Instanzenzug:
Gründe
I. Die Klägerin, Beschwerdeführerin und Antragstellerin (Klägerin) erhielt für ihren im Jahr 1987 geborenen Sohn Kindergeld. Im September 2001 zog der Sohn zu seinen Großeltern väterlicherseits. Seine Mutter besuchte er seitdem jedes zweite oder dritte Wochenende und verbrachte dort einige Tage seiner Schulferien. Im Oktober 2003 beantragte die Großmutter rückwirkend ab Oktober 2001 Kindergeld für den Sohn. Die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) gelangte nach Ermittlungen über den Aufenthaltsort des Sohnes zu der Auffassung, der Sohn lebe seit Mitte September 2001 im Haushalt seiner Großmutter, so dass der Klägerin ab Oktober 2001 kein Kindergeld mehr zustehe. Mit Bescheid vom hob die Familienkasse daher die Kindergeldfestsetzung ab Oktober 2001 auf. Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Die anwaltlich vertretene Klägerin hat gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) geltend und rügt Verfahrensmängel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, es sei höchstrichterlich nicht geklärt, ob und in welcher Weise für die Beurteilung der Haushaltsaufnahme die objektiven Sachverhalte, die Vereinbarungen der beteiligten Familienmitglieder oder der rein subjektive Eindruck des Kindes ausschlaggebend sei. Ebenso sei die Kindergeldberechtigung bei mehrfacher Haushaltsaufnahme ungeklärt. Weiter habe das FG den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG—, § 96 Abs. 2 FGO), weil es ihren Vortrag nicht zur Kenntnis genommen habe, ihr Sohn sei aufgrund eines entgeltlichen Unterbringungsvertrages bei der Großmutter untergebracht gewesen. Ferner rügt sie die Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) durch das FG.
Die Klägerin beantragt Prozesskostenhilfe (PKH) für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde und die Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten als Prozessvertreterin.
II. Der Antrag hat keinen Erfolg.
Gemäß § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) wird einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die Voraussetzungen für die Gewährung von PKH liegen im Streitfall schon deshalb nicht vor, weil die mit der Nichtzulassungsbeschwerde beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin lässt keinen die Zulassung der Revision rechtfertigenden Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO erkennen.
a) Die Klägerin hat die Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO, § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) nicht ordnungsgemäß gerügt.
Die Rüge der Verletzung der dem FG von Amts wegen obliegenden Sachaufklärungspflicht erfordert die Darlegung, welche Tatsachen das FG mit welchen Beweismitteln hätte aufklären sollen und weshalb sich dem FG eine Aufklärung auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen, obwohl der Kläger selbst keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat, und inwiefern die unterlassene Beweiserhebung zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (vgl. Senatsbeschluss vom III B 143/05, BFH/NV 2006, 1058, m.w.N.). Im Streitfall fehlt es schon daran, dass die Klägerin nicht dargelegt hat, welche Tatsachen das FG mit welchen Beweismitteln hätte aufklären müssen.
Die Klägerin rügt mit ihren Ausführungen im Grunde eine fehlerhafte Tatsachen- und Beweiswürdigung durch das FG. Dies gilt insbesondere für den Vortrag der Klägerin, das FG habe bestimmte Sachverhalte nicht zutreffend gewürdigt. Mit dieser Rüge kann jedoch ein Verfahrensmangel nicht begründet werden, da die Grundsätze der Tatsachen- und Beweiswürdigung revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen und deshalb der Prüfung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Rahmen einer Verfahrensrüge entzogen sind (z.B. Senatsbeschluss vom III B 128/04, BFH/NV 2006, 1116, m.w.N.). Die von der Klägerin gerügte fehlerhafte Tatsachen- und Beweiswürdigung stellt auch keinen offensichtlichen Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzeswidrigen Entscheidung dar, der zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO ausnahmsweise zur Zulassung der Revision führt (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom III B 28/02, BFH/NV 2002, 1474, m.w.N.).
b) Auch die Rüge der Klägerin, das FG habe ihren Vortrag nicht zur Kenntnis genommen, ihr Sohn sei aufgrund eines entgeltlichen Unterbringungsvertrages bei der Großmutter untergebracht gewesen, führt nicht zur Zulassung der Revision.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2, § 119 Nr. 3 FGO) verpflichtet das Gericht, wesentliches Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Er bedeutet jedoch nicht, dass sich das Gericht mit allen ihren Ausführungen in den Entscheidungsgründen detailliert befassen muss. Daher liegt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nur vor, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalles deutlich ergibt, dass das FG Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (, BFH/NV 2006, 1138, m.w.N.). Im Streitfall hat das FG den Vortrag der Klägerin zur Kenntnis genommen. Dies ergibt sich daraus, dass es in seinen Entscheidungsgründen —wie die Klägerin selbst vorträgt— ausgeführt hat, der Haushaltsaufnahme des Sohnes bei den Großeltern stehe nicht der vereinbarungsgemäß von der Klägerin geleistete Unterhaltsbeitrag von 150 DM monatlich entgegen.
c) Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
Durch die Rechtsprechung des BFH ist geklärt, dass eine Haushaltsaufnahme i.S. des § 64 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorliegt, wenn das Kind in die Familiengemeinschaft mit einem dort begründeten Betreuungs- und Erziehungsverhältnis aufgenommen worden ist. Neben dem örtlich gebundenen Zusammenleben müssen die Voraussetzungen materieller Art (Versorgung, Unterhaltsgewährung) und immaterieller Art (Fürsorge, Betreuung) erfüllt sein. Die Betreuung des Kindes im Haushalt eines Berechtigten muss einen zeitlich bedeutsamen Umfang haben und die Aufenthalte des Kindes dürfen nicht nur Besuchs- oder Feriencharakter haben. Bei Aufenthalten eines Kindes sowohl in dem Haushalt des einen wie auch des anderen Berechtigten ist, da eine Aufteilung des Kindergelds nach § 64 Abs. 1 EStG ausgeschlossen ist, darauf abzustellen, wo sich das Kind überwiegend aufhält und wo es seinen Lebensmittelpunkt hat (Senatsurteil vom III R 91/03, BFHE 209, 338, BFH/NV 2005, 1186, m.w.N.).
Ebenso ist geklärt, dass eine mehrfache Haushaltsaufnahme desselben Kindes nur dann vorliegt, wenn es sich bei beiden Elternteilen in annähernd gleichem zeitlichem Umfang aufhält (vgl. Senatsurteil in BFHE 209, 338, BFH/NV 2005, 1186). Im Übrigen liegt im Streitfall nach den tatsächlichen Feststellungen des FG keine mehrfache Haushaltsaufnahme des Sohnes der Klägerin vor, da der Sohn nach eigenen Angaben lediglich jedes zweite oder dritte Wochenende und einige Tage seiner Schulferien bei seiner Mutter verbrachte.
Fundstelle(n):
SAAAC-31822