verfolgten Ziels für erforderlich halten durfte. So bezieht er sich, wie schon das Verwaltungsgericht zu Recht ausgesprochen hat, im Falle des § 80 Abs. 1 Nr. 1 SächsPersVG nur auf die Einstellung und nicht auf die mit ihr im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehende Eingruppierung, die unverändert der Mitbestimmung unterliegt (vgl. auch Vogelgesang/Bieler/Kleffner/Rehak, a.a.O. § 67 Rn. 25, 25c). Er gilt auch nur für solche Einstellungen, die unmittelbar nach Abschluss der einschlägigen Ausbildung erfolgen, in denen also das in § 79 SächsPersVG geregelte Verfahren der Mitbestimmung wegen der zeitlichen Aufeinanderfolge von Ausbildungsabschluss und Einstellungstermin auf die erwähnten Schwierigkeiten stößt.
Die dadurch bewirkte Einschränkung des dem Personalrat ansonsten nach § 80 Abs. 1 Nr. 1, § 81 Abs. 1 Nr. 1 SächsPersVG zustehenden Mitbestimmungsrechts bei Einstellungen ist auch nicht unverhältnismäßig. Der Landesgesetzgeber durfte dem öffentlichen Interesse an einer termingerechten Unterrichtsaufnahme zum Schuljahresbeginn und dem Interesse der Lehramtsanwärter und ihres künftigen Dienstherrn an rascher Planungssicherheit Vorrang einräumen gegenüber den widerstreitenden Belangen der Personalvertretung. Das den Personalvertretungen durch § 80 Abs. 1 Nr. 1 und § 81 Abs. 1 Nr. 1 SächsPersVG insgesamt eingeräumte Mitbestimmungsrecht bei Einstellungen wird durch die Herausnahme des in § 67 Abs. 6 SächsPersVG genannten Personenkreises nur in einem überschaubaren Umfang eingeschränkt. Das Oberverwaltungsgericht hat dabei zu Recht berücksichtigt, dass der Prüfungsspielraum, der dem Personalrat in den genannten Fällen ohne den Mitbestimmungsausschluss zukäme, nur sehr eng wäre, da die Anzahl der einzustellenden Bewerber haushaltsrechtlich vorgegeben ist und die Einstellungsvoraussetzungen maßgeblich durch die Prüfungsergebnisse bestimmt werden. Zwar steht dieser Gesichtspunkt nicht von vornherein dem Zweck der Mitbestimmung entgegen, der auch bei Maßnahmen ohne Ermessens- oder Beurteilungsspielraum auf eine an den Interessen der Beschäftigten orientierte Richtigkeitskontrolle durch den Personalrat gerichtet ist ( BVerwG 6 P 4.05 - PersR 2006, 255 <257 f.> m.w.N.). Die Einschränkung des Mitbestimmungsrechts wiegt unter solchen Umständen aber geringer als in anderen Fällen, in denen der Gestaltungsspielraum größer ist.
3. Sollte sich die von der Beschwerde aufgeworfene Frage auch darauf beziehen, ob der in § 67 Abs. 6 SächsPersVG vorgesehene Mitbestimmungsausschluss, gegen dessen Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht durchgreifende Bedenken nicht bestehen, unter den konkreten Umständen des vorliegenden Falles zutreffend angewendet worden ist, wäre dies nicht von allgemeiner Bedeutung und könnte die Zulassung der Rechtsbeschwerde schon aus diesem Grund nicht rechtfertigen.
Fundstelle(n):
UAAAC-32290